Hans Werners und Karl Leisner

 

 

Artikel von Hans-Karl Seeger

 

 

 

 

Wie sich die Schicksale dieser beiden Menschen in den Jahren 1933 und 1934 ähneln. Beide haben damals Vergleichbares erlebt, bevor sie ihr Abitur und die Hochschulreife bekamen. Im Mai 1934 mit Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster zum Theologiestudium lernten sie sich kennen.

Hans Werners

1. Generation:
Eheleute Johannes Werners (Rektor) u. Josefine Werners, geb. Gertsschmidt
2. Generation:
2a. Dr. theol. h. c. Johannes (Hans) Werners (* 6.9.1914 in Recklinghausen, † 24.2.1995) – Abitur am Gymnasium Petrinum in Recklinghausen – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Mün­ster 1.5.1934 – Außen­semester 1936/1937 in Freiburg/Br. – Priesterweihe 23.9.1939 in Münster – nach der Weihe Vikar in Heuweiler bei Freiburg/Br. – Heeresdienst – rus­si­sche Kriegsge­fangenschaft bis 1949 – Studenten­pfar­rer an der West­fälischen Wilhelms-Univer­sität Münster 1956–1975 – Akademikerseelsorger des Bistums Münster 1968 – Grün­dungs­mit­glied des Frecken­horster Kreises 1969 – Pfarrer in Münster-Angelmodde St. Agatha 1975–1989 – Ehrendoktor der Westfälischen Wilhelms-Universität Mün­ster 1979 – Pfarrer em. in Münster-Nienberge St. Se­ba­stian 1989 – wesentliche Beteiligung an der „Ge­mein­samen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland“ in Würzburg 1971–1975 – Im Selig­sprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.
2b. Tochter – 1937 wohnhaft in Münster

Ihre Freisemester verlebten beide in Freiburg. Dort wohnte Karl Leisner bei Familie Ruby und Hans Werners bei Familie Fischer, wo sich auch Karl Leisner häufig aufhielt. Dr. med. Thomas Fischer schickte mir folgenden Artikel, den er beim Aufräumen gefunden hatte. Er stammt aus  dem Buch

„Der Unterricht ging pünktlich weiter“: Zur Geschichte des Gymnasium Petrinum in Recklinghausen in der Zeit von 1933-1945

Klartext Verlag, 2016
ISBN-10 ‏ : ‎ 3837515877
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3837515879

 

Werners

Am 8. Juni 2021 stellte Dr. med. Thomas Fischer den Artikel von Hans Werners zur Verfügung.

Die Jahre 1933 bis 1934 bei Hans Werners und Karl Leisner

Hans Werners im Gymnasium Petrinum in Recklinghausen und Karl Leisner im Staatlichen Gymnasium in Kleve erlebten in den letzten Jahren ihrer Schulzeit 1933 und 1934 vor dem Abitur und der Hochschulreife Ähnliches in bezug auf den Nationalsozialismus. Nachfolgend einige Beispiele.

Hans Werners:
Der einzige, der sich gezielt politisch in der Öffentlichkeit profiliert hatte, war wohl der damalige Direktor, der seit einigen Jahren Vorsitzender der Zentrumspartei in Recklinghausen bis zu ihrer Auflösung war; aber das drückte sich in seinem Unterricht in keiner Weise aus. […] Der Direktor selber war in seiner Stellung gefährdet (wenige Monate nach unserem Abitur wurde er seiner Stellung enthoben und ins Sauerland versetzt).

Karl Leisner:
Prof. Dr. Karl Hofacker, genannt Zeus, (* 6.10.1877 in Straelen, † 23.7.1959) – Heirat 24.8.1910 – Lehrer für alte Sprachen u. Geschichte – Oberstudiendirektor u. Leiter des Gymnasiums in Kleve 1930–1934 – Entlassung durch die Nationalsozialisten 1.7.1934 – sechs Mona­te später Zwangspensionierung – Obwohl er zu Karl Leis­ners Abitur als Direk­tor be­reits abgesetzt war, bat ihn die gesamte Klasse zu einem Abiturfoto (untere Reihe 3. v. l.).

Hans Werners:
Soweit ich mich erinnere, waren höchstens zwei Schüler in unserer Klasse (es gab noch eine Parallelklasse, in der die Situation ähnlich war) nationalistisch orientiert, etwa im Sinne der Stahlhelm-Idee und der deutschnationalen Volkspartei.

