Brot für den Tag 32

Impuls von Hans-Karl Seeger

Mittwoch 25.5.2005

Er brachte nur einen Teil und legte ihn den Aposteln zu Füßen (Apg 5,2)

„Christlichen Kommunismus“ nannte man das Verhalten der ersten Christen. Aber nicht alle waren von der gleichen Liebe zueinander erfüllt. Die Apostelgeschichte berichtet von Hananias und dessen Frau Saphira, die den Aposteln nur einen Teil des Erlöses vom Verkauf ihres Grundstückes zu Füßen legten. Ihre Scheinheiligkeit wurde mit dem Tode bestraft.

Im KZ Dachau wurden Häftlinge zu Heiligen, aber es kam auch viel Unvollkommenheit an den Tag. Es konnte sein, daß Brot verschimmelt war, wenn es in einem Paket bei den Häftlingen ankam.

So schrieb Karl Leisner am 15. Mai 1943 an seine Familie:
Jetzt in der heißen Jahreszeit schickt keine verderblichen Sachen. Auch kein frisches Brot. Es schimmelt leicht. Vorher etwas ablagern!

Und am 16. Oktober 1943:
Wenn Ihr Weißbrot schickt, laßt es gut austrocknen. In zwei Paketen war’s durch und durch geschimmelt. Das ist so sehr schade.

Es kam aber auch vor, daß Häftlinge Brot eher verschimmeln ließen, als daß sie es weitergaben.

Nach der KZ-Zeit haben einige Häftlinge herausgestellt, wie sehr es auch unter den Priesterhäftlingen gemenschelt hat.

Der ehemalige KZ-Priester Emil Kiesel (1910-1990) schreibt:

„Ich bin nüchtern geworden in den Jahren meiner Haft und möchte deshalb alles so schreiben, wie ich es erlebte. Was nützen schöne Ansprachen und Worte, wenn nachher nicht Taten folgen? Meine größte Enttäuschung waren die Ordensleute und der höhere Klerus. Sie konnten zumeist ihre Paschanatur nicht verleugnen und wollten vor allem gar nicht verstehen lernen, daß eben ein Lagerleben übersehen muß, was sie einmal draußen waren. Im Lager mußte auch ein Priester zuerst Kamerad sein und Mensch und erst dann, wenn er das bewiesen hat durch edle Rücksichtnahme auf die anderen, durch Fleiß und Anspruchslosigkeit konnte er auch als Priester auftreten. Und da versagten sehr viele, diejenigen, die in letzter Zeit eingeliefert wurden, fast vollkommen. Wir fragten uns oft, woher das wohl kommen mag. Der tiefste Grund liegt meines Erachtens in der Tatsache, daß der Geistliche immer gewohnt ist anzugeben und zu befehlen. Im Geistlichen schlummert etwas wie von einem Pascha. Dann glaube ich, kommt noch hinzu, daß der soge­nannte übernatürliche Standpunkt, der den Geistlichen ontisch über das Natürliche erhebt, auch dazu beiträgt, daß eine Einordnung in die Wirklich­keit und gerade in eine solche wie die eines KZ erschwert wird. Sind wir doch ehrlich, wir sind durch den Ordo nicht aus der Haut gefahren und auch keine anderen Menschen geworden, und ich glaube, diese Überbetonung des Übernatürlichen ist nicht immer gut. Wir sind voll und ganz Menschen geblieben und dürfen da nicht in den nebelhaften Sphären der Illusion leben. Viele von uns Geistlichen können nämlich so etwas gar nicht verdauen.“

Wie schon in der Urkirche gibt es immer und überall beides: Licht und Schatten.