Impuls von Hans-Karl Seeger
Sonntag 11.8.2001
Lobet den Herr, ihr auf der Erde (Psalm 148,7)
Neben den Klage- und Dankliedern spielen die Loblieder unter den Psalmen eine wichtige Rolle. Psalm 148 gehört zu den Hymnen, bei denen die Aufforderung zum Lob der Schöpfung sich fast über den ganzen Psalm erstreckt.
Karl Leisner liebte die Schöpfung. Als Theologe betete er die Psalmen und stimmte mit ganzem Herzen zu, wenn im Psalm 148 die Geschöpfe aufgerufen werden, Gott zu loben.
Karl Leisners frühestes schriftliches Zeugnis ist ein Aufsatz über einen Pfingstausflug. Im Jahre 1926 schreibt der Elfjährige unter anderem: „Kurz bei Uedem sahen wir einen Goldfasan.“ In seinen späteren Tagebucheintragungen ist immer wieder von Naturbeobachtungen die Rede.
Auch im KZ dachte er oft an die schöne Natur zu Hause am Niederrhein. Von besonderer Bedeutung für ihn war der Reichswald um seine Heimatstadt Kleve. Wie oft hatte er sich dort allein oder mit anderen Jungen aufgehalten! In den offiziellen Briefen, die alle 14 Tage aus dem KZ geschrieben werden durften, klingen die Erinnerungen daran an. Am 16. März 1944 schrieb er zum Beispiel an Kaplan Franz Düsterfeld: „Am liebsten möchte ich ja selbst bei Dir und Deinem verehrten Chef [Pastor Arnold Kochen] absteigen und anschließend mit Dir ein wenig im nahen Reichswald, den ich so sehr liebe, spazieren.“
Die anrührendsten Naturbeobachtungen finden sich in seinem letzten Tagebuch, nachdem er im KZ Dachau so sehr die Natur vermißt hat. Als man ihn am 4. Mai 1944 mit einem Lastwagen von Dachau nach Planegg ins Waldsanatorium gebracht hatte, schrieb er: „An großen Anlagen, Apfelblüten vorbei, über Ampersteg. […] O – weites Land!“. Die Schwestern stellten sein Krankenbett so, daß er aus dem Fenster schauen konnte. So schrieb er am 5. Mai: „Ich bin über alles so froh. Der Wald schaut zu mir herein. Eine frische Birke. Ein grüner Buchenbusch und frisch ausgeschlagene mächtige Fichten. Ich schaue, döse, träume, danke, streife Dachau ab.“