Geldern: Karl-Leisner-Straße

Geldern Karl-Leisner-Straße 1

Bereits seit dem 3. Dezember 1965 gibt es in Geldern eine Karl-Leisner-Straße. Auf Anfrage teilte die Stadtverwaltung Geldern am 28.7.1986 dieses dem IKLK mit und fügte einen Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Rates der Stadt Geldern vom 3.12.1965 sowie einen Lageplan bei. Der Verkehrsausschuss hatte sich am 19.10.1965 dafür ausgesprochen, „die Straßenbezeichnung der Lindenallee von der Breslauer Straße bis zum Boeckelter Weg zu ändern, weil die Lindenallee überlang ist und zudem durch die Fleuth [ein Nebenfluss der Niers] eine Unterbrechung erfährt.“

Der Beschluss lautete: „Der Rat beschließt, dem Teilstück der Lindenallee von der Fleuth bis zum Boeckelter Weg die Bezeichnung „Anne-Frank-Straße“ zu geben. Der Mittelweg erhält die Bezeichnung „Karl-Leisner-Straße“. Von der Karl-Leisner-Straße führen noch vier Stichstraßen ab.

Heinz Janssen aus Geldern schreibt am 22. Januar 1997 dazu, dass nach dem Krieg zwei Hauptschulen in Geldern die Namen jugendlicher Opfer und Verfolgter des Naziregimes bekamen, die „den Schülern Erinnerung und Mahnung an das Vermächtnis der Toten sein sollten“. Die Schulen wurden nach den Geschwistern Scholl und Anne Frank benannt. Der Anne-Frank-Schule vorgelagert befand sich ein Neubaugebiet, welches durch den sogenannten Mittelweg geteilt wurde. Dieser wurde durch den Namen Karl-Leisner-Straße ersetzt, „um damit die Geschwister Scholl, Anne Frank und Karl Leisner als jugendliche Opfer des Nazi-Regimes in Beziehung zueinander zu bringen“. Weiter schreibt Heinz Janssen: „Soweit ich mich erinnere, kam der Vorschlag für den Namen Karl Leisner von dem verstorbenen Stadtdirektor Op de Hipt[1]. Schon recht früh nach Kriegsende war denen, die sich ebenfalls in der Nazi-Zeit aktiv in der katholischen Bündischen Jugend betätigt hatten – dazu gehörten u. a. Math. Op de Hipt, Kaplan Karl Kehren[2] aus Geldern u. mein Bruder Karl Janssen[3], der Sept. 1939 zum Priester geweiht worden war, […] das Schicksal von Karl Leisner bekannt geworden.“

[1] Matthias Op de Hipt (* 24.8.1906 in Düsseldorf-Oberkassel, † 4.5.1990 in Geldern) – Jugendjahre in Issum am Niederrhein – Refe­rent für die Land­jugend im Jugendhaus Düsseldorf unter Prälat Ludwig Wolker – auf Grund seiner antinationalsozialistischen Einstellung nach 1933 keine Möglichkeit zur Rückkehr in den Verwaltungsdienst – we­sentliche Beteiligung an der Vorbereitung der Großen Viktortracht in Xanten 1966 – Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.
[2] Karl Kehren (* 10.12.1907 in Kleve, † 8.5.1996) – Priesterweihe 23.12.1933 in Münster – Mitglied des Quickborn
[3] Karl Janssen (* 13.11.1914 in Geldern, † als Folge von Durchschüssen an der Ostfront 1.6.1944 im Lazarett in Geldern) – Geldern – Quickborner – Priesterweihe 23.9.1939 in Münster

Anfang 1997 berichtet Frau M. Hennesen, eine Anwohnerin der Karl-Leisner-Straße in Geldern, dass sie überglücklich war, als sie im Lokalteil der Zeitung las, dass der Mittelweg, an dem sie wohnte, in Karl-Leisner-Straße umbenannt würde. „Seit ich das Buch von P. Pies[1] gelesen hatte: „Stephanus heute“, hatte ich eine besondere Beziehung zu Karl Leisner aufgebaut.“

[1] Pater Dr. Johannes Otto Pies SJ (* 26.4.1901 in Arenberg bei Koblenz, † 1.7.1960 in Mainz) – Eintritt in die Gesellschaft Jesu am 14.4.1920, Priesterweihe am 27.8.1930 – Am 31.5.1941 wurde er wegen eines Protestes gegen die Klosteraufhebung von der Gestapo verhaftet – Am 2.8.1941 brachte man ihn aus dem Gefängnis in Dresden ins KZ Dachau. Dort teilte er sich einen Spind mit Karl Leisner und kümmerte sich intensiv um Karl Leisner. – Von P. Otto Pies’ SJ zahlreichen Veröffentlichungen sind die Biographie „Stephanus heu­te“ über Karl Leis­ner und das Gebetbuch „Im Herrn“ die bekannte­sten.

