Impuls von Hans-Karl Seeger
Samstag 19.7.1988
Du hast mich betört, o Herr, und ich ließ mich betören (Jer 20,7)
Gibt es das heute noch, was der Prophet Jeremia aus seinem Leben berichtet? Gott hat ihn betört, und er ließ es geschehen. Heute würde man eher bezaubern oder faszinieren sagen. In Reklame für Parfüm spricht man allerdings von einem „betörenden Duft“. Manche Menschen lassen sich von etwas hinreißen; von wie vielen Dingen sagen sie dann: ,,Das muß ich unbedingt haben!“ Es ist verständlich, wenn Verliebte voneinander bezaubert sind. Aber wer sagt das schon von Gott und dazu noch so wie Jeremia? Verliebte schauen glücklich drein. Voneinander fasziniert sein erfüllt ihr Leben. Jeremia ist durch die Betörung von Gott nicht mehr glücklich. Er klagt Gott an und möchte vergessen. Aber es brennt in ihm wie Feuer (vgl. Jer 20, 9). Normalerweise sind junge Menschen begeisterungsfähig. Schlimm ist es, wenn das mißbraucht wird und wenn so Leben zerstört wird. Unserer Zeit scheint es vorbehalten zu sein, daß schon Jugendliche rufen: ,,No future!“; ,,Null Bock!“
Der im Konzentrationslager Dachau zum Priester geweihte Karl Leisner aus Kleve hat als Junge in sein Tagebuch geschrieben: „Christus – Du bist meine Leidenschaft!“ Die Begeisterung für Christus ließ ihn unermüdlich mit jungen Menschen arbeiten in der gefährlichen Zeit des Nationalsozialismus. Androhung von Inhaftierung konnte ihn nicht abschrecken. Und als er wegen einer Äußerung zum Attentat auf Hitler verhaftet wurde, hätte er seine Äußerung abschwächen können. Aber er blieb bei seiner Meinung und kam als Diakon in den Priesterblock nach Dachau. Einmal konnte er nach seiner Priesterweihe die Heilige Messe feiern. Er starb kurz nach seiner Befreiung.
Was ist meine Leidenschaft? Wofür begeistere ich mich?
Gebet:
Gott, du Herr meines Lebens, schenke uns Menschen, die begeistert sind für dich und für deinen Dienst. Laß sie Hohn und Spott nicht fürchten. Wecke auch in mir die Begeisterung für ein Leben aus dem Glauben an dich. Amen