Familie Leisner und der Heilige Rock in Trier

 

Der Heilige Rock im Trierer Dom während der Wallfahrt 2012

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / gemeinfrei (abgerufen 03.03.2012)

 

Karl Leisner schrieb am 9. September 1933 aus Kleve an seinen ehemaligen Religionslehrer Walter Vinnenberg in Münster
Lieber Walter,
[…]
Willi ist auf seiner Trierfahrt auf der Rückreise in Schönstatt „hängenge­blieben“ und macht dort Exerzitien mit. Mein Vater ist bereits gestern ge­landet. Er ist begeistert. Sie hatten prächtiges Fahrtenwetter. Gestern hat die Schule – für uns alle zum größten Leidwesen – wieder begonnen. Jeden Mor­gen kommen die Lehrer rein: Hand hoch! Allgemeines Heil-Hitler­­ge­brüll! Hm – stimmungsvoll! Mit so ‘nem verschandelten, abgeschlissenen Gruß (?) beginnen wir jetzt also jeden neuen Tag! Machst Du auch in solchen befohle­nen Sachen? – Mit der Lage der katholischen Verbände steht’s mies, wie uns Kaplan [Heinrich] Brey von einer Tagung in Altenberg mit­brachte. Na ja, totkriegen lassen wir uns nicht; dann machen [wir] eben als „Privat­klübchen der Harmlosen“ weiter!
Na ich wäre ja bald in politische Geleise gefahren und darin darf man sich ja jetzt nicht mehr frei gehen lassen! Schutzhaft, Konzentrationslager, hu gru­se­lig, was? Ha, ha – ! Mit frohem Gruß und guten Wünschen für Deinen Vater bleibe ich in Treuen
Dein Karl

Willi Leisner war anläßlich der Heilig-Rock-Wallfahrt mit seinem Vater und dessen Freund und Kollegen Carl Naß mit dem Fahrrad nach Trier gefahren. Dort fand vom 23. Juli bis 10. September 1933 unter Bischof Franz Rudolf Bornewasser die Heilig-Rock-Wallfahrt statt. Sie lief parallel zur von Papst Pius XI. angewiesenen Feier des au­ßer­ordentlichen Heiligen Jahres 1933 (1900-Jahr-Feier der Erlö­sung). In Bezug auf Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler vom 30. Januar 1933 durch Reichspräsident Paul von Hindenburg betrachtete man die Wall­­fahrt als politi­sch moti­viert. Dies war jedoch keineswegs der Fall, da deren Ankündigung bereits am 25. Januar 1933 erfolgt war. Dennoch waren die über zwei Mil­lionen Teilnehmer an dieser Pilgerfahrt nicht ohne Sorge hinsichtlich der Entwicklung und der Ma­chenschaften der neuen Machthaber im Nationalsozialismus.

In der Zeitschrift „Der Jungführer“ wurde für diese Wallfahrt geworben:
Das Filmband „Wallfahrt zum Heiligen Rock“ ist durch die Film- und Bild­zen­trale, Düsseldorf, Klosterstr. 25, zu haben. Es bietet einen Rückblick auf die Ge­schichte des Heiligen Rockes und zeigt die Feierlichkeiten anläßlich der diesjäh­rigen Ausstellung sowie einen Ausschnitt aus der gewaltigen Volkswallfahrt. Tragt dieses Stück deutscher katholischer Geschichte in alle unsere Gemeinschaften hinein! (Der Jungführer 1933: 264).

Andenkenbildchen 2012