Mit dem Rundbrief Nr. 35, Seiten 58–59, vom Juli 1997 wurden die Mitglieder des IKLK über die Karl-Leisner-Straße in Geldern informiert. Die damaligen Erläuterungen zu Karl Leisner unterhalb des Straßenschildes: „Karl Leisner (* 1915 in Rees, † 1945) Gegner des Nationalsozialismus, im KZ Dachau zum Priester geweiht“ fehlen derzeit.

Rundbrief des IKLK Nr. 35 – Juli 1997: Seite 58f.

Rundbrief2

 

Die Stadt Geldern lernte Karl Leisner kennen, wenn er „auf Fahrt“ war und dabei immer mal wieder durch Geldern kam.[1]

[1] zu den Fahrten siehe u. a. Link zum Kreuzweg im St.-Clemens-Hospital in Geldern

Darüber hinaus wird Karl Leisner mit der Stadt Geldern die oben erwähnten Personen verbunden haben. Karl Kehren und Matthias Op de Hipt lernte er durch seine Mitgliedschaft in der Katholischen Wandervogelgruppe St. Werner und später durch seine Arbeit als Bezirks- und Diözesan­jungschar­führer kennen. Mit Karl Janssen trat er gleichzeitig in das Collegium Borromaeum in Münster ein, um Priester zu werden.

Durch die Jungschararbeit begegnete Karl Leisner auch dem Bezirksleiter Aloys Kempkes[1] aus Geldern und Gerhard Backes[2], der Bezirkssturmscharführer für den Bezirk Geldern war.

[1] Aloys Kempkes (* 22.5.1909 in Wan­kum, † 10.4.1984) – Bezirksleiter von Geldern 1934/ 1936 – Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausge­sagt.
[2] Gerhard (Gerd) Backes (* 6.11.1912 in Herongen, † 11.1.1961 in Kempen) – Herongen – 1935 Bezirkssturmscharführer für den Bezirk Geldern

Karl Leisner erwähnt Karl Kehren in seinen Tagebucheinträgen von der Westfalenfahrt 1928.

Telgte, Montag, 13. August 1928
Der Tag verlief wie gewöhnlich. Um 20.00 Uhr gings ins Zelt, da ein Nacht­kriegs­spiel geplant war. Um 24.00 Uhr nachts gings aus den Federn. Schnell wurden die Parteien gewählt. Ich war bei Karl Kehren. Wir waren die „ro­ten Ritter“, die andern die „weißen Ritter“. Wir waren die Lager­partei und mußten in unserm Lager ein kniehohes Lagerfeuer am Brennen halten. Karl Kehren hatte einen ganz raffinierten Platz dafür ausgesucht, nämlich mitten durch einen Tannenwald lief ein me­terhoher Graben und in diesem machten wir das Feuer. Auf diese Art konnte es sehr schlecht von den Feinden ent­deckt wer­den. Auch hatten wir ein Losungswort ausge­macht, an dem wir uns erken­nen konnten. Bis zum Ende des Spiels war noch kein Feind in unser Lager gelangt. – Ich hatte die Wache mit Alois [Albert] Kremer im Graben. – Ein­zelne Cle­ver und Bocholter Schwächlinge hatten anstatt gewacht, ge­schlafen. Sie wur­den aber von Dr. [Walter] Vinnenberg andauernd geweckt. – Wir hatten das Spiel ge­wonnen. Morgens standen wir um 8.00 Uhr auf.

Telgte, Mittwoch, 15. August 1928
Abends beim Feuer las Karl Kehren wie im­mer aus Löns’ „Wehrwolf“ vor.[1]

[1] Löns, Hermann: Der Wehrwolf. Eine Bauernchronik, Jena 1925

Karl Leisner lernt Matthias Op de Hipt in seiner Funktion als Referent des Jugendhauses in Düsseldorf kennen.

