Artikel von Hans-Karl Seeger
April 1942 im KZ Dachau
Léon de Coninck:
Das Kreuz des Hochaltars [in der Lagerkapelle] war eine naive, auch im Lager entstandene Skulptur; später [im Februar 1944] wurde es Prozessionskreuz, als [1942] aus Münster ein herrliches Kunstwerk, ein Geschenk der Katholischen Aktion, ankam.[1]
Gerda Bockholt am 20. August 1990 an Wilhelm Haas[2]:
Mein Vater erhielt es [das Bild von der Lagerkapelle des KZ Dachau] von Herrn Domkapitular [Reinhold] Friedrichs zugesandt als Beweis, dass das von meinem Vater übersandte Kreuz in der Kapelle seinen Platz gefunden hat.
Das Kreuz wurde in Münster von dem Bildhauer Bäumer[3] entworfen und in seiner Werkstatt ausgeführt. Der Sohn des Herrn Bäumer – auch Bildhauer – wohnt in Münster, Am Kanonengraben 5 – In meiner Gegenwart wurde das Kreuz in ein extra angefertigtes Holzkästchen gelegt und da es unauffällig und schmal sein mußte, lassen sich die Querbalken mit den Armen durch eingelassene Holzdübel lösen und lagen eng an dem Mittelbalken. Ob das Päckchen direkt an das KZ Dachau an Herrn Friedrichs gesandt wurde, kann ich nicht sagen, ich weiß wohl, dass Herr Präses – wie wir ihn nannten – zeitweilig in der Poststelle des KZ eingesetzt war und wie er mir erzählt hat – ich war von 1946 bis 1948 bei ihm Sekretärin – einige Aufseher den Raum verlassen hätten, wenn mal besondere Post kam.
Gerda Bockholt am 26. August 1990 an Wilhelm Haas [2]:
[…] denn ein Paket in der Breite des Kreuzes einzupacken und zu übersenden wäre unmöglich gewesen. Auch die Haltung des Kopfes wurde damals besprochen, denn es ist nicht die übliche Haltung „Es ist vollbracht“ [Joh 19,30], sondern zeigt Hoffnung.
[1] de Coninck, Léon: Priestergespräche in Dachau, in Weiler, Eugen: Die Geistlichen in Dachau sowie in anderen Konzentrationslagern und in Gefängnissen. Nachlaß von Pfarrer Emil Thoma, Mödling 1971: 872-883, hier 877
[2] Wilhelm (Willy) Haas (* 17.11.1914 in Rindern, † 27.12.1993 in Kellen) – 1975 wurde er Geschäftsführer des Internationalen Karl Leisner-Kreises (IKLK). Schon früh sammelte er Dokumente über seinen Schwager Karl Leisner. Im Seligsprechungsprozeß 1981 und Martyrerprozeß 1990 für Karl Leisner hat er als Zeuge ausgesagt.
[3] Heinrich Bäumer (* 8.9.1874, † 20.12.1951) – Münster, Am Kanonengraben 5 – Bildhauer – Er schuf vor allem religiöse Kunst und westfälische Volkskunst, darunter 1909 den im Zweiten Weltkrieg zerstörten Lambertibrunnen vor der gleichnamigen Kirche in Münster.
Die Kapelle
[…]
Der Altar
Der erste Altar war ein einfacher Lagertisch, dessen Füße verlängert waren. Er war bloß mit Linnen bespannt. Später bekam er eine eigene Altarverkleidung. Er mißt 2 x 1 x 0,75 m. 50 cm sind als Mensa freigelassen. An der Rückseite stehen der Tabernakel, 40 x 40 x 28 cm, und die 2-stufigen Leuchterbänke, 75 x 18 x 28 cm.
Der Tabernakel ist sorgfältige Kunstschreinerarbeit aus Birnbaumholz in rotbrauner Farbe fein poliert. Er ist zweitürig und trägt auf der Vorderseite eine Strahlensonne, aus Messing gestanzt, und zwei anbetende Engel aus Kupferblech gearbeitet. Den Abschluß des Altares bildet das Altarkreuz mit einem geschnitzten Korpus, beides aus Eichenholz, eine Spende der Münsteraner Künstlerschule[1]
[1] Archiv der Pfarrei St. Jakob Dachau Nr. 28–24.
Altar im KZ Dachau
Heute hat das Kreuz seinen Platz im Karmel Heilig Blut in Dachau.
Quelle der Fotos: Karl Leisner-Archiv