Gelegentlich haben sich Männer, die Priester werden wollten, Karl Leisner als Vorbild gewählt.
Siehe Link zu „Karl Leisner als Vorbild für Priester (1).“
Ein weiterer Priester berichtet über seine Beziehung zu Karl Leisner
Theodor Pleßmann (* 23.10.1940 in Herten) – Priesterweihe 29. Juni 1967 in Münster – Kaplan in Kleve (Kellen) St. Willibrord 1967 – Vikar in Herten (Westerholt) St. Martinus 1972 – Pfarrer in Duisburg (Rheinhausen-Friemersheim) St. Josef 1980 – beurlaubt in die Dormitio/Jerusalem und in die Benediktinerabtei Mariastein 1990 – Pfarrer in Tecklenburg St. Michael 1991 – Vicarius Cooperator m.d.T. Pfarrer in Lengerich Seliger Niels Stensen 2006 – Pfarrer i.R. in Lengerich 2007 – Pfarrer i.R. in Eggenthal St. Afra/Friesenried St. Josef, adskribiert zur Mithilfe in der Seelsorge 2007 – Pfarrer i.R. in Billerbeck St. Johannes d.T. / St. Ludger
Theodor Pleßmann
In der Generalaudienz vom 13. Januar 2010 hatte ich die Möglichkeit, ein kurzes Gespräch mit Papst Benedikt zu führen. Damals war noch nicht der zweite Teil seiner Abhandlung über Jesus von Nazaret erschienen. Es war mir ein großes Anliegen, dem ehemaligen Professor Joseph Ratzinger für sein Wirken an der Universität Münster zu danken. Er freute sich sichtlich, seinem früheren Schüler in Rom zu begegnen; denn er brachte das nicht nur in Worten zum Ausdruck, sondern seine Augen leuchteten, als ich ihm sagte: „Sie haben in meiner Vorbereitung zum Priestertum meinen Glauben wesentlich geprägt durch ihre Vorlesungen über die Theologie der Schöpfung, der Kirche und der Eucharistie! Ich wünsche Ihnen die Erleuchtung durch den Hl. Geist, um eine Enzyklika über das priesterliche Dienstamt und den Zölibat schreiben zu können!“
Nach der Audienz wurde in mir der Gedanke wach, dass ich Papst Benedikt über die Bedeutung des Leidens im Leben des Priesters im Zusammenhang mit dem seligen Karl Leisner schreiben werde.
Seit dem 29. Juni dieses Jahres, dem Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus, muss ich Tag für Tag bedenken, dass ich 50 Jahre Priestertum erleben durfte. Welch ein großes Geschenk der Gnade! Für mich ist es noch immer ein unbegreifliches Geheimnis! Wieso lassen mich diese Gedanken nicht mehr los? Ich denke zurück an die Zeit meiner Kindheit und Jugend. Trotz der Nachkriegszeit war es nicht nur eine schwere, sondern auch eine schöne Zeit. Was mein Leben schwer machte, waren die Erfahrungen, dass ich körperlich, gesundheitlich, hinter allen Leistungen meiner Freunde und Klassenkameraden weit zurückblieb. Dadurch entwickelte ich einen eisernen Willen, um andere möglichst wenig davon spüren zu lassen. So lässt sich z. B. erklären, dass ich bis zum Abitur an keinem einzigen Schultag in der Schule fehlte. Erst als Student entdeckte ich, dass ein starkes Unwohlsein, Kreislaufstörungen und auch regelrechte Schmerzen durch eine extreme Wetterfühligkeit verursacht wurden. Anhand eines Tagebuches kam ich zu dieser Erkenntnis.
Ich durfte in einem tiefreligiösen Milieu heranwachsen. Im Alter von 15 bzw. 16 Jahren spürte ich die ersten Anzeichen für eine Berufung zum Priestertum. Ich wollte meine Freude am Glauben, die mir große Kraft verlieh, vielen anderen Menschen mitteilen. Nach dem Vorbild des heiligen Benedikt schien mir die Feier der Liturgie unverzichtbar im Leben eines jeden Menschen zu sein. Mit der dringenden Bitte an Christus, mir absolute Klarheit in der Berufungsfrage zu schenken, fuhr ich mit dem Fahrrad an jedem Donnerstagabend zur Nachbargemeinde in die heilige Messe, um stets in diesem Anliegen zu beten. Etwa 14 Tage vor dem Abitur war für mich alles klar: In der Berufung zum Priestertum erkannte ich eindeutig den Willen Gottes. Bald schenkte mir das Studium an der Universität Münster und das gemeinsame Leben der Priesteramtskandidaten im Collegium Boromaeum sehr große Freude.