Kleve, Mittwoch, 12. Juli 1933
19.30 Uhr abends: Im Jungmännerheim Jungen­schaftsabend mit Mat­thias Op de Hipt. Glänzen­der Knoten [Kerl]. Er er­zählt vom neuen Deutschland, wir sollen den kleinlichen Kram vergessen und das Große, Gute sehen!

Kleve, Donnerstag, 13. Juli 1933
15.30 Uhr Jungscharstunde mit Matthias Op de Hipt.

Matthias Op de Hipt aus Geldern am 22. November 1974 an Wilhelm Haas in Kleve:
Altenberg war damals wie heute die Stätte, an der Jungführer für ihr Schaffen im katholischen Jugendreich geformt wurden. Dort war es wohl im Schatten des Mariendoms [Altenberger Dom], wo ich Karl Leisner zum ersten Mal sah. Viele Jungführer habe ich in den häufigen, meist eine Woche dauernden Kursen gesehen. Unter diesen ist er mir aufgefal­len als einer, der seine Aufgabe als Laienapostel tief ernst nahm, der Auge und Herz weit auf­machte für alles, was über das Schöne der Arbeit gesagt wurde und der nun auch sein festes „es geschehe!“ sprach, wenn das Schwere, wenn die kleinen Opfer gezeigt wurden. Zunächst schienen diese Opfer auch noch nicht sehr groß zu sein. Was ich noch ganz leb­haft in der Erinne­rung habe, war seine frische und frohe, seine natürliche Hal­tung. Der Kurs­leiter merkte sich, welche unter 50 bis 70 Teilnehmern wohl die wa­ren, auf die man bauen konnte. Karl gehörte dazu. Ganz sicher habe ich es auch damals weitergesagt, besonders seinen priester­li­chen Führern und Freunden.
In Kleve, in seinem Heimatstädtchen, und bei seiner Jugend habe ich ihn wiedergesehen. Die Kursleiter kamen häufig über Land und konnten dann den aktiven Jugendführern draußen helfen. Wie sehr er die Jugend, beson­ders die Jüngsten unter dem Christus-Banner lieb hatte und wie auch diese an ihm hingen, zeigte der Besuch in Kleve. Ich weiß auch noch gut, wie die Präsides und vor allem seine Mitarbeiter, die Jungfüh­rer anderer Gruppen, auf ihren Karl stolz waren und ihm nacheiferten. Auf den Jung­führertreffen, in den Konferenzen sprachen diese begei­sterten Jungmänner von unserem Karl, dem Jungscharfachmann, dem mit den Jungens alles gelang, auch noch alles gelang, als das öffentliche Zeigen der Ban­ner und des Christuszeichens nicht mehr erlaubt war. Sein Anse­hen war so gestie­gen, daß wir ihn in der Diözesanleitung von Münster nötig hatten, daß er dort in dem weiteren und größeren Raum seine liebe Jungschararbeit tun konnte. Es war nicht ein gelerntes päd­a­gogisches und psychologisches Fachkönnen, es war ein begnadetes Jung­führerle­ben, das den Wert katho­lischer Jugendarbeit kündete, die ihm die unein­geschränkte Anerkennung seiner Mitarbeiter und seiner Jungscha­ren einbrachte.

Kleve, Samstag, 15. Juli 1933
Um 17.00 Uhr im JM-Heim [Jungmännerheim] Beginn des Jungführer­wo­chenendkursus! Es sieht im Bezirk zum Teil recht mies aus. Die national­so­zialistische Erhebung hat viel Mor­sches weggefegt! Gut! Das sieht man aus den Berichten der „Delegierten“. – Zum Schluß spricht Matthias [Op de Hipt] zu uns über das Pontifikat Pius des XI., unseres großen Papstes (siehe Zeitungsabschnitt)
Um 19.30 Uhr Jungmannschaftsheimab­end. Fein und fröhlich!

Sonntag, 29. April 1934
Willi Leisner:
Um 6.00 Uhr stand ich auf. Nach der 7.00-Uhr-Messe fuhren wir [Karl und Willi] gegen 9.00 Uhr nach Goch, wo der Diözesanleiter Matthias Op de Hipt weilte. Mit ihm verlebten wir eine feine Heimstunde. Er sprach vom Jungmann im Leben. Um 12.30 Uhr fuhren wir dann à tempo nach Haus.

