Brot für den Tag 10

Impuls von Hans-Karl Seeger

Dienstag 13.8.2002

Ich habe es euch gesagt, aber ihr glaubt nicht (Joh 10,25)

Was Jesus empfand, als man ihm nicht glaubte, erfuhren auch vieler seiner Jünger. Ähnlich erging es auch Karl Leisner. Schon 1933 spürte er, daß Adolf Hitler nicht der richtige Mann für Deutschland sei. Am 26. Juni schrieb er in sein Tagebuch:

„Bis ungefähr 10.30 Uhr saß ich mit Hermann Rings­dorff und dem ‚Langen’ [Wilhelm Homrighausen] auf dem alten Friedhof und habe mit ihnen über die ‚Gleichschaltung’ und den Nationalsozialismus im neuen Deutschland gespro­chen. Sie meinten, Nationalsozialist sei heute gleich Deutscher; wer kein Nazi sei, habe in Deutschland nichts verloren. Sie meinten, die politische Einheit müsse da­sein, nur eine Par­tei (=Volk) dürfe es geben. Alles sehr gut und fein! Den Deutschen aber, der nicht Nazi ist, muß man doch als Bruder neben sich allerwenigstens dul­den, ein Christ sogar ihn lieben! Wie läßt das sich mit dem allverbin­denden Geist des Christentums verbinden, wie, frage ich, mit der Liebe zum ‚irrenden Bruder’? – Ich kann mich nicht rein äußerlich ‚gleich­schalten’, ohne innerlich davon überzeugt zu sein, daran zu glau­ben. An Dr. [Heinrich] Brüning glaube ich und glaube ich noch und für immer. An Hitler aber glaube ich nicht, weil er mir eben nicht glaubhaft er­scheint. Ich vertraue nicht auf seine Worte. Er macht ihrer eben zuviel. Brü­ning hat nie so viel geredet, daran aber glaubte ich, weil ich wußte, daß er ein grundsatztreuer, echter Christ und Katholik war. (Von Hitler glaube ich – letz­teres wenig­stens – nicht fest.) Alles ist so un­klar, so ver­schwom­men! Man weiß nicht, was ist sein Endziel: Vielleicht die Natio­nalkirche? – Heute gibt er noch fe­ste Versiche­rungen in Bezug auf kirchliche Organisatio­nen, morgen löst Herr [Dr. Robert] Ley die ka­tho­lischen Arbeiterver­eine auf und übermorgen(?) kommen wir dran?! So wird es kommen. Aber ich will nicht schwätzen, son­dern zu Gott beten um Hilfe und Rettung in dem seeli­schen Zwiespalt. Aber zwingen laß ich mich nicht, denn ich bin frei!!“