Zum 75. Mal jährt sich Ende April 2020 der Tag der Befreiung des KZ Dachau durch Einheiten der US-Armee. Aufgrund der CORONA-Krise müssen die Feierlichkeiten in diesem Jahr ohne direkte persönliche Begegnungen stattfinden. Es sollten eigentlich 2 000 Besucher, darunter etwa 90 Überlebende, kommen.
So war es ursprünglich geplant und für den 03. Mai 2020 in der Dachauer KZ-Gedenkstätte vorgesehen. Aber auch hier gilt: die Sicherheit und Gesundheit steht an erster Stelle. Als Ersatz der geplanten Feierlichkeiten wird man Gedenkreden, Gottesdienste und das geplante Konzert nun im Internet erleben können.
Am 03. Mai 2020 werden Grußworte unter anderem von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sowie CID-Präsident Jean-Michel Thomas per Videoaufzeichnung auf der Internetseite der KZ-Gedenkstätte Dachau zu sehen sein.
Hier finden Sie die entsprechenden Internetadressen bezüglich der Gedenkveranstaltungen:
www.kz-gedenkstaette-dachau.de/aktuelles/liberation
www.sonntagsblatt.de
www.dachau.de
www.muenchner-kammerspiele.de
Weitere Beiträge zum Thema können Sie der Homepage DOMRADIO.DE entnehmen.
Wir haben dazu drei LINKs ausgewählt: LINK1 LINK2 LINK3
Im März 1933 war es als eines der ersten nationalsozialistischen Konzentrationslager gegründet worden und diente als Modell für alle späteren Konzentrationslager. In den zwölf Jahren seines Bestehens waren hier und in seinen 140 Außenlagern über 200 000 Menschen aus ganz Europa inhaftiert, 41 500 starben. Karl Leisner war seit dem 14. Dezember 1940 (fast 4½ Jahre) hier eingesperrt und war zuletzt wegen seiner Erkrankung an Tuberkulose im Krankenrevier.
Noch kurz vor ihrer Befreiung erlagen zahlreiche Häftlinge den Folgen von Typhus- und Fleckfieberepidemien. Fast 7 000 Gefangene trieb die SS am 26. April 1945 auf Evakuierungsmärschen in Richtung Süden.
Am Sonntag, den 29. April 1945, marschierte gegen 17:00 Uhr Colonel Sparks‘ 3. Bataillon des 157. Infanterie-Regiments der 45. Infanterie-Division (gemeinsam mit Soldaten der 42. Infanterie-Division Rainbow unter Leitung des Brigadegeneral Henning Linden; beide Verbände gehörten zur 7. US-Armee) in das Lager ein. Einige Zeit hatten sie nicht gewusst, wo es genau liegt. Mehr als 32 000 Gefangene befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch in den Baracken und auf dem Lagergelände. Karl Leisner war einer von ihnen und gehörte dazu.
Er verbrachte vom 14. Dezember 1940 an fast 4½ Jahre in diesem Lager und konnte es am 04. Mai 1945 in Richtung Planegg verlassen. Ein Bericht dazu folgt in den nächsten Tagen.
Um das Überleben bis zur Ankunft der alliierten Truppen zu sichern, hatten sich Häftlinge aus verschiedenen Nationen bereits in den letzten Tagen vor ihrer Befreiung zu einer Lagergemeinschaft zusammengeschlossen. Danach diente das Internationale Häftlingskomitee der Selbstverwaltung der befreiten Häftlinge, die von den US-Truppen medizinisch versorgt wurden und das Dachauer Lager in den folgenden Wochen und Monaten verließen.
Die US-Truppen kamen von Westen, der einzige Zugang zum Häftlingsbereich, das sogenannte Jourhaus, lag jedoch im Osten. Die US-Truppen marschierten über den Lagerbereich der SS. Dort trafen sie ohne jede Vorwarnung oder Ahnung auf den Eisenbahnzug mit unzähligen erschossenen und verhungerten Häftlingen (etwa 2300 Tote). Den ersten Eindruck dieses Eisenbahnzuges beschrieben einige US-Soldaten später als extrem schockierend. Aufgrund der schrecklichen Zustände im Lager kam es seitens US-Soldaten und ehemaligen Häftlingen zu Übergriffen und zur Ermordung von SS-Männern. Das Kriegsverbrechen wurde später als Dachau-Massaker bezeichnet.
Der Krieg ist aus.
„Wir saßen in diesem Zimmer, in diesem verfluchten Friedhofsgefängnis, und niemand hatte noch etwas zu sagen. Dennoch erschien mir Dachau als der passendste Ort in Europa, um die Nachricht vom Sieg zu hören. Denn gewiss wurde dieser Krieg geführt, um Dachau und alle anderen Orte wie Dachau und alles, wofür Dachau stand, abzuschaffen, und zwar für alle Zeiten.“
Das schrieb die amerikanische Kriegsreporterin Martha Gellhorn nach der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau am 29. April 1945.
Hier noch der Eintrag von Karl Leisner in das letzte Tagebuch (27, 2–4):
Dachau, Sonntag, 29. April 1945
Morgens in der Bettruhe Einschläge schwerer Artillerie in der Nähe. Maschinengewehr- und Gewehrfeuer. Die Nacht zuvor schon gute Schießerei. Große Hoffnung! „Der Tag für Freiheit und für Brot bricht an“ – singe ich spaßhaft und doch ernst. Es wird so. Die weiße Fahne auf Kommandantur etc. – Was wird geschehn? Um 17.30 Uhr die ersten amerikanischen Soldaten. (Vorher Gerücht, das Lager sei übergeben). Riesiger Jubel im Lager, Freudenausbrüche bis an die Grenze des Möglichen. Die amerikanischen Soldaten werden zerdrückt. Polen stürmen das Jourhaus, zertrampeln das Hitlerbild, zerschmettern die SS-Gewehre. Eine Stimmung, unbeschreiblich. In zehn Minuten flattern die Fahnen der befreiten Nationen. Herrlich! Ich liege schwer krank da. Höre das alles nur von weitem und vom Erzählen. Ziehe mir die Decke übers Gesicht und weine zehn Minuten vor überwältigender Freude. Endlich frei von der verdammten Nazityrannei! Bis auf zehn Tage waren`s fünfeinhalb Jahre hinter Gittern [09.11.1939 bis 29.4.1945]. Ich bin überglücklich. Heil unseren Befreiern! Die Aufregung auf der Tbc-Station [im Block 13] ist groß. Jeder Halbgesunde rennt ins Lager und erzählt hinterher. Die Turmbesatzungen [des Wachturms B] hatten weiße Fahne gehißt. Trotzdem zieht noch einer seine Browning. Alle werden prompt umgelegt. Das ist Recht!
Die Nacht schießt eine schwere amerikanische Batterie über’s Lager weg. SS will das Lager wieder erobern, sagt man. Aber alles geht gut! Deo gratias!
Wiedergabe des Original-Textes aus dem Tagebuch ohne weitere Anmerkungen, wie sie in der Lebens-Chronik Band III 1940–1946 auf Seite 2603 und 2604, herausgegeben von Hans-Karl Seeger und Gabriele Latzel, dokumentiert wurden.
Lesen Sie nachfolgend einen interessanten Augenzeugenbericht. Danach noch einen Bericht in englischer Sprache.
Bericht Koeniger_Dachau