Karl Leisner:
Reinshagen, Sonntag, 14. Januar 1934, 3. Tag [Tgb. 12, 4f.]
Die Führer der HJ Kleve [zwei Schüler aus Karl Leisners Klasse] stehn schon um 5.15 Uhr auf, um zeitig zum Füh­rertreffen der HJ in Düsseldorf zu gelangen.

Klaus Riße aus Kleve am 8. November 1996 an Heinz Junge in Dortmund:
Zu Karl Leisners neusprachlicher Parallelklasse gehörte außer zwei jun­gen Nazis, die wesentlich auch für die Bücherverbrennung [am 18.5.1933] auf dem Schulhof verantwortlich sind, auch der Kommunist Hans Gerats, der als Unterprimaner nach dem Reichstagsbrand unter­tau­chen mußte, nachdem er einen heimlichen Hinweis bekommen hatte, daß er von den Nazis ver­haf­tet werden sollte.

Vater Wilhelm Leisner nach 1945 in einem Vortrag bei Jung-KKVlern:
Anfang Mai 1933 wurden auf dem Schulhof des Gymnasiums unter Füh­rung eines Primaners alle Bücher verbrannt, die nicht mehr zum Dritten Reich paßten. Mit erhobenem Arm stand sogar der katholische Reli­gi­ons­lehrer [Bernhard Peters] dabei.[1] Nur fünf Unterprimaner [Ober­primaner] – darunter mein Sohn Karl – hoben den Arm nicht, und wenn ich mich nicht irre, auch Dr. [Heinrich] Schönzeler [Lehrer von Karl Leisner] nicht.
[1] Hermann Ringsdorff [Klassenkamerad von Karl Leisner] hat über die Vorladung der Schüler mit Dr. Bernhard Peters [Priester und Religionslehrer von Karl Leisner] gesprochen. Dieser sagte ihm, er habe vom Bischof von Münster [Clemens August Graf von Galen] die Anweisung be­kommen sich zurückzuhalten, um an der Schule bleiben zu können, daher habe er die Schüler nicht in Schutz genommen.
Zwischen dem 5.1.1933 und dem 28.10.1933 hatte das Bistum Münster allerdings keinen Bischof.

Hans Werners:
Es erhob sich die bange Frage: Wird Hitler die radikalen Aussagen in seinen Reden und in seinem Buch „Mein Kampf“ realisieren, oder wird er sich einfügen in das vorgegebene politische Muster?

Karl Leisner:
Bereits 1933 beschäftigte sich Karl Leisner mit dem „Kampfbuch“. Er schrieb am 18. Oktober 1933 an Walter Vinnenberg:

Lieber Walter!
[…]
In der Schule lesen wir Hitlers „Mein Kampf“[1], das mir – abgesehen von einigen komischen Sachen – gut ge­fällt. Aber, was läßt sich davon durchführen? Und nachher kann man gut über die Fehler anderer als „geistig überlegener“ schimpfen. Wenn heute alles nach dem Buch ging, dann wär’s wenigstens erträglich. (Den zweiten Teil hab’ ich allerdings noch nicht gelesen.) – Was hältst Du übri­gens von der ganzen außenpolitischen Sachlage? Wie meinst Du, soll man den Stimmzet­tel [zur Reichstagswahl am 12.11.1933 ignorieren] oder muß man ihn ankreiden? – Ich will doch mal Jacques [Gilbert], von dem ich gerade einen feinen Brief und – meinen ver­bessert zurück – bekam, fragen, was das Aus­land und er davon hält.[2] Der Jacques ist ein Prachtkerl; das tut mir verflixt nicht leid, daß wir den mitge­nommen oder besser – daß er mit uns gekommen ist.
[1] Hitler, Adolf: Mein Kampf. München Bd. I. 1925, Bd. II. 1927. 1933 war die 45. Auflage erschienen. Der Jungführer 1934: 225 brachte Lesehilfen: Hitlers Mein Kampf und das Christentum.
Hermann Ringsdorff an Hans-Karl Seeger:
Wir haben „Mein Kampf“ nicht in der Schule gelesen. Karl Leisner hat das für sich getan, um in der Schule gerüstet zu sein. Das paßt zu seiner Art.
[2] Jacques Gilbert war ein belgischer Freund von Karl Leisner. Auf Einladung von Walter Vin­nenberg nahm er an der Baltrumfahrt 1933 teil. Drei Tage verbrachte er während der Flandernfahrt 1935 mit der Gruppe und führte sie durch Brüssel.

Auf einem undatierten Zettel hat Karl Leisner notiert:
Zu lesen: Geschichte!
Adolf Hitler, Mein Kampf.

Aktennotiz vom 25.2.1959 von Heinrich Tenhum­berg in Münster für Josef Brink in Münster:
Lieber Josef!
Soeben schreibt mir Heinrich Enneking: „[…] Ge­stern haben wir unsern guten Pastor [Joseph Grote] von Rüschen­dorf [bei Damme] zu Grabe ge­tragen. Ich mußte noch an seine Marienpre­digt denken, die er vor vielen Jahren aus Hitler: Mein Kampf gehalten, wobei Karl Leis­ner noch herzlich gelacht hat. Die können oben jetzt ihre Gespräche fort­setzen.“

Elisabeth Haas, geb. Leisner, aus Kleve am 7.1.2010 an Hans-Karl Seeger:
Als Hitler in Deutschland an die Macht gekommen war, führten Vater, Tante Maria – seine Schwester – und Karl viele intensive Gespräche miteinander, wie sie sich zum Nationalsozialismus verhalten sollten.
Da Karl Hitlers Buch „Mein Kampf“ gelesen und sich mit [Karl] Marx und [Wladimir Iljitsch] Lenin auseinandergesetzt hatte, konnte er Vater und dessen Schwester ganz eindeutig Richtung weisen.

Tagebuch:
Münster, Samstag, 23. Juni 1934
Vormittags: Vigilmesse: Buße und Vorfreude. Sine C. [ohne Kommunion] – Von 8.00 bis 10.00 Uhr Exerzieren mit Reibereien übler Art (National­sozialis­mus – Katho­lizis­mus). Einige von uns hatten sich auch wirklich dämlich benom­men.
Um 11.00 Uhr erste Fachschaftssitzung. Stürmisch! Professor [Anton] Baum­stark wird scharrend empfangen. – Der „Führer“ ein oberschlesi­scher Theologe: Schmollertz verteidigt ihn. Professor [Joseph] Schmid­lin meint, er sei damit ge­meint und ruft: Ich melde mich zur Geschäftsord­nung. Klat­schen, Trampeln, Bravorufe – Auflösung der Versammlung! – Mißverständ­nis! – Erneute Eröff­nung! – Dann beginnt Professor [Franz] Täsch­ner, der Gau­füh­rer der AKD (Ar­beitsgemeinschaft katholischer Deut­scher). Er geißelt die Verbindung Zen­trum – SPD und lobpreist das Dritte Reich und seine grund­­sätzlich gute Einstel­lung zum Katholizismus. Etwas Wahres ist ja dran, was er mit dem Satze „gratia supponit naturam“ [die Gnade setzt die Natur vor­aus] ausdeutet. Auch das heikle Thema Weltanschauung und Glaube tut er mit professoralen Theorien ab, die wohl wahr sein könn­ten, es aber prak­tisch heute nicht sind! – Wer das Gedankengut des NS kennenlernen wolle, solle Hitlers Werk [Mein Kampf] und Reden studieren. Er allein sei maßgebend – (Schmidlin ruft da­zwischen: und [Alfred] Ro­senberg! – Bei­fall!)[2]. – Zum Schluß spricht dann Profe­ssor [Egon] Schneider und meistert als Jurist ganz glänzend die Lage. – Schmol­lertz’ Einladungen be­mäkelt er vortrefflich und stellt das anfängliche Mißver­ständnis klar und – als Schm. [Schmollertz oder Schmid­lin] aufsteht, um das Schlußwort zu sprechen, sagt er: Im Auftrag des Herrn Schm. darf ich also hiermit die Versamm­lung schließen. Prächtig! Beifall!

Hans Werners:
Der „Deutsche Gruß“ wurde verpflichtend eingeführt, Lehrer und Schüler haben sich ihm nicht verweigert.