Matthias Op de Hipt aus Geldern am 22. November 1974 an Wilhelm Haas in Kleve:
Eines Zusammentreffens in Münster entsinne ich mich besonders. Ich war in Begleitung einer Mitarbeiterin der weiblichen Jugend. Wir trafen Karl Leisner. Damals hatte er sich für den Beruf als Priester entschieden. Wir sprachen über das Schaffen im katholischen Jugendreich, das immer mehr durch staatliche Anordnungen eingeschränkt wurde. Er wußte Auswege, um seinen Jungen das natürliche Recht auf eine Betreuung auch außerhalb der Kirche und der Sakristei zu verschaffen. Er kannte die Gefahr, die ihm von den Herrschern des Staates her entstehen konnte. Er wußte dies unnatürliche Gesetz zu umgehen, sich schützend vor seine Kerle zu stellen und nicht vom Weg der Wahrheit oder von der Wahrhaftigkeit abzugehen.

Im Juni 1934 nimmt Karl Leisner an einem Jungscharführerwochenende in Uedem teil und lernt Bezirksleiter Aloys Kempkes aus Geldern kennen, dem er in den nächsten Jahren in seiner Funktion als Diözesanjungscharführer immer wieder begegnet.

 Kleve, Sonntag, 29. Juli 1934
Ein paar Sturm­schärler aus dem Gelderner Bezirk sind mit dabei! – Dann ging’s bis 14.30 Uhr ein wenig an die frische Luft. – Dann hielt ich meinen – etwas kümmer­lichen – Vortrag über „Die Erziehung des Jungen zur Natur“. – Dann kam der Gelderner Bezirks­leiter Aloys Kempkes und sprach zu uns vom geraden, aufrechten katholischen Menschen in deut­schem Volk und von unserer Ver­antwortung, die wir Jung­führer vor uns selbst und vor den Jungen tragen. Gewaltige Pflich­ten und herr­liche Aufga­ben harren da unser: Nur aus der Kraft des lebendigen Brotes der heiligen Eucharistie heraus können wir den Jungens Führer, leuchtendes Vor­bild sein! Omnia omnibus – allen alles sein. – Aloys [Kemp­kes] sprach mit Wucht und Kraft. Er be­herrschte die Heilige Schrift gut und brachte prächtige Bilder!

Im Juli 1934 erwähnt Karl Leisner erstmalig Karl Janssen.

Münster, Mittwoch, 25. Juli 1934, Heiliger Jakobus
Sofort beim Aufstehen [Jakob Lomme] gratuliert![1] Bei der heiligen Kommu­nion für Jakob L. [Lomme] gebetet. Nach der heiligen Messe schnell raus die Girlanden aufge­hängt mit Karl Janssen zusammen.

[1] Jakob Lomme und Karl Leisner teilten sich ein Zimmer.

Kleve, Dienstag, 2. Oktober 1934
Karl Leisner als Diözesanjungscharführer an die Bezirksverbände:
Zuvor ein herzliches Grüß Gott allen Hochwürdigen Bezirkspräsides, Be­zirks­leitern und – soweit vorhanden – Bezirksjungscharführern! – Vor etwa vier Wochen hat unser Hochwürdiger P. [Heinrich] Horstmann [SJ] in Verbindung mit unse­rm Diözesanpräses [Heinrich Roth] und Diöze­san­leiter [Matthias Op de Hipt] mich zum Jung­scharführer unserer Diözese berufen. Gerade weilte ich im deutschen Schicksalsland an der Saar, als mich diese Kunde erreichte. Im Bewußtsein der schwe­ren Ver­antwortung, aber auch im Vertrauen auf Gottes große Gnaden­hilfe – Seine Werkzeuge sind wir ja! – trete ich nunmehr das schwere und doch so frohe Jung­führeramt an.

