Neben den Untergruppen „Termine“ und „Nachrufe“ in der Rubrik Aktuelles gibt es als weitere Untergruppe „Ergänzungen“. Dort wird vermerkt, was von Lesern der Lebens-Chronik an Ergänzungen bzw. Richtigstellungen eingeht.
Foto Joachim Albrecht / medienflotte.de
Pfarrer i. R. Oskar Bühler am 22. Februar 2015 an Hans-Karl Seeger:
Am Ende von Band IV bitten Sie um evtl. Ergänzungen. Ich habe daraufhin meine Fotos angeschaut, die ich vor einigen Jahren in Planegg gemacht habe. Vor dem Sterbe- und Gedenkzimmer steht dort eine Vitrine mit aufschlussreichen Dokumenten. Darunter ein Schreiben der Generaloberin an die Hausoberin in Planegg vom 30. März 1945. Das Schreiben enthält keine neue Information, gibt aber Einblick in die Abläufe von damals und ist deswegen eine gute Ergänzung der vorhandenen Dokumente.
Ergänzung zum Band III, S. 2559ff.:
P. Otto Pies SJ ging sofort nach seiner Entlassung am 27. März 1945 auf dem Weg zum Berchmans-Kolleg in Pullach zu Michael Kardinal von Faulhaber. Er war sehr besorgt um seinen Freund Karl Leisner. Gemeinsam mit Kardinal Faulhaber überlegte er, wie er seinem schwerkranken Freund helfen könne. Kardinal Faulhaber machte sich folgende stenographische Notiz:
P. Pies war bei mir – 3½ Jahre dort [im KZ Dachau], als Sanitäter im Revier, manchen Beistand geleistet – wegen Leisner: wenn er nicht entlassen würde, bleibt die Möglichkeit, ihn für haftunfähig erklären zu lassen, dann erklären, daß fürs Lager keine Kosten erwachsen würden.[1]
[1] Erzbischöfliches Archiv München und Freising NL Faulhaber 3681
[…]
Brief der Generaloberin Schwester M. Castilla an die Hausoberin des Waldsanatoriums Planegg Schwester M Virgilia Radlmair.
Michael Kardinal von Faulhaber aus München am 31. März 1945 an die Gestapo in München:
Mit dankbarer Gesinnung erhält der unterzeichnete Erzbischof von München die frohe Nachricht, daß von den Häftlingen im Konzentrationslager Dachau eine größere Zahl von Geistlichen gerade auf Ostern frei gelassen wurde. Gestatten Sie mir, sehr geehrter Herr Oberregierungsrat [Dr. Schäfer] oder Vertreter, daß ich ein gutes Wort einlege für Karl Leisner, von Haus aus Westfale[1], der lungenkrank zur Zeit im Revier des Lagers in Dachau sich befindet. Seine Lungenkrankheit, die die Gesundheit von Volksgenossen in Gefahr bringen könnte, ist wohl der Grund, warum er nicht auch auf Ostern freigelassen wurde. Die Tatsache, daß seine westfälische Heimat zur Zeit leider vom Feind besetzt ist, kann nicht der Grund sein, da auch andere aus feindbesetzten Gebieten entlassen wurden. Nun ergäbe sich, wie ich mich versichert habe, die Möglichkeit, Karl Leisner in Planegg im Sanatorium für Lungenkranke unterzubringen, wo eine Ansteckungsgefahr nicht gegeben wäre, weil dort Ärzte und Pflegeschwestern nach den Vorschriften der Hygiene die Pfleglinge behandeln. Irgendwelche Auslagen würden dem Lager nicht erwachsen. Es sei mir deshalb die ergebene Bitte gestattet, nochmals zu erwägen, ob nicht auch Karl Leisner aus Westfalen auf die Liste der Freigelassenen gesetzt werden könnte.
Mit ergebenem Dank für alle Bemühungen
Dr. M. Faulhaber, Erzbischof[2]
[1] Von Bayern aus liegen Westfalen und der Niederrhein, die Heimat Karl Leisners, eng beieinander; dazu liegt die Bistumsstadt Münster in Westfalen.
[2] Der maschinengeschriebene Brief trägt die handschriftliche Unterschrift des Kardinals.