Jever: Gedenktafel zu Ehren Karl Leisners in der Kirche St. Marien

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Im Eingangsbereich der St. Marien-Kirche[1] in Jever erinnert eine Gedenktafel an den Besuch von Karl Leisner am 15. August 1933.

[1] Die katholische Kirchengemeinde St. Marien in Jever wurde 1779 gegründet. Seit der Reformation im 16. Jh. war fast ganz Norddeutschland nicht mehr katholisch. Die Gottesdienste fanden im Torhaus des Schlosses statt. Die Weihe der ersten eigenen Kirche, einer kleinen Kapelle, erfolgte 1824. Die heutige St. Marien-Kirche wurde 1966 im kubistischen Stil errichtet.

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Unter der Überschrift „Seliger Karl Leisner war in unserer Pfarrkirche“ und dem sogenannten Pulloverbild stehen die wesentlichen biographischen Angaben zu Karl Leisner und sein Tagebucheintrag vom Besuch in Jever.

Die Nordwest-Zeitung vom 14. August 2008 berichtete über die Gedenktafel und den Besuch Karl Leisners.

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Ergänzungen

Im August 1933 war Karl Leisner noch Schüler; seine Diakonenweihe empfing er am 25. März 1939.
Seine Äußerung zum Attentat von Georg Elser am 8. November 1939 auf Adolf Hitler lautet: „Schade, daß er nicht dabei gewesen ist.“
Nach seiner Verhaftung am 11. November 1939 in St. Blasien kam Karl Leisner nach Schutzhaft im Gefängnis Freiburg und Mannheim am 16. März 1940 zunächst ins KZ Sachsenhausen und am 14. Dezember 1940 ins KZ Dachau.
Unter Leitung von Dr. Walter Vinnenberg[1] fuhr im August 1933 eine Gruppe Jugendlicher, zu der auch Karl Leisner gehörte, mit dem Fahrrad nach Baltrum. Die Rückfahrt führte über Jever.

[1] Prälat Dr. phil. Walter Vinnenberg (* 8.6.1901 in Lippstadt, † 1.12.1984 in Bocholt) – Priesterweihe 27.2.1926 in Münster – Kaplan in Kleve St. Mariä Himmelfahrt u. Religionslehrer am Gymnasium in Kleve in allen Klassen v. 1.4.1926 bis Pfingsten 1929 – Außerdem unterrichtete er Hebräisch und Sport und leitete eine religionsphilosophische Arbeitsgemeinschaft. Später unterrichtete er auch Französisch. Er gewann Karl Leisner für die Jugendarbeit und gab den Anstoß zur Gruppenbildung. Mit den Jungen unternahm er zahlreiche Fahrten auch noch nach seiner Tätigkeit in Kleve.

Tagebucheinträge

Baltrum, Montag, 14. August 1933
Inzwischen sind wir in dem ruhig-freundlichen Jever angekommen. Durch die Straßen und an den Kanälen vorbei, die ruhig in hellem Mondlicht daliegen, kommen wir zur DJH.[1] – Es ist noch ein Fen­ster hell. Wir klopfen an, und nach geraumer Weile öffnet uns eine freundliche junge Frau. Wir stellen die Räder hin, holen uns Decken und tippeln die Treppengänge des Schulgebäudes rauf bis zum Speicher. Die Tür aber ist verschlossen. Wir „bumsen“ und schlagen gegen die Tür, um den schlafen­den SA-Mann aus seinem faulen Bett zu bekommen. Vergebens! – Einer rennt runter, und wir bekommen den andern Schlafsaal geöffnet. Jeder sucht sich sein Bett aus. Die „Schmierkolonne“ tritt in Aktion und macht Butterbrote am laufenden Band. Dazu gibt’s Himbeerwasser. Ein herrliches Souper für ausgehungerte Fahrtenbrüdermägen. Um 24.00 Uhr zu mitternächtlicher Stunde sinken wir in die Betten und schlafen tief und fest, um uns für den kommenden Tag zu stärken.

[1] Die Jugendherberge in Jever war bis 1932 eine öffentliche einklassige Schule. Trotz Schließungsabsichten der Nationalsozialisten erfolgte die Übernahme durch die Katholische Kirche als Private Schule bis 1938. In den Ferien diente die Schule als Jugendher­berge.

Jever, Dienstag, 15. August 1933, Mariä Himmelfahrt
Erfrischt vom kurzen, aber um so tieferen Schlaf steigen Walter [Vinnenberg] und ich um 7.00 Uhr aus der Falle. Durch die sauberen, netten Straßen, die zum Teil an ebenso sauberen Wasserkanälen entlangführen, gehen wir durch den frischen, sonnigen Morgen zur katholischen Diasporakirche, um dort das Messopfer zu feiern. Der Diasporapfarrer[1] liest gerade die Messe für seine kleine, getreue Schar, die an dem heutigen, hohen Marienfest erschienen ist. Die Kinder und Männer singen kräftig und laut. Dazu spielt die Orgel. – Wir warten, bis die Messe zu Ende ist und gehen dann in die Sakristei und begrüßen den einsamen Diaspora­pfarrer [Over]Meyer. Er freut sich, in Walter einen Mitbruder zu sehen und bereitet ihm selbst die Geräte zu. Ich zünde unterdessen die Kerzen an. – Nach der Messe ist Walter zu seinem einsamen Mitbruder geladen. Ich gehe unterdessen schon zur DJH und sorge für Morgenimbiß und Packen. Um 10.15 Uhr fahren wir los. Wieder fällt uns die schmucke Sauberkeit des Städtchens auf. Am Schloß[2] vorbei fahren wir aus der Stadt raus.

[1] Joseph Overmeyer (* 8.6.1894 in Steinfeld i. O., † 10.2.1964 in Lohne i. O.) – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster Ostern 1913 – Priesterweihe 5.4.1919 in Münster – Pfarrer in Jever St. Marien 20.6.1932 bis 1938
[2] Schloss Jever
Schloß JeverZerstörung einer mittelalterlichen Wehrburg 1427 – Errichtung einer neuen Burg 1428 – Integrierung des Wehrturms in eine vierflügelige Wasserschlossanlage ab dem 16. Jh. – Einrichtung eines Museums im Schloss 1921 – heute „Kulturgeschichtliches Museum in Fries­land“

 

 

Fotos Walter Albers und IKLK-Archiv