Auf der Rückseite des Entwurfs für den Jungscharbrief vom 8. Okto­ber 1934 befinden sich Notizen von Karl Leisner:

  1. Diözesanpräses [Heinrich Roth] besuchen!
  2. Zu Hause: Samstagabend [? 20.10.] zu Matthias [Op de Hipt]!

Matthias Op de Hipt aus Düsseldorf am 31. Januar 1935 an Karl Leisner in Münster:
Grüß Gott, mein lieber Karl!
Mit Freuden sage ich „Ja“ dazu, ins [Collegium] Borromaeum zu kom­men. Geht es aber zu irgendeiner Tagesstunde am Montag? Verstän­dige Dich darüber mit dem Bezirksleiter Franz Kösters. Am Sonntag soll ich nämlich auch zur Jungführerschaft von Münster sprechen. Samstag­abend muß ich mich nämlich ausschließlich den Bezirksleitern widmen, damit komme ich auch nur ganz selten zusammen. Sagen wir also am Montag oder auch Sonntag nach 17.00 Uhr. Sorge aber dafür, daß mir kein Bor­romaeer fehle. Vielleicht ist das der Anfang einer planmäßigen Arbeit mit den Theologen. – Sage, daß ich die Oldenburger besonders sprechen will wegen eines Termins.
Dein Matthias Op de Hipt

Münster, Samstag, 27. April 1935, Weißer Samstag
20.00 bis 21.00 Uhr St. Georgsfeierstunde[1]. St. Georg, der standhafte christli­che Held und Martyrer. Zeitgemäß, weltbesiegend! Er, der Kappado­zier, der große Martyrer, wie ihn die Griechen nennen, heute nach 1500 Jah­ren Vorbild, Sinnbild, Held, Kraft gebende Standhaftigkeit. Er lebte als Held und nur so konnte er als Held sterben! Günther Oslislo sprach die Worte des Präses [? Diözesanpräses Heinrich Roth] – tiefgrei­fend. Vorher hatte Karl Janssen die Sage und sein Leben fein erzählt und gedeutet.

[1] Das Fest des hl. Georg war am 23.4.

Münster, Samstag, 1. Juni 1935
Nach 14.00 bis 15.00 Uhr Sport mit Karl Janssen „Medi[zin]ball“ und Speer.

Münster, Montag, 3. Juni 1935
abends
Deo gratias! Gottes Dank für den herrlichen Tag. Das Aufstehen eine halbe Stunde verpennt! Karl Janssen geweckt – froh und munter – dann Karten geschrieben den ganzen Morgen. […]
Karl J. [Janssen] erzählt vom Disput mit Chef [Direktor Franz Schmäing] über „Junge Kir­che“.

1935 lernt Karl Leisner in Altenberg bei einem Besuch des Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschland, Ludwig Wolker, den Bezirkssturmscharführer Gerd Backes aus dem Bezirk Geldern kennen.

Kleve/Altenberg, Samstag, 19. bis Sonntag, 20. Oktober 1935
Am 19./20.10. waren wir mit der Diözesanführerschaft bei unserm „Gene­ral“ Msgr. Wolker. 75 Kerle aus fast allen Bezirken! 12 Bezirksjung­schar­führer mit dabei. – Wolker gab uns großen, neuen Blick in die Zeit, in unser Jugendreich, für die Wegbereitung Christi hinein in unsere Zeit für unser deutsches Volk. Er packte uns in tiefster Seele, riß uns heraus aus aller Kleinheit und allem Ich-Götzenkult zu den Höhen Gottes.
[…] Nach­mittags Aussprache – Kaffee und noch ein kleiner Spaziergang mit Gerd Backes – Herongen (Bez.St.Sch.f. [Bezirkssturmscharführer] – Geldern) Josef Tenhaef – Kevelaer
(B.JS.f. [Bezirksjungscharführer]) und Willi, und schon ist der feine Tag zu Ende – und doch was war es großartig. […]
Nachts 1.30 Uhr kamen wir über Krefeld – Geldern – zurück.

Matthias Op de Hipt aus Regensburg am 22. Dezember 1935 an Karl Leisner in Kleve:
Frohes Grüß Gott lieber Karl!
Gruß Dir aus dem Bayernland. Gnade vom Herrn zur Heiligen Weihnacht. Möchten wir alle doch würdig befunden werden, der Gnadengeheimnisse des Weihnachtsfestes in reicher Fülle teilhaftig zu werden.
Dein Matthias Op de Hipt

Zum Jahreswechsel 1935/1936 finden in Paesmühle Exerzitien für Duisburger Jungen statt, die Karl Leisner mit begleitet. In der Nacht bricht er zu einem Führerkurs in Schloss Raesfeld auf.

