Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers wurde am 5. Mai 1965 die heutige KZ-Gedenkstätte Dachau eröffnet. Seit dem 3. Mai 2002 gibt es in dem ehemaligen Wirtschaftsgebäude des KZ eine neu gestaltete Dauerausstellung, die am Gedenkraum endet, in dem zahlreiche Erinnerungsstücke und Devotionalien der KZ-Häftlinge zu finden sind. Dort hängt auch ein Foto von Karl Leisner, das sogenannte Pulloverbild. Die Beschriftung darunter lautet: Karl Leisner – Häftling Nr. 22356 – im KZ Dachau am 17.12.1944 zum Priester geweiht.
Antrag_IKLK
Grenzlandpost vom 8. November 1979
Grenzlandpost
Nachrichtendienst Münster (ndm) vom 22. November 1979
ndm
Das obige Foto von Karl Leisner wurde durch den Vorstand des IKLK im November 1979 übergeben. Vorausgegangen war ein diesbezüglicher Antrag, der nach dreijährigen Verhandlungen durch das Internationale Dachau-Komitee in Brüssel genehmigt wurde. Die Übergabe erfolgte in Verbindung mit einem Gedenkgottesdienst im an das KZ angrenzenden Karmel Heilig Blut in Gegenwart der Museumsleiterin und einem Vertreter des Dachau-Komitees Brüssel.
Die Ausstattung des Gedenkraumes wurde im Laufe der Jahre geändert.
Gedenkraum am 25. August 1999
Die heutige Gestaltung des Gedenkraumes
In der Dauerausstellung des KZ wird nur indirekt Karl Leisners gedacht. Im Zentrum der Ausstellung steht das Schicksal der Häftlinge: ihr Weg in das Lager, ihr Leben dort und der Weg in den Tod oder in die Befreiung. Dargestellt wird dieses durch Berichte und Zeichnungen der Häftlinge, durch Biographien, Gegenstände aus der Zeit, aber auch durch die historischen Orte, wie der Schubraum oder das Häftlingsbad.
Bei dem Themenrundgang wird u. a. das Schicksal der Geistlichen im KZ Dachau aufgezeigt. Für die Gestaltung einer neuen Vitrine mit liturgischen Geräten aus der Lagerkapelle hat der IKLK zwei Fotos zur Verfügung gestellt.
Das Foto mit den Ausstattungsgegenständen betitelten die KZ-Priester: „Unsere erste Kapellenausrüstung Jänner 1941“. Es zeigt auch das in der Vitrine ausgestellte Kreuz. Im Januar 1941 wurde im Lagerblock 26 eine Kapelle eingerichtet. Am 22. Januar konnten die KZ-Priester dort die erste heilige Messe feiern. Auf dem zweiten Foto ist der Dachau-Altar mit Karl Leisners Primizgewand zu sehen, ebenso die in der Vitrine ausgestellte Monstranz. Karl Leisners Primiz war am 26. Dezember 1944 in der Lagerkapelle.
Von der Lagerkapelle wurde ein Foto abgedruckt, zu ihrer Geschichte gibt es bisher keine Erläuterungen. Zu den beispielhaft aufgezeigten Biographien von KZ-Priestern gehört auch die des französischen Bischofs Gabriel Piguet[1] mit der Abbildung einer Portraitzeichnung des Mitgefangenen Ferdinand Dupuis. Bischof Piguet weihte am 17. Dezember 1944 in der Lagerkapelle Karl Leisner heimlich zum Priester. Dieses kirchengeschichtlich einmalige Ereignis in einem Konzentrationslager wird nicht erwähnt.
[1] Bischof Gabriel Emmanuel Joseph Piguet von Clermont, * 24.2.1887 in Macon-sur-Saône/Saône-et-Loire/Frankreich, † 3.7.1952; Priesterweihe am 2.7.1910 in Paris (St. Sulpice); Bischofsweihe zum Bischof für das Bistum Autun/Saône-et-Loire am 27.2.1934; Bischof von Clermont ab 11.3.1934. Obwohl Verehrer von Marschall Philippe Pétain, widersetzte er sich während der deutschen Besatzung (1940–1944) den Nationalsozialisten. Er wurde am 28.5.1944 verhaftet und kam über das Gefängnis in Clermont-Ferrand und das KZ Natzweiler-Struthof am 6.9.1944 ins KZ Dachau und wurde am 4.5.1945 befreit.
