Bischof Dr. phil. Johannes Baptista Sproll (* 2.10.1870 in Schweinhausen, † 4.3.1949 in Rottenburg am Neckar) – Priesterweihe 16.7.1895 – Bischofsweihe zum Weihbischof für das Bistum Rottenburg 18.6.1916 – Bischof von Rottenburg 1927–1949 – wegen seiner öffentlichen Stellungnahme gegen das NS-Regime Verbannung ins Exil nach Krumbach (Diözese Augsburg) 1938–1945 – Eröffnung des Seligsprechungsprozesses 9.5.2011
Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / Fotograf: Joachim Specht / gemeinfrei (abgerufen 11.02.2017)
Unter der Überschrift „Gesicht des bischöflichen Widerstands – 1943 weiht Bischof Johannes Baptista Sproll seine Diözese im Exil [der Gottesmutter] – Über die ‚Marienweihe im Jahr von Stalingrad’ schreibt der Theologe Thomas Hanstein“ berichtet Barbara Wenz in der Zeitung Die Tagespost vom 1. Dezember 2016 über das Schicksal des Bischofs. Sie bezieht sich dabei auf folgende Veröffentlichung:
Thomas Hanstein
Sprolls Marienweihe im Jahr von Stalingrad. Religiöser Akt oder politisches Fanal? Ein historischer Beitrag zum siebten Rottenburger Bischof. Tectum Verlag Marburg 2014, 464 Seiten, ISBN 978-3-8288-3428-6, EUR 44,95
Link zum Buch
Siehe auch Link zur Westfälischen Wilhelms–Universität Münster – KOOPERATIONSPROJEKT „JOANNES BAPTISTA SPROLL, BISCHOF VON ROTTENBURG 1927-1949“,
Link zur Diözese Rottenburg-Stuttgart – Glaubenszeugen – Joannes Baptista Sproll
und
Link zur Diözese Rottenburg-Stuttgart – Mediathek – Zeitzeugenportrait – Pfarrer i. R. Wendelin Sieß über Bischof Sproll.
Das offene Nein zu Adolf Hitlers Politik des Bischofs von Rottenburg Dr. Johannes Baptist Sproll löste eine beispiellose Hetzaktion der Nationalsozialisten gegen diesen aus und trieb ihn ins Exil. Bischof Clemens August Graf von Galen war sehr beeindruckt von diesem Glaubenszeugen.
Prof. Dr. Hubert Wolf:
Schon während der Verbannung Sprolls in den Jahren 1938 bis 1945 tauchten vereinzelt erste Vergleiche zwischen dem Schicksal des Rottenburger Bischofs und dem Los antiker Märtyrerbischöfe auf. Der Münsteraner Bischof Galen, dessen Handeln immer wieder mit dem Sprolls verglichen wird, berichtete in einer Predigt im Mai 1938 über das Geschehen in Rottenburg: „Ich muss Euch erzählen, was einem deutschen Bischof in letzter Zeit widerfahren ist, der dadurch den Hass der Neuheiden und der Christenhasser auf sich geladen hat, dass er … ,gelegen oder ungelegen‘ für die Wahrheit Zeugnis gegeben hat.“ Im Dezember 1943 schrieb Galen an Sproll, dessen Schicksal erinnere ihn an das Los des heiligen Johannes Chrysostomus, der 404 ins Exil geschickt worden war: „Sie sind ja der einzige aus unseren Reihen, der solcher Prüfung und Auszeichnung würdig befunden wurde. Und jetzt die schweren Leiden, die Sie der freiwilligen Hilfsbedürftigkeit des göttlichen Kindes in der Krippe ähnlich machen.“ (URL http://www.drs.de/index.php?id=105&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D =10263&tx_ttnews%5BbackPid%5D=27&cHash=cacb7d8496 – 6.8.2011)
* * * * *
Karl Leisner schrieb in Münster, am Sonntag, dem 15. Juli 1934, in sein Tagebuch:
Dann Kaffee. Im „Jungführer“ [Zeitschrift Der Jungführer 1934: Jahresband] gelesen über […] Feine Themen für die Jungenschaft! Seite 7 für mein „Referat“ zu gebrauchen.
In der Zeitschrift geht es um einen Erlaß des Bischofs Dr. Johannes Sproll an die katholischen Jugendorganisationen der Diözese Rottenburg vom 21. Februar 1934, um den Kommentar eines Autors mit dem Kürzel He. und um ein Zitat von Eugenio Kardinal Pacelli[1] in einer Botschaft an die Jungmänner.
