Brot für den Tag 11

Impuls von Hans-Karl Seeger

Mittwoch 14.8.2001

Für welches dieser Werke wollt ihr mich steinigen? (Joh 10,32)

Den Nationalsozialisten war Karl Leisners gute Jugendar­beit ein Dorn im Auge. Seit 1936 schon führten sie über ihn eine Gestapo-Akte in Düsseldorf. 1939 fanden sie einen Anlaß, ihn festzusetzen. Johann Krein, ein Mitpati­ent von Karl Leisner in St. Blasien, berichtete 1946:

„[…] In jenem furchtbaren No­vember [1939] erfuhren wir auf der Terrasse von dem mißglückten Attentat auf Hit­ler. Ich kann mich erinnern, alles war in Auf­regung, und ich selbst – wie alle – ehrlich glücklich, daß Hitler nichts pas­siert war. In dieser Stimmung trat ich von der Ter­rasse aus in das Zimmer von Herrn Leisner. Ich teilte ihm ohne irgendeinen Hintergedanken das Ge­schehen mit, mußte jedoch feststellen, daß er be­reits unterrichtet war. Er sagte dann: ´Schade, daß er nicht dabei gewesen ist.´ Ich vergesse die Worte nie. Ich weiß heute, wie richtig sie waren. Was wä­re uns an Leid erspart geblie­ben, wenn Hitler da­mals umgekommen wäre. Der Wahrheit die Ehre: Ich weiß aber auch, daß ich mich damals ent­setzte; wenn ich auch seine Abneigung gegen Hitler kann­te, so hatte ich doch nicht geglaubt, daß er in die­ser Situation diesen Wunsch aussprechen würde. Ich verließ erregt das Zimmer. Einige Zeit später – ich lag auf der Terrasse – unterhielten sich einige Nachbarn über das Attentat. Jeder beteuerte in seiner Art, wie verach­tungswürdig die Tat sei. Ich schwieg lange in meinem ehrlichen Ingrimm über das bei Herrn Leisner vorher Ge­hörte. Herr Leisner war übrigens nicht anwesend. Schließlich fiel den anderen meine Einsilbigkeit auf, und sie fragten mich um meine Meinung. Ich erwiderte ohne lange Überlegung, es seien nicht alle der gleichen Mei­nung wie sie und auch ich, wobei ich mit dem Kopf nach dem Zimmer von Herrn Leisner wies.“

So nahm alles seinen Lauf bis zur Verhaftung von Karl Leisner. Das „Schade“ war nur der Anlaß, der eigentliche Grund seiner Verhaftung waren seine „Werke“ in der Jugend­arbeit.