Katholisch-Soziale Akademie Franz Hitze Haus in Münster
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Der Studientag stand unter dem Thema „Priester in Dachau – Kirche im Widerstand am Beispiel von Karl Leisner (1915-1945)“
v. l. Monika Kaiser-Haas, Vizepräsidentin des IKLK, Tagungsleiter Dr. Martin H. Thiele und die Referenten Prof. Dr. Wilfried Hansmann, Dr. Christoph Kösters und Prof. Dr. Thomas Großbölting
Im Vorfeld des Studientages hatte der IKLK zu einer Führung entlang des 1995/1996 vom Düsseldorfer Künstler Bert Gerresheim geschaffenen Kreuzweges im Chorumgang des St. Paulusdomes eingeladen. Eine Gruppe von gut 30 Personen folgte den Erläuterungen von Domkustos Dr. Udo Grote. Da der Künstler Bert Gerresheim selbst krankheitsbedingt nicht anwesend sein konnte, erklärte Prof. Dr. Wilfried Hansmann die 5. Kreuzwegstation, in der Karl Leisner als Simon von Cyrene Jesus das Kreuz tragen hilft.
An der Veranstaltung im Franz Hitze Haus nahmen ca. 40 Personen teil.
Prof. Dr. Thomas Großbölting sprach zum Thema „Katholische Kirche und Katholizismus im Nationalsozialismus – Grenzen und Ausprägungen religiös motivierter Widersetzlichkeit“.
Dr. Christoph Kösters referierte zum Thema „Karl Leisner (1915-1945) – Eine historisch-biographische Annäherung“.
Der Vortrag wird für eine Veröffentlichung überarbeitet und voraussichtlich im Dezember 2015 in den Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein erscheinen.
Prof. Dr. Wilfried Hansmann gab einen Einblick in die Arbeit des Künstlers Bert Gerresheim. Der Vortrag stand unter dem Titel „Karl Leisner in Bildnissen des Künstlers Bert Gerresheim und sein Erinnerungsmal für den Seligen vor der Stifts- und Propsteikirche in Kleve“.
Link zur Kurzfassung des Vortrags
Fotos Gabriele Latzel
Link zur RP vom 12. März 2015
Link zur Tagespost vom 17. März 2015
Ergänzungen
…hob der Wissenschaftliche Mitarbeiter der Forschungsstelle der Kommission für Zeitgeschichte an der Universität Bonn hervor.
Schon bald aber sei der Katholische Wandervogel (KWV) von den Nationalsozialisten aufgelöst,
Das Erinnerungsmal in Kleve, das am 13. Dezember 2014, vier Tage vor dem 70. Jahrestag der heimlichen Priesterweihe Leisners im KZ Dachau, eingeweiht worden sei…
Statt „Schlacht der Meta-Geister“ hieß es im Vortrag von Dr. Christoph Kösters:
Anders gewendet, sahen Leisner und seine jugendbewegt-idealistische Generation die politische Auseinandersetzung nicht zuerst als Machtkampf, sondern als geistiges Ringen um eine im sogenannten materialistischen Zeitalter entfremdete deutsche Volksseele. Es ging um den Kampf der besseren Ideen, eine Schlacht der Geister auf der Metaebene sozusagen. Die Parole „Alles für Deutschland, Deutschland für Christus“ zeugte von dem Selbstbewusstsein in dieser Auseinandersetzung sehr gut aufgestellt zu sein.
Die Ausführungen zum wenig ausgeprägten Verhältnis der katholischen Jugendgeneration (und Leisners) zur Weimarer Demokratie lauteten:
Politisch fügte sich zu diesem demonstrativen Erneuerungs- und Geschlossenheitswillen das Vorbild des jungen, gerade 47-jährigen Reichskanzlers Heinrich Brüning. Als autoritär führender, ordnender und national eingestellter christlicher Staatsmann verkörperter er gleichsam jene politischen Ideen, die die jugendlichen Nachkriegsgeneration unter den Katholiken mit einem neuen Deutschland verbanden: Pflichtbewusstsein, Opferbereitschaft und Hingabe, Disziplin, Ordnung und Führungsstärke. „Brüning: das Ideal! – In der Art dieses Mannes kämpfen!“ war eine der Schlussfolgerungen, die die Teilnehmer des Bundestreffens des Katholischen Wandervogels Mitte Mai in Marienthal bei Wesel aus ihren politischen Gesprächen zogen. Umso größer war die Enttäuschung, als Reichspräsident Hindenburg seinen Kanzler zwei Wochen später fallen ließ und das Land in eine neue politische Krise stürzte, die in der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten gipfelte. „Dies ater Germaniae“, urteilte Leisner entsprechend düster am 30. Mai. Der Sturz der preußischen Regierung Braun und die Ernennung Franz von Papens zum Reichskommissar stießen hingegen bei Leisner auf klare Distanz: „Das ganze nennt man ‚autoritär‘ regieren“, hielt der 17jährige mit ironischem Unterton fest. Man war auch unter den Katholischen Wandervögeln keineswegs unpolitisch. Im Gegenteil. Jedoch sucht man beim Sohn des Klever Zentrums-Verordneten Leisner vergebens ein klares Bekenntnis zur Weimarer Demokratie – eine Feststellung, die nicht überrascht, kannte doch die katholische Naturrechtslehre keine exklusive Bindung an eine Staatsform, weder an die Monarchie noch an die Demokratie.
Zu Nationalsozialismus, nationales Gedankengut und der für Leisner entscheidenden Frage, in welchem Geist die Jugend erzogen wird, hieß die entsprechende Vortragspassage:
Vom Nationalsozialismus trennte ihn nicht der verbreitete nationale Gedanke, sondern eine durch die katholische Jugendbewegung geschärfte Kritik an dessen Vorstellung von Jugenderziehung und bedingungsloser Ausschaltung aller Andersdenkenden.