Alte Kartengrüße erzählen (I)

Geschichten aus vergangenen Zeiten. Familie Wilhelm Leisner hat viel aufgehoben. Unter anderem auch (Feld-)Postkarten, die teilweise älter als 100 Jahre sind. Sehr viele Karten zeigen ein Foto der schreibenden Person und leisten daher einen guten Beitrag zur Familiengeschichte Leisner.
In lockerer Folge werden diese Postkarten unter Aktuelles auf die Homepage gestellt. Sie machen ein wenig mit dem Umfeld vertraut, in dem Karl Leisner groß geworden ist. Die Serie beginnt mit zwei Postkarten an Karl Leisners Eltern, die damals beide in Neuß wohnten, aber noch nicht verheiratet waren.

EhepaarLeisner1913 zog Wilhelm Leisner als Amtsgerichts­sekretär von Goch nach Neuß, Ca­nal­straße 17. Amalia Falken­stein war 1910/1911 mit ihrer Familie von Goch nach Neuß, Josefstraße 25, gezogen; denn ihr Vater Friedrich Falken­stein konnte dort mit seiner Faß- und Kistenfabrik mehr verdienen als in Goch. In Neuß lernten sich die beiden, die sich von Goch her kannten, wo sie beide auf der Kle­verstraße ge­wohnt hat­ten, näher kennen, verlobten sich am 25.12.1913, heirateten am 24.4.1914 stan­desamt­lich in Neuß und am 25.5.1914 kirchlich am Grab des heili­gen Albertus Magnus in St. An­dreas in Köln.

Schlafzimmer- Wohnzimmer!- Salon! Frau: krank! Nürnberg, Kobergerstraße 81

Schlafzimmer – Wohnzimmer! – Salon!
Frau: krank!
Nürnberg, Kobergerstraße 81

Karte1b

 

 

 

Wohlgeborenen
Herrn
Willy Leisner
Gerichtsreferendar
Neuß/Rh.
Canalstr. 17.

Nürnberg, Kobergerstr. 81, den 24.I.1914
Lieber Herr Leisner!
Schon seit Neujahr will ich Ihnen und Frl. Br.[aut] als unbek.[annt]. zum Jahreswechsel die herzl. Wünsche erbieten, aber immer kam ich nicht dazu wegen Krankheit meiner lieben Frau. Hat sich zu Weihnachten verdorben, ist seit Neujahr erkrankt und vorige Woche nach einer Operation unabwendbar. Doch ging es diese Woche besser. Seit 2 Tg. ist sie auf, doch wieder leider Rückgang zu verzeichnen. Wenn’s nur gut abginge!
Ihnen geht es hoffentl. gut. – Wir freuen uns schon, wenn Sie auf Ihrer Hochzeitsreise hierher kommen, besuchen Sie uns sicher![1] Bitte lassen Sie bald wieder hören, wie’s Ihnen geht!
Recht herzl. Grüße Ihnen und Empfehlung an Frl. Braut!
Ihre Andr. u. Rosa Prombierstand[2] nebst Rosi u. Käthi

[1] Amalia und Wilhelm Leisner haben ihre Hochzeitsreise nach Bingen gemacht.
Kevelaer, Freitag, 18. März 1938
7.30 Uhr [getrampt nach] Kevelaer ab. 16.00 Uhr Bingen an. Burg Klopp. Rhein und Nahe in der Abenddämmerung! […] Um 20.00 Uhr mit Willi los durch die nächtliche Stadt. Am Rhein spazieren wir. In den Fluten spiegeln sich die klaren Sterne. An der Traube vorbei, wo Vater und Mutter vor 24 Jahren auf ihrer Hochzeitsreise weilten, steigen wir zur Schmittstraße hoch und fallen nach gemeinsamem Gebet in die Falle.
[2] Andreas Prombierstand war vermutlich ein Kamerad von Wilhelm Leisner aus dessen Wehrdienstzeit in Bayern.

* * * * *

Klasse des Katholischen Lehrerinnenseminars und Präparandinnenanstalt in Xanten vor dem Südportal des Xantener Domes

Klasse des Katholischen Lehrerinnenseminars [und Präparandinnenanstalt] in Xanten vor dem Südportal des Xantener Domes

Karte2b

E. Schmitz[1]                                                 Poststempel
Xanten                                                           9.11. ? 1913

Fräulein
Malchen Falkenstein
Neuß
Josephstr. 25

Liebe Malie!
Ich habe die Hoffnung aufgegeben, den versprochenen Brief zu erhalten, nachdem ich ungefähr 1 Jahr darauf gewartet habe.
Du hast mich wohl ganz vergessen, wohl? Dann wirst Du mich wohl nicht wiederfinden unter den 34? Nichtsdestoweniger danke ich Dir für Deine Karte, durch die Du mich so nett gefoppt hast! Warte, Du Schelm! Damit Du Dir nicht die schwarzen Äugelein ausschaust, will ich Dir nur meinen Standpunkt klarmachen: ich bin 4. in der 2. Reihe (von oben an) und zwar von links an ………., gelt? Was macht

[1] Vermutlich eine Bekannte von Amalia Falkenstein aus deren Zeit in Maria Roepaan/NL, einer Haushaltsschule für deutsche Mäd­chen, wo diese nach der Volksschule eine Ausbildung gemacht hat.

Hildegard Niestroj, geb. Leisner, aus Frankfurt/M. am 14. November 2011 an Hans-Karl Seeger:
Wie die Eltern von Karl Leisner sich kennengelernt haben
Von seinen Schwestern Paula und Maria Leisner, meinen Tanten, erfuhr ich auf mein Fragen hin, wie ihre Eltern Wilhelm und Amalia, genannt Maly, sich kennen gelernt haben. Beide wohnten damals [1913 in Neuß] nicht weit voneinander entfernt und gehörten zur selben Pfarrgemeinde. Wil­helm spielte Geige, was dem Vater [Friedrich Falkenstein] von Amalia nicht verborgen geblieben war. Eines Tages sprach er den jungen Mann nach dem Gottesdienst daraufhin an und meinte, daß es doch schön sei, wenn er und seine Tochter Amalia miteinander musizieren würden, denn sie spiele Klavier. Gesagt, getan: Wilhelm Leisner besuchte nun regelmä­ßig das Haus der Familie Falkenstein, um gemeinsam mit Maly Musik zu machen. Eines Tages sei er etwas zu früh gewesen und ging, da ihm vorn niemand geöffnet habe, hinten durch die Waschküche. Da habe er Maly gesehen, wie sie gerade dabei gewesen sei, Wäsche zu waschen. In diesem Augenblick hätte er bei sich gedacht: Eine Frau, die so schön Klavier spielt und dazu noch Wäsche waschen kann, die möchte ich einmal heira­ten. Als sie […] geheiratet haben, geschah dies in kleinstem Kreis, und zwar nicht in ihrer Heimatpfarrei, sondern in Sankt Andreas in Köln am Grab von Albertus Magnus. Für das gesparte Geld bekam Maly ihr ei­genes Klavier, so daß beide auch in ihrem neuen Heim gemeinsam musi­­zieren konnten.