Begegnung von Karl Leisner und Hans-Karl Seeger mit Wilhelm Heinen
Seinen Arbeitsdienst leistete Karl Leisner unter anderem in Sachsen ab. Während des Pfingsturlaubs machte er mit Kameraden einen Ausflug nach Dresden. Damals gab es noch die Pfingstoktav, die bei der Liturgiereform gestrichen wurde.
Am Pfingstsonntag feierte er eine Messe in der von 1739 bis 1755 im Barockstil errichteten Hofkirche mit und am Pfingstdienstag eine Maiandacht. Kontaktfreudig wie er war, traf er dort Vertreter der HOKI-Jugend (Hofkirchenjugend):
Hofkirche in Dresden
Am Pfingstdienstag, 18. Mai 1937, machte er mehrere Einträge in sein Tagebuch:
Zur Hofkirche Maiandachtsschluß, Maria [Cerman] und Agnes [Ledermüller] mit ihrem Bruder [Erich] getroffen.
Maria Cermanová am 5. Dezember 1977 an Wilhelm Haas in Kellen:
Sie werden erstaunt sein zu hören, daß auch ich Karl Leisner kennen und schätzen gelernt habe. Etwa 1937 kam er mit einem Freund in der Zeit seines Arbeitsdienstes nach Dresden. Er war überrascht und hocherfreut, auch in der Diaspora einen Kreis junger Menschen zu finden, die brannten für Gott und Sein Reich. Strahlend, voller Freude, sehe ich ihn „heute“ noch vor mir. Ich nahm ihn mit heim zu meiner Mutter.
Maria Cermanová im März 1998 an Hermann Scheipers in Ochtrup:
Kennengelernt haben wir Karl in der Hofkirche. Der Bruder [Erich] von Agnes [Ledermüller] – im Krieg gefallen – sprach ihn an und nahm ihn gleich mit in die Schloß-Straße ins Pfarramt. Dort war ja die Heimat für die Jugend. Karl war beglückt, in der Diaspora so viel religiöses Leben vorzufinden… Schon 1932 haben wir in der Hofkirche mittwochs früh 6.00 Uhr Gemeinschaftsmesse um den Altar-Tisch stehend – er stand frei vor den Stufen zum Hochaltar – gefeiert. Sonnabends sangen wir die [Deutsche] Komplet 18.00 Uhr, erst nur die Jugend – oft war auch Bischof [Petrus] Legge, wenn er durch Dresden heimfuhr, dabei und später kamen immer mehr Pfarrmitglieder dazu, so daß das ganze Seitenschiff besetzt war. Gruppenstunden waren wochentags 18.00 bis 20.00 Uhr jeden Tag – Jungen und Mädchen getrennt. Selber hatte ich zwei Gruppen jüngerer Mädchen.
Agnes Lipski, geb. Ledermüller, Ostern 1998 an Hans-Karl Seeger:
Karl Leisner besuchte mich im Geschäft, wo ich Verkäuferin war, ich nahm seinen Affen und die Klampfe an mich, bat ihn, mich 19.30 Uhr abzuholen. Inzwischen rief ich Maria Cerman an und lud sie zum Abendbrot in die Pohlandstraße ein. Meine Mutter machte ein gutes Abendbrot, danach übers Blaue Wunder[,die 1891–1893 errichtete und 1945 vor der Sprengung durch die SS durch zwei mutige Dresdener gerettete Elbbrücke von Blasewitz nach Loschwitz], an der Elbe entlang über Augustusbrücke. Wir haben uns über Jugendarbeit unterhalten und gesungen. [Am] Postplatz haben wir uns verabschiedet, Treffpunkt Hofkirche. Nun war es nicht weit zum Kolpinghaus.
Treffpunkt Hofkirche mit meinem Bruder Erich, stolz präsentierten wir den Zwinger, dann Abschied, glückliche Weiterreise.
Karl Leisner:
Einen Kaplan kennengelernt.
Maria Cermanová im März 1998 an Hermann Scheipers in Ochtrup:
In Dresden hatte Kaplan [Wilhelm] Heinen die „Jungens“, mit Karl [Leisner] war ich bei ihm.
Wilhelm Heinen bei der Primiz seines Schülers Prof. Dr. Stephan E. Müller
Foto und Nachruf (anklicken): Erzbistumsarchiv Paderborn
Prälat Prof. Dr. theol. Wilhelm Heinen (* 26.2.1909 in Westhofen/Westfalen, † 12.12.1986 in Kloster Grafschaft/Sauerland) – Priesterweihe 17.3.1934 in Paderborn – Kaplan in Dresden an der Hofkirche, zuständig für die Jugend 24.4.1934–30.9.1938 – Pfarrvikar in Dresden-Klotzsche 1.10.1938–31.10.1945 – Professor für Moraltheologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster 15.5.1956–1974
Hans-Karl Seeger hörte während seines Theologiestudiums an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in Moraltheologie Professor Wilhelm Heinen. Da dieser sehr pastoraltheologisch und psychologisch ausgerichtet war, weckte er in Hans-Karl Seeger die Neugier für Psychologie, was diesem in seiner späteren Tätigkeit als Spiritual sehr zu Hilfe kam.