Brot für den Tag 30

Impuls von Hans-Karl Seeger

Montag 23.5.2005

Doch jetzt, Herr, sieh auf die Drohung und gib deinen Knechten die Kraft, mit allem Freimut dein Wort zu verkünden! (Apg 4,29)

Es war nicht genug, daß Jesus verfolgt und getötet wurde. Auch seinen Anhängern erging es nicht besser. Nach der Gefangennahme der Apostel Petrus und Johannes kam die Gemeinde zum fürbittenden Gebet zusammen. Das gab ihnen Mut.

Fast 2000 Jahre später ist die Situation nicht anders. Einer, der ganz in der Nachfolge Jesu leben wollte, war Karl Leisner. Eine leidenschaftliche Liebe zu Christus trieb ihn an. Die Nationalsozialisten betrachteten ihn als Feind; denn sein Engagement für die Jugend war ihnen ein Dorn im Auge. Seine Reaktion auf das mißlungene Attentat auf Adolf Hitler am 8. November 1939 lieferte ihnen einen konkreten Grund, ihn zu verhaften. Sie faßten ihn und ließen ihn nicht mehr los, bis ihnen 1945 selbst das Ende bereitet wurde.

Auch nach seiner Verhaftung hörte der Diakon Karl Leisner nicht auf, Gottes Wort zu verkünden. Im Gefängnis von Freiburg predigte er in seinem Heimatdialekt niederländischen Mitgefangenen. Am 28. November 1939 schrieb er mit einem gewissen Stolz an seine Familie aus dem Gefängnis in Freiburg:
Zweimal habe ich auch schon holländisch gepredigt. Das kann ich doch ziem­lich. Auch italienisch parliere ich, und übe mich so in allerlei Fertig­keiten.

Um mit den Russen besser sprechen zu können, lernte er im KZ noch die russische Sprache, vor allem aber auch, da ab Anfang Januar 1943 nicht mehr Deutsch, sondern Russisch – später auch Französisch – die vorherrschende Umgangssprache im KZ Dachau war.

So schrieb er am 4. Juli 1943 an seine Angehörigen, als wäre es gar nicht für ihn selbst:
Könntet Ihr für einen Bekannten noch eine russi­sche Grammatik besorgen?

Letzlich ging es ihm um die „Grammatik des Glaubens“.

Der Jesuitenpater Otto Pies schreibt in seiner Biographie „Stephanus heute“ über Karl Leisner:
„Den vielen jungen Russen, die von der Seuche ergriffen und meist schnell hinweggerafft wurden, hat er stets besondere Aufmerksamkeit und priesterliche Liebe geschenkt. Die armen Jungen wußten nichts von Gott, oder sie hatten noch von der Großmutter gesehen, wie man das Kreuzzeichen macht: einige kannten auch den Namen Christus, ohne recht zu wissen, wer er sei. Essen wollten sie haben, Gesundheit und Freiheit finden. Karl gab ihnen zu essen, soviel er konnte, kauderwelschte mit ihnen und brachte ihnen bei, wie man betet. Viele haben dann zum erstenmal und wohl auch zum letztenmal den Weg zu Gott gefunden.“