Paesmühle, Mittwoch, 1. Januar 1936
3.20 Uhr draußen. Abschied von Willi Weiler. Stilles Gebet aus dem wachen Herzen unter Sternen, die stille leuchten. Ich sing’ mit ihren Sphärenhar­monien.
Alle Angst futsch – frisch los: Straelen – Pont – Geldern – Issum. (Ich denke an Matthias [Op de Hipt[1]] und Kaplan [Wilhelm] Bosch[2] und alle Jungen, an die ganze [Jugend-]Bewegung).

[1] Matthias Op de Hipt verbrachte seine Jugendjahre in Issum am Niederrhein.
[2] Wilhelm Bosch war von 1935 bis 1938 Kaplan in Issum.

Münster, Sonntag, 19. Januar 1936
Morgens feines Choralamt. 9.15 bis 10.30 Uhr tolle Singe­stunde mit Karl Janssen am Klavier.

Münster, Montag, 3. Februar 1936
Nachmittags mit August Niebrügge raus. ‘s war fein. Ich staune. Mit Karl J. [Janssen] auf seiner Bude disputiert und Klarheit schaffen über die vergan­gene Jugendarbeit im Bau. Abends Vortrag von [Studentenpfarrer] Werner Becker! DP [Diöze­sanpräses Heinrich Roth] und Matthias [Op de Hipt] da!
Erlebnis im Audi-Max!

Münster, Dienstag, 4. Februar 1936
Abends spricht „der DP“ (Diözesanpräses [Heinrich] Roth) in der Aula [des Colle­gium Borromaeum]. Mittags waren wir mit Matthias [Op de Hipt] auf [Wilhelm] Koppers Bude zusammen.

Münster, Sonntag, 9. Februar 1936
Am Sonntag (9.) mit Karl J. [? Janssen] raus.

Münster, Dienstag, 25. Februar 1936
Morgens bei der heiligen Feier [Eucharistiefeier] denke ich an unsern lieben DL [Diözesan­leiter Matthias Op de Hipt] und bitte Gott, er möge seine Hand über ihn halten.

Kleve, Mittwoch, 26. Februar 1936, Aschermittwoch
Abschied vom St. Josefskonvikt [in Rheinberg], guter Kaffee bei den Ver­wand­ten [von Theo Kuypers]; dann weiter nach Düssel­dorf, wo wir Cle­mens Witte, Matthias [Op de Hipt] und andre liebe Kame­raden des Jugend­hauses treffen. Gut gespeist als Gäste von Matthias. – Nachher mit Clewi [Clemens Witte] allerlei über unsre Schar gesprochen.

Düsseldorf, Donnerstag, 27. Februar 1936
Morgens bei Clewi [Clemens Witte], Walter Straub und Matthias [Op de Hipt].

Dortmund, Freitag, 28. Februar 1936
Werde heute mündig. 21 [Jahre]! Voll Jubel und Kraft werd’ ich mir dessen bewußt.
A tempo bis Krefeld-Hauptbahnhof. Dort Matthias [Op de Hipt], Franz Klein („Junior­chef“ des „+ Michael[1]“), BL [Bezirks­lei­ter] von Hamborn Franz Ommer und BL von Geldern Aloys Kempkes getroffen.

[1] Die Zeitschrift Michael war am 11.1.1936 verboten worden.

Donnerstag, 10. Dezember 1936
Karl Leisner aus Freiburg/Br. an Walter Vinnenberg[1] in Münster:
Grüß Gott, lieber Walter!
[…] Wenn ich Dich auf eins aufmerk­sam machen darf: Karl Janssen – (Geldern) (alter Quick­borner) wird sicher, wie im Vorjahr, die prächtigen Holzschnittkarten zu Weihnachten vom Ver­lag Gorissen (Waldniel) verkaufen. Sie sind sehr billig (5 Pfennig pro Stück) und künstlerisch wertvoll. Leicht kannst Du ihn Dir im „Kasten“ mal „auf­gabeln“. Allerdings eilt die Bestellung wohl bis Mo­natsmitte, vermute ich. – Das nebenbei.

Münster, Montag, 18. April 1938, Ostermontag
Um 16.20 Uhr bei Hans Dolff und seiner lieben jungen Frau [Cläre] zu einem net­ten Osterkaffee. – Kritik: Bei der Begrüßung Frau Dolff nicht gleich frohe Ostern gewünscht und Heini Thbg. [Tenhumberg] nicht vorge­stellt. […]
Schön wurde es dann, als wir zur Klampfe Lieder sangen. Das feinste war „Rosenstock, Holderblüh’“ mit den feinen „Freiübungen“ dazu, die uns Matthias Op de Hipt mal gelehrt hat. – Wir merkten gar nicht, wie die Zeit vorbeistrich. – Es war wirklich fein.

