Altäre bekommen bei ihrer Weihe ein Reliquiengrab. Pfarrer Christoph Gerdemann war es wichtig, bei der Altarweihe in Liebfrauen auch den seligen Karl Leisner zu beteiligen. Da es jedoch keine Reliquien des Seligen gibt, kam er mit dem Architekten auf eine gute Idee.
Pfarrer Christoph Gerdemann:
Das innere einer Kirche kann ausdrücken wie sich eine Gemeinde versteht, was ihr wertvoll ist und wie sie in der Feier des Gottesdienstes teilnimmt. Wir als Gemeinde Liebfrauen in Duisburg-Hochheide haben mit der Innengestaltung des Kirchenraumes ein großes Projekt in seiner äußeren Gestalt (fast) abgeschlossen. Jetzt ist die Zeit, diesen Raum mit unserem Beten, mit der Feier des Gottesdienstes, mit Lob, Dank, Schweigen, Bewegung und Musik zu füllen.
Dieser Raum findet im neu gestalteten Altar sein kraftvolles Zentrum. Dazu trägt zum einen die äußere Gestalt des Altares bei. Seine Maße, die Zuordnung von verschiedenen großen Steinblöcken und die dazwischen liegenden Freiräume lassen ihn ausgeglichen und doch geheimnisvoll, geerdet und doch leicht, weil von Licht und Schatten bestimmt, erscheinen.
Zum anderen weist ein kleines Reliquiengrab, das in einem der Freiräume unterhalb des Altares im Boden eingelassen ist, auf die unsichtbare Kraftquelle hin, die von diesem Zentrum ausgeht.
Aus der Mensa des alten Altares wurden die Reliquien der kaum bekannten Heiligen Jucundus und Beatus übernommen. Wir haben uns dafür bewußt entschieden, weil wir als Gemeinde weiterhin auf das Glaubenszeugnis derer uns stützen, die vor uns geglaubt haben und weil der Unbekanntheitsgrad der beiden Heiligen deutlich macht: die große Schar der Heiligen ist die der Unbekannten und Unerkannten.
Für mich stellte sich dennoch die Frage: Ist es nicht sinnvoll neben diesen Reliquien auch die eines bekannten Glaubenszeugen aus unserer Zeit beizulegen?Wer in die Geschichte des Niederrheins blickt, braucht nicht lange zu suchen. Mir kam gleich das Leben, Wirken und Sterben von Karl Leisner in den Sinn. Worin liegt unser Bezug zu ihm?
- Karl Leisner stammt vom Niederrhein. Er ist hier aufgewachsen.
- Als unsere Kirche erbaut wurde (1930/31), baute er als überzeugter Christ und Katholik Gruppen zu geistlichen „Heimstätten“ in verschiedenen Orten des Niederrheins auf und aus.
- Sein Engagement galt damals besonders der Jugend, die auch in unserer Gemeinde durch Pfadfinder-, KJG- und Meßdienerarbeit einen Schwerpunkt hat.
- Im Rahmen der Firmvorbereitung findet immer ein Besuch in der Krypta des Xantener Doms zu den Märtyrergräbern statt.
Unabhängig davon, daß von Karl Leisner keine Körperreliquie zur Verfügung steht, hielt ich es für angemessen, von ihm einige Tagebuchaufzeichnungen als geistliche Reliquien beizulegen. Ich meine, das es für viele Menschen von heute ein hilfreicher und im Blick auf den Respekt vor der Totenruhe auch angebrachter Zugang zu dem Erbe ist, das uns verstorbene Glaubenszeugen hinterlassen haben und das weiter lebendig bleiben will.
Nach einiger Lektüre und Gesprächen mit Pfarrgemeinderat und u.a. mit Pfr. Hans-Karl Seeger und Pfr. Stefan Meenen (+ 4.9.2007), habe ich folgende drei Tagebuchnotizen auf Folie gedruckt und in die Grabschatulle eingelegt:
- „Mit Christus kann man leben […] im Glauben an ihn […] das macht glücklich, das erfüllt das Leben.“ [6.4.1938]
- „Zur Freiheit hat Christus euch befreit…, werdet nicht Knechte der Menschen.“ [1.7.1938]
- „Christus in der heiligen Eucharistie gibt Glut, Kraft, Sieg!“ [1.5.1934]
Der Glasdeckel, der das Grab verschließt, trägt die Gravur seiner handschriftlichen letzten Tagebuchnotiz vom 25.7.1945: „Segne auch, Höchster, meine Feinde!“