Karl Leisner:
Kleve, Dienstag, 2. Mai 1933 [Tgb. 8, 1f.]
Tag des Schulbeginns![1] 8.00 Uhr Hitlergeburtstagsnachfeier.[2] Loyale, gute Rede von „Zeus“ [Dr. Karl Hofacker]. Beispiel an Hitlers Willens­kraft, Arbeitswillen etc. Nur ärgerte mich, daß dieser alte Bierphili­ster [Spieß­­bürger] so hit­ler­ranerisch sprach. Beim Horst-Wessel-Lied [Die Fah­ne hoch] alles die „Flos­sen“ hoch [zum Hitlergruß]. Vom Chor nur Jupp [Gerlings], Her­mann [Mies] und ich nicht! „Die Hände hoch!“ beim Deutsch­landlied finde ich direkt ge­schmacklos. Als ob denn D. [Deutscher] gleich Nazi wäre! Nein!
[1] Es ist nicht klar, was mit „Schulbeginn“ gemeint ist. Die Osterferien waren bereits am 21.4. zu Ende.
[2] Adolf Hitlers Geburtstag am 20.4. fiel 1933 in die Osterferien.

Hans-Werners:
Durch eine sogenannte „Hochschulreife“ wollte man den Zugang zum Studium drosseln. Nach dem Abitur warteten wir bis wenige Tage vor Beginn des Sommersemesters 1934 auf die Mitteilung, ob wir die Hochschulreife, die von einer Instanz in Münster ausgesprochen wurde, erhielten. […] Ich konnte mein Studium trotzdem beginnen, weil der damalige Bischof Clemens August von Galen Abiturienten auch ohne Hochschulreife ins Collegium Borromäum aufnahm, während der andere Schüler sein Studium im Germanicum in Rom begann. Eine gesonderte Erteilung der Hochschulreife hat nur 1934 stattgefunden.

Karl Leisner:
[Kladde: 15f.]
Bis zum 24.3.1934
Herrn Direktor Dr. [Robert] Melcher, Münster, Collegium Borromaeum, Domplatz 8/9.
Auch Abiturienten ohne Hochschulreifezeugnis.
Jeder Bewerber muß daher, sobald ihm die Entscheidung über seine Zulas­sung zum Universitätsstudium zugestellt wird, unverzüglich zu seinen schon eingereichten Papieren auch noch diese Entscheidung einreichen in Origi­nal oder beglaubigter Abschrift.

[Tgb. 16, 4]
Ja und dann ging’s zur Uni [Westfälischen Wilhelms-Universität] nach Mün­ster. Zunächst war Absage vom Colle­gium Borromaeum gekommen. Ich hatte mich schon für den Arbeits­dienst gemeldet, war untersucht und bereit, über­morgen ins Lager Fried­richsfeld abzureisen[2], da kommt von Münster der bischöfliche Bescheid, sofort kommen, wenn Hochschulreife erhalten – und schon war ich stud. theol. Zu Beginn, am Start zum großen Lebensziel, das ich mir in manch harter, banger, stiller und ernster Stunde mit meinem Hei­land allein – lang­sam und still keimend und wachsend vom Wunsch zur Tat – vorgenommen habe. Und es kam noch so viel Leben, Wachsen, Fallen und Wiederaufstehn, soviel Freude und Wonne, soviel Sonne und Licht – ach, ich bin ganz über­voll davon – ich kann Ihm, dem All­gütigen nur sagen: Dank Dir und Preis für all Deine gütige Führung und Schenkung.

Münster, Dienstag, 12. Juni 1934
[Tgb. 13, 57f.]
Heute früh zum Sekretariat [der Universität am Rosenhof]. Dort festgestellt, daß mein Hochschulreifezeug­nis noch nicht da [ist] (am 8.6.[1934] schon war’s beantragt![2]). – Ich hoffe, daß keine „Hinterlist“ von irgendeiner Seite [da]hintersteckt!

[Tgb. 13, 63]
Brief:
Der Oberpräsident der Rheinprovinz Koblenz, den 14. Juni 1934
– Abtlg. höh. Schulwesen –
I Nr. 8410
Auf Ihre Eingabe vom 12. ds. Mts.
Über die Zuerkennung der Hochschul­reife steht für Sie noch die Ent­schei­dung des Herrn Ministers aus.
Im Auftrage
gez. Dr. Langenhorst
Beglaubigt: Henkel
Reg.-Kzl.-Assi­stent
An Herrn Karl Leisner

[Tgb. 13, 89]
Ein „geschichtliches Dokument“.

