„Pfarrers Garten“ – Karl Leisner hat ihn kennengelernt:

2014_08_27_AndereZeiten

 

Das Magazin zum Kirchenjahr „Andere Zeiten“ brachte einen interessanten Artikel unter dem Titel „Die Kirschen in Pfarrers Garten“.

 

2014_08_27_Garten1

2014_08_27_Garten2

Aus: Magazin zum Kirchenjahr, Heft 2/2014. Hamburg: Andere Zeiten e.V., www.anderezeiten.de

Link zum Artikel Die Kirschen in Pfarrers Garten

Auch der Pfarrer Dr. phil. Augustin Wibbelt aus dem Münsterland hatte einen wunderbaren Pfarrgarten. Schon bald nach Antritt seiner Pfarrstelle in Mehr am Niederrhein plante und verwirklichte er gemeinsam mit einem Klever Gärtner seinen Pfarrgarten: Er legte kleine Rasenflächen, Beete mit Sträuchern und Stauden, Blumen­rabatten, Gartenwege, Laubengänge und Sitzplätze an, so daß im Laufe der Jahre ein wahres Gartenparadies entstand.

2014_08_27_Wibbelt

Dr. phil. Augustin Wibbelt (* 19.9.1862 in Vorhelm bei Ahlen, † 14.9.1947 ebd., beigesetzt in der Wibbeltka­pelle auf dem Hof Wibbelt ebd.) – Eintritt ins Prie­sterseminar in Münster Ostern 1887 – Priesterweihe 26.5.1888 in Münster – Pfarrer in Mehr bei Kleve 1906–1935 – Pfr. i. R. in Vorhelm 3.5.1935 bis 14.9.1947 – Heimatdichter – Am 30.12.1997 wurde der Jakobus-Karl-Leis­ner-Weg vom Schwesternhaus St. Michael Ahlen über die Wibbelt­ka­pelle nach St. Jakobus Ennigerloh eingeweiht.

Karl Leisner erlebte 1927 Augustin Wibbelts sehr individuell gestalteten Pfarrgarten in Mehr bei Kleve. Mit seiner Gruppe besuchte er Augustin Wibbelt im Pfarrhaus und erfreute sich auch an dessen Garten.

Im Tagebuch notierte er:
Am 2. im Gilbhardt [Oktober].
Teilnehmer: Dr. [Walter] Vinnenberg, [Alfons] van Thiel ([Gruppe] Sigis­mund), [Theo] Derksen (Sigis­mund), [Jan] An­sems, [Josef] Wimmer, [Karl] Meeter, [Karl und Willi] Leisner I und II.
Wir fuhren um 15.00 Uhr unten von der Gruft ab; etwas weiter nahe Kra­nen­burg ging ein Weg nach Zyfflich, diesen Weg verfolgten wir bis zur Pa­storat, wo leider keiner zu Hause war, was wir arg bedauerten, denn wir hatten uns schon auf den Ku- hoppla Sonntagskuchen – ge­freut.[1] Von Zyff­lich segel­ten wir mit Volldampf zur Pastorat Mehr, (wo ge­rade Kir­mes war). Aber hier war Gott sei Dank Herr Pastor [Augustin] Wib­belt selbst zu Hause. Wir hat­ten gewal­tige Freude, daß uns Herr Pa­stor so freundlich aufnahm, denn wir hatten Ma­gen­knurren be­kommen. Der hochwürdige Herr Pastor führte uns durch seinen, man kann sagen botanischen Garten, nämlich in diesem Garten waren die feinsten und seltensten Rosen, ein herr­licher Laubengang (leckere Äppelkes), seltene Pflan­zen usw., zu sehen. Nach Besich­tigung des Gartens führte Herr Wibbelt uns in ein sehr gemütli­ches Zimmer, wo wir (fürchterlich leckere) Äpfel bekamen, die uns köstlich mundeten. Endlich, nachdem wir so alles Sehenswür­dige in der Pa­storat Mehr besich­tigt hatten, gondelten wir gegen 18.00 Uhr heimwärts. Söhni [Josef Wim­mer] blieb in der Wirt­schaft Koekkoek in Dons­brüggen hän­gen, dafür hat Dr. Vinnenberg (unser Kaplan) ihm tüchtig den Kopf gewa­schen. Wir nah­men trotzdem unseren Kurs (im Dunkeln) zu unserem Aus­gangs­punkt, wo wir uns zer­streuten und jeder seinen Weg nach Hause nahm.

[1]
Es gab einen Unterschied zwischen Kuchen und „Sonntagskuchen“. Früher mach­te man einen solchen Unterschied auch beim Brot, sonntags gab es Weiß­brot oder Rosinenbrot.

Über diesen Besuch verfaßte Karl Leisner folgenden Artikel für die Zeitschrift „Johannisfeuer“:

2014_08_27_ArtikelLeisner

2014_08_27_GartenBuxch

 

Augustin Wibbelts Pfarrgarten in Mehr wurde 1912 titelgebend für den zweiten Lyrikband des Dichters in nieder­deutscher Sprache „Pastraoten-Gaoren. Gedichte in münsterländischer Mundart, Essen 1912“

 

 

 

Cover

Titelei

Nach seiner Emeritierung 1935 kehrte Augustin Wibbelt ins Elternhaus nach Vorhelm zurück. Dort schrieb er von November 1940 bis Anfang April 1941 seine Lebens-Erinnerungen nieder. Auf S. 257f. heißt es: „Auch das Antlitz der Heimat hatte manche liebe und vertraute Züge verloren. Selbst die alten Wege waren zum Teil verschwunden. Ich mußte bei aller Vertrautheit mit der Heimat[1] die wehmütige Erfahrung machen, daß der Garten meiner Jugend versunken war und versunken blieb. Das soll mich aber nicht abhalten, dem gütigen Gott zu danken für das, was er mir für meine alten Tage noch gewährt hat. Ich finde noch so viele Anknüpfungen an meine Kinder- und Jugendzeit, daß mein Leben sich in schöner, friedvoller Weise zum Kreise schließt und abrundet.“[2]

[1]  bei aller Vertrautheit mit der Heimat  ist […] eingesetzt worden statt der ursprünglichen Fassung bei allem Verwurzeltsein in der Heimat
[2]
Augustin Wibbelt, Der versunkene Garten, Münster 41979

Noch heute erinnern sich Jung und Alt, Pilger, Spaziergänger und Wanderer im Schatten der alten Bäume des „Versunkenen Gartens“ an den Dichter Augustin Wibbelt.

Impressionen vom Wibbeltschen Hof:

0_P1110786Eingang zum Hof Wibbelt

1_IMG_7920Garten_mit_wunderbaren_Baeumen

2_IMG_7923Baum

3_P1110789Baum

4_P1110790Informationstafel_im_Wibbeltschen_Garten_Vorhelm

5_P1110791Heimathaus_des_Dichters

6_P1110796Grablege_des_Dichters

7_Scan_20140822_154512_Picknick

8_Scan_20140822_154956_Kiepenkerl_begrüßt_Pilger

Fotos Doris Bösing und Gabriele Latzel

siehe auch Aktuelles vom 29. Juni 2013