Impuls von Hans-Karl Seeger
Sonntag 22.5.2005
Gürte, du Held, dein Schwert um die Hüfte, kleide dich mit Hoheit und Herrlichkeit (Ps 45,4)
Psalm 45 ist ein Preisgesang auf einen jungen König und dessen Braut. Wer dieser König war, läßt sich nicht mehr ermitteln. Schon bald wird in dem Helden der kommende messianische König gesehen, von dem der Prophet Jesaia sagt: „Gerechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften, Treue der Gürtel um seinen Leib (11,5).“
Das Heldische und Ritterliche war auch Sache der Jugendbewegung in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts im allgemeinen und der Katholischen Jugendbewegung und des seligen Karl Leisner (1915-1945) im besonderen. Die jungen Menschen identifizierten sich mit dem Ritter Parzival und dessen Suchweg. Karl Leisner schrieb am 27. Juni 1933 in sein Tagebuch: „Wie Parzival will ich sein.“
Parzival trägt ein Schwert, das als männliche Waffe Macht und Kraft bedeutet. Es ist mit dem Ritter derart eng verbunden, als wäre es ein Teil von ihm. Die Überreichung des Schwertes beim Ritterschlag bedeutet, daß der junge Mensch zum Ich geworden ist. Zugleich ist das Schwert Symbol für die Fähigkeit des jungen Mannes, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden, vor allem zwischen dem, was zu ihm und seiner Berufung gehört, und dem, was fremde und damit störende Anteile sind. Das Schwert ist Symbol für die Sonnenkraft und deren zeugendes Feuer, aber auch ein magisches Opferinstrument in der Verklärung von Gewalt und Tod. Im Neuen Testament schreibt der Apostel Paulus von der „Waffenrüstung Gottes“: vom Schwert des Geistes, vom Schild des Glaubens und vom Helm des Heiles (vgl. Epheserbrief 6,14-17).
Der Jugendbewegung war in vielen Gruppierungen die Stufe des „Ritters“ wichtig. So kannte der 1919 gegründete Bund Neudeutschland (ND) unter seinen Mitgliedern die Stufen „Wölfling“, „Knappe“ und „Ritter“. Auch in dem berühmten Bamberger Reiter erkannte man unter anderem den Ritter.
Am Anfang des Wintersemesters 1935/36 notierte Karl Leisner in sein Tagebuch:
Wohl steht der Reiter im Dom zu Bamberg aus Stein gemeißelt von Meisters Hand, doch ist er nicht Standbild und totes Werk nur, NEIN: Deutschen Jungmanns lebendig’ Bild! Macht und Gnade, Mut und Beherrschung, Zucht und Schönheit, Gehorsam und Liebe künden die Züge des Reiters. MÖCHTEST NICHT DU DIESER REITER SEIN?
In den 1930er Jahren brachte die Jugendbewegung den Bamberger Reiter mit dem Hohenstaufenprinzen Konradin in Verbindung, und die jungen Menschen lasen mit Begeisterung „Konradin reitet“ von Otto Gmelin.
So auch Karl Leisner. Am 22. Januar 1935 vermerkte er in seinem Tagebuch:
Ach und dann, wie ich geritten bin, gejauchzt hab’ mit dem heldischen Jungen, dem Konradin, dem letzten Hohenstaufen! Otto Gmelins „Konradin reitet“ – wunderbares Singen und Klingen des nordischen, germanischen Blutes, aber doch verklärt, in wunderfeiner Christlichkeit. Wundervoll!