War die „Geit“ [Wilhelm Verleger] mit im „Spiel“?
Nette Sache! – Na, denk’ ich, der Herrgott hat bis jetzt geholfen. Er hilft auch weiter! Ich bete auf der Kapelle. Nach der feinen Choralstunde bei D. [Dom­vikar Hubert] Leiwering über die Entstehung des Chorals und des No­ten­systems gehe ich zum Herrn Direktor [Franz Schmäing] in hac causa [bezüg­lich der Zuerkennung der Hochschulreife]. – „Na – ich bliebe jedenfalls auf­genommen und be­käme die Auf­nahme durch den Bischof, falls es nicht an­ders sei.“ „Gott, erbarme Dich derer, die mir Übles wollen!“ Abends bei Jupp Ratte „Katholische Korrespondenz“ studiert!

* * * *

Hans Werners

Außensemester/Freisemester im Hause Fischer:
Witwe Fischer lebte mit ihren 4 Kindern in Freiburg/Br., Emil Göttstr. 7. Ihre Kinder waren oft bei Familie Joseph Ruby zum Spielen und Schulaufgaben machen. Ein Sohn von Fami­lie Fischer, Willi, wollte Priester werden und war als Student in Knechtsteden bei den Steyler Missionaren. Frau Fischer trat, als ihre Kinder erwachsen waren, in einen Orden ein. Auch Karl Leisners Kursgenossen Hans Werners und Wilhelm Jansen wohnten als Studenten bei Familie Fischer, ebenso Josef Vienenkötter.

Freckenhorster Kreis
Gründung unter maßgeblicher Beteiligung von Johan­nes Werners in Freckenhorst (Kreis Warendorf) April 1969 – zwecks theologischer Profilstärkung gegenüber dem Bistum Münster u. dem Vatikan zunächst nur Mitarbeit für Priester – Öffnung des Kreises für Laien 1975 – seitdem neben aktuellen Projekten u. a. in Brasilien, Nepal u. der Ukraine un­ermüdlicher Einsatz für Modernisierung u. Demokratisierung in der Katholischen Kirche

* * * * *

Erwähnung von Hans Werners im erhaltenen schriftlichen Nachlaß von Karl Leisner

Georgsdorf (im Arbeitsdienst), Sonntag, 20. Juni 1937 [Tgb. 21, 56f.]
[…]
Lesen ([Michael] Pfliegler [„Vor der Ent­schei­dung“]) und Eng­lisch. Noch Brief an Hans Werners. – Ru­hig um 21.45 Uhr in die Falle nach schönem Spa­zier­gang.

Münster, Montag, 8. November 1937 [Tgb. 22, 27]
Gestern [8.11.1937] feines Coll. [colloquium] mit Hans W. de fam. [familia] R. [Gespräch mit Hans Werners über Familie Joseph Ruby] – Sehr tiefer Blick: Das innere Familienleben fehlt! – Und doch außergewöhnliche pracht­­­­volle Menschen!

Münster, Montag, 6. Dezember 1937 [Tgb. 22, 61–63]
Gestern zweimal Nikolaus gespielt. In der Familie, wo die Schwester von Hans Werners wohnt. (Behütgott[1]). Brille beschlug unter der Maske. Ver­wirrt. So den Werner (15½ [Jahre]) etwas in der Verwirrung nicht feinfüh­lig genug angepackt. – Sonst wurde es denn. Nachher kurz mit Hans und seiner Schwester oben gesessen und geplaudert, sowie „e wäng“ [ein wenig] Niko­laussachen geknabbert. War nett.
[1] vermutlich der Name des Hauses der erwähnten Familie

Karl Leisner aus Münster am 12. Februar 1938 an Bernhard Ruby in Back­nang:
Lieber Bernhard!
[…]
Von Hans Werners soll ich Dir bestellen (er sagte das ein klein wenig ärger­lich): er habe Deine Exmatrikel hier nach mancherlei Müh’ erledigt.[5] – Ich rücke den Kerlen gleich noch auf den Bau. Jeder soll Dir seinen eigen­händi­gen Wilhelm drunter setzen.[6]
Dein Karl
Viel Gutes und Kraft bis zum Ende
Hans W. [Werners]
Wir sind hier fast bei lebendigem Leib begraben. Wie bist Du zu benei­den!
[5] Laut Bernhard Rubys jüngster Schwester Maria Becker-Flügel war ihr Bruder zwei Semester in Münster, und zwar im Sommersemester 1937 und Winter­seme­ster 1937/1938. Da währenddessen seine Zeit im RAD begann, war er vermutlich im Wintersemester 1937/1938 noch nicht exmatrikuliert.
[6] „Seinen Friedrich Wilhelm unter etwas setzen“ bedeutet etwas persönlich unter­schreiben.
Die Redensart wird vor allem dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688–1740) zuge­schrieben. Im Gegensatz zu anderen Regenten, die meist mit ihren zum Teil künstlerisch gestalteten Initialen unterzeichneten, schrieb er seinen Namen voll­ständig und sehr leserlich aus.
Vom 17. bis 19. Jh. gab es im deutschsprachigen Raum zahlreiche Regen­­ten mit dem Namen Friedrich Wilhelm. Während die Untertanen nur selten lesen oder schreiben konnten, entwickelte sich die Unterzeichnung von Urkunden und Ver­trägen mit diesem Namenszug zum Synonym für das Wort Unter­schrift.