Karl Leisner wurde am 9. November 1939 verhaftet und kam über die Gefängnisse Freiburg und Mannheim am 16. März 1940 in das KZ Sachsenhausen. Der Vatikan erwirkte durch Verhandlungen mit der Reichsregierung die Zusammenlegung aller Geistlichen im Konzentrationslager Dachau. Mit einer Gruppe von mehr als 500 Priestern wurde Karl Leisner am 13. Dezember 1940 vom KZ Sachsenhausen in das KZ Dachau transportiert und dort am nächsten Tag aufgenommen. Er bekam die Häftlingsnummer 22356. Karl Leisner konnte nicht ahnen, dass er noch bis zum Mai 1945 im KZ Dachau inhaftiert sein würde.
Jeder Strafgefangene durfte im Monat zwei Briefe bzw. Karten von seinen Angehörigen empfangen und an sie absenden. Die Lagerordnung regelte die Form der Briefe und zensierte den Inhalt, jegliche Informationen über das Lager waren verboten. Karl Leisner erkundigte sich über das heimatliche Geschehen und wartete auf Nachrichten aus der Heimat. Der Heiligenkalender und das Kirchenjahr bekamen für ihn eine besondere Bedeutung. Er gratulierte seinen Angehörigen, Freunden und Bekannten zu ihren Gedenktagen und erkundigte sich nach ihnen.
Unter dem nachfolgenden Link können die Briefe Karl Leisners aus dem KZ Dachau an seine Familie abgerufen werden.
Am 2. August 1941 wurde Pater Otto Pies SJ[1] in das KZ Dachau eingeliefert. Aufgrund organisatorischer Änderungen kamen er und Karl Leisner am 19. September 1941 gemeinsam in den Block 26 und teilten sich einen Spind. Zwischen ihnen entwickelte sich eine tiefe Freundschaft. Otto Pies wurde zum väterlichen Freund und Fürsorger Karl Leisners und trug wesentlich mit dazu bei, dass dieser am 17. Dezember 1944 in der Lagerkapelle heimlich zum Priester geweiht wurde.
[1] Pater Dr. Johannes Otto Pies SJ (* 26.4.1901 in Arenberg bei Koblenz, † 1.7.1960 in Mainz) – Eintritt in die Gesellschaft Jesu am 14.4.1920, Priesterweihe am 27.8.1930 – Am 31.5.1941 wurde er wegen eines Protestes gegen die Klosteraufhebung von der Gestapo verhaftet – Am 2.8.1941 brachte man ihn aus dem Gefängnis in Dresden ins KZ Dachau. Am 27.3.1945 wurde er aus dem KZ entlassen.
Im Frühjahr 1942 kam Karl Leisner nach erneutem Ausbrechen einer Lungentuberkulose in das Krankenrevier und verließ es nur noch selten. Er kam zurück, weil er so einem Invalidentransport in das Vernichtungslager Hartheim entkommen konnte. Otto Pies besorgte Lebensmittel und Medikamente und sorgte so für sein Überleben.
Wegen der heranrückenden Amerikaner war die Bewachung der Häftlinge im KZ Dachau im April 1945 nicht mehr so streng. Das ermöglichte wohl wieder das Führen eines „Tagebuches“. Das letzte Tagebuch Karl Leisners beginnt am 28. April 1945.[1]
Einen Tag später befreiten die Amerikaner das KZ Dachau. Am 4. Mai 1945 gelang es Otto Pies, der einen Monat früher entlassen worden war, Karl Leisner aus dem unter Quarantäne stehenden KZ Dachau zu „entführen“ und in das nahe bei München gelegene Waldsanatorium Planegg zu bringen. Dort blieb Karl Leisner bis zu seinem Tod am 12. August 1945.
[1] Das letzte Tagebuch Karl Leisners kann unter folgendem Link abgerufen werden.
Die Beiträge zu den verschiedenen Erinnerungsstätten Karl Leisners in Dachau wurden unter den nachstehenden Links veröffentlicht.
Text und Fotos Christa Bockholt und IKLK-Archiv