Die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ im Leben Karl Leisners

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Die Enzyklika Pius XI. „Mit brennender Sorge“ wurde am Passions­sonntag, dem 14. März 1937, unterzeichnet und nach einer streng geheimen Ver­stän­digung der Bischöfe untereinander, bereits am Palmsonntag, dem 21. März, in den meisten katholischen Kir­chen Deutschlands in ganzer Länge verle­sen. Es ist die erste im Original in deut­scher Sprache verfaßte Enzyklika.

Sie beginnt mit den Worten:
„Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche, die wachsende Bedrängnis der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden Bekenner und Bekennerinnen inmitten des Landes und des Volkes, dem St. Bonifatius einst die Licht- und Frohbotschaft von Christus und dem Reiche Gottes gebracht hat.“

Ursprünglich hatte Michael Kardinal von Faulhaber vor, die Enzy­klika an drei Sonntagen verlesen zu lassen, kam aber sehr schnell zu der Überzeugung, daß es nach der Verlesung des ersten Teils, wenn die Macht­haber erst einmal Kenntnis davon er­langt hätten, vermutlich keine Fortset­zung mehr gebe. Daher bat er noch am 17. März den Vorsitzenden der Ful­daer Bischofskonferenz, Adolf Kardinal Bert­ram, den gesamten Text bereits am Palmsonntag verlesen zu lassen.[1]
Der Entwurf war auf Bitten des Kardinalstaatssekretärs Eugenio Pacelli von Michael Kardinal von Faulhaber in den Tagen seines Romauf­enthalts im Januar 1937 verfaßt worden. Die Sache war so vertraulich, daß außer Michael Kardinal von Faul­haber, Nuntius Eugenio Pacelli, dem Papst, dem unmittel­bar mit deut­schen Angelegen­heiten befaßten Prälaten Ludwig Kaas und dem Berater Eugenio Kardinal Pacellis P. Ro­bert Leiber SJ niemand davon wußte, bis 1964 auf Veranlassung Pauls VI. Historiker aus dem Jesuitenorden die nicht ver­zeichneten und in der Regel 70 Jahre lang gesperrten Dokumente im Archiv aufstöber­ten, die Dokumente photogra­phierten und dann wieder ablegten.

Handschriftlicher Entwurf der Enzyklika:

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Der von Dieter Albrecht zusammengestellten „Synopse des Entwurfes von Michael Kardinal von Faulhaber und der Endfassung des Papstes“[2] läßt sich entneh­men, daß der Redaktor Michael Kardinal von Faulhabers Entwurf vor allem durch die umfangrei­che Hinzufügung der Nennung der Konkordatsver­letzun­gen gleich im ersten Teil wesentlich verschärft hat. Signifikant ist schon die Erweiterung der Eröffnung: Michael Kardinal von Faulhaber formulierte „Mit großer Sorge“, Eugenio Kardinal Pacelli schrieb „Mit bren­nender Sorge und steigendem Befremden“. Sowohl im Aufbau als auch in den dogmati­schen Aussagen folgt die Endfassung aber weitgehend dem Entwurf, so daß die Substanz doch von Michael Kardinal von Faulhaber stammt. Die Redak­tion lag, obwohl es diesbezüglich noch keine endgül­tige Ak­teneinsicht gibt, mit hoher Wahrscheinlichkeit feder­führend bei dem die deutsche Spra­che perfekt beherr­schenden Eugenio Kardinal Pa­celli. Selbst­verständlich war der Papst immer mit einbezogen, doch er konnte nicht annähernd so gut deutsch und war be­reits sehr krank (die deutschen Bischöfe empfing er im Januar 1937 am Krankenbett!). Man spricht in der Sekundär­literatur von vier Redakti­ons­schritten.
Pius XI. beklagte in der Enzyklika die bedrängte Lage der Katholiken in Deutschland. Sowohl die Rassenpolitik der Nationalsozialisten verdammte der Papst – allerdings ohne die Juden namentlich zu nennen – als auch den Führer­kult um den „Wahnpropheten“ Adolf Hitler, der es wage, sich „neben Christus zu stellen, oder gar über Ihn und gegen Ihn“.
Pius XI. hat in seiner Enzyklika auch einen Abschnitt der Jugend gewid­met, in dem er ihre Treue würdigte und ihre konkordatären Rechte betonte. Die Nationalsozialisten hatten das Reichskonkordat von 1933 von Anfang an Schritt für Schritt gebrochen. Mit der Enzyklika gab es end­lich ein offenes Wort des Papstes. Er verurteilte die dem katholischen Glauben wi­derspre­chen­den Lehren des National­sozialismus un­ter anderem auf folgende Weise:
„[41.] Wir wissen, daß viele, viele von euch um der Treue zu Glauben und Kirche, um der Zugehörigkeit zu kirchlichen, im Konkordat geschützten Vereinigun­gen willen, düstere Zeiten der Verkennung, der Bearg­wöh­nung, der Schmähung, der Verneinung euerer vaterländischen Treue, viel­facher Schädigung im beruflichen und gesellschaftlichen Leben ertragen mußten und müssen.“[3]
[1] Johannes Sonnenschein aus Ahaus am 10.5.2000 an Hans-Karl Seeger:
Wegen der Länge der Enzyklika habe ich sie als Kaplan während der ganzen Messe vorgelesen und nur während der Wandlung innegehalten.
[2]
Albrecht, Dieter: Der Notenwechsel zwischen dem Heiligen Stuhl und der deutschen Reichsregierung. Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe A: Quellen. Bd. 1, Mainz 1965: 402–442
[3]
Beilage zu Nr. 9 des KA für die Diözese Münster 1937: 8