Empfang der Ostiarier- und Lektorenweihe durch Bischof Clemens August Graf von Galen in der Kapelle des Priesterseminars in Münster am 1. Juli 1938. Karl Leisner hält Rückblick auf die Führung Gottes in seinem Leben.

Münster, Freitag, 1. Juli 1938
Aber ich muß Deine Füh­rung anerkennen. Wie unbegreiflich führtest Du mich in mannigfaltiger, einziger Führung. […]
Ich schaffte und schuf die Jungschar Kleve-Oberstadt mit einem inneren Schwung und Erfolg sondergleichen. Das Studium wurde so neben­bei geschmissen. Apostolische Kraft sprang auf, eine Aktionskraft und – vielleicht, ja sicher war vieles jugendlicher Betätigungs­drang. Aber das war das Entscheidende daran: Es führte mich zum euchari­stischen Heiland. Die erschütternden stillen Stunden am Morgen in der Stiftskirche [in Kleve]. Satan und Christus rangen in mir. Immer wieder zog mich der Trieb nach unten, aber immer wieder kam dann der Herr und riß mich nach oben in Sein Licht. – Matthias [Op de Hipt] kam einmal, ein ander Mal DP [Diözesan­präses Heinrich] Roth, damals noch als Mitglied des Reichsvor­standes [des KJMVD]. Die Gedanken des Grundgesetzes [des KJMVD] rangen in mir nach dem inneren Sieg. Der äußere Kampf an der Schulfront war klotzig.

Am 1.6.1944 stirbt Karl Janssen an den Folgen von Durchschüssen in einem Lazarett in Geldern.

amstag, 26. August 1944
Karl Leisner aus Dachau, Block 26/3, an seine Familie in Kleve:
Jupp Brink schrieb aus dem Osten. Karl Janssen – Geldern, Hans Vossel­mann, Bruno Wi­storf und Willi[bald] Morthorst gefallen.

Samstag, 14. Oktober 1944
Karl Leisner aus Dachau, Block 26/3, an Heinrich Tenhumberg[2]:
Aber der gute rheini­sche Humor verläßt mich nie. Ich bin trotzdem immer wieder „oben auf“. Auch ich las Alfons Müllers[, gefallen am 30.5.1944,] und Karl Janssens Nach­rufe. Habe mich daran gestärkt. Welch präch­tige Men­schen haben wir doch unter uns.

[1] Prälat Dr. phil. Walter Vinnenberg (* 8.6.1901 in Lippstadt, † 1.12.1984 in Bocholt) – Priesterweihe 27.2.1926 in Münster – Kaplan in Kleve St. Mariä Himmelfahrt u. Religionslehrer am Gymnasium in Kleve in allen Klassen v. 1.4.1926 bis Pfingsten 1929 – Außerdem unterrichtete er Hebräisch und Sport und leitete eine religions­philosophische Arbeitsgemeinschaft. Er gewann Karl Leisner für die Jugendarbeit und gab den Anstoß zur Gruppenbildung. Mit den Jungen unternahm er zahlreiche Fahrten auch noch nach seiner Tätigkeit in Kleve
[2] Bischof Heinrich (Heini) Tenhumberg (* 4.6.1915 in Lünten, † 16.9.1979) – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Karl Leisners Schön­stattgruppen­führer im Collegium Borromaeum in Münster – Priesterweihe 23.9.1939 in Münster – Mi­litärdienst als Sanitäter (1943 in Stralsund) u. englische Kriegsgefangenschaft 1942–1945 – Vikar in Frecken­horst 1945–1947 – Dom­vikar 1947 – Domkapitular 1954 – Bi­schofs­weihe zum Weihbischof für das Bistum Münster 20.7.1958 – Bi­schof von Mün­ster 7.7.1969 bis 16.9.1979

Impressionen zur Karl-Leisner-Straße in Geldern

Geldern Karl-Leisner-Straße 2Geldern Karl-Leisner-Straße 3

Geldern Karl-Leisner-Straße 5Geldern Karl-Leisner-Straße 6

Geldern Karl-Leisner-Straße 7

Text und Fotos Christa Bockholt

Link zum Kreuzweg im St.-Clemens-Hospital in Geldern