[1] Eugenio Pacelli (* 2.3.1876 in Rom, † 9.10.1958 in Castel Gandolfo/I) – Priesterweihe 2.4.1899 – Eintritt in den Dienst des Staatssekretariates 1901 – Professor für kirchliche Diplomatie 1909–1914 – Bischofsweihe zum Titularerzbischof von Sardes/Sart/TR 13.5. 1917 – Apostolischer Nuntius für Bayern in München 1917 – Nuntius für das Deutsche Reich 1920–1929 – Übersiedlung nach Berlin 1924 – Kardinal 1929 – Kardinalstaatssekretär in Rom 1930 – Papst Pius XII. 2.3.1939
Jungführer1 (1)
Jungführer2 (1)
Artikel 31 des Reichskonkordates vom 10. September 1933
Diejenigen katholischen Organisationen und Verbände, die ausschließlich religiösen, rein kulturellen und karitativen Zwecken dienen und als solche der kirchlichen Behörde unterstellt sind, werden in ihren Einrichtungen und in ihrer Tätigkeit geschützt.
Diejenigen katholischen Organisationen, die außer religiösen, kulturellen oder karitativen Zwecken auch anderen, darunter auch sozialen oder berufsständischen Aufgaben dienen, sollen, unbeschadet einer etwaigen Einordnung in staatliche Verbände, den Schutz des Artikels 31 Absatz 1 genießen, sofern sie Gewähr dafür bieten, ihre Tätigkeit außerhalb jeder politischen Partei zu entfalten.
Die Feststellung der Organisationen und Verbände, die unter die Bestimmung dieses Artikels fallen, bleibt vereinbarlicher Abmachung zwischen der Reichsregierung und dem deutschen Episkopat vorbehalten.
Insoweit das Reich und die Länder sportliche oder andere Jugendorganisationen betreuen, wird Sorge getragen werden, daß deren Mitgliedern die Ausübung ihrer kirchlichen Verpflichtungen an Sonn- und Feiertagen regelmäßig ermöglicht wird und sie zu nichts veranlaßt werden, was mit ihren religiösen und sittlichen Überzeugungen und Pflichten nicht vereinbar wäre.
Vermutlich gehört folgendes Konzept ohne Datum aus dem Nachlaß von Karl Leisner zu dem geplanten Referat.
Referat
Liturgische Erneuerung [Bewegung] und Jugendbewegung
Geistesgeschichtliche Situation des deutschen Volkes im 19. Jahrhundert – [Erster] Weltkrieg: Rationalismus – Individualismus (Isolation) – Materialismus. Das Volk, der Mensch verliert seine Seele. Paul de Lagarde[1] (1875[2]): (27–28)[3]
Um 1890 in Berlin-Steglitz Hans Fischer [Karl Fischer[4]]. Aus Gymnasiastengruppen, die losziehn ins Land: Wandervogel. – Ein großer Aufbruch der Jugend im ganzen Deutschland: Jugendbewegung.
Erste Zusammenfassung: 1913 Hoher Meißner: „Die Jugend will aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten.“[5]
1914 durch Ausbruch des Weltkrieges das erste Quickborntreffen verhindert.
Der Weltkrieg: Die große Bewährung und Klärung. „Rein bleiben, reif werden“ Flex) „Wanderer zwischen beiden Welten“.[6]
Der Weltkrieg: Die Katastrophe. Das Gottesgericht. Der Zusammenbruch, der Tod. – Aber das Leben rafft sich mächtig auf.
Von 1920 bis 1930: Das abklingende Jahrzehnt der Jugendbewegung. – Parteipolitische Zerklüftung [in der Weimarer Republik]. – Die großen geschichtlichen Mächte spüren um die Macht, die in der Jugend lebendig wurde. 1928 Neisse: Jungführer an die Front.[7] Trier 1931[8] – Koblenz 1932[9] (Sturmschar) Sturmjahr – Dortmund (1932)[10]
ND-Hirschberg-Programm – (1928 ?)[11] Ringen nach neuer Form: Jungenschaft – Jungmannschaft.
Grundgesetz des organischen Wachstums in der Jugendbewegung: die Zelle – der Bund.
Grunderlebnis: Das Gemeinschaftserlebnis.
Formung und Gestaltung nach dem Echten und Wahren, Lebendigen in Natur und Gnade (Sturmschargesetz). Wandern, Feiern, Leben der Fülle. „Ut vitam habeant“ [Damit sie das Leben haben.( Joh 10,10)].