P. Robert Leiber SJ:
Robert d’Harcourt, Mitglied der Académie Française, hielt sich [im] März 1937 in Deutschland auf und wohnte der Verlesung der Enzyklika im Gottesdienst an jenem Palmsonntag bei. Man hört ihm heute noch bewegt zu, wenn er berichtet, wie er als unbeteiligter Ausländer von dem Gesche­hen berührt wurde[1]:
„Die Enzyklika hat wie eine Bombe eingeschlagen. Dies ist fast wörtlich zu nehmen. Das Dokument kam mit der Plötzlichkeit eines Blitzes. Es traf die Staatsgewalt und die Polizei fassungslos. Die katholische Orga­nisa­tion hat mit der Genauigkeit und Sicherheit eines Uhrwerks funktio­niert. Der Text, wie zauberhaft über das ganze Reich verbreitet, ist den mit sei­ner Bekanntmachung beauftragten Geistlichen unter einem Mini­mum an Zeit­abstand vor der Kanzelverlesung zugestellt worden, um ei­nem Zugriff der Gestapo soweit wie möglich zuvorzukommen. (Manche haben den Text nach Empfang sofort im Tabernakel niedergelegt und erst vor der Kanzel­besteigung am Palmsonntag von dort herausgenom­men.) An kei­ner Stelle der ganzen Front der mit dem Druck, der Vertei­lung und Verle­sung der Enzyklika Beauftragten kam es zu Vertrauens­bruch oder An­zeige an die Gestapo. ‚Wohl nie ist uns die Macht der ka­tholischen Ge­meinschaft, die Kraft des Anschlusses an Rom fühlbarer, fast physisch fühlbar gewesen.‘ Diese ganze dichtgedrängte Menge, die die Verlesung des päpstlichen Dokuments in Gebetshaltung anhörte, konnte sich keiner Täuschung hin­geben über die ernsten Folgen des Vorgangs. Zum ersten Mal sahen sie die Brücken vor sich abgebrochen. Aber ‚der frohe Schein des Opfers, der sich auf den Gesichtern abzeich­nete, in Verbindung mit der Feierlichkeit der Stunde, beschämte mich in dieser Menge deutscher Katholiken verlo­renen Ausländer beinahe, wo ich nur Beobachter inmitten von Soldaten war‘.“[2]
[1] d’Harcourt, Robert: Bericht über Verlesung der Enzyklika „Mit brennender Sorge“. In: Etudes 231 (1937): 293–307, hier 294f.
[2]
Leiber, Robert: „Mit brennender Sorge“ März 1937 – März 1962. In: Stimmen der Zeit 169 (1961/62): 417–426, hier 418

