Pater Johannes Zawacki SJ (* 5.12.1919 in Berlin-Pankow, † 3.9.2008 in Berlin-Kladow) – Eintritt in die Gesellschaft Jesu (Ostdeutsche Provinz) 20.4.1938 – Priesterweihe 31.7.1949 in Lyon/Rhône/F – Letzte Gelübde 15.8.1955 – Direktor des Canisius-Kollegs in Berlin 1957–1985
Quelle des Fotos: Jesuiten
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Pater Johannes Zawacki hat anfangs nie darüber gesprochen, aber ohne ihn wäre Josefa Mack, die spätere Schwester Imma[1], nicht zu Michael Kardinal von Faulhaber[2] zugelassen worden. Als Frater hat er mit Josefa Mack beim Kardinal Utensilien für Karl Leisners Priesterweihe abgeholt.
Im Gegensatz zu Schwester Imma Mack wird Pater Johannes Zawacki nie oder kaum erwähnt. An dieser Stelle soll sein Mut gewürdigt werden; denn die Aktion war für beide lebensgefährlich.
[1] Schwester Maria Imma (Josefa) Mack (* 10.2.1924 in Möckenlohe, † 21.6.2006 in München) – Sie wurde im April 1940 Kandidatin der Armen Schulschwestern im Angerkloster in München und machte eine Ausbildung als Handarbeitslehrerin. Gelübde legte sie am 29.8.1946 ab. Von Mai 1944 bis April 1945 wurde sie zur großen Helferin für viele Häftlinge im KZ Dachau. Auf Grund ihres Einsatzes für die Häftlinge im KZ Dachau wurde sie am 19.12.2004 in die französische Ehrenlegion aufgenommen. Am 6.6.2005 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. Im Martyrerprozeß für Karl Leisner hat sie 1990 als Zeugin ausgesagt.
[2] Dr. Michael Kardinal von Faulhaber (als bayerischer Bischof geadelt) – (* 5.3.1869 in Klosterheidenfeld, † 12.6.1952 in München) – Priesterweihe 1.8.1892 in Würzburg – Bischofsweihe zum Bischof für das Bistum Speyer 19.2.1911 – Erzbischof von München und Freising 1917 – Kardinal 1921
Sr. Imma Mack SSND:
In der ersten Adventswoche[1] sagte mir Schönwälder[2], daß er einen ganz wichtigen Auftrag von Pater Pies[3] für mich hätte. Dabei überreichte er mir zwei Briefe von ihm, die noch nicht zugeklebt waren. Der eine war für Kardinal Faulhaber bestimmt, der andere für den Jesuitenfrater Johannes Zawacki. Vor der Weitergabe an die Adressaten sollte ich sie zuerst selbst lesen, damit ich genau um den Inhalt wüßte. Schönwälder erklärte mir dann noch, daß der Diakon Karl Leisner, der bereits lange Zeit im KZ Dachau inhaftiert sei, schwerkrank im Revier liege. Pater Pies betreue ihn freundschaftlich, zeitweise würde er ihn auch pflegen. Vor kurzem sei ein französischer Bischof [Gabriel Piguet[4]] auf dem Priesterblock eingeliefert worden. Pater Pies habe mit Karl Leisner und Exzellenz Gabriel Piguet überlegt, ob dieser nicht den todkranken Diakon in der Lagerkapelle zum Priester weihen könne. Dafür sei aber Verschiedenes nötig; Näheres stehe in den beiden Briefen. Pater Pies habe ihm gesagt, daß ich das Schreiben für den Kardinal persönlich überbringen solle. Zawacki sollte mich dabei begleiten. Ich solle die schriftliche Bitte von Pater Pies, die Priesterweihe von Karl Leisner zu genehmigen, mündlich bekräftigen und Zawacki könnte mich dabei unterstützen. Aus folgenden Gründen sollte ich die Erlaubnis schon nächste Woche nach Dachau bringen: Zum einen werde der Bischof sicher nicht lange auf dem Priesterblock bleiben, sondern bald in den Bunker zu den „Ehrenhäftlingen“ kommen. Zum anderen sei der Gesundheitszustand des Diakons so schlimm, daß niemand mehr zu glauben wage, Leisner könne die Befreiung aus dem KZ noch erleben. Der Auftrag, den ich mit diesen beiden Briefen erhalten hatte, beeindruckte mich tief. […]
Zu Hause [in Freising] angekommen, las ich mit Frau Oberin[5] und Schwester Vigoris[6] die beiden Briefe. Dann klebte ich sie mit dem Wunsch zu, daß sie die Adressaten sicher erreichen möchten. Den für den Jesuitenfrater Zawacki in Pullach bestimmten warf ich in einen Briefkasten der Stadt. Den für Kardinal Faulhaber verwahrte ich sorgsam.[7]
[1] Der 1. Adventssonntag war 1944 am 3.12.
