Die Seligsprechungen von Karl Leisner und Bernhard Lichtenberg am 23. Juni 1996 in Berlin waren Anregung, sich des am 15. September 1942, dem Gedenktag der Sieben Schmerzen Mariens, im KZ Dachau verstorbenen KZ-Priesters Gustav Görsmann zu erinnern. Schon Anfang der 1990er Jahre war in der Katholischen Kirchengemeinde Mariä-Himmelfahrt Gellenbeck in Hagen am Teutoburgerwald der Gedanke an eine Gedenkkapelle aufgekommen. Am 18. Mai 1996 erfolgte in Hagen die Einweihung auf das Patrozinium „Kapelle Unserer Lieben Frau von den Sieben Schmerzen“ im Gedenken an den Todestag von Gustav Görsmann.
Gustav Görsmann (* 29.9.1873 in Osnabrück, † 15.9.1942 im KZ Dachau) – Abitur am Gymnasium Carolinum in Osnabrück 1895 – Theologiestudium in Freiburg u. Münster – Priesterweihe 25.9.1898 in Osnabrück – Kaplansjahre in Bremen u. Wellingholzhausen – Berufung zum ersten Pastor der Kirchengemeinde Gellenbeck durch Bischof Wilhelm Berning 1.12.1915 – Amtseinführung im Rahmen der Einweihung der Kirche Mariä Himmelfahrt 13.12.1915 – Bespitzelung durch die Gestapo ab 1933 – Auslöser für ein massives Vorgehen gegen ihn war sein Umgang mit ab Sommer 1940 in der Niedermark untergebrachten französischen Kriegsgefangenen. Nach zweimaliger Verhaftung wurde er am 29. September 1941 ins KZ Dachau gebracht, wo er ein knappes Jahr später an Unterernährung starb.
Gedenkblatt für Pfarrer Gustav Görsmann
Blatt-1
Ergänzung
Leisner ist in der Mariä-Himmelfahrtskirche in Rees getauft, …
Siehe auch Link zur Neuen Osnabrücker Zeitung vom 27. Mai 2014 – Erinnerung an Gellenbecker Widerständler Gustav Görsmann
und
Link zur Wochenzeitung für das Bistum Osnabrück Kirchenbote vom 27. Mai 2014 – Großneffen von Pfarrer Görsmann setzen sich für Ehrung ein – Verbotener Kontakt zu Gefangenen.
Impressionen von der „Kapelle Unserer Lieben Frau von den Sieben Schmerzen“
Mit seiner Jugendgruppe St. Werner kam Karl Leisner mehrfach in den Teutoburger Wald. Seine Tagebücher geben Zeugnis davon. Die Gruppenfahrt von Kleve über Telgte in den Teutoburgerwald im August 1931 bezeichnet er in seinem Tagebuch als „Teutofahrt“. Das „Teutofahrtenbuch“! (2a) wurde von der Gestapo beschlagnahmt und nicht wiedergefunden.
Im Tagebuch Nr. 5 hat Karl Leisner auf den Seiten 80f. die Ausgaben und Einnahmen während der Teutofahrt eingetragen.
Laut Bildunterschriften und Daten, die sein ehemaliger Religionslehrer und Leiter der Fahrt Walter Vinnenberg unter der Überschrift „August 1931, Lager an der Ems und Fahrt in den Teuto mit Jungens aus Cleve und von der Heimschule [in Maria Laach]“ in sein Fotoalbum eingetragen hat, verlief die Fahrt vermutlich wie folgt:[1]
[1] Die Fotounterschriften von Walter Vinnenberg sind nur schwer zu erkennen.
Telgte
[Ausfahrt. An der „Specke“.
Flottenfahrt 5/8.31.
Am Landungsplatz. Abkochen.]
Telgte
Glandorf
[Rast vor Glandorf 6/8.31.]
Glandorf
[Bad] Iburg
Borgholzhausen
Ravensberg
[Vor der Jugendherberge in Borgholzhausen 8/8.
Auf dem Turm der Ravensburg {Burg Ravensberg} 8/8.]