Auf dem Weg in den Arbeitsdienst notierte Karl Leisner in sein Tagebuch:

Samstag, 3. April 1937
Der Zug ist sehr besetzt. Ich ver­suche alle Spannung zu ver­gessen, lasse meinen Kopf vom schneidenden Nachtwind kühlen und wasche mich. – Dann lese ich Pio XI. „Con ardente cura“ [Pius XI. „Mit brennender Sorge“]. Der Ernst der Zeit hämmert auf mich ein. – Ich versuche zu schlafen.

Aus Liebe zur italienischen Sprache schrieb Karl Leisner Pio XI. „Con ardente cura“. Die Enzyklika ist ungewöhnlicherweise zuerst in Deutsch erschienen und wurde dann noch in Latein unter dem Titel „Flagranti cura“ in den Acta Apostolicae Sedis XXIX [1937] 145167 veröffentlicht. Im Osservatore Romano wurde sie an erster Stelle in deutscher und dann erst in italienischer Sprache veröffentlicht.

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Karl Leisner setzte seine ganze Hoffnung auf Artikel 31 des Konkordates:
„Diejenigen katholischen Organisationen und Verbände, die ausschließlich religiösen, rein kulturellen und karitativen Zwecken dienen und als solche der kirchlichen Be­hör­de unterstellt sind, werden in ihren Einrichtungen und in ihrer Tätigkeit geschützt.
Diejenigen katholischen Organisationen, die außer religiösen, kulturellen oder karita­ti­ven Zwecken auch anderen, darunter auch sozialen oder berufsständischen Aufgaben dienen, sollen, unbeschadet einer etwaigen Einordnung in staatliche Verbände, den Schutz des Artikels 31 Absatz 1 genießen, sofern sie Gewähr dafür bieten, ihre Tätig­keit außerhalb jeder politischen Partei zu entfalten.
Die Feststellung der Organisa­tionen und Verbände, die unter die Bestimmung dieses Artikels fallen, bleibt verein­barlicher Abmachung zwischen der Reichsregierung und dem deutschen Episkopat vorbehalten.
Insoweit das Reich und die Länder sportliche oder andere Jugendorganisationen be­treuen, wird Sorge getragen werden, daß deren Mitgliedern die Ausübung ihrer kirch­li­chen Verpflichtungen an Sonn- und Feiertagen regelmäßig ermöglicht wird und sie zu nichts veranlaßt werden, was mit ihren religiösen und sittlichen Überzeugungen und Pflichten nicht vereinbar wäre.“

Karl Leisner hatte immer wieder in seinen Notizen Konkordatsver­letzun­gen erwähnt, die sich nur schwer auflisten lassen.

Christoph Kösters aus Bonn am 21.9.2009 an Hans-Karl Seeger:
„In dem am 10. September 1933 ratifizierten Reichskonkordat war der in Arti­kel 31 grundsätzlich geregelte Vereinsschutz weiteren Ausführungsver­hand­lungen anheimgestellt worden. Ende Juni 1934 lag der Entwurf einer zwi­schen den bischöflichen Verhandlungsführern [Wilhelm] Berning, [Conrad] Gröber und [Nikolaus] Bares auf der einen und Vertretern der Reichs­regie­rung sowie der Reichsjugendführung auf der anderen Seite aus­ge­handelten Liste der zu schützenden katholischen Organisationen vor. Der Heilige Stuhl als Vertragspartner und verschiedene deutsche Bischöfe lehnten im Juli 1934 die­ses Verhandlungsergebnis ebenso als unzureichend ab wie die Vertreter der katholischen Verbände in ihrem Votum. Die zunächst im September 1934 von den deutschen Bischöfen, später dann vom Heiligen Stuhl weitergeführten Verhandlungen zogen sich bis 1936 ergebnislos hin.
vgl. Schellenberger 1975: 38–56, für das Bistum Münster Kösters 1995: 298f.
In beiden Veröffentlichungen finden sich auch zahlreiche Hinweise darauf, dass den katholischen Vereinen und Verbänden der Schutz des Reichskon­kor­dates mit den 1934 zunehmenden Auseinandersetzungen um Alfred Rosen­bergs „Der Mythus des 20. Jahrhunderts“ vorenthalten wurde.“

