Karl Leisner ging 1929 über die Prinz-Heinrich-Seebrücke in Binz

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Der Zusammenbruch der Landungsbrücke Binz am 28. Juli 1912 war der Auslöser für die Gründung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) am 19. Oktober 1913

 

Vom 3. bis 23. August 1929 machte Karl Leisner mit seinen Jungen eine Fahrt nach Rügen, währenddessen waren sie auch auf der Prinz-Heinrich-Seebrücke in Binz.

Karl Leisner schrieb am 8. August 1929 in sein Tagebuch:
Von Stralsund gings sofort weiter nach Stralsund-Hafen, wo wir vom Zug aus die Ostsee liegen sahen. Um 19.40 Uhr fuhr der Zug auf das Trajekt[1]. Wir gingen sofort aus dem Zug heraus aufs Trajekt, von wo aus man Stral­sund herrlich liegen sah. Vom Trajekt sahen wir mehrere Se­gelboote, die manch­mal, trotz der leichten Wellen, ziemlich schwankten.
Aus der Ferne sahen wir das so langersehnte Rügen liegen. – Endlich um 20.00 Uhr fuhr unser Zug vom Trajekt auf „Rügen’sches Land“. Bis 20.45 Uhr fuhren wir noch bis Bergen. Vom Bahnhof gings zur Jugendherberge, die noch 20 Minuten ent­fernt lag. Mit viel Glück bekamen wir noch schön Platz; denn wir waren ja nicht angemeldet, und es war nicht viel mehr Platz als für 19. – Die Jugendherberge war eine Baracke, aber doch sehr gemüt­lich. Da wir im Zug gefuttert hatten, gingen wir direkt um 22.00 Uhr zu Bett. Ich schlief bald ein.

[1] 1936/1937 wurde das Trajekt durch die Errichtung des Rügendammes als erste feste Strelasundquerung (Verbindung zwischen Stralsund und Rügen) und dessen Freigabe für den Straßen- und Bahnverkehr überflüssig. Als zweite feste Strela­sundquerung wurde am 22.10.2007 die 4,1 Kilometer lange Hochbrücke für den Kraftfahrzeugverkehr freigegeben.

Am 9. August ging es von Bergen nach Binz, wo das Zeltlager aufgeschlagen wurde:
Um 10.30 Uhr Ab­marsch nach Binz. Es ging über Karow-Zirkow, wo wir bei einem Bauern rasteten und uns stärkten, bis Pantow. Hier bogen wir in den näheren Fuß­weg nach Binz ein und sahen einen Storch. Jan [Ansems], ich und noch zwei gingen über die Schienen, die andern weiter über den Fußweg nach Binz, wo wir um 14.00 Uhr ankamen.

Tagebuch vom 11. August 1929:
[Wir] gingen schließlich um 9.30 Uhr auf Fahrt. Es ging den Strand entlang bis hin­ter die [Prinz-Hein­rich-]See­brücke. Dort fing der Strand an steinig zu werden und bevor wir „oben“ durch den Wald am Meer entlang gingen, machte Jan [Ansems] noch eine Auf­nahme. Vom Strand gings auf den Steinen weiter ins Meer.

Am 13. August 1929 betraten die Jungen die Brücke:
Dann um 12.30 Uhr von der [Prinz-Heinrich-]Seebrücke Binz mit dem Dampfer „Sellin“ nach Stub­benkammer ge­fahren. Wir hatten schönes Wetter und  ruhige See. Nach ein­stündiger Fahrt landete die „Sellin“ in Saßnitz. Nach 10 Minuten Auf­enthalt gings weiter immer an den „Wissower Klinken“ (Kreide­küste) vor­bei nach Stubbenkammer zum Königs­stuhl.

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Karte zum einmaligen Durchschreiten der Sperre der Prinz-Heinrich-Lan­dungsbrücke in Binz

[…]
In Saßnitz kauften wir noch schnell ein paar Ansichtskarten und fuhren dann mit dem Dampfer „Saßnitz“ wieder nach Binz zurück. – Von Saßnitz aus begleiteten Möwen ständig unsern Dampfer, da sie von einigen Leuten gefüt­tert wurden. Die Tiere waren bei ihrem Flug herrlich zu beobachten. – Um 18.30 Uhr Ankunft an der [Prinz-Heinrich-]Seebrücke in Binz.

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Die Fertigstellung der 560 m langen Binzer Seebrücke erfolgte 1902. Seitdem legten die Damp­fer mit der ständig wachsenden Besucherzahl des beliebten Badeortes Binz direkt an der Landungsbrücke an. Zuvor mußten die Schiffe weit draußen vor der Küste ankern, wo die Passagiere von kleinen Fischer- oder Segelbooten abgeholt und zum Ufer gebracht wurden und umgekehrt. Bei einer Sturmflut in der Neujahrsnacht 1905 wurde die Holz­konstruktion völlig zerstört. Im gleichen Jahr wurde sie jedoch bereits wieder aufgebaut und anschließend Prinz-Heinrich-Brücke getauft. Das Betreten des Stegs war nur gegen Zahlung eines Brückengeldes möglich.

Die F.A.Z. vom 19. August 2013 berichtete:
Rettung und Wiederbelebung – Nach einem schweren Unglück auf Rügen wurde vor 100 Jahren die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft gegründet.
[…]
Ein knappes Jahr nach dem Unglück erschien im „Deutschen Schwimmer“, der Zeitung des Deutschen Schwimmverbandes, ein Aufruf zur Gründung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG): „Nach dem weltbekannten Beispiel der Londoner Royal Life Saving Society, deren Erfolge seit zwei Jahrzehnten ohnegleichen sind, will die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft eine weiteste Verbreitung sachgemäßer Kenntnisse und Fertigkeiten in Rettung und Wiederbelebung Ertrinkender herbeiführen.“ Vollzogen wurde der Schritt vor genau 100 Jahren, am 19. Oktober 1913 im Leipziger Hotel „De Prusse“.
Heute ist die DLRG mit mehr als 570000 Mitgliedern die größte freiwillige Wasserrettungsorganisation der Welt. Schon in den ersten drei Jahrzehnten ihres Bestehens bildete sie eine Million Rettungsschwimmer aus. In dieser Zeit sank die Zahl der tödlichen Ertrinkungsfälle 1922 kamen mehr als 8000 Deutsche beim Baden zu Tode – um immerhin ein Drittel. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben Rettungsschwimmer der DLRG mehr als 66 000 Leben gerettet, 9000 davon unter Lebensgefahr. Rund zwei Millionen Wachstunden verbringen die ehrenamtlichen Helfer jedes Jahr an deutschen Ufern und Stränden. Insgesamt erbrachten die Mitglieder der Organisation 2012 mehr als elf Millionen unentgeltliche Stunden für die Sicherheit der Menschen im und am Wasser. Je nach Sommer ertrinken aber immer noch etwa 450 Personen beim Baden. Im vergangenen Jahr waren es allerdings nur 383 Todesfälle, die niedrigste Zahl, seit die Todesfälle statistisch erfasst werden.
Trotz aller Erfolge der DLRG warnt ihr Präsident Klaus Wilkens davor, das Erreichte aufs Spiel zu setzen. Er kritisiert vor allem die Bäderpolitik der Kommunen: In den vergangenen fünf Jahren seien in Deutschland 285 Bäder geschlossen worden, weitere 452 Bäder seien akut von einer Schließung bedroht. Jede vierte Grundschule habe schon jetzt keinen Zugang mehr zu einem Schwimmbad, rechnet Wilkens vor. Die Folge: Nachdem die Zahl der ertrunkenen Kinder in den vergangenen zwölf Jahren kontinuierlich gesunken war, sind in diesem Jahr bereits 32 Jungen und Mädchen unter 15 Jahren ums Leben gekommen. 2012 dagegen wurden insgesamt 18 junge Ertrunkene gezählt. Heute können nach DLRG-Angaben zwar mehr als 80 Prozent der Bevölkerung in Deutschland schwimmen, das sind aber rund zehn Prozentpunkte weniger als noch Ende der achtziger Jahre.
An diesem Samstag, dem 100. Gründungstag der DLRG, planen mehr als 1000 Rettungsschwimmer auf 180 Rettungsbooten eine „Bootsdemo“ in Berlin unter dem Motto: „Sicherheit für Kinder – gegen die Schließung von Schwimmbädern“. Die Boote werden von der Schleuse Charlottenburg kommend die Spree entlang fahren, bis zum Hauptbahnhof und dann über den Humboldthafen, Nordhafen und Westhafen zum Schloss Charlottenburg zurück. Ein, wie es heißt, bestimmt einmaliges Ereignis auf den Berliner Gewässern: Durch die Menge der Rettungsboote wird der Bootskorso bis zu 1,5 Kilometer lang sein.