Die Jugendbewegung ist eine Bewegung aus dem jungen Volk. – Nirgends als in Deutschland.
Vier Grunderlebnisse: Die Jugendgemeinschaft – die Volksgemeinschaft – (das Naturerlebnis) die Gnadengemeinschaft (die Kirche in neuer Sicht) – die Reichsidee (Jgm [Jungmännerverband]: Grundgesetz).
„Die Kirche ist erwacht in den Seelen“. (Guardini[12])
Forderung von grader natürlicher Haltung (Werkbriefe „Briefe über Selbstbildung“[13]) und echter natürlicher Wertaufgeschlossenheit. (Gratia supponit naturam.[Gratia praesupponit naturam, elevat et perfecit (lat.) = Die Gnade setzt die Natur voraus, erhebt und vollendet sie.[14]])
Liturgische Haltung – Gemeinschaftshaltung. Ordnung in der Freiheit.
Liturgische Erneuerung [Bewegung] und Jugendbewegung
Gliederung: Paul de Lagarde
I. Geschichte der Jugendbewegung
a) äußere
b) innere (Einschnitt des Weltkrieges)
II. Jugendbewegung
a) als Reaktion
b) als Neuwerden in der Jugend des Volkes
III. Grunderlebnisse:
a) das Zueinanderfinden zu echter Gemeinschaft;
b) das Natur- und Fahrtenerlebnis;
c) das Volk-erlebnis;
d) die Rückkehr zu den Quellen;
e) das Ganzheitserlebnis
IV. Formung des Erlebnisses
Sammlung der zerfließenden Kräfte zur Gestalt. Die Anerkennung der gesunden Tradition.
Die Ehrfurcht. – Die Echtheit, Wahrhaftigkeit. – Das Ringen der Jugend.
V. Katholische Jugendbewegung und Kirche
a) Volk – Kirche: Das Kirchenerlebnis, das Christuserlebnis: Mensch, werde wesentlich.[15] Das Wiederentdecken sinnlos gewordener Zeichen.
Autorität und Freiheit
Literatur: Schriften Guardinis. – Stählin. – Voggenreiter-Verlag. – Werkbund-Verlag Würzburg.[16]
Ausführung
Das 19. Jahrhundert trat das Erbe des rationalistisch-aufgeklärten 18. an. Gewaltige Entwicklungen – gewaltige Spannungen überstürzen sich …
Die Technisierung, die Industrialisierung schaffen mächtig vorwärts. Ein Tempo ungesunder Hast und Gier überfällt die Menschen. – Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sich selbst (animam suam [seine Seele]) verliert? [vgl. Mk 8,36]
„Aider le monde à reconquérir son âme.“ [Der Welt helfen, ihre Seele wiederzugewinnen.] – Europa ist satt …, alles ist anscheinend in bester Ordnung … – : Materialismus – Lebensgenuß. – Atheismus. – Zwei Typen[17]: A. Wandervogel – B. Pfadfinder.[18]
Da bricht die Jugendbewegung wie ein Gegenstrom auf. Wann, wie, wo, woher, das können wir mit Tag und Stunde nicht sagen: Die Jugend der Stadt, Pennäler, die die Schulbank drücken, Bürogehilfen, junge Arbeiter, die es im Getöse und im Druck der Großstadt leid sind, die spüren, wie sie verkümmern, brechen auf, aus nach draußen.
Um das Jahr 1890 zog so Hans Fischer [Karl Fischer] los mit ein paar Buben. – Was sie eigentlich wollten, das wußten sie selbst nicht. Jedenfalls wollten sie nicht das Alte, Alltägliche. Das waren sie satt. Sie wollten etwas Neues. Sie suchten irgendwo da draußen in Wald und Heide etwas Neues, die „blaue Blume“ – wie die Romantik es genannt hatte.[19]
Aus diesen Schüler- und Jungengruppen, die da losziehn ins Land, entsteht der deutsche „Wandervogel“. Mit einer lebensmächtigen Gewalt und Schnelligkeit sondergleichen setzt er sich in ganz Deutschland durch. Schlesien – Mitteldeutschland – Brandenburg, aber auch Westen und Süden sind bald besetzt mit Gruppen.[20]
Bald schon teilt sich der Wandervogel in die verschiedensten Gruppen und Bünde. Es ist kein Starker da, der den einheitlichen Lebenswillen in die Hand nimmt und führt und formt. Das alte deutsche Erbübel der Zwietracht und der Reichtum an Führerqualitäten im deutschen Jungvolk bedingen die Spaltungen und Absonderungen. Es zeigt sich darin aber auch die Fruchtbarkeit und der Reichtum des Lebens in deutscher Jugend.