Münster, Montag, 18. April 1938, Ostermontag [Tgb. 23, 54–58]
Eine feine Unterhaltung nach Tisch noch mit Sepp Kreuzer (Freiburger ND-Theologe), Hans W. [Werners], Hans Vossel- [Vosselmann] und Heini Thbg. über die Situation der Kirche, Liturgie, Wortver­kündigung, Ge­meinde­bil­dung, Aufnehmen der uralten Tradition, Über­tragen in deutsches Form- und Sprachgewand. – Ich spüre mein mangelhaftes Wissen in all den Din­gen.

Donnerstag, 17. November 1938
Karl Leisner aus Münster (Priesterseminar) an Elisabeth Ruby in Frei­burg/ Br.:
PS Von Hans Werners, Willi Fasbender und den anderen soll ich herzlich glückwün­schen und grüßen. Wann feiert Gertrud [Ruby] eigentlich, im November oder März?[1]
[1] Am 17.11. wird die hl. Gertrud von Helfta und am 17.3. die hl. Gertrud von Nivelles gefeiert.

Münster, Donnerstag, 5. Januar 1939
[Tgb. 28, 7]
Geduld erreicht alles!
15.00 Uhr Ceroferar mit Hans Werners in der Pontifikalvesper.[1]
[Tgb. 26, 34]
Gottes Hochzeitsfest mit der Erde: Christus als Göttlicher Bräutigam Seiner Kirche.
In der ersten Vesper [zum Fest der Erscheinung des Herrn] diene ich mit Hans Werners am Altar als Wachsträger (Ceroferarius). Der Hochwürdigste Herr Weihbischof [Heinrich Roleff] fei­ert sie, der Hochwürdigste Herr Bischof [Clemens August Graf von Ga­len] assistiert.[2] – Es ist „General­probe“ für morgen. Manches geht daneben.
Ruhe, Würde, Schwung im Schreiten und Tun und echte ungekün­stelte Natür­lichkeit, Schlichtheit, Demut und Ehrfurcht gehn dir noch ab beim heili­gen Dienst.
Zugleich selbstverständlicher und ehrfürchtiger: das ist wahrer Dienst!
[1] Kerzenträger in der ersten Vesper zum Fest der Erscheinung des Herrn am 6.1.
[2] s. Glossar: Pontifikalassistenz

Karl Leisner als Tbc-Kranker

Hans Werners:
Wegen der Ansteckungsgefahr musste der ganze Flur [im Priestersemi­nar in Münster], in dem er [Karl Leisner] gewohnt hatte, desinfiziert werden.[1]
[1] Seligsprechungsprozeß: 781

Freiburg/Br., Freitag, 1. Dezember 1939 im Freiburger Gefängnis [Missale]
[…]
WH fr. j. [? Hans Werners fragt jetzt] nach.[1]
[1] Hans Werners aus Münster am 1.12.1976 an Heinrich Kleinen in Uedem:
Es stimmt, daß ich damals in Freiburg/Br. war, als Karl Leisner angezeigt wurde und ins Gefängnis nach Frei­burg kam. Ich war ja da­mals als Vikar in der Nähe von Freiburg [in Heuweiler] tätig. Ich bin zum Gefängnis gegangen, um dort Karl Leisner aufsu­chen zu können, wurde aber nicht vorgelassen, und habe dann ein Gespräch mit dem da­maligen Gefängnis­pfarrer ge­führt, Pfarrer Fleischer [Ri­chard Trudpert Gutfleisch]. Der konnte mir aber auch keinen Zutritt vermitteln. Ich habe in dem Gespräch dort kaum etwas über den Zu­stand und die Situation von Karl Leisner erfahren.