Trotzdem war vieles für mich sehr mühsam. Die strenge Tagesordnung im Haus war mir eine große Hilfe, vor allen Mitmenschen meine enormen Beschwerden zu verbergen. Niemand konnte ahnen, dass ich zwischen den Vorlesungen oder in der Studienzeit, etwa zwischen 17 und 18 Uhr, elend auf dem Bett lag und den Himmel mit meinen Gebeten bestürmte, damit es mir doch bald wieder besser ginge. So traten in den ersten Semestern immer häufiger Zweifel an der Echtheit der Berufung auf. Warum sollte ich mir das Leben so schwer machen? Sollte ich nicht doch einen viel leichteren Weg wählen?
Mit diesen quälenden Fragen und Zweifeln ging ich im 5. Semester nach Freiburg. Manchmal besuchte ich einen Mitstudenten, der im Hause Ruby wohnte.
Somit lernte ich besonders Elisabet Ruby kennen und erfuhr durch sie einiges aus dem Leben des heiligmäßig lebenden Theologiestudenten Karl Leisner, der ebenfalls wie ich aus dem Bistum Münster stammte. Elisabeth Ruby gab mir Anstoß, vom Leben des Karl Leisner etwas mehr zu erfahren. Mich faszinierte seine vorbildliche Nachfolge Christi, seine Leidenschaft für Christus, seine Widerstandskraft gegen den Nationalsozialismus und sein unbeschreiblicher Glaubensmut im Konzentrationslager Dachau.
Welch wunderbaren Weg ist Christus mit ihm gegangen? Jesus Christus hat es möglich gemacht, dass Karl Leisner in der Hölle von Dachau von einem französischen Bischof am 3. Advent 1944 zum Priester geweiht wurde! Jesus Christus hat es möglich gemacht, dass der sterbenskranke Neupriester nach einer Erholungsphase am Fest des Erzmartyrers Stephanus, dem 2. Weihnachtstag, im KZ Dachau seine Primiz feiern konnte. Doch die Feier der Primiz blieb seine einzige hl. Messe! Auch als wenige Monate später das Konzentrationslager befreit wurde, besaß Karl Leisner nicht mehr die Kraft, noch einige Male zu zelebrieren. Warum? Nachdem er so viel Leiden ertragen hatte, hätte Gott ihm doch noch ein wenig Zeit als Priester schenken können! Will Gott uns damit sagen, dass eine einzige Eucharistiefeier ein unermesslicher Quelle der Gnade ist? Ein unschätzbares Geschenk göttlichen Lebens an uns armselige schwache Menschen?
Durch die Erfahrung der Lebensgeschichte des seligen Karl Leisner – seit der Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II. in Berlin darf man das so sagen! – wurde meine Berufung zum Priestertum mir immer gewisser. All mein Mühe im Studium und in der Vorbereitung auf die Priesterweihe würden sich bereits lohnen, um einmal die hl. Eucharistie zu feiern!
Nun, 50 Jahre später, nach Aufräumarbeiten zum goldenen Priesterjubiläum, sind unzählige Briefe, Karten, Schriften, Prospekte sowie Protokolle zu seelsorglichen Planungen durch meine Hände gegangen, wodurch u. a. auch unzählige Menschen in meine Erinnerung zurückkehrten. Ich hoffe, dass sie durch mich, einem armseligen Menschen, Christus begegnen durften!
Auf jeden Fall ist Christus durch den seligen Karl Leisner meine Leidenschaft geworden! Und ich möchte nur noch am Rande erwähnen, dass im Zusammenhang mit meinem goldenen Priesterjubiläum mir zahlreiche Menschen gedankt haben, ganz offensichtlich mit ehrlicher Herzlichkeit. In den letzten Tagen durfte ich das noch etliche Male in Rauris/Österreich erleben, wo ich von 2000 bis 2015 Urlaubsvertretung als Priester gemacht habe. Immer wieder haben viele Menschen vor allem erwähnt, dass sie durch die Verkündigung des Wortes Gottes und die Spendung der Sakramente, vor allem die Feier der Eucharistie, Trost, Hoffnung, Glaubenskraft und Gottes Liebe und Barmherzigkeit erfahren durften.
Durch diese Erfahrung erhält Christus über 50 Jahre hinweg die Freude des Priesters in der Jugend und im Alter, sei es als Kaplan oder Pfarrer, in Gesundheit und Krankheit. Ich danke dem Herrn für seinen Segen über uns alle!
Quelle der Fotos: Karl Leisner-Archiv, Hans-Karl Seeger und privat