1200 Jahre Benediktinerabtei Münsterschwarzach

Münsterschwarzach
Gründung als Frauenkloster durch Fastrada, die dritte Gattin Karls des Großen, an der Mündung der Schwar­zach in den Main 780 – Bau der Klosterkirche 788 – Auflösung im Zuge der Säku­lari­sation 1803 – Erwerb der Überreste des alten Klosters samt ent­spre­chendem Grundbesitz von 130 ha von den Missi­ons­bene­diktinern von St. Ottilien 1913 – heute Abtei Mün­ster­­schwarzach
Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Author: Monandowitsch / CC-BY 3.0 (abgerufen 04.05.2018)

Die Tagespost berichtete am 6. September 2016 unter der Überschrift „‚Sie sind wie Leuchttürme!’ Festgottesdienst und Festakt zum Jubiläum 1200 Jahre Benediktinerabtei Münsterschwarzach“ vom Jubiläum des Klosters, bei dem der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann die Festpredigt hielt.

Link zum Artikel

Siehe auch Link – ABTEI MÜNSTERSCHWARZACH MISSIONSBENEDIKTINER.

Karl Leisners Beziehung zum Kloster Münsterschwarzach

Karl Leisner verband mit dem Kloster eine familiäre Beziehung. Wilhelm Sauer, der Schwager seines Bruders Willi, war dort Benediktiner. Da Karl Leisner im KZ war, als sein Bruder Willi und Franziska (Fränzl) Sauer sich 1943 kennenlernten, gab es für ihn nie eine persönliche Begegnung mit Wilhelm Sauer.

Br. Ignatius (Wilhelm) OSB Sauer (* 10.9.1915 in Lüsfeld, † 1.9.2010 in Mün­ster­schwar­zach) – Benediktiner in Mün­ster­schwar­zach – Profeß 13.6.1935

Br. Ignatius hatte im Kloster verschiedene Arbeitsbereiche.

 

Bienenhaus

Werk- und Bastelraum

Mostkeller 1999

Mostkeller 1986

Reisenotizen von Mutter Amalia Leisner zeigen, was sie auf sich nahm, um ihr Enkelkind Ursula Leisner (* 2.6.1945 in Oberbessen­bach), das Kind ihres Sohnes Willi und seiner Frau Franziska (Fränzl), geborene Sauer, zu besuchen. In diesem Zusammenhang erwähnt sie auch die Rückkehr ihrer Schwiegertochter von einem Besuch bei deren Bruder Wilhelm in Münsterschwarzach:
Fränzl zurück von […] Münsterschwarzach.[1]
[1] Notizen im Taschenkalender 1946, (Manuskript): 5

Nachruf

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Im KZ Dachau wurde Pater Sales Heß OSB für Karl Leisner wichtig. Ohne ihn gäbe es keine Fotos von Karl Leisner zur Zeit der Priesterweihe 1944.

Pater Dr. phil. Franz Salesius (Johann Sigmund) Heß OSB, genannt Sales, (* 1.5.1899 in Sassanfahrt/Erzbi­stum Bamberg, † 21.3.1989 in Münsterschwarzach) – Eintritt bei den Be­ne­dik­tinern in Münsterschwarzach – Profeß 3.10.1920 in Münsterschwarzach – Priester­weihe 19.3.1925 in Würzburg – Er kam wegen Benachrichtigung über Klosteraufhebungen am 12.9.1941 ins KZ Dachau, dort war er Capo des Foto­kom­man­dos und fotografierte Karl Leisner am 15.12.1944 in der Lagerkapelle. Am 28.3.1945 wurde er entlassen. Im Selig­sprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.

 

 

im KZ Dachau

an der Klosterpforte

Priesterjubiläum

Totenbild

Nachruf

sales_nachruf

 

 

Heß, Sales
Dachau. Eine Welt ohne Gott, Nürnberg 1946, 21948, Münsterschwarzach ³1985 (zit. Heß 1985)

 

 

 

 

Siehe auch Link zum Feature des Deutschlandfunks vom 15. März 2013 – KZ-Dachau: Eine Welt ohne Gott – Besuch im Kloster Münsterschwarzach.