Bielefeld (Sparrenburg)
Oerlinghausen
Hermann[sdenkmal]
[Der „Hermann“ in Sicht! 10/8.]
Lippe-Detmold
[Eckensteher in Detmold.
„Hans Schluff“ in Detmold. 11/8.
„Hans Schluff“ (Franz Ebben).]
Externsteine
[Externsteine 11/8.]
[Auf der Westfälischen Landeseisenbahn (Sennelager) 13/8.]
Paderborn
[Wieder an der Ems.]
Während einer Fahrt nach Münster und Telgte 1932 gab es eine weitere Begegnung mit dem „Teuto“.
Münster, Donnerstag, 31. März 1932
Walter [Vinnenberg] hatte uns vorgeschlagen, einmal einen Abstecher zum „Teuto“ zu machen. In schneidigem Tempo fuhren wir auf Greven zu. […]
Greven
In Richtung Tecklenburg ging’s weiter. Bald rutschten wir von der Landstraße ab auf Feldwege. Bei einem Bauern bekamen wir gratis einen Pott voll Magermilch. Wir versuchten mit allen Finten und vielen Streichhölzchen ein Feuer „spitz“ zu bringen, aber das Holz war saunaß. Es nützte nichts. Wir mußten die Milch so trinken und futterten Dörrobst dazu. Bald waren wir in Tecklenburg. Der Teuto beginnt hier seinen langen Gebirgszug. Wir „krühjten den Beäg op“ [wir mühten uns den Berg hinauf] und sahen uns das Städtchen an. –
Tecklenburg
Tecklenburg
In sausender Fahrt ging’s zu Tal. Es regnete zur Abwechslung mal wieder jämmerlich. – Bald waren wir hinter Lengerich. Jetzt ging’s durch saudreckige, hochwasserführende Feldwege auf Westbevern zu.
Lengerich
Lengerich
in Richtung Westbevern
Auch die Baltrumfahrt 1933 ließ den „Teuto“ nicht links liegen.
Diepholz, Freitag, 18. August 1933
Über Lemförde-Düm. [Dümmer-See] geht’s langsam auf den Teuto zu. Gegen 14.00 Uhr Landung in Osnabrück.
Dümmer-See
Osnabrück
Dom
Rathaus
Heger Tor
In der Reinschrift des Tagebuchs heißt es:
8.50 Uhr starten wir. Durch und über den „Teuto“ kommen wir bald nach [Bad] Iburg. Von dort nach Glandorf (Erinnerungen an die Teutofahrt 1931 tauchen auf).
Osnabrück, Samstag, 19. August 1933
8.40 Uhr ab. Durch den Teuto (Landschaft!) und [Bad] Iburg. Von da über Glandorf nach Telgte.
Gnadenkapelle in Telgte
In der Reinschrift des Tagebuchs heißt es:
8.50 Uhr starten wir. Durch und über den „Teuto“ kommen wir bald nach [Bad] Iburg. Von dort nach Glandorf (Erinnerungen an die Teutofahrt 1931 tauchen auf).
Auch auf der Zugfahrt 1934 nach Oldenburg nimmt Karl Leisner den Teuto wahr:
Münster, Freitag, 7. Dezember 1934
Weiter auf den Zug (ich Kamel hätte 0,20 RM sparen können, wenn ich gleich Radkarte M.-Dieph. [Münster-Diepholz] gelöst [hätte]!). Ich studiere noch mal gründlich das Führerwort[1], das Wesentliche, und die Hänge des Teuto verschwinden – Weiden- und Moorland. Darüber singt und klingt eine köstliche Abendstimmung.
[1] vermutlich: Jungführer 1934: 287f.: 1. Zu Führerwort und Besinnung
Samstag, 29. Juni 1935
Am Ende des Sommersemesters gibt es über die Ereignisse in den Semesterferien einen längeren Nachtrag mit Erwähnung des Teuto.
Und dann kam die Klever Kirmeswoche [ab 14.7.] mit der herrlichen Teutofahrt.
Quelle der Fotos: Gabriele Latzel und Karl Leisner-Archiv