Einfluß von Marienthal bei Wesel auf Westfalen

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Kreuz von Carl van Ackeren an der Rückseite der Kirche in Marienthal

Foto Pater Matthias Brenken, Marienthal

 

 

 

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Kreuz von Hubert Teschlade hinter der Autobahnkirche Roxel (Hansalinie)

Foto Arnold Stelzig, Münster-Nienberge

 

 

Marienthal war ein zentraler Ort vor allem für die Jugend des Niederrheins. Er inspirierte zahlreiche Künstler zur Schaffung außerordentlicher Werke, so auch Hubert Teschlade aus Westfalen. Er ließ sich von einem von Carl von Ackeren geschaffenen Kreuz an der Rückwand der Klosterkirche anregen zur Gestaltung eines vier Meter hohen Kreuzes für die ökumenische Autobahnkapelle Roxel. Diese befindet sich an der A 1 Münster-Osnabrück zwischen dem Kreuz Münster-Süd und der Ausfahrt Münster-Nord auf dem Rasthof „Münsterland“.

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Carl van Ackeren
(* 1906 in Köln, † 3. Juni 1978 in Meckenheim-Merl) – Bildhauer – Schüler der Kölner Werkschule 1928 – erstes eigenes Atelier in Bonn 1933

 

Maske des Bildhauers

 

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Hubert Teschlade
(* 24. Juni 1921 in Münster, † 4. März 2014 ebd.) – Lehre als Galvaniseur – nach Gesellenprüfung ab 1938 Militärzeit – Kriegsgefangenschaft 1944–1946 – freischaffender Bildhauer u. Architekt 1949

 

Foto Arnold Stelzig

 

Arnold Stelzig schrieb dazu in „Torhaus Aktuell – Münstersche Kultur- und Heimatpflege“ Nr. 2 2014 u. a.:
Die hintere Giebelwand [der Kirche] besteht aus Glas, die den freien Blick in die Natur, in den Eichenwald, ermöglicht und zwischen den Bäumen ragt ein über vier Meter hohes Kreuz, exakt über dem Altar, so dass Innen- und Außenraum verbunden werden.
Der Korpus ist aus getriebenem Kupferblech hergestellt und zu seinen Kruzifixen allgemein gibt es vom Künstler diese Zeilen: „Mit unserer Sturmschargruppe (die Teil des Kath. Jungmännerverbandes war) besuchten wir an den Wochenenden mehrmals Kloster Marienthal bei Wesel. Pfarrer [Augustinus] Winkelmann, der diese Oase (in der Kunstwüste der NS-Zeit) der modernen christlichen Kunst schuf, indem er verfemte Künstler bei sich aufnahm, und sie in der Kirche und auf dem Friedhof Kunstwerke schaffen ließ. Er führte uns Jungen mit großem Feingefühl in diese neue liturgische Kunst ein. Hier betrachtete ich auch immer wieder den getriebenen Christus an der äußeren Chorwand der Klosterkirche von [Carl] von Ackeren. Dieser hatte es mir besonders angetan. Sicher ist hier, wenn auch unbewusst, das Interesse an der Metallarbeit gewachsen. In erster Linie war das Metall mein Material, das ich benutzte. Zunächst begann ich damit, aus Kupfer- und Messingblech Reliefs zu treiben. Ganz anders als bei den Materialien Stein und Holz, bei denen man das Material von außen wegnimmt, um zur Form zu gelangen, muss man beim Metalltreiben von innen nach außen formen. Diese ganz andere Arbeitsweise reizte mich besonders. Natürlich konnte ich nicht bei der reinen Treibarbeit bleiben. Diese ist sehr zeitaufwendig und auch bei größeren Arbeiten körperlich sehr anstrengend. So habe ich mich später entschlossen, auch Arbeiten in Ton oder Gips zu formen und in Bronze gießen zu lassen.“
Der am Kreuz erhöhte Christus strahlt eine große Ruhe und Würde aus, der Wald im Hintergrund bildet Kulisse und Meditationsraum zugleich. Es dringt kein Lärm in den Andachtsraum, so dass man vor dem schlichten Altar in der Sitzbank verweilen möchte, um besonders den Kopf Christi näher zu betrachten. Dazu, und zu allen seinen Gesichtsdarstellungen, bemerkt der Künstler: „Das menschliche Antlitz, das Gesicht, hat nach meiner Heimkehr aus dem Krieg bei meiner kreativer Arbeit einen besonderen Stellenwert. In wie viel verstörte und zerstörte Gesichter musste ich blicken! All das schlimme Erlebte in den Kriegsjahren in Russland und in Frankreich musste verarbeitet werden. In den getriebenen Kruzifixen suchte ich nach dem Antlitz, dem man die Überwindung des Leides ansah!“

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Dass viele Menschen in dieser Kapelle und vor diesem Kreuz Ruhe finden, belegt eindrucksvoll das Fürbitt- und Danksagungsbuch auf dem Altar. Fernfahrer aus Süd- und Osteuropa bitten um das Wohl ihrer Familien und um eine gute Fahrt. Urlaubreisende bitten um erholsame Tage für die gemeinsamen Familienferien oder danken für schöne Urlaubstage (Seite 10f.).

Foto Arnold Stelzig

 

 

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Ökumenische Autobahnkapelle Roxel

Foto Arnold Stelzig

 

 

Wie sehr Karl Leisner die Kunst in Marienthal beeindruckte, beschrieb er zum Beispiel am 19. Juni 1932 in seinem Tagebuch:
Bald waren wir in Marienthal. Pfarrer [Augus­tinus] Winkelmann erklärte Walter und den andern ge­rade die Kirche [St. Mariä Himmelfahrt]. – „MORS PORTA VITAE“ [Der Tod ist das Tor zum Leben] steht als herr­licher Tor­spruch an der [von Regierungsbaurat Georg Hertel entworfenen und von Wilhelm Frenck aus We­sel ausgeführ­ten] Pforte zu Friedhof und Kir­che. „Stirb und werde“, wie Goethe es aus­drückt.[1] – Das Innere des Gotteshauses ist eine wundervolle Vereinigung von alter Gotik und neuer Kunst. Es klingt einig und wirkungs­voll zusammen: Die alte Augustinerkir­che in ihrer schlichten Gotik mit ih­ren neuen Fenstern und dem einfachen in Kreuzesform aufge­bauten Altar. Ein seltenes Kunst­werk neuer Kunst ist der Tabernakel: Vorne eine strah­lensendende Taube und der Spruch: „Der Pfingsttag kennt keinen Abend“. – Rechts Engel, die in Demut singen: „Gratias agimus tibi prop­ter magnam Gloriam Tuam“ [Wir dan­­ken dir we­gen deiner großen Herrlich­keit[2]]. Das tiefste, demütigste, göttlich­ste Dank­gebet der Menschheit an Gott. – Links eine Sonne![3] Usw.

[1] Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Diwan, Stuttgart 1946: 18
[2] Text aus dem Gloria der Eucharistiefeier. Auf dem Tabernakel steht der deut­sche Text.
[3] Der Engelgesang befindet sich auf der linken Tabernakelseite. An die Sonne erinnerte ihn vermutlich die strah­lensendende Taube.

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Tabernakel in der Klosterkirche Marienthal

Foto Gabriele Latzel

 

 

Tor zum Friedhof in Marienthal

Foto Gabriele Latzel