[2] Dr. Ferdinand Schönwälder (* 9.12.1912 in Mährisch-Ostrau/Moravská Ostrava/Sudetenland/CZ, † 7.3.1980 in Gundihausen/Landshut) – Priesterweihe 11.6.1938 in Warschau – Er kam am 15.8.1940 ins KZ Auschwitz/PL, am 12.12.1940 ins KZ Dachau und wurde am 29.4.1945 befreit.
[3] Pater Dr. Johannes Otto Pies SJ, Deckname im KZ Hans u. Spezi, (* 26.4.1901 in Arenberg, † 1.7.1960 in Mainz) – Eintritt in die Gesellschaft Jesu in ’s-Heerenberg/NL 14.4.1920 – Priesterweihe 27.8.1930 – Letzte Gelübde 2.2.1940 – Am 31.5.1941 wurde er wegen eines Protestes gegen die Klosteraufhebungen verhaftet. Am 2.8.1941 brachte man ihn aus dem Gefängnis in Dresden ins KZ Dachau, wo er die Häftlings-Nr. 26832 bekam. Dort war er eine der ganz großen Priestergestalten. Am 27.3.1945 wurde er ohne Angabe des Grundes und ohne Bedingung entlassen. Bereits im KZ und auch nach seiner Entlassung setzte er sich unermüdlich für Karl Leisner ein. Ohne ihn wäre es vermutlich nicht zur Priesterweihe im KZ gekommen.
[4] Bischof Gabriel Emmanuel Joseph Piguet von Clermont (* 24.2.1887 in Macon-sur-Saône/Saône-et-Loire/F, † 3.7.1952) – Priesterweihe 2.7.1910 in Paris (St. Sulpice) – Bischofsweihe zum Bischof für das Bistum Autun/Saône-et-Loire 27.2.1934 – Bischof von Clermont 11.3.1934 – Obwohl Verehrer von Marschall Philippe Pétain, widersetzte er sich während der deutschen Besatzung (1940–1944) den Nationalsozialisten. Er wurde am 28.5.1944 verhaftet, kam über das Gefängnis in Clermont-Ferrand und das KZ Natzweiler-Struthof am 6.9.1944 ins KZ Dachau und wurde am 4.5.1945 von den Amerikanern auf der Evakuierungsfahrt vom 24.4.1945 nach Südtirol in Niederdorf/Villabassa/I befreit. Am 22.6.2001 verlieh ihm Yad Vashem postum den Titel „Gerechter unter den Völkern“, weil er während des Zweiten Weltkrieges jüdische Kinder gerettet hatte.
[5] Schwester Maria Saba (Katharina) Gigl (* 3.2.1878 in Sommersberg/Landkreis Regen, † 29.12.1958 in München-Giesing) – Einkleidung in der Kongregation der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau 1901 – Gelübde 1902 – Oberin im Kloster St. Klara in Freising, Kammergasse 16
[6] Schwester Maria Vigoris (Katharina) Wolf (* 26.10.1901 in Puppenhof/Kreis Parsberg, † 28.3.1980 in München-Giesing) – Ordenseintritt bei den Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau u. Einkleidung 13.8.1928 – Profeß 14.8.1929
[7] Mack, Josefa, Maria Imma: Warum ich Azaleen liebe. Erinnerungen an meine Fahrten zur Plantage des KZ Dachau von Mai 1944 bis April 1945, St. Ottilien 1988: 78–83 (zit. Mack 1988)
P. Johannes Zawacki SJ:
Ich wußte von ihrer [Josefa Macks] Tätigkeit, sonst aber arbeitete jeder aus Sicherheitsgründen für sich allein. In diesem Fall sollte ich allerdings mit ihr gemeinsam zum Bischof [zu Michael Kardinal von Faulhaber] gehen und ihm die Bitte der Häftlinge vortragen sowie das Mädchen vorstellen und als vertrauenswürdig empfehlen. Kardinal Faulhaber empfing uns sehr gütig und verständnisvoll. Nachdem ich ihn kurz informiert hatte, erklärte er sich einverstanden, und ich brauchte mich mit der Angelegenheit nicht mehr zu befassen. Ich hörte erst später, daß alles geglückt war. Von dem Mädchen erfuhr ich auch, daß meine Gänge ins Lager von einigen Leuten, die in der Gärtnerei wohnten, bemerkt und wahrscheinlich beobachtet wurden. Trotzdem geschah die ganze Zeit hindurch nichts.[1]
[1] P. Johannes Zawacki SJ in: Stimmen von Dachau, Sommer 1968 – Nr. 10: 61
Sr. Imma Mack SSND aus München am 13. August 2002 an Hans-Karl Seeger:
Frater Johannes Zawacki rief von Pullach aus in Freising an, und man vereinbarte vor dem zerbombten Bahnhof in München ein Treffen am Donnerstag, dem 7. Dezember 1944. Von dort ging es zu Fuß zum Bischofspalais. Von Pullach aus hatten die Jesuiten den Besuch beim Kardinal angemeldet, daher erwartete uns der Sekretär des Kardinals, Hubert Wagner[1].