Hinweise in der Enzyklika:
7. Die von Uns trotz allem bezeigte Mäßigung war nicht eingegeben von Erwägungen irdischer Nützlichkeit oder gar unziemlicher Schwäche, sondern lediglich von dem Willen, mit dem Unkraut nicht etwa wertvolles Wachstum auszureißen; von der Absicht, nicht eher öffentlich zu urteilen, als bis die Geister für die Unentrinnbarkeit dieses Urteils reif geworden wären; von der Entschlossenheit, die Vertragstreue anderer nicht eher endgültig zu verneinen, als bis die eiserne Sprache der Wirklichkeit die Hüllen gesprengt hätte, in die eine planmäßige Tarnung den Angriff gegen die Kirche zu hüllen verstanden hatte und versteht. Auch heute noch, wo der offene Kampf gegen die konkordatgeschützte Bekenntnisschule und wo die vernichtete Abstimmungsfreiheit der katholischen Erziehungsberechtigten auf einem besonders wesentlichen Lebensgebiet der Kirche den erschütternden Ernst der Lage und die beispiellose Gewissensnot gläubiger Christen kennzeichnen, rät Uns die Vatersorge um das Heil der Seelen, die etwa noch vorhandenen, wenn auch geringen Aussichten auf Rückkehr zur Vertragstreue und zu verantwortbarer Verständigung nicht unberücksichtigt zu lassen. Den Bitten des hochwürdigsten Episkopates folgend werden Wir auch weiterhin nicht müde werden, bei den Lenkern Eures Volkes Sachwalter des verletzten Rechtes zu sein und Uns – unbekümmert um den Erfolg oder Mißerfolg des Tages – lediglich Unserem Gewissen und Unserer Hirtenmission gehorchend einer Geisteshaltung zu widersetzen, die verbrieftes Recht durch offene oder verhüllte Gewalt zu erdrosseln sucht.

Später trauert Karl Leisner um den Papst.

Münster, Freitag, 10. Februar 1939
Heute morgen gegen 5.30 Uhr starb unser Heiliger Vater Pius XI. in Rom. Er schied segnend von hinnen. Bis zum letzten Augenblick seines großen Lebens war er klar bei Bewußtsein und Verstand. – Ein selbstverständliches Sterben eines großen Christen, Priesters und überragenden Menschen. – Der große Pius ist tot. Schwer und wuchtig kündeten um die Mittagsstunde die Toten­glocken des katholischen Erdkreises sein Sterben. – Wir beteten das Gebet für seine Ruhe in Gottes ewigem Licht. Er hat den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet [vgl. 2 Tim 4,7]. 17 Jahre hat er die höchste Würde und schwerste Bürde in der Kirche Christi getragen. Vom 6.2.1922 bis 10.2.1939 in der Früh’. – Sein Pontifikat ist eines der größten und reich­sten, der be­drängtesten und siegreichsten der Kirchengeschichte.[1] Der große Pius, er lebe! In Gott möge er den ewigen Frieden finden, den er getreu seinem Wahl­spruch „Pax Christi in Regno Christi“ [Frieden Christi im Königrei­ch Chri­sti] Kirche und Welt in diesen wirren, haßerfüllten, friedlo­sen Zeiten ge­bracht hat. – Seine großen Weltrundschreiben! – Das Christkö­nigsfest von 1927 [1925] – die „actio catholica“ [Katholische Aktion] als Teil­nahme der Laien am hier­archischen Apostolat der Kirche. – Seine erfolg­reichen neuen Missions­me­thoden.[2] – Seine Sorge um Jugend, Fami­lie und Priester­tum. – Sein weltwei­ter Blick! Seine Sorge um Deutschland. Seine propheti­sche Sorge!
[1]
Päpste im 20. Jh.: Leo XIII. (1878–1903), Pius X. (1903–1914), Benedikt XV. (1914–1922), Pius XI. (1922–1939), Pius XII. (1939–1958), Johannes XXIII. (1958–1963), Paul VI. (1963–1978), Johannes Paul I. (1978), Johannes Paul II. (1978–2005).
[2]
Errichtung einheimischer Missionsseminare und Heranbildung eines einheimi­schen Klerus. Die kirchliche Hierarchie wurde in den Missionsländern durch neue Jurisdiktionsbezirke ausgebaut.

Mit Rührung und Ergriffenheit erinnere ich mich an die Audienz, die wir am Pfingstsamstag, am 31.[30.]5.1936 (an seinem 80. Geburtstag[1]) bei ihm in kleinem Kreise hatten. An die unvergeßlich lieben, väterlich-menschlichen Worte, die er in unserer Muttersprache mit uns wechselte. An die Grüße und den apostolischen Segen, den er uns an die Eltern und Geschwister, an die ganze Heimat und besonders die Jugend mitgab. An das unvergeßliche, leid­geprüfte, große, priesterliche Antlitz.
Großer Pius, du bist tot. – Laß mich deinem Beispiel folgen! Segne mich vom Himmel her, erfleh mir Christi Gnade zum Priestertum, du großer hei­liger Papst und Priester unseres Herrn und Heilandes!
[1]
Pius XI. wurde am 31.5.1857 geboren.

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Achille Ratti (* 31.5.1857 in Desio/I, † 10.2.1939 in Rom) – Priesterweihe 1879 – Bischofs­­weihe zum Titularerzbischof von Naupactus 1919 – Erzbischof und Kardinal von Mailand/I 1921 – Papst Pius XI. 6.2.1922 – Wahlspruch „Pax Christi in Regno Christi – Frieden Christi im Königrei­ch Christi“. Dieses Regierungsprogramm verkündete er in seiner Enzyklika „Ubi arcano Dei consilio – Vom Tage des unergründlichen Rat­schlusses Gottes“ vom 23.12.1922. Er maß der Katho­lischen Aktion sehr große Bedeutung bei. In der Enzyklika „Divini Redemptoris“ in lateini­scher Sprache vom 19.3.1937 mit dem Untertitel „Über den atheistischen Kommunismus“ sind seine Gedanken gegen den atheis­tischen Kommu­nismus und über die Katholische Aktion näher ausgeführt.

Nach Verlesen der Enzyklika „Mit brennender Sorge“ am 14. März 1937 gab Reichsju­stiz­minister Dr. Franz Gürtner am 9. April 1937 als Gegenreaktion folgende Anwei­sung bezüglich der propagandistischen Aus­wer­­tung der geplanten Prozesse gegen katholi­sche Geistli­che für die Leiter der Justizpres­sestelle heraus:

„In der heutigen Pressekonferenz der Reichsregierung hat der R.[Reichs]-Minister für Volksaufklärung und Propaganda [Joseph Goebbels] folgende Richt­li­nien bekanntgege­ben, die den Landesstellen durch Fernschreiben zuge­gangen sind:

Durch eine Rundverfügung d. Hr. Min. d. Justiz [Franz Gürtner] werden in kurzer Frist die im vorigen Jahre zurückgestellten Prozesse gegen katho­­lische Geist­liche und Ordensangehörige wegen sittlicher Verfeh­lun­gen usw. nun­mehr durchgeführt. Die Berichterstattung über diese Pro­zesse wird bis auf weiteres durch von hier getroffene Einzel­maß­nahmen geregelt. Im Ein­vernehmen mit dem Justizminister werden die wichtigsten und schwer­wiegendsten Fälle herausgegriffen und zur Berichterstattung frei­gegeben. Welche Schriftleiter zu den einzelnen Prozessen zugelassen werden, wird jedesmal einzeln bestimmt. Aus der großen Masse der üb­ri­gen Prozesse werden den Landesstellen zur örtlichen Berichterstattung jeweils einzelne interessante Fälle zugeteilt.“[1]
[1] Neuhäusler, Johann: Kreuz und Hakenkreuz – Der Kampf des Nationalsozialismus gegen die katholische Kirche und der kirchliche Widerstand, München 1946 I: 134