Karl Leisner-Gedenken auf dem Weg nach Santiago de Compostela

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In seinem Buch „Ohne Stock – mit Stein“ schildert Dr. Werner Reuter seinen Besuch auf dem Jakobsweg in der „Kirchlichen Pilgerherberge Karl Leisner“ in Hospital de Órbigo.

 

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Hospital de Órbigo: 18. Juli 2010·Dr. Werner Reuter

Jetzt liegt nur noch die lange, sanft geschwungene Brücke über den Río Órbigo vor uns, bevor wir den Ort Hospital de Órbigo betreten. Ich freue mich besonders auf die „Albergue Parroquial de Peregrinos Karl Leisner – Kirchliche Pilgerherberge Karl Leisner“, trägt sie doch den Namen eines seligen Märtyrers, den ich besonders hochschätze. Er war ein begeisterter Jugendführer und vorbildlicher Seelsorger. Sein Beispiel und das anderer Märtyrer des 20. Jahrhunderts lassen erkennen, dass die Kirche in der furchtbaren Zeit der Nazidiktatur nicht tot war. Wie oft habe ich mich gefragt, warum unsere Kirche in dieser Zeit nicht ein prophetisches Zeichen gegen die Verfolgung der Juden gesetzt hat. Hätten wir, Hirten und Herde, nicht Leben und Hab und Gut zur Rettung unserer jüdischen Brüder und Schwestern hingeben müssen? Ich stelle die Frage und weiß keine Antwort. Wie sollte ich auch einem Bischof oder Priester oder Familienvater unterstellen dürfen, er habe nicht in gerechter Güterabwägung nach seinem Gewissen gehandelt? Jedenfalls Karl Leisner und viele gleichgesinnte Frauen und Männer bezeugen das Wirken des Heiligen Geistes in seiner Kirche auch in jener Zeit. Leisner ist wegen seiner Arbeit in der katholischen Jugend­bewegung und seiner kritischen Äußerungen über Hitler im Jahr 1939 [über die Gefängnisse Freiburg und Mannheim und das KZ Sachsenhausen am 14.12.1940] in das KZ Dachau gebracht worden, wenige Monate bevor er zum Priester hätte geweiht werden sollen. Wegen einer schweren, nicht behandelten Lungenerkrankung konnte er, den ein Mithäftling, der französische Bischof Gabriel Pignet [Piguet], wenige Tage vorher [am 17.12.1944] zum Priester geweiht hatte, nur eine einzige Heilige Messe in seinem Leben feiern. Es war seine Primizmesse am Stephanustag, dem 26. Dezember 1944, in der Lagerkapelle von Dachau. Nach seiner Befreiung aus dem KZ wollte er noch einmal zelebrieren und hatte sich dafür den 25. Juli 1945, den Festtag des Apostels Jakobus, ausgesucht. Er konnte sich aber an diesem Tag von seinem Lager nicht mehr erheben [und daher nur vom Krankenbett aus mitfeiern]. Sein letzter Eintrag in sein Tagebuch stammt von diesem Tag und lautet: „Segne auch, Höchster, meine Feinde.“ Leisner war geboren in Rees, seine spätere Pfarrkirche war in Kleve, seit 1966 ruht er in der Krypta des Xantener Doms. Am 12. Januar [23. Juni] 1996 hat ihn Papst Johannes Paul II. selig gesprochen. Seit 1997 gibt es an der Marien-Basilika in Kevelaer das „Portal der Versöhnung.“ Es zeigt Karl Leisners Priesterweihe in Dachau. Der Künstler Bert Gerresheim hat in die Darstellung eine Muschel eingefügt und erklärte dazu bei der Einweihung: „…und weil das Portal der Versöhnung zu Ehren Karl Leisners von dem Weg in die Nachfolge spricht und weil diese Nachfolge das Wesen der Pilgerschaft ausmacht, findet sich im Portalbild die Jakobsmuschel als wegweisendes Zeichen der Pilgerschaft.“

Die Herberge ist in einem tadellosen Zustand. Die Gäste werden liebevoll von Pascal, einem kleinwüchsigen Italiener, und seinen Helferinnen und Helfern betreut. Pascal ist ein Energiebündel. Ständig ist er in Bewegung und nimmt sich für jeden Gast Zeit. Der gute Geist des Hauses ist hier in allen Dingen greifbar. (S. 212f)