Am 25. April 2007 wurde in Münster ein Heiligsprechungsprozeß eingeleitet, der jedoch nicht zu Ende geführt werden konnte, weil bei der auf die Fürsprache Karl Leisners als geheilt erklärten Person der Krebs erneut aktiv wurde.
Was hätte Karl Leisner auf die Frage geantwortet „Wer möchte ich geworden sein, wenn ich gewesen bin?“ In jedem Menschen scheint es so etwas wie eine innere Zielgestalt, ein Tiefenwissen für einen Lebensauftrag, für eine Berufung zu geben. Karl Leisner hatte den Mut, von Heiligkeit als Ziel seines Lebensweges zu sprechen.
Seine Tagebuchnotizen zeigen, wie sich sein Gedanke, ein Heiliger zu werden, mehr und mehr verfestigt. Er gipfelt im Rückblick auf seine Exerzitien 1931 in Gerleve in den Einträgen vom 3. November 1937 und 1. Juli 1938:
Entweder Schuft oder Heiliger!
Die folgenden Einträge zeigen die Entwicklung des Gedankens:
Kleve, Donnerstag, 2. März 1933
Also nicht feige, sondern innerlich fest und gefeit werden. Ruhig. Über Tages- und Wahlgeschwätz und Augenblicksbluff hinweg das Große und Wichtige, das meistens oder nie nicht bei Geschwätz, sondern unter hartem geistigen Ringen wächst und wächst.
Exerzitien in Schönstatt am 9. April 1933
Behäbigkeit und Spießertum (Gefahr der gelangweilten Einsamkeit / Sattheit). Mangel an Spannkraft = ( – Troddel! [Trottel]) Wer nicht richtig beten kann (einen schwächlichen Zustand sieht, „Betschwestertum“, falscher „Heiliger“) ist kein voller Mensch. Der Heilige wird im Gebet.
Exerzitien in ’s-Heerenberg am 7. Dezember 1933
An Ignatius (Iñigo) von Loyola zeigt er [Pater Wilhelm Joist SJ] uns die Wandlung zum vollkommenen, heiligen Menschen. (Wenn jene es konnten, warum ich denn nicht?!)
’s-Heerenberg, Freitag, 8. Dezember 1933, Mariä Empfängnis
Innere Freiheit von allem äußeren Einfluß. Das ist vollendetes Menschentum. Im Zustand der heiligmachenden Gnade ist alles was wir tun, von Ewigkeitswert. Ewigkeitsmensch.
Kleve, Samstag, 17. Februar 1934
(Todestag meines Großvaters Karl Leisner [1915 in Goch].)
Rückblick und Ausschau.
Bang fragende Seele:
Bin ich über den Abgrund gesprungen, über den menschheitsspaltenden?
Ist mir das gläubige Ja gelungen zu Ihm, dem Allwaltenden?
Mutentflammt antwortete die Seele: Ja! Ich hab ihn gewagt den Sprung
in die Ewigkeit, ins Meer des Alls!
Ja! Ich hab’ es gewagt, das ichzerschmetternde Ja
zum icherlösenden Herrn des Alls!
Darob, tief verstehend, bricht sie los in heiliger Begeisterung:
Gefesselt, ein Knecht in Banden geschlagen, und doch frei! – steh’ ich vor Dir Herr! und wag’s demütig-mutig zu fragen:
„Herr, was willst Du von mir?“
„Form mich in Deines heil’gen Geistes Glut zum Werkzeug Deiner allmächtigen Hand.“
Kleve, Dienstag, 1. Mai 1934
Gebet:
„Herr Gott, Du mein König und höchster Führer, Du lenkst in wunderbarer Weisheit und Güte die Geschicke aller Menschen.
So hast Du mich armen, schwachen, sündigen Menschen durch eine Zeit der Versuchung und der Schwachheit hindurch geführt, um mich jetzt zum heiligsten und höchsten Amt – zum Priestertum – zu berufen. Deine allmächtige Weisheit hat mich – das kleine, unwürdige, stolze, erbärmliche Menschlein, das mit so mancherlei Makel und Fehlern behaftet, – zum würdigsten, demütigsten, würdevollsten Beruf erkoren. – O, gib doch, Du gütigster Vater, daß ich die Vorbereitungszeit auf diesen hehren Beruf, – Dich zu vertreten, – aus Deinen unerschöpflichen Lebensquellen in Wahrheit und Demut gestalte!“
Christus – Du bist meine Leidenschaft
Heil!