P. Otto Pies SJ:
Zwei Tage [, am 15.12.,] vor dem festgesetzten Weihetag konnte Karl auf­stehen und heimlich das Revier verlassen. In der Kapelle des Priester­blocks wurde die General­probe gehalten. Alles wurde bis ins Letzte ein­geübt. Die Feier sollte würdig und schön verlaufen, wie in einer Dom­­kir­che. Bei dieser Gelegenheit wurden [von P. Sales Heß OSB] Photoauf­nahmen gemacht, die uns glücklicher­weise Bilder von Karl im priester­li­chen Ornat geschenkt haben. Es war äußerst gefähr­lich, es hätte sogar das Leben kosten können, im KZ zu photographie­ren. Aber damals wagte man viel und es gelang. Nur mußte man der ab­solu­ten Verschwiegenheit sicher sein, und außer den wenigen Eingeweih­ten hatte tatsächlich auch nie­mand, selbst auf dem Priester­block, et­was gemerkt.[1]
[1] Pies, Otto: Stephanus heute. Karl Leisner. Prie­ster und Opfer, Kevelaer: Butzon & Bercker 1950: 167

P. Sales Heß OSB:
Ich hatte die Aufgabe, botanische Versuche und Pflanzenversuche auf der Plantage zu fotografieren. Dazu hatte ich zwei Fotoapparate eine Exakta und eine Leica. Ich habe mit einem dieser Apparate kurz vor dem Tag der Prie­sterweihe, dem dritten Adventssonntag 1944, in der Ka­pelle des Lagers KZ mehrere Aufnahmen von Karl Leisner gemacht.[1]
[1] Seligsprechungsprozeß: 1851f.

Das IHAGEE Kamerawerk in Dresden produzierte zahlreiche Kame­ra­konstruk­tionen, vor allem auch Spiegelreflexkameras. 1936 brachte sie die Kine Exakta, die erste Spiegelreflex-Klein­bildkamera der Welt, auf den Markt.

 

 

Leica – Leitzsche Camera
Oskar Barnack (* 1.11.1879 in Lynow/Nuthe-Urstromtal/Brandenburg, † an Lun­­genent­zün­dung 16.1.1936 in Bad Nauheim) – Feinme­chaniker – Er ent­wickelte 1913 in der Firma Ernst Leitz in Wetzlar die Ur-Leica, woraus 1925 die erste deutsche Kleinbildkamera entstand. 1944 handelte es sich um den Typ III. Zu Ehren ihres berühmten Erfinders hat die Gemeinde Lynow ein Oskar-Barnack-Museum eingerichtet.

Alois Knecht aus Bregenz am 28. Dezember 1950 an Rein­hold Friedrichs in Münster:
Jener Benediktinerpater [P. Sales Heß OSB …] hat unser Tütenkleb­kom­mando in der Plantage draußen wiederholt photographiert, er war ja der behörd­lich kon­zes­sio­nierte Photograph von Blumen, Pflanzen etc. etc., und so konnte er auch eines Tages uns un­geniert aufnehmen. Aber nie be­kam ich ein Bild da­von zu sehen, weder im noch außerhalb des Kazetts.

Die Nega­tive von den Fotos bei der Probe zur Priesterweihe wurden über Leo Pfanzer aus dem KZ Dachau ge­schmug­gelt und ohne Kommentar mit der Post an Willi Leisner nach Berlin geschickt. Leo Pfanzer war Angestellter bei der Bayerischen Warenvermittlung (Baywa) in Da­chau, als solcher hatte er freien Zu­tritt zur Plan­tage und war Vermittler hinaus und herein.

P. Sales Heß OSB:
Beson­ders danken wir ihm [Leo Pfanzer] seine Hilfe für un­sere illega­len und sehr ge­fährlichen fotografi­schen Aufnah­men. Wir hätten keine Bilder von unserer Ka­pelle, der Madonna, des Primizianten Karl Leis­ner und vieler anderer Konfratres, wenn er nicht mit gro­ßem Ri­siko für ihn und uns die ent­wickelten Filme schnellstens aus dem Lager­be­reich hinauszu­schaffen und in sei­nem Hause bis zum Ende unse­rer KZ-Haft zu ver­wah­ren be­reit gewesen wäre.[1]
[1] P. Sales Heß OSB in: Stimmen von Dachau, 1967/68 – Nr. 9: 76

Willi Leisner aus Berlin am 15. April 2003 nach seinen Kalender­auf­zeich­nungen an Hans-Karl Seeger:
Die Negative, die Pater Sales Heß im KZ Da­chau gemacht hat, schmug­gelte er [P. Otto Pies SJ durch Leo Pfanzer] aus dem KZ und kamen in ei­nem Briefumschlag ohne Bei­lage bei mir an.
Abzüge von den Negativen machte mir Dr. [Hermann] Eising, damals Kaplan in St. Matthias am Win­terfeldplatz in Berlin-Schöneberg. […] Mit ihm hatte ich wegen der Zustimmung von Bischof [Clemens August] Graf von Galen zu Karls Priester­weihe laufend Kontakt. Er gab mir auch den Rat, Bischof [Hein­rich] Wienken, Kommissariat der Fuldaer Bischofs­kon­fe­renz, bezüglich eines Gesuchs zur Freilassung von Karl aufzusu­chen. Sein Büro war im Pfarramt von St. Matthias.
Zum Gespräch weilte ich am 30. Dezember 1944 bei ihm.[1] Daraufhin ver­faßte ich das Ge­such an das Reichssicherheitshauptamt vom 5. Januar 1945, das ich Bischof Wienken am 5. Januar 1945 überbrachte.[2] […]
Den Eltern schickte ich am 6. Januar 1945 das Foto Karl im Ornat und am 7. Januar das Foto Karl und Otto Pies mit der Brief­post nach Nieder­mörmter.
Die Negative bekam später Otto Pies für seine Veröffent­lichun­gen. Ein Fotograf hat sie verbummelt und nicht wieder aufge­funden.
[1]  Willi Leisner am 30.12.1944 im Taschenkalender:
11.30 Uhr zu Exzellenz Wienken wegen Karl
[2] Willi Leisner am 4.1.1945 im Taschenkalender:
18.30 Uhr zu Dr. Eising – [wegen] Karl
Willi Leisner am 5.1.1945 im Taschenkalender:
10.00 Uhr Ex. Wienken – Gesuch für Karl abgegeben
Willi Leisner am 6.1.1945 im Taschenkalender:
16.30 Uhr zu Dr. Eising

Donnerstag, 4. Januar 1945
Willi Leisner suchte am 4. Januar 1945 nach telefonischer Rückspra­che Dr. Hermann Eising in St. Matthias, Berlin-Schöneberg, Winterfeldplatz, Pfarr­amt Gollzstr. 29, auf[1] und übergab ihm den insgeheim aufgenommenen Film mit Fotos aus dem KZ Da­chau, die P. Sales Heß OSB von Karl Leisner bei der Probe für die Priester­weihe am 15. De­zember 1944 gemacht hatte.
[1]  Willi Leisner am 4.1.1945 im Taschenkalender:
18.30 Uhr zu Dr. Eising – [wegen] Karl

Willi Leisner:
Die Fotos von Karl aus dieser Zeit sind von Mitbrüdern, die in der Plan­tage Pflanzenversuchsreihen fotografieren mußten, gemacht worden (das im Meßgewand übrigens schon vor der Priesterweihe bei einer Übung in der Lagerkapelle). Die Negative wurden [nicht] durch „Mädi“ [sondern durch Leo Pfanzer] her­ausgeschmug­gelt und mir [nach Berlin] zugeschickt. Ich konnte dann die Abzüge durch Dr. Eising, den damaligen Kaplan von St. Matthias in Berlin, herstellen las­sen.[1]
[1] Seligsprechungsprozeß: 967

Dr. Hermann Eising ent­wickelte die Filme selbst; daher konnte Willi Leisner sie bereits am 6. Januar abholen und das Bild „Karl Leisner im Meßgewand“ am selben Tag an seine Eltern und Schwestern nach Nie­dermörmter schicken.[1]
[1] Willi Leisner am 6.1.1945 im Taschenkalender:
16.30 Uhr zu Dr. Eising.
B [Brief mit] Foto Karl im Ornat

Siehe auch Aktuelles vom 15. Dezember 2014 – Geschichte der Fotos vom 15. Dezember 1944 im KZ Dachau.

Sales Heß OSB:
Später erfuhr ich, daß wir unsere Entlassung dem Heiligen Vater [Pius XII.] zu danken hatten. Die deutsche Regierung wünschte damals vom Vatikan eine Intervention bei den Alliierten. Der Vatikan erklärte, er könne für Deutschland nichts unternehmen, solange die Geistlichen in­haf­tiert seien. Darauf sei die Entlassung der Geistlichen zugesichert wor­den.[1]
[1] Heß 1985: 219

Sales Heß OSB:
War das eine Aufregung, als am Dienstag in der Karwoche (am 27. März 1945) ein Blockführer im Laufe des Vormittags auf die Plantage kam und einige Geistliche abholte.[1]
[1]  ebd.

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Bruder Karl Leisner van Wickeren OSB
IKLK-Mitglied Andreas van Wickeren, geboren 1965 in Kranenburg, trat im Jahr 2000 in die Benediktinerabtei Münsterschwarzach ein und begann im Februar 2001 sein Noviziat. Er hat den Ordensnamen Bruder Karl Leisner angenommen. Als gelernter Gärtner arbeitete er in der Klostergärtnerei. Vermutlich hat er in der Natur ebenso viel Freude erlebt, wie sie sein Namenspatron erfahren hat, der ein großer Naturfreund war. Inzwischen ist Andreas van Wickeren ausgetreten.

Quelle der Fotos: privat und IKLK-Archiv