Karl Leisner in den Eppelborner Heimatheften

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Im Eppelborner Heimatheft Nr. 16, November 2013, hat Franz Josef Schäfer unter dem Titel „Dokumente aus dem Nachlass von Hugo Pfeil, Pfarrer von Humes und Dachau-Häftling“ einen Artikel veröffentlicht, in dem auf den Seiten 26 und 40 auch Karl Leisner erwähnt wird.

 

Seite 25/26:

1. Ergänzungen im Anlageteil des Manuskriptes von Hugo Pfeil
[…]

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Seite 40:

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Franz Josef Schäfer an Hans-Karl Seeger:
1946 wurden die Geistlichen des Bistums Trier von Generalvikar Heinrich von Meurers aufgefordert, über ihre Unterdrückung durch das NS-Regime zu berichten.
Die Akte Abt. 86, Nr. 69 enthält die in alphabetischer Reihenfolge abgehefteten Berichte der Geistlichen. Auf den Seiten 91–148 ist das Typoskript von Pastor Hugo Pfeil enthalten. Mitten in dieses Typoskript wurde der Bauer-Text eingefügt, und zwar auf den Seiten 113–118.

KZ-Priester Peter Bauer 1946 zur Situation im KZ Dachau vor der Priester­weihe Karl Leisners:
Selbsterlebtes in den Konzentrationslagern Buchenwald, Ravensbrück und Dachau
[…]
Altartücher habe ich aus Leintüchern genäht, desgleichen Alben und 10 Priesterrochetts. Die schwarzen Priesterkragen habe ich aus Kleiderstoffen verfertigt, die zur Desinfektion geschickt waren, um dann als Spinnstoff zerrissen zu werden. Die Seminaristen und jungen Kapläne, die auf die­sem Kommando arbeiteten, haben sie, weil man sie in ihrer Heimat ge­stoh­len hatte, dort weggenommen und mir gebracht. Auch konnten wir die italienischen Soutanen klauen und die Soutane des französischen Bischofs [Gabriel Piguet] stehlen. […] Einen violetten Talar, allerdings ohne Ärmel, eine Mozetta, ein Birett und ein Pileolus für den Bischof zu Pontifikal­zwecken habe ich verfertigt aus einer großen neuen halbseidenen Über­zugsdecke eines französischen Prachtbettes, für Ärmel reichte der Stoff nicht mehr. Rote Pontifikalschuhe habe ich aus einem jüdischen Kinder­kleid hergestellt. Daß ich dabei das Leben gewagt habe, brauch ich wohl nicht zu betonen, denn wenn man mich erwischt hätte, wenn ich zwischen den Betten versteckt saß, das zu nähen, wäre ich wenigstens wegen Sabo­tage sofort erhängt worden. Nun es hat gut gegangen. Eine Bischofsmitra und Handschuhe habe ich aus seidenen Frauenkleidern hergestellt. Ein Benediktinerpater [Makarius Spitzig], der früher Schnitzer war, hat aus Apfel­baumholz einen wunderschönen Stab geschnitzt. Russenjungen ha­ben das Bischofskreuz und den Ring gefertigt und mit Wappen versehen, in den Ring haben sie mit der Kapellenmuttergottes graviert. Für den Abt [Jean Gabriel Hondet OSB ] von Belloc in Frankreich habe ich dann zu Ostern [19]45 eine schwarze Mozetta und Pileolus aus dem Seidenfutter eines Mantels herstellen müssen.
Am Christkönigsfest 1944 hielt der französische Bischof Gabriel Piguet aus Clermont-Ferrand Pontifikalvesper. Das war eine Freude. Er konnte immer nicht feierlich von der Tür aus einziehen, wie später, weil es mir in den drei Wochen seit seiner Anwesenheit auf dem Block [nicht möglich war], alles fertig zu stellen. Tunika und Tunizella für ihn aus weißer Seide mit grüner Paspellierung und grünen Stäben konnte ich erst für Weihnach­ten fertig haben, da ich ja auch für mein Kommando arbeiten mußte. Von einem SS-Mann habe ich mir sogar 6 Druckknöpfe gebettelt, er wusste zwar nicht, wofür, aber er brachte sie mit. Sie sind an der Mozetta. An Ostern hielt dann der genannte Abt ein Pontifikalamt, weil der Bischof unterdessen [am 22.1.1945] in den Ehrenbunker gekommen war auf Be­fehl von Berlin. Dort waren auch [Kurt] Schuschnigg mit Frau [Vera] und Kind [Elisabeth], Léon Blum und sonstige Prominenzen.
Am 17. Dezember, dem III. Adventssonntag, erlebten wir eine überaus große Freu­de. Wir hatten im Revier in der Tbc-Station einen Diakon aus der Diözese Münster, Karl Leisner, unterdessen schon gestorben. Er war gerade vor der Priesterweihe verhaftet worden. 5 lange Jahre war er im Lager und dem Tode nahe. Heimlich besorgten wir uns die Erlaubnis des Bischofs [Clemens August Graf von] Galen von Münster und die des Kardinals [Michael von Faulhaber] von München zur Priesterweihe, die auch, ohne dass die SS es merkte, eingingen. Das hl. [Katechumenen-]Öl besorgte wieder heimlich der Dechant von Dachau [Friedrich Pfanzelt]. Die Pontifikalien waren da. Das konnte auch von Mün­chen besorgt werden. Da war dann die Priesterweihe vorbereitet. Priesterkameraden, die die Nummern bis 40.000 hatten, konnten daran teilnehmen, während alle, die die Nummern bis 168.500 hatten, am Stephanustage der ersten und letzten hl. Messe des Neopresbyters beiwoh­nen durften. Diese Teilung in 2 Abteilungen war dadurch bedingt, dass der Bischof es nicht verantworten konnte, die Kapelle zu überfüllen, weil sonst der arme Karl nicht mehr atmen konnte, und so die lange Feier nicht überstanden hätte. Alle waren dem Bischof dankbar. Er selbst schritt mit Tränen in den Augen durch die Menge des Klerus. Ich sagte ihm: „Excellenz, heute hatten sie mehr Klerus bei dieser Priesterweihe, als Sie dessen überhaupt in ihrer Diözese haben.“ Er antwortete mir. „Ich habe 500 Priester, aber ich werde diesen Tag in meinem Leben nicht verges­sen.“ Leider konnte der Bischof kein Wort deutsch, man mußte mit ihm lateinisch oder französisch reden. Karl war glücklich, mußte aber sofort ins Bett.[1]

[1] Peter Bauer: Selbsterlebtes in den Konzentrationslagern Buchenwald, Ravens­brück und Dachau. Manuskript im Bistumsarchiv Trier, Abt. 86, Nr. 69: 113–118, hier 117f.