[1] Dr. Hubert Wagner (* 30.12.1907 in München, † 17.9.1978 in Wies bei Freising) – Priesterweihe 30.10.1932 in Rom – Sekretär von Michael Kardinal von Faulhaber 1.6.1939 bis 1.9.1945
Sr. Imma Mack SSND:
Am Donnerstag [7.12.] fuhren wir [Fr. Johannes Zawacki SJ und ich] zusammen nach München und brachten die Bitte um die Priesterweihe für Herrn Karl Leisner bei H. H. Kardinal bescheiden vor. Freundlich gewährte er sie und wir erhielten auch gleich das [Katechumenen-]Öl und alles andere, was [für die Weihe] nötig war.[1]
[1] in: Pies, Otto: Stephanus heute. Karl Leisner. Priester und Opfer, Kevelaer: 1950: 162, 7. Auflage 2008 kommentiert von Hans-Karl Seeger, s. auch Mack 1988: 83–85
Michael Kardinal von Faulhaber notierte sich auf einem Zettel in Gabelsberger-Kurzschrift[1]:
[1] Die Transkription der zitierten Faulhaber-Notizen hat Alois Schmidmaier vorgenommen. Hans Gebhardt, ebenfalls Fachmann für Gabelsberger-Kurzschrift, hat den Text gegengelesen und einige Unklarheiten beseitigt, ausführliche Kommentierung in: Seeger, Hans-Karl: Persönliche Notizen Kardinal Faulhabers am Ende der Zeit des Nationalsozialismus. In: Anton Landersdorfer, Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte, Bd. 48, München: 375–453
[Donnerstag] 7.12.44 [begleitet] fr [Frater] Zawacki persönlich Josefa Mack [zu mir ins Bischofspalais]: Münster [Bischof Clemens August Graf von Galen] hat durch litterae die Erlaubnis gegeben (dimiss. [dimissoriae]), Diak[on] Karl Leisner zu weihen. Er wurde 39 kurz vor der Weihe hierher versetzt.
[Ich habe] Gleich mitgegeben in weiser Ahnung: Pontificale, Kat. [Katechumenenöl] möglich, 2 viol. [violette] Tunic. [Tunicellae][1], viol. [violette] Strümpfe und Handschuhe (Schuhe[2] war nicht möglich).
Sowie 3 heilige Oele und 2 Chorröcke.[3]
[1] Vermutlich waren es zwei Gewänder, weil eine als Dalmatik verwendet wurde.
[2] Es handelte sich vermutlich um Pontifikalschuhe.
[3] Erzbischöfliches Archiv München und Freising NL Faulhaber 6831
Prälat Johannes Waxenberger[1], der letzte Sekretär von Michael Kardinal von Faulhaber, hat Einsicht in die Besuchertagebücher des Kardinals genommen und teilte am 14. Februar 2002 telefonisch mit, der Kardinal habe in Gabelsberger-Kurzschrift folgende Notiz gemacht:
[1] Prälat Johannes Waxenberger (* 9.6.1915 in Velden an der Vils, † 25.6.2010) – Priesterweihe 29.6.1947 in Freising – Sekretär von Michael Kardinal von Faulhaber 1.1.1949 bis 12.6.1952
Do. 7.12.1944, 10.30 Uhr. Jos. Mack mit Brief von Πιες [Pies]. Rückbericht durch Frater Zawacki. Ordin. pres. [Weiheerlaubnis] erteilt worden Λεισνερ [Leisner] Münster. Und dazu die Sachen schicken.[1]
[1] Erzbischöfliches Archiv München und Freising NL Faulhaber 10022: 88
Siehe auch Aktuelles vom 25. Januar 2014 – Kardinal Faulhabers Tagebücher und seine Notizen zu Karl Leisner.
Link zur kommentierten Veröffentlichung der Notizen
Zeitungsartikel
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