Bei der Tagebuch-„revision“ am 2. September 1935[1]
Mittelbexbach, Mittwoch, 12. September 1934, Mariä Namensfest
Im Kampf standen sich der schwache, feige, weiche, sinnliche, schlampige Mensch und der verantwortungsfrohe, christusverbundene, zuchtvolle, reine, bescheidene, echte Kerl [gegenüber]! – Zum Miesmacher und Pessimist, zum Kriecher und Feigling, zum Verräter und Fahnenflüchtigen an Katholisch- und Deutschsein drohte ich zu werden: Das Steuer meines Schiffes drohte mir zu entgleiten – nein, ich nehme meine Seele, meinen Leib, mein Geschick in meine Hände und will es meistern – tapfer, treu und bescheiden: Ich will Held sein! Glaubensstark, siegesbewußt, hoffnungsfroh!
Der Ruf Gottes dröhnt an meine Seele: He, wach’ auf, besinne dich: Du kannst’s, wenn Ich dir Gnade schenke – reichlich, in Fülle – und du willst, du mittust, mitgehst!
[…]
Dir verspreche ich feierlich: Herr, allmächtiger Gott: Dein Werkzeug zu sein in Vollkommenheit will ich ständig mich verzehren. Alle Lebenskraft gehört Dir von heute ab! Wenn Du willst, will ich Dein Priester werden! Herr, gib mir Deine Gnade dazu! Amen! Alleluja!
[…]
St. Michael sei mir Helfer und Schutz- und Schirmherr, St. Georg – ritterliches Vorbild und die heilige Muttergottes sei mir eine mächtige Fürsprecherin und gebrauche mich als Ihr und Ihres Sohnes Werkzeug zu heiliger Sendung in deutsches Volk!
Münster, Mittwoch, 16. Januar 1935
Allzeit bereit. Es lebe der katholische, welterobernde, disziplinierte Jungentyp, der neue Heilige!
Mittwoch, 6. März 1935, Aschermittwoch
O Du guter großer Gott, was hast Du mir doch für herrliche Tage und Gnaden und aus Deiner Freudenfülle geschenkt – und wie wenig dankbar bin ich doch noch immer – ich danke, danke, danke Dir aus meinem frohen jungen Herzen in heiliger Bereitschaft und Hingabe und Demut, die Du mir reichlich schenken mögest.
Münster, Montag, 29. April 1935
Er [Jesus Christus] hat mich in stillen Kampfstunden der Gnade berufen zu Seinem Priestertum. Mittler zwischen Ihm, dem Herrn über Leben und Tod, und der erlösungsbedürftigen Menschheit zu sein – das ist die große Gnadengabe und Aufgabe! Deshalb hingespannt in gesammelter, geballter Kraft auf dieses größte Ziel hier auf Erden, auf dein Lebens- und Ewigkeitsziel!
Das Reich Gottes und das Heil der Seelen muß dir auf der Seele brennen – und so werde heiliger Brandstifter, eine lodernde Fackel, die brennt vom Feuer der Christushingabe, Begeisterung und Liebe.
Münster, Mittwoch, 30. Oktober bis Samstag, 2. November 1935
Brenne nieder, Herr, und laß mich immer mehr durchglüht werden von Deiner heiligen Glut! Laß mich immer mehr durchstürmt werden von Deinem heiligen Sturm! Laß mich ganz zuinnerst getroffen werden von Deinem unendlichen, reichen heiligen Liebeshauch, dem Heiligen Geist!
Kleve, Samstag, 27. März 1937, Karsamstag
Eine große Wirklichkeit ist mir schmerzlich und doch so klar und frohmachend aufgestiegen heute:
Nur eins ist notwendig! [vgl. Lk 10,42] Nur dies eine: der Glauben an Gott und den er gesandt hat: Jesus Christus. Und das heißt: Lebendiger Christusglaube, heiliges Leben, Leben als Heiliger!
Das ist es, dies eine, was unserer Zeit fehlt: der Heilige, der göttliche, erfüllte (Gott)mensch, der alter [zweite] Christus!
[…]
Deshalb, Karl, bedenke, was deine Pflicht, deine Aufgabe, dein Ruf! Die Zeit schreit nach Heiligen, nach dem heiligen Priester vor allem. Das ist das Größte!
Prüfe dich ernst, aber dann Entscheidung, letzte Entscheidung ganzer Hingabe an den lebendigen Gott! Ganz frei werden, und dann erst spürst du die ganze Schönheit des ganzen Menschseins!
Im Reichsarbeitsdienst (RAD), wo er in einem völlig fremden Umfeld lebt und sich alles, was ihm heilig ist, anders darstellt, wird sein Wunsch konkreter.
Dahlen, Donnerstag, 29. April 1937
(Abends – iam recumbens [bereits niederliegend])
O Herr Jesus Christus, voll tiefer Liebe und Demut flehe ich zu Dir, stehe mir bei im Kampf um das Heilige in mir! Laß mich in hartem Dienst Dein bewährter Diener sein. Du adele meine Arbeit. Wenn ich auch schwach bin, sei Du mir Stärke und Burg, Schild und Schutz! [vgl. Ps 28,7; 33,20 u. 115,9]
Du mein Erlöser, komme bald zu mir! Amen.
Hubertusburg, Sonntag, 2. Mai 1937, 5. Sonntag nach Ostern
Ich lese nochmals die schönen Worte vom Karsamstag[2], die ich aus tiefster Herzensnot und Begeisterung schrieb. Die Zeit braucht Heilige!
Dahlen, Samstag, 8. Mai 1937
Beruf für heutige Menschheit – Heiliger werden.
Bad Schandau, Montag, 17. Mai 1937, Pfingstmontag
Mir ist so als wüßt ich selbst nicht mehr, was in mir vorgeht. Ein Tosen und Toben, ein glückhaft wonnig Frühlingsschäumen in Leib und Blut und Geist und Seele. Und doch, ach was ist’s schwer, sich für eine Bahn im Leben zu entscheiden. Ist Opfer alles, kann ich auf ein gutes wunderbares Geschlecht verzichten? Auf all die Freuden und Kämpfe eines heiligen Bundes mit einem lieben Menschen? – Und ach, dies gr. des. [grande desiderium – große Sehnen], es läßt mich nicht los. Und doch strebt alles in mir und in ihr zur Heiligkeit und restloser Hingabe an den Herrn.
Herr, zeig’ mir den Weg, und gib mir den rechten Geistesfingerzeig, wohin ich gehn soll. Ich weiß keinen mehr, ich bin krank im tiefsten Herzen!
Georgsdorf, Mittwoch, 23. Juni 1937
Mehr Ruhe! Ganzer heiliger Mensch werden.
Kleve, Freitag, 29. Oktober 1937
Nach Kevelaer zur Mutter[3] fuhr ich dann über Goch [bei den Tanten Julchen und Maria vorbei]. Um 16.00 Uhr war ich glücklich da. […] Gottes Gnadensegen wird fließen im Blute Seines geliebten Sohnes. Von 16.00 bis 17.10 Uhr eine heilige Stunde des Erschlagenseins, des Verzichtes, des letzten verklärten Glühens, des Daheimseins bei der Mutter! Und – das Große: letzte Weihe zu heiliger Reinheit der Seele und des Leibes vor ihrem Bild. O – Consolatrix afflictorum – Ora pro nobis! [Trösterin der Betrübten – Bitte für uns![4]] Letzte Hingabe – letztes tiefstes Vertrauen.
Münster, Mittwoch, 3. November 1937
Und an den Tag vor sieben [sechs] Jahren, wo der große Entscheidungssatz mir sich prägte in heißem Sturm und Drang: Entweder Schuft oder Heiliger!
Münster, Freitag, 12. November 1937
Auf alles, was mich als Gefahr vom Priestertum fern bringen kann, muß ich verzichten. Nicht blinzeln, verstohlen oder lüstern, nach irgendwelchen Dingen, die sicher fein sind. – Trotzdem hört das Wagnis nicht auf, nein jetzt beginnt es erst recht: das Wagnis meines Lebens, sich Einem Herrn zur Treue geben ein ganzes Leben lang. Zu Kampf, zu Tod des Zeugnisses, zu hartem, einfachem Leben, zu Sieg! Das soll heldisches Leben der letzten Einsatzbereitschaft werden! Letztes Wagnis des Höchsten. Mein Leben, meine Freiheit, alles alles setz’ ich auf eine Karte!
Münster, Samstag, 9. April 1938, Samstag vor Palmsonntag
Den großen Dingen dienen, demütig! Du bist in Pflicht und Dienst. Freier, heiliger Mensch werden! Auf aufrechten Gang achten! Strammer Soldat Christi! Kreuzweg gegangen.
Münster, Montag, 18. April 1938, Ostermontag
Vor allem: Vergiß, was hinter dir liegt und strecke dich aus auf das Kommende [vgl. Phil 3,13]. Deine Lebensaufgabe steht vor dir – entscheide dich. Du siehst dich in aller Schwachheit, deine Umgebung in aller Schärfe und Menschlichkeit, deine Aufgaben in erdrückender Fülle. Bereite dich! Und solltest du wirklich nach dem Semester den Befehl Gottes, ein Heiliger in der Welt heute zu werden, vernehmen, dann bist du immer dein Leben hindurch ihm für diese deine herrliche Jugend in atriis domus Dei nostri [in den Vorhöfen unseres Gottes (Ps 91/92,14)] zu tiefstem Dank verpflichtet.
[…]
Ganz Mensch und zugleich ganz Priester sein, mit letzter Freude und tiefster Ehrfurcht beides!
Das mein’ ich doch, ist das Schönste in mir, das tiefe von der lieben Mama eingepflanzte Streben nach dem Heiligen. – Ich habe wirklich zwei heilige Eltern, das danke ich Gott. Alles wird diesem Hochziel recht zugeordnet und unterstellt werden müssen. Ordnung der Werte schaffen!
Münster, Samstag, 23. April 1938, Weißer Samstag
Meine letzte und tiefste, geheimste Sehnsucht ist die nach Heiligkeit und Gottverstehen oder besser Gotterleben (Theologie), aber ob ich zum zölibatären Priesterleben das Zeug habe, das bezweifle ich noch aufrichtig.
Münster, Sonntag, 24. April 1938, Weißer Sonntag
Ich las dann von [August] Winnig dessen Europa-Buch. Daran entzündete sich mein glühender Gedanke vom Politikerwerden noch einmal – und doch das Priestersein ist größer. Wenn du es kannst, folge dem Ruf Gottes. Natur und Gnade!
[…]
Nicht Politiker oder Priester heißt die Alternative, sondern das Letzte und Größte, worum es geht: Wie werde ich ein Heiliger, das heißt ein Gott restlos gehorsamer Mensch, der in der Gnade lebt und Gnade, Friede und Freude im Herrn kündet.
Münster, Montag, 25. April 1938
Vor allem will ich mich um ganze, echte Selbsterziehung und Heiligung täglich mühen, und mich bereit machen für das höhere Leben der Gnade, ganz gleich, ob der Herr mich wirklich einmal zum Altar ruft oder nicht. – Herr lehr’ mich Deinen Willen erkennen und gib mir den Mut und die Kraft, in Demut und ohn’ alle Menschenfurcht ihn zu vollbringen.
Münster, Sonntag, 8. Mai 1938
Wir sind zu Heiligen berufen, zu Ausgesonderten Gottes. Darin ändere ich nichts. Diesen Willen Gottes muß ich erkennen, oder ich werde zerschmettert. […] Heiligkeit wird einem geschenkt, da kann einer nichts dazu. – Aber täglich mußt du dich rüsten, dich ihrer würdig zu erweisen.
Münster, Dienstag, 10. Mai 1938
Manchmal kommt’s mir wirklich vor, als verlangte Satan uns zu sieben [vgl. Lk 22,31]. Aber wir werden der verdammten Strategie dieses Herrn Teufels, den man doch recht ernst nehmen muß, schon mit Christi Kraft und Gnade, in Christi Namen und Sendung schon mit der Strategie Gottes, dem Streben nach Heiligkeit – das ist die letzte, geheimste Leidenschaft meines wilden Herzens – zu begegnen wissen.
Münster, Donnerstag, 30. Juni 1938
Sanctitas veritatis! [Die heilige Wahrheit!] Lautere, aufrichtige Heiligkeit! Kein leeres Getue des Scheins, das glänzen und gesehen werden will, sondern Heiligkeit, die aus der Lauterkeit des Herzens und der Gesinnung strömt und sich in brüderlicher Tat und Hilfsbereitschaft selbstverständlich gibt.
Münster, Freitag, 1. Juli 1938
Auf Sekunda: Am 4.11.1931 [Karl Leisners Namenstag] jene Alternative (nach den Exerzitien in Gerleve [5. bis 9.9.1931]): Entweder Heiliger oder Schuft.
Münster, Donnerstag, 2. März 1939
So will ich denn hintreten mit Jubel, Dank, Freude und reiner Absicht zu Gottes Altar. Herr, laß mich Dein demütiger, keuscher und heiliger Diener sein! Erweise Deine Kraft an mir!
Einige Personen, die Karl Leisner gut gekannt haben, bezeichnen ihn in ihren Kondolenzbriefen an seine Familie bereits als heiligen Menschen.
Mittwoch, 29. August 1945
Dr. Joseph Storm aus Millingen (bei Rees) an Familie Wilhelm Leisner in Kleve:
An Eurem Schmerze nehme ich herzlich Anteil, weil ich weiß, was Ihr verloren habt. Aber soll trotz alledem bei uns die christliche Freude nicht noch größer sein als der Schmerz, da Ihr jetzt einen Heiligen, einen Martyrer, zur Familie zählen dürft? Ich will gern für Karl die hl. Messe opfern, doch kein Requiem, sondern ein Dankhochamt, er hat ja gesiegt.
Dienstag, 4. September 1945
Bischof Clemens August Graf von Galen aus Münster an Vater Wilhelm Leisner in Kleve:
Sehr geehrter Herr Leisner!
Zum Tode Ihres lieben Sohnes, des hochwürdigen Herrn Karl Leisner, möchte ich Ihnen, Ihrer Frau und Ihren Kindern meine herzliche Teilnahme aussprechen, – oder eigentlich meinen Glückwunsch: denn ich glaube sicher, Sie haben dem Himmel einen Heiligen geschenkt! So sagen alle, die mit ihm in Dachau waren, daß seine fromme und frohe Tapferkeit dort in all dem Leid ihnen Erbauung und Trost und Vorbild gewesen ist. Wie gütig hat Gott ihn geführt, so daß er trotz seines schweren Leidens die lange Haft ausgehalten hat, um schließlich doch noch das ersehnte Ziel des Priestertums zu erreichen! Ich freue mich, daß ich durch Erteilung und Gestattung der hl. Weihen habe beitragen können zu seinem Glück und seiner Glorie.
Mit Gruß und Segen für die ganze Familie
† Clemens August, B. v. M. [Bischof von Münster][5]
Dienstag, 11. September 1945
Hans Carls aus Wuppertal-Elberfeld, Caritasverband Wuppertal, an Familie Wilhelm Leisner in Kleve:
Wir freuen uns alle, daß Ihr Sohn, der wirklich ein frommer, heiligmäßiger Jungpriester war, auf seinem letzten Weg noch so viel Ehre erwiesen bekommen hat. Er hat es verdient. Wir haben an ihm einen Fürbitter im Himmel. Er hat das erreicht, wonach wir alle noch streben.
Donnerstag, 20. September 1945
Hans Rindermann aus Aachen-Forst an Familie Wilhelm Leisner in Kleve:
Karl hat in Wirklichkeit getreu seinem Ideal gelebt und ist Sieger geblieben über alle Schwierigkeiten dieses Lebens. Wie oft habe ich ihn bewundert, wenn er so tapfer und froh alles überwand, was so furchtbar auf ihm lasten mußte. Mit welchem Vertrauen hing er dann an unserer Mta! Mit ihr hat er alles überwunden. So steht er heute vor mir und so soll er weiter vor mir stehen. Ansporn und Beispiel soll er mir sein in meinem persönlichen Heiligkeitsstreben und in meiner Arbeit für das Reich Gottes, für das er in seiner Jugend mit heiliger Begeisterung gearbeitet hat, für das er sich jetzt als Priester mit ganzer Kraft einsetzen wollte. Es sträubt sich etwas in mir, für Karl zu beten. Ich muß zu Karl beten, der als Heiliger jetzt auf mich und besonders auf Sie alle herabschaut und uns segnet.
Sonntag, 30. September 1945
Hermann Richarz aus Düsseldorf an Familie Wilhelm Leisner in Kleve:
Darum laßt uns nicht traurig sein, wenn er von uns ging, sondern vielmehr uns freuen; denn es ging ein Heiliger von uns.
Montag, 22. Oktober 1945
Hermann Eising aus Berlin an Willi Leisner in Berlin:
Ich habe für Ihren heimgegangenen Bruder das hl. Opfer gefeiert, hoffe aber mehr noch von seiner Fürbitte am Throne Gottes. Vivat inter sanctos! [Er lebe unter den Heiligen!]
[1] Karl Leisner hat am 1.9.1935 sein Tagebuch Nr. 2 noch einmal durchgeschaut und auf S. 27 vermerkt: Geöffnet am 10.6. (1.9.35). Darauf deuten die andere Schriftart und das andere Schreibgerät hin. Insofern hat er mit großer Wahrscheinlichkeit auch im Tagebuch Nr. 9, S. 56 am 2.9.1935 Christus – Du bist meine Leidenschaft Heil! nachgetragen. Vom 1. und 2.9.1935 gibt es sonst keine Tagebuchnotiz.
[2] s. Tagebucheintrag 27.3.1937
[3] Karl Leisner nannte die Gottesmutter Maria oft einfach Mutter.
[4] Unter dem Titel „Trösterin der Betrübten“ wird die Gottesmutter Maria in Kevelaer verehrt.
[5] Haas, Wilhelm: Christus meine Leidenschaft. Karl Leisner. Sein Leben in Bildern und Dokumenten, Kevelaer 11977, 21981, 31985: 69