Zunächst haben die Wandervögel, seien es Gymnasiasten oder Studenten, Buben und junge Männer in Kontor und Fabrik, hart zu ringen um ihr Ideal gegen das allmächtige Philister- und Bürgertum. (Bundesverbot an höheren Schulen) – Sie wehren sich aber tapfer. – Einige Bünde: Alt-Wandervogel – Kronacher Bund – Nerother Wandervögel – Greifenbund – Adler und Falken – Jungdeutscher Orden – Bismarck-Jugend – Freideutsche Jugend – Freischarjugend der Nation.
Katholische Jugendbewegung: Quickborn: Neisse (um 1905/6) Abstinenter Schülergruppenring, dazu stießen katholische Wandervogelgruppen.
Weitblickende katholische Priester nahmen sich der Gruppen an: Hermann Hoffmann – Klemens Neumann (Spielmann [Liederbuch „Der Spielmann“]) – Romano Guardini.
Eine äußere Zusammenfassung:
Das Treffen aller Wandervogelbünde und der Freideutschen Jugend auf dem Hohen Meißner im hessischen Bergland: „Die Freideutsche Jugend will aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten.“[21] Eine ständig ansteigende Welle der Freude und des Lebens geht durch das deutsche Land. Überall tauchen die Gruppen auf mit ihren Fahnen und Wimpeln, mit Geigen, Flöten und Zupfgeigen: Die bunten Kittel der Buben, die leuchtend frischen Kleider der Mädchen. – Auf Fahrt sind sie in allen deutschen Gauen. – Sie feiern ihre Feste, tanzen ihre alten Tänze und Reigen, entzünden an Sonnwend und hohen Tagen der Gemeinschaft ihre Feuer.
Da bricht der Weltkrieg herein, die große Feuerprobe. – Viele junge Führer und Mannen der Wv’s [Wandervögel] – Studenten und junge Arbeiter gehen als Freiwillige zum Heer. Langemark ist der große Aderlaß, aber diese 10.000 gefallenen Studenten und Wandervögel sind ein herrliches Opfer deutscher Jugend.[22]
Eine der schönsten deutschen Kriegsdichtungen schuf einer aus der Jugendbewegung: Walter Flex „Wanderer zwischen beiden Welten.“ Nach dem Krieg dann bricht der unterbrochene Lebensstrom mit erneuter Kraft auf. Allüberall wieder neues Leben aus den Ruinen. – Quickborn hält gleich 1919 auf Rothenfels den ersten deutschen Quickborntag, der 1914 durch den Ausbruch des Weltkrieges verhindert wurde. Leider machte sich die parteipolitische Zerklüftung [in der Weimarer Republik] in der Jugend mehr und mehr auch geltend. Tüchtige Geschäftemacher und Organisatoren verstanden es, für ihre politischen Ziele und Ideologien den Idealismus der Jugend auszunützen. (Wehrverbände „Wehrwolf“ – Jgdo [„Jungdo“, Jungdeutscher Orden] – Bism-bd. [Bismarckbund – Bismarck-Jugend] – etc. Pazifistische Rote[23]).
Ein Zweig, der jetzt stärker aufbricht, ist die Pfadfinderbewegung (Boy-Scouts). – Baden-Powell[24]. – „Allzeit bereit“. – (Zeitschrift Spur).
1918 ND[25] in Köln: Kardinal Felix Hartmann (ehem. Ep. Mon. [ehemaliger Bischof von Münster[26]]). – Zunächst Schülerverein. Dann bald Aufbruch der Jugendbewegung. 1920: Hirschberg-Programm.[27] (Trotz heftigen Widerstandes mancher „Alten“ und „Jesuiten“) – Zeitschriften: Leuchtturm – [Die] Burg.
1924 Fulda[28]: Mosterts[29] (1905 Düsseldorf[30]) Priester der Diözese Münster.[31] „Lasset uns den ganz katholischen Menschen schaffen!“ (DJK Sportbewegung)
Zusammenfassung:
1926 Wolker[32]: 1928 Neisse: Jungführerprinzip.[33]
Wacht [Zeitