1995 wurde am Schnittpunkt von zwei Wohnsiedlungen im Ortsteil Alstätte, die nach den Märtyrern Maximilian Kolbe[1] und Karl Leisner benannt sind, ein Ehrenmal errichtet, das von dem Bildhauer Joseph Krautwald[2] gestaltet wurde.
[1] Pater Dr. phil. Dr. theol. Maximilian Maria (Rajmund) Kolbe OFM (* 7.1.1894 in Zduńska Wola bei Lodsch/Łódź/PL, † ermordet 14.8.1941 im KZ Auschwitz/PL) – Eintritt in den Minoritenorden der Franziskaner 4.9.1910 – Priesterweihe 1918 in Rom – Verhaftung u. Inhaftierung im KZ Oranienburg September 1940 – Entlassung Dezember 1940 – erneute Verhaftung u. Einweisung ins KZ Auschwitz Februar 1941 – Bei einem Appell vor dem KZ-Kommandanten Karl Fritzsch (1903–1945) im Juli 1941 wurden zehn Männer ausgesondert, die als Strafaktion wegen der Flucht eines Gefangenen in den Hungerbunker eingeschlossen werden sollten. Einer von ihnen, Franz Gajowniczek (* 15.11.1901, † 13.3. 1995), schrie laut auf und erinnerte unter Tränen an seine beiden Söhne. P. Maximilian Kolbe trat hervor und bot sein Leben für das des Familienvaters, was Karl Fritzsch akzeptierte. P. Maximilian Kolbe hörte man im Hungerbunker noch tagelang singen und beten. Als seine neun Leidensgenossen bereits verhungert waren, P. Maximilian Kolbe aber noch wenige Lebenszeichen von sich gab, verabreichte man ihm schließlich eine Giftspritze. – Seligsprechung 1971 – Heiligsprechung durch Papst Johannes Paul II. in Anwesenheit des geretteten Franz Gajowniczek in Rom 1982
[2] Joseph Krautwald (* 7.3.1914 in Borkendorf, Oberschlesien, † 13.1.2003 in Rheine), Bildhauer – Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens war sakrale Kunst, u. a. über 300 Kreuzwege und zahlreiche Kleinbronzen. 1988 gestaltete er eine Karl-Leisner-Plakette.
Rundbrief des IKLK Nr. 18 – Juni 1988, S. 1f.
Krautwald
Pfarrer Josef Beike[1], Mitglied des IKLK, schrieb damals dazu: „Unsere Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt hat aus dem Grundbesitz der Pfarrgemeinde zwei Siedlungsgebiete mit je 100 Häusern freigegeben, um jungen Familien die Errichtung familiengerechter Wohnungen zu ermöglichen. Nach einigen Kämpfen mit der Stadt habe ich für die Siedlungen die Namen durchgesetzt: Maximilian Kolbe-Siedlung und Karl Leisner-Siedlung. Am Schnittpunkt, an dem die Siedlungen zusammenstoßen, haben wir ein Ehrenmal für diese beiden Martyrer errichtet. Der Rheiner Bildhauer Joseph Krautwald hat das Ehrenmal gestaltet. Er nahm dazu zwei Steinplatten aus Ibbenbürener-Sandstein mit sehr schöner Maserung, etwa 2,30 m hoch, darauf setzte er aus Bronze die Martyrergestalten: Maximilian Kolbe mit den neun Mitverurteilten, wie er ihnen in den Hungerbunker voraufgeht, Karl Leisner mit seinem Primizkelch, dahinter Jugendliche im Gedenken an seine Diözesanjungscharführer-Zeit und seitwärts einige KZ-Häftlinge. Pastor Sonnenschein[2] sagte mir, so habe Karl Leisner in der letzten Zeit seiner Haft tatsächlich ausgesehen. Die beiden Sandsteinplatten werden durch Bronzespitzen verbunden, die aussehen wie die Spitzen einer Dornenkrone, darüber – über beiden Platten – eine Bronzekrone. Der Künstler Krautwald deutete das selbst so: ‚Durch Kreuz und Leid – zur Herrlichkeit‘.“[3]
[1] Josef Beike (* 15.6.1923, † 18.11.1999) – Priesterweihe 29.9.1951 in Münster – 1965 bis 1996 Pastor der Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt in Alstätte – Von 1996 bis zu seinem Tod lebte er als Pfarrer em. in seinem Geburtsort Emsdetten.
[2] Johannes Sonnenschein (* 30.5.1912 in Bocholt, † 31.8.2003 in Ahaus), Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1931, Priesterweihe 19.12.1936 in Münster, Kaplan in Ahlen St. Josef 29.2.1940 und wurde dort am 8.3.1942 verhaftet. Er kam über die Gefängnisse in Ahlen und Münster wegen Jugendseelsorge und Verbreitung des Möldersbriefes am 29.5.1942 ins KZ Dachau. Am 9.4.1945 wurde er entlassen. Kaplan in Emsdetten Herz Jesu 1946–1951, Pfarrer in Borghorst St. Nikomedes 1958–1970, Dechant im Dekanat Borghorst 1959, Pfarrer in Dülmen (Merfeld) St. Antonius 1970–1991 (als Pfarrer em. Pfarrverwalter 1987) – Von 1991 bis zu seinem Tod lebte er als Pfarrer em. in Ahaus. Im Seligsprechungsprozeß 1981 und Martyrerprozeß 1990 für Karl Leisner hat er als Zeuge ausgesagt.
[3] Rundbrief des IKLK Nr. 33 – April 1996: Zur Seligsprechung Karl Leisners, Seite 49f.
Das Ehrenmal wird von den Nachbarn der Siedlung betreut. Die Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt Alstätte trug die Kosten und schenkte es Pfarrer Beike zu seinem 30jährigen Ortsjubiläum.
Unter der Bronze-Figur von Maximilian Kolbe steht: „Liebe ist stärker als Hass“ und unter der Figur von Karl Leisner „Christus meine Leidenschaft“.
Am 1. Mai 1934 schließt Karl Leisner seinen Tagebucheintrag mit folgendem Gebet:
„Herr Gott, Du mein König und höchster Führer, Du lenkst in wunderbarer Weisheit und Güte die Geschicke aller Menschen.
So hast Du mich armen, schwachen, sündigen Menschen durch eine Zeit der Versuchung und der Schwachheit hindurch geführt, um mich jetzt zum heiligsten und höchsten Amt – zum Priestertum – zu berufen. Deine allmächtige Weisheit hat mich – das kleine, unwürdige, stolze, erbärmliche Menschlein, das mit so mancherlei Makel und Fehlern behaftet, – zum würdigsten, demütigsten, würdevollsten Beruf erkoren. – O, gib doch, Du gütigster Vater, daß ich die Vorbereitungszeit auf diesen hehren Beruf, – Dich zu vertreten, – aus Deinen unerschöpflichen Lebensquellen in Wahrheit und Demut gestalte!“
Christus – Du bist meine Leidenschaft
Heil!
Bei der Tagebuch-„revision“ am 2. September 1935[1]
[1] Karl Leisner hat „Christus – Du bist meine Leidenschaft Heil!“ am 2.9.1935 nachgetragen.
Das Märtyrer-Ehrenmal liegt am Knotenpunkt 52 auf der Flamingo-Route, einem insgesamt 450 km langen Radwegenetz zwischen Borken und dem niederländischen Enschede. Eine zweisprachige Hinweistafel gibt Erläuterungen zu Karl Leisner und Maximilian Kolbe sowie zur Errichtung des Ehrenmal.[1]
[1] Siehe Rundbrief des IKLK Nr. 54 – August 2008: Karl Leisner als Gruppenführer, Seite 32
Alstaette1
Den Aufzeichnungen Karl Leisners ist nicht zu entnehmen, dass er die Stadt Ahaus oder die damals noch selbständige Gemeinde Alstätte kennengelernt hat oder eine sonstige Beziehung zu den Orten hatte.
Es ist besonders den beiden vorgenannten Priestern Josef Beike und Johannes Sonnenschein zu verdanken, dass Karl Leisner in Ahaus und Alstätte so vielfältig geehrt wird. Pfarrer Sonnenschein kannte Karl Leisner aus der Jugendarbeit und traf ihn nach seiner Inhaftierung am 30.5.1942 auf dem Zugangsblock im KZ Dachau wieder. Bei der Priesterweihe von Karl Leisner am 17. Dezember 1944 war er Zeremoniar. Von 1991 bis zu seinem Tod lebte er als Pfarrer em. in Ahaus. Zu seinem diamantenen Priesterjubiläum wurde das Pfarrheim in Ahaus in Karl-Leisner-Haus umbenannt und ein Sandsteinrelief mit dem Porträt Karl Leisners für das Haus gefertigt.
Pfarrer Josef Beike war 31 Jahre Pastor der Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt in Alstätte war und setzte sich unermüdlich für die Anliegen der Pfarrei und des Ortsteils Alstätte ein. Der Heimatverein Alstätte schrieb u. a. zu seiner Verabschiedung: „Eine durch Kriegs- und Nachkriegszeit geprägte Persönlichkeit fand in der kirchlichen Praxis einen Weg zwischen Tradition und Moderne. Weit über unser Dorf hinaus wurden die Liturgie-Feiern an den kirchlichen Hochfesten bekannt. Mit großem Engagement setzte sich Pastor Beike für unsere Schulen und Kindergärten ein. […] Durch seinen unermüdlichen Einsatz konnten viele öffentliche Einrichtungen in Alstätte erhalten werden. […] Wir Alstätter haben Pastor Beike viel zu verdanken.[1]
[1] Heimatbrief des Kreises Borken Nr. 116 – Oktober 1996, Seite 9
Link zu Ahaus: Karl-Leisner-Haus
Link zu Ahaus: Wohngruppe Karl Leisner im Ortsteil Alstätte
Link zu Ahaus: Karl-Leisner-Relief im Karl-Leisner-Haus
Link zu Ahaus: Leisnerstraße im Ortsteil Alstätte
Text und Fotos Christa Bockholt