Dülmen: Karl-Leisner-Straße im Ortsteil Merfeld

Dülmen 1Die Karl-Leisner-Straße in Dülmen-Merfeld ist eine Sackgasse, die von der Kirchstraße abzweigt, an der auch einige hundert Meter weiter die St. Antonius-Kirche mit ihren Einrichtungen liegt. Sie grenzt an die um Merfeld liegenden Felder.
Bereits am 17. April 1986 beschloß die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Dülmen eine Straße in dem Ortsteil Merfeld nach Karl Leisner zu benennen. Ein Auszug aus dem Protokoll wurde Wilhelm Haas[1], dem Schwager von Karl Leisner, am 2. Dezember 1986 zugesandt.

[1] Wilhelm (Willy) Haas (* 17.11.1914 in Rindern, † 27.12.1993 in Kellen), ab 1950 war er an der Over­berg­schule in Kellen (1969 Hauptschule) tätig, von 1959 bis zur Pensionierung am 1.7.1977 als Rek­tor. Er verlobte sich am 29.9.1946 mit Karl Leisners jüngster Schwester Elisa­beth und heiratete sie am 28.5.1947. Sie hatten 9 Kin­der. Neben zahlreichen anderen ehrenamtlichen Aufgaben wurde er 1975 Geschäfts­führer des IKLK. Schon früh sammelte er Dokumente über Karl Leisner. Vor allem nach seiner Pensio­nie­rung setzte er im IKLK seine ganze Kraft für die Seligspre­chung seines Schwa­gers ein.

Der Stadtdirektor der Stadt Dülmen schreibt:
[…] Nach meinen Recherchen kam der Vorschlag, eine Straße im Ortsteil Dülmen-Merfeld mit „Karl-Leisner-Str.“ zu benennen, aus der Bevölkerung dieses Ortsteils. Der Vorschlag wurde über den Ortsvorsteher des Ortsteils Dülmen-Merfeld und die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Dülmen an die Verwaltung bzw. die beschluß­fassenden Gremien herangetragen. […]

Dülmen 4Es liegt nahe, daß die Anregung von Pfarrer Johannes Sonnenschein[1] kam, der von 1970 bis 1991 in der Pfarrei St. Antonius in Dülmen-Merfeld tätig war. Pfarrer Sonnenschein wurde am 8.3.1942 in seiner damaligen Gemeinde St. Josef in Ahlen verhaftet und kam am 29.5.1942 ins KZ Dachau. Dort traf er einen Tag später auf dem Zugangsblock Karl Leisner, den er aus der Jugendarbeit kannte. Bei der Priesterweihe von Karl Leisner am 17. Dezember 1944 war Pfarrer Sonnenschein Zeremoniar. Es liegt von ihm ein Typoskript von 1994 vor mit dem Titel: Die Priesterweihe Karl Leisners im KZ Dachau.

[1] Johannes Sonnenschein (* 30.5.1912 in Bocholt, † 31.8.2003 in Ahaus), Eintritt ins Col­legium Borromaeum in Münster 1.5.1931, Priesterweihe 19.12.1936 in Münster, Kaplan in Ahlen St. Josef 29.2.1940. am 8.3.1942 – Er kam nach seiner Verhaftung über die Gefäng­nisse in Ahlen und Münster wegen Jugendseelsorge und Verbreitung des Möldersbriefes am 29.5.1942 ins KZ Da­chau. Am 9.4.1945 wurde er ent­lassen. Von 1991 bis zu seinem Tod lebte er als Pfar­rer em. in Ahaus.
s. Rundbrief des IKLK Nr. 49 – Februar 2004: Der Bamberger Reiter: 37–41

08Sonnenschein

 

Impressionen von der Karl-Leisner-Straße

Dülmen 2Dülmen 3

Karl Leisner lernte Dülmen auf der Fahrt nach Münster und Telgte mit seinem Bruder Willi und Hermann Mies kennen.

Münster, Samstag, 2. April 1932, 5. Tag
Gegen 9.00 Uhr schwingen wir uns in die Sättel. Mit ständigem Gegenwind fahren wir über Dülmen, Haltern nach Wesel. Ich leide unter ra­senden Zahn­schmerzen. Ich geh’ in Dülmen zu ‘ner Ärztin. Sie macht mir den Zahn provi­sorisch für 50 Pfennig. – Fein!

Die letzte Nacht auf der Gruppenfahrt zum Kotten in den Bockholter Bergen im August 1932 verbrachten die Klever Jungen im Kindererholungsheim Visbeck[1], das in der zu Dülmen gehörenden Bauerschaft Daldrup lag.

[1] Das Kindererholungsheim Visbeck wurde am 6.9.1927 eingeweiht, es bot die Möglichkeit einer sechswöchigen Kur für 40 Jungen bzw. Mädchen mit labilem Gesundheitszustand. Die Leitung lag bei im Heim wohnenden Clemensschwestern. Das Heim brannte im Oktober 1939 bis auf die Grundmauern nieder.

Kotten, Mittwoch, 10. August 1932
Wir „restlichen“ Clever schwangen uns auf unsere „Vehikula“ und tram­pelten seelenvergnügt durch die heiße Augustsonne über die As­phalt­straße nach Dülmen. In der Nähe ist [Heinz und Fränz] Ebbens Tante Schwester [Ge­reona Joosten] in einem Kindererholungsheim [in Visbeck]. Wir fünf Klevse [Heinz und Fränz Ebben, Hans Heinrichs, Hermann Mies und Karl Leisner] werden von den lie­ben, freundlichen [Clemens-]Schwestern fein empfangen und be­wirtet.
[…]
dann krieche ich zu den andern in die Liegehalle auf meinen Liege­stuhl. Gut und frisch pennen wir.

Die erste und die letzte Nacht der Baltrumfahrt im August 1933 verbringen die Jungen erneut in Dülmen-Visbeck.

Kleve, Mittwoch, 2. August 1933
Über Wesel, wo wir bei meiner Tante das zweite Frühstück einnehmen, geht’s die altbekannte Straße über Schermbeck, wo Fränz eine Panne hat, – Haltern nach Dülmen. Gegen 14.30 Uhr sind wir im Kinder­heim Visbeck bei der guten [Clemens-]Schwester Gereona [Joosten] („weltlich“ ausge­drückt bei Heinz’ und Fränz’ Tante) gelandet. Eine def­tige Bohnen­suppe macht uns wieder zu Menschen, die den ganzen Nach­mittag in der Ge­gend rumstreifen und -tollen können.

Dülmen-Visbeck, Donnerstag, 3. August 1933
Anderentags geht’s nach gutem Schlaf in den etwas knarrenden Liegestüh­len gegen 8.30 Uhr los nach Münster, wo wir um 11.00 Uhr einlau­fen.

Osnabrück, Samstag, 19. August 1933
Um 18.45 Uhr in Dülmen. Bei Ka­plan i. R. Dümpel­mann gebeichtet.[1] 19.00 Uhr weiter! – 19.30 Uhr in Visbeck am Kinder­heim. Feiner Empfang. (Bohnen­suppe c. W.-Br. [? mit Wurstbrot o. Weißbrot]! und Tee!) – Gegen 21.00 Uhr in die Lie­gestühle auf der Liege­halle. Gut gepennt!

[1] Theodor Dümpelmann war von 1927 bis 1941 Kaplan in St. Viktor in Dülmen und 1933 im Alter von 44 Jahren noch nicht im Ruhestand.

Dülmen-Visbeck, Sonntag, 20. August 1933
5.30 Uhr raus. 6.00 Uhr heilige Messe in der Visbecker Kapelle – (Pastor![1]). – 8.40 Uhr „consilio meo reparato“ avanti! [„mein Rad ist ge­flickt“, vorwärts!] Es regnet. Weiter. In Dülmen eben unterge­stellt. Weiter die be­kannte Strecke nach Wesel.

[1] Vermutlich der Hausgeistliche des Kindererholungsheims in Visbeck Bernhard Höping. Es könnte aber auch der Pastor von Dülmen, Theodor Knepper, gewesen sein.

Die Jungen unterwegs

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Seit dem 5. Mai 1934 ist Karl Leisner im Collegium Borromaeum in Münster. In der Pfingstwoche geht er von Kleve aus auf Fahrt. Die Jungen kommen erneut nach Dülmen-Visbeck.

Marienthal, Sonntag, 20. Mai 1934, Pfingstsonntag
Über Haltern gelangen wir unter kurzer Rast nach Dülmen-Visbeck [zum Kindererholungsheim], wo wir um 14.30 Uhr lan­den.
[…]
Wir legen das Gries­mehl, den Zucker und Ka­kao zum Kochen für die [Clemens-]Schwester [Ge­reona Joosten] bereit. – Um 15.00 Uhr ist Pfingstandacht in der nahen Kapelle. Ich war in echter Pfingststim­mung, aus der mich selbst die Mißstimmung der alten „Quetsch­kiste“[1] nicht herausbringen konnte.
[…]
Um 21.40 Uhr kriechen wir in die Liege­stühle. Die andern pennen schon mollig.

[1] vermutlich ein verstimmtes Harmonium

Dülmen-Visbeck, Montag, 21. Mai 1934, Pfingstmontag
Um 6.00 Uhr geht’s raus. Um 6.45 Uhr gibt’s ein ganz feiertagsmäßiges Früh­stück. Kurz nach 7.00 Uhr stehen wir bereit und singen unser Dank- und Ab­schiedslied „Auf, du junger Wandersmann“. – Dann geht die Fahrt auf in den frischen, sonnigen Morgen.

Auf der Rückfahrt von Kleve zum Collegium Borromaeum nach Münster rastet Karl Leisner hinter Dülmen.

Kleve, Montag, 28. Mai 1934
Endlich sitze ich dann um 8.45 Uhr auf dem Stahl­rößle.
[…]
In Dülmen bin ich um 16.45 Uhr; von 17.00 bis 17.30 Uhr liege ich hinter Dülmen in einem Wäld­chen an der Land­straße und futtere den Na­menstagskuchen [von zu Hause]. Um 18.45 Uhr bin ich im Kasten[1].

[1] Die Studenten nannten das Collegium Borromaeum auch Kasten.

Text und Fotos Christa Bockholt