Eine der ältesten Straßen, die nach Karl Leisner benannt wurden, liegt in der Stadt Borken. Bereits am 29. Oktober 1965 beschloß der Rat der Stadt Borken, eine neue Wohnstraße „Karl-Leisner-Straße“ zu benennen.
Unterhalb der Straßenbezeichnung steht:
Karl Leisner (1915-1945) – Diözesanjungscharführer, als Gegner des NS-Regimes im KZ Dachau inhaftiert, wurde er dort zum Priester geweiht, er starb an den Folgen seiner erlittenen KZ Haft
Am 23. Dezember 1965 teilte der damalige Bürgermeister der Stadt Borken, Herr Dr. Hans Harro Bühler[1], dem seinerzeitigen Stadtdirektor der Stadt Kleve, Herrn Dr. Johannes Scholzen, diesen einstimmigen Beschluss des Stadtrates mit. Begründet wurde dieser mit dem Einsatz Karl Leisners für die Jugend, sowohl in Kleve als auch während seines Theologiestudiums in Münster als Diözesanjungscharführer, mit seiner langjährigen Haft im Konzentrationslager aufgrund seiner eindeutigen Haltung zum Nationalsozialismus und besonders mit seiner Priesterweihe im KZ Dachau, einem damals einmaligen Geschehen in einem Konzentrationslager.
Herr Dr. Bühler schreibt weiter: „Ich hoffe, daß es Rat und Verwaltung der Stadt Kleve Genugtuung bereitet, daß auch andernorts dieses toten Klever Sohnes gedacht wird.“
[1] Dr. rer. pol. Hans Harro Bühler, * 10.6.1931 in Waldshut, † 18.4.2009 in Freiburg/Br., war von 1965 bis 1969 Stadtdirektor in Borken, von 1970 bis 1994 Leiter des Referats Statistik beim Deutschen Caritasverband in Freiburg/Br. Als langjähriges Mitglied des IKLK war ihm Karl Leisner sehr vertraut. Er setzte sich immer wieder intensiv dafür ein, ihn bekannt zu machen und begleitete die Veröffentlichung der Lebens-Chronik mit sehr hilfreichen Recherchen.
Bis 1984 war der Ratssaal der Stadt Borken in der seit der Französischen Besatzung im Jahr 1809 profanierten Heilig-Geist-Kirche.
Die Karl-Leisner-Straße in Borken ist eine Sackgasse, an der seit 2011 mehr als 100 Wohnungen saniert wurden.
1930 lernte Karl Leisner auch die Stadt Borken kennen. Mit weiteren Jungen ging er auf „Spielfahrt“. In verschiedenen Orten am Niederrhein bis ins Münsterland hinein wollten sie mit dem Kasperlepuppenspiel die Fahrt und darüber hinaus Anschaffungen für ihr Heim finanzieren. Karl Leisners gleichaltriger Onkel Ferdinand Falkenstein hat dazu einen Fahrtenbericht geschrieben.
Raesfeld, Montag, 18. August 1930
Nachdem wir unsere Bühne abgebrochen hatten, ging es weiter nach Borken, dort trafen wir um 12.30 Uhr ein und gingen zum Kanonikus [Friedrich Bernhard] Börsting.[1] Im Arbeiterhaus gaben wir um 15.00 Uhr die Kindervorstellung – Einnahme RM 34,60, dann haben wir uns die Stadt angesehen. Um 16.30 Uhr gab es im Krankenhaus Essen, Milchsuppe mit Brot, Gurkensalat mit Kartoffeln und Sauce. Um 20.30 Uhr Erwachsenenvorstellung, Einnahme RM 7,50 (Flegel). Übernachtet haben wir dort im Krankenhaus.
[1] Friedrich Bernhard Börsting war von 1920 bis 1925 Kaplan in Raesfeld und dann bis zum Lebensende Kanonikus in Borken.
Borken, Dienstag, 19. August 1930
Um 7.30 Uhr Aufstehen, die Bühne im Arbeiterhaus abgebrochen. Mittagessen im Krankenhaus, Suppe, Rindfleisch, Speck, Braten und Kartoffeln. Um 12.30 Uhr ging es weiter nach Ramsdorf und Velen.
Von der Teutofahrt im Sommer 1931 gibt es nur wenige Aufzeichnungen von Karl Leisner.
Kleve, Freitag, 31. Juli 1931
Hinter B. [Bocholt] in einem Wäldchen gelagert. – Über Borken – Gemen – Coesfeld (Loburg) – Gerleve.
In der Osterwoche 1932 besuchten Karl Leisner, sein Bruder Willi und Hermann Mies[1] Walter Vinnenberg[2] in Münster, die Hinfahrt führte sie auch durch Borken.
[1] Karl Hermann (Manes) Joseph Mies (* 27.4.1915 in Kleve, katholisch getauft, † 27.1.1984 in Goch) – Ministerialrat – Klassenkamerad von Karl Leisner in der Volksschule Mittelstadt und am Gymnasium in Kleve, Mitglied der Jungkreuzbundgruppe St. Werner. Er nahm an zahlreichen Fahrten teil. Ursprünglich wollte er Priester werden, heiratete aber 1940.
[2] Prälat Dr. phil. Walter Vinnenberg (* 8.6.1901 in Lippstadt, † 1.12.1984 in Bocholt) – Priesterweihe 27.2.1926 in Münster – Kaplan in Kleve St. Mariä Himmelfahrt und Religionslehrer am Gymnasium in Kleve in allen Klassen vom 1.4.1926 bis Pfingsten 1929 – Außerdem unterrichtete er Hebräisch und Sport und leitete eine religionsphilosophische Arbeitsgemeinschaft. Er gewann Karl Leisner für die Jugendarbeit und gab den Anstoß zur Gruppenbildung. Mit den Jungen unternahm er zahlreiche Fahrten auch noch nach seiner Tätigkeit in Kleve.
Kleve, Dienstag, 29. März 1932
Um 6.00 Uhr trafen wir zwei uns mit Manes [Hermann] Mies. Wir rasten ganz toll los, um noch die Ponte nach Emmerich zu bekommen. Aber, alles vergebens! Sie war futsch. So lagen wir eine Stunde am Ufer des Rheins. Um 7.30 Uhr waren wir am andern Ufer und nun ging’s los den alten bekannten Weg[1]: Anholt, Isselburg, Bocholt, Borken, Gemen. Dort rasteten wir. Dann weiter über Coesfeld, Gerleve, Darup, Nottuln, Appelhülsen nach Münster, wo wir um 17.00 Uhr landeten.
[1] von der Spielfahrt 1930 und der Teutofahrt 1931
Im Sommer 1932 fuhren die Jungen auf der „altbekannten Strecke“ zum Kotten in den Bockholter Bergen.
Kleve, Donnerstag, 28. Juli 1932
Um 6.00 Uhr besteigen wir unsre Stahlrösser und fahren zur Emmericher Ponte.
[…]
Wir sind an der andern Seite. Schnell wird mein Ersatzsattel mit allen möglichen Schikanen haltbar aufmontiert, und dann montieren wir uns all’ auf die Räder und trampeln, trampeln die altbekannte Strecke. In Anholt traditionsgemäße Rast auf der Bank an der Straße. Weiter geht’s über Isselburg – Bocholt – Borken nach Gemen. Dort in dem Wäldchen an der Straße lange Mittagsrast.
Am 5. Mai 1934 zieht Karl Leisner in das Collegium Borromaeum in Münster ein, um Priester zu werden. Während der Pfingstferien unternimmt er von Kleve aus eine dreitägige Fahrt mit 13 anderen Jungen, bei der sie auf dem Rückweg erneut durch Borken fahren.
Dülmen-Visbeck, Montag, 21. Mai 1934, Pfingstmontag
[…] Dann – um 11.15 Uhr geht’s los: Aufgesessen! Jetzt heißt’s trampeln gegen den starken, kalten Wind! In Coesfeld ist Kirmes. Auf dem Markt predigte ein Kapuziner oder Franziskaner. – Über Velen – Ramsdorf geht’s weiter. Hinter Borken halten wir Rast und futtern im Chausseegraben jeder zweieinhalb Butterbrote. Das gibt neue Kraft. Johann Kahle bekommt Panne, die andern fahren schon nach Bocholt vor.
Text und Fotos Christa Bockholt