Karl Leisner besuchte die Pfarrei St. Vinzenz auf der Schweizfahrt 1932.
In Stetten im Kanton Aargau an der Reuß lebte Pfarrer Josef Schlumpf (* 15.2.1896 in Steinhausen/ZG/CH, † 17.9.1970 in Zürich/ZH/CH), ein Freund von Karl Leisners Mentor Dr. Walter Vinnenberg. Insofern wundert es nicht, daß eine von Karl Leisners zahlreichen Fahrten dorthin führte.
Bericht über das Jubiläum am 9. Juni 2013 aus den Pfarrmitteilungen von St. Vinzenz in Stetten:
Rückblick Jubiläum 125 Jahre Pfarrei Stetten
Bereits sind zwei Wochen vergangen und wir dürfen auf ein erfolgreiches Jubiläumsfest zurück schauen. Der Gottesdienst mit Bischofsvikar Christoph Sterkman und der „Toggenburger Messe“ gesungen von den beiden Kirchenchören Stetten und Künten war ein gelungener Auftakt zur Jubiläumsfeier. Beim anschliessenden Apéro, musikalisch begleitet von der Musikgesellschaft Stetten, wurde auf 125 Jahre Pfarrei St. Vinzenz Stetten angestossen. Das Mittagessen, der bekannte Schinken aus dem Stetter Brennhafen, wurde im Festzelt serviert. Mit einigen Liedern unterhielt der Männerchor anschliessend die Festgemeinde. Die Turmführung war heiss begehrt, standen die Interessierten doch eine Zeit lang Schlange, bis sie in den Turm steigen konnten. Bei der Führung durch die Kirche erfuhren die Interessierten einiges über die Stetter Kirchenschätze. Das Spielangebot der JUKI-Vinzi wurde von den Kindern bis am Schluss rege genutzt und das Schminken zeigte sich als Anziehungspunkt für die Kinder. Der Schlusspunkt des Programms war die Aufführung des Orgelkonzerts „De grossi Traum vo de chliine Stetter Orgele“. Nochmals füllte sich die Kirche und die Konzertbesucher liessen sich in den Traum der Stetter Orgel entführen. Da Petrus der 125-jährigen Pfarrei Stetten wohlgesinnt war, feierte man auf dem Kirchenplatz weiter. Gutgelaunt sassen doch einige Festbesucher bis in den Abend hinein zusammen und stiessen auf ein gelungenes Fest an. Vielen herzlichen Dank allen Helfern, die dieses unvergessliche Jubiläumsfest ermöglicht haben. Die Gäste haben sich wohlgefühlt und genossen das Fest. Viele Komplimente durften wir entgegen nehmen.
Für die Kirchenpflege
Brigitte Hunn
Link zu den Glocken von St. Vinzenz in Stetten:
youtube
Karl Leisners Berichte vom Aufenthalt in Stetten
Stetten, Montag, 22. August 1932, 9. Tag
Stiller Tag bei Pfarrer [Josef] Schlumpf und W. [Walter Vinnenberg] in Stetten
Wir schlafen lange. Alfred [Stecken] war schon früher raus und im Dorf einkaufen. Er hatte Walter schon getroffen. Gegen 9.00 Uhr sind wir im Pfarrhaus bei ihm und seinem Freund Pfarrer Schlumpf.
Zu Mittag gibt’s gute Kost. Morgens strolchen wir durchs Dorf. Nach Mittag geht’s runter zur Reuß. Kleine Mädchen grüßen Walter mit: „Chrissie, Herr Pfarrer“. – Wir müssen lachen. – Am Fluß Brocken [Kleider] aus – herumgesprungen durch die Wiesen. Schnelligkeit, Rauschen, Schnellströmen, Gurgeln und Stürzen der Reuß lockt. Wir sind ein wenig bange. Tasten uns die Böschung hinab an Zweigen in den hellen, kalten Fluß. Wir fallen um von der Strömung. Ein Druck – so was sind wir gar nicht gewohnt in der Ebene [am Niederrhein]. Es packt uns dann doch der junge, kühne, tolle Strom. Wir lassen uns treiben von seiner starken Kraft. Er springt und quillt und treibt dahin über Gefels und Stein. Walter wagt es drüberzuschwimmen. Wir stehn und sind begeistert. Wir denken an Indianerhäuptlinge wie die schwimmen!
Hei, Walter ist am andern Ufer. Wieder rein und – im Nu ist er wieder bei uns.
Abend wird es bald nach dem prächtigen Schweizer Milchmokka um 17.00 Uhr.
In weißen Nachtrochetten singen wir gemeinsam die Komplet.[1] (Pfarrer Schlumpf soll sich köstlich gefreut haben, erzählte mir Walter mal später.) Dann geht’s in die „Not“-Quartiere.
[1] Vermutlich assoziierte Karl Leisner Rochett und Nachthemd.
Karl Leisner aus Stetten am 22. August 1932 an seine Familie in Kleve:
Meine Lieben!
Wie Ihr an den Marken seht, sind wir heute in der Schweiz. Gestern früh sind wir in Basel über die Grenze gekommen. Langsam, aber sicher wird’s immer höher und höher. Die Sprache wird, je weiter nach Süden, immer unverständlicher. Gestern abend haben wir vor Stetten gezeltet. Heute morgen haben wir Dr. Vbg. [Vinnenberg] getroffen. Wir wollen uns ein wenig ausruhen und morgen geht’s in aller Herrgottsfrühe los zum Züricher [Zürcher See] und Vierwaldstätter See. Bis jetzt sind wir überall fein durchgekommen. Immer feine Leute getroffen. In Achern im Badischen gab’s sogar Morgenkaffee. Über München werden wir nicht zurückfahren, weil es zu weit ab liegt, sondern über Stuttgart – Heidelberg – Frankfurt.
Mit frohen Grüßen an „allemole“ [alle zusammen]
Euer Karl
Wir sind noch alle wohlauf. In der Mittagssonne fahren wir nicht. Viele Grüße aus der Schweiz,
Euer Willi
Bergheil! Walter Vinnenberg
Stetten, Dienstag, 23. August 1932, 10. Tag
Stetten – Bremgarten – Zürich – Zürcher See – Einsiedeln
Früh raus. – 6.00 Uhr [in St. Vinzenz] heilige Messe c. Com. [mit Kommunionempfang] – Nachher gibt Pfarrer Schlumpf mit einem Strauchbüschel einen Segen. Er schwingt das Büschel frisch und kraftvoll.[1] Das macht mir Spaß. Dann geht’s wohlauf aufs Pferd [Fahrrad[2]]. Einen feinen Waldweg – unten die Reuß, über die sich grade die Nebel wegheben. Morgenfrische kommt in unsre Seelen. So rechte Freude und Freiheit.
[1] Nach südlicher Art besprengte er beim Segen die Menschen mit Weihwasser. Karl Leisner kannte von zu Hause ein Aspergil (Weihwassersprenger) aus Metall.
[2] Anklang an die 1. Strophe des Liedes: „Wohlauf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd!“