Norbert von Xanten (* 1080 in Gennep oder Xanten, † 6.6.1134 in Magdeburg) – Stifter des Prämonstratenserordens 1121 – Erzbischof von Magdeburg 1126–1134 – Heiligsprechung 1582 – Gedenktag 6.6.
Vor 80 Jahren erlebte Karl Leisner die Norbertfeier am 10. Juni 1934 in Xanten von Münster aus mit.
Die Feierlichkeiten begannen am 6. Juni 1934 mit einem Levitenhochamt und endeten am Sonntag, dem 10. Juni 1934, mit einer gewaltigen Treuekundgebung der gesamten katholischen Jugend am Niederrhein vor Bischof Clemens August Graf von Galen auf dem Domplatz in Xanten.
Karl Leisner konnte von Münster aus wegen des Studiums nicht an den Feierlichkeiten teilnehmen, wohl aber sein Bruder Willi, der den Tag in seinem Tagebuch ausführlich beschrieben und folgenden Zeitungsartikel eingeklebt hat:
Norbertusfeier in Xanten – Imposante Glaubenskundgebung
dv Xanten, 11. Juni 1934
Aus Anlaß des 800. Todestages des hl. Norbert, eines Sohnes der Stadt Xanten, war in der Viktorstadt am gestrigen Sonntag eine Glaubenskundgebung, deren Ausmaß sicherlich alle Erwartungen übertroffen hat.
Schon früh am Morgen strömten von allen Seiten Pilger in dem festlich geschmückten Xanten zusammen. Auch aus Kleve und dem Kreise Kleve hatten sich viele dahin begeben. Als unser hochwürdigster Herr Bischof Clemens August Graf von Galen das Pontifikalamt zelebrierte, war im Viktordom eine Volksmenge, die sich auch bei ähnlichen Anlässen fast nie in solcher Anzahl einfindet. Während des feierlichen Amtes sang der Domchor unter Leitung seines Chordirektors, Kaplan [Wilhelm] Dohmes, das Proprium Missae Dominicae 3 post Pentecostes [die wechselnden Teile der Eucharistiefeier des 3. Sonntags nach Pfingsten] im gregorianischen Choral und das Ordinarium Missae [die feststehenden Teile] in einer Vertonung für vierstimmigen Chor von Orlando di Lasso [1530–1594]. Nachdem das Evangelium auf dem Lettner – dem Lesepult zwischen Hochchor und Langschiff – zu Ende gesungen war, hielt P. Prior [Albert] Hammenstede OSB aus Maria Laach eine Predigt, in der er zur Rückkehr zu Gott aufforderte. Nach dem Pontifikalamt verließ der hochwürdigste Herr Bischof, dem über hundert Banner vorauszogen, in der Cappa magna[1] auf seinem Wege die knienden Gläubigen segnend den Dom. Die sich an das feierliche Pontifikalamt anschließende Anbetungsstunde im Dom wurde eingeleitet durch eine Predigt des Generalsekretärs [Jakob] Clemens, der die Eintracht und Treue der kath. Jugend lobte und sie bat, Christus, durch den nur die Welt gesunden kann, auch fürder die Treue zu halten. Während der Anbetungsstunde hingen die Banner der katholischen Jugend von der Galerie des Domes herab. Inzwischen tagte der katholische Akademikerverband im Saale Ternierßen [auf der Viktorstraße], wo der hochwürdigste Herr Bischof eine Ansprache hielt und wo Universitätsprofessor Dr. Greven über „Des hlg. Norbert religiöse und deutsche Sendung“ sprach.
[1] Cappa magna (lat.) = großer Mantel – Ein vorne teilweise aufgeschlitzter langer Mantel mit Schleppe und einem, im Winter mit Hermelin besetzten, Schulterteil aus roter Seide, Gewand eines Bischofs bei feierlichen Anlässen.
Bischof Clemens August Graf von Galen vor dem Westportal[1]
[1] Karl Leisner hat dieses Foto in sein Tagbuch Nr. 13 in die Deckelinnenseite eingeklebt.
Musikalische Darbietungen umrahmten diesen Festakt. Bei der Andacht im Dom bat der hochwürdigste Herr Bischof in seiner Predigt die Gläubigen, den hl. Norbert in der Verehrung der hl. Eucharistie nachzuahmen und den Glauben, weil er von Gott selbst geoffenbart ist, zu bewahren. Schon während der letzten Gesänge der Festandacht im Dom füllte sich der Domplatz, der, als der hochwürdigste Herr erschien, schon überfüllt war. Nachdem der Diözesanleiter Matthias Op de Hipt den hochwürdigsten Herrn Bischof im Namen der katholischen Jugend des Niederrheins begrüßt hatte, sprach er das Treuegelöbnis.[1] In seiner Antwort sagte Bischof Clemens August, der mehrmals von nicht endenwollendem Beifall unterbrochen wurde, daß, wie der gesamte Episcopat Deutschlands treu zur katholischen Jugend stehe, auch diese der Kirche und ihren Stellvertretern die Treue halten möge. Dann erteilte er den bischöflichen Segen, die Jugend sprach das Fuldaer Bekenntnis.[2] Mit einem gemeinsamen Liede fand die imposante Treuekundgebung der katholischen Jugend des Niederrheins ihren Abschluß.
[1] Auf der VI. Reichsversammlung des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands 1931 in Trier wurde die Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg offiziell in die kirchliche Jugendarbeit aufgenommen. Berühmt wurde in den katholischen Pfadfinderkreisen während der Aufnahmezeremonie das Treuegelöbnis des ersten Reichsfeldmeisters Willy Werner, das in den Zeiten des kommenden Verbotes viele Gruppen zusammenhielt: „Wir sind treu, oder wir sind nicht“.
[2] Laut P. Heinrich Horstmann SJ wurde der von Ludwig Wolker und P. Constantin Noppel SJ formulierte Text 1924 zum ersten Mal am Grab des hl. Bonifatius in Fulda gebetet.
Eine Karte von der großen Norbertfeier und Kundgebung in Xanten, die mir Herr Peiffer schrieb.
Grüß Gott, lieber Karl!
Von der herrlichen, überwältigenden Kundgebung vor unserem Bischof sendet Ihnen im herzlichen Gedenken frohen Gruß Ihr Franz Peiffer
Schönen Dank für den lieben Brief nebst Beilage. Urban [Peiffer] wird Ihnen dieser Tage ein Briefchen schreiben. Wir waren alle in Xanten und sind voll Begeisterung.
Am 13. Juni 1934 notierte Karl Leisner in seinem Tagebuch:
Morgens hatte ich einen Brief vom Präses [Heinrich Brey], Postkarte von Karl Kück, dem Jungscharführer, und eine Norbertkarte von Xanten von Herrn Peiffer erhalten. Allüberall lodernde Begeisterung für das Reich Gottes. O Gott, in was für eine große, herrliche, schwere, schöne Zeit hast Du in Deinem allmächtigen Ratschluß uns schwache Menschen des 20. Jahrhunderts gestellt. Dank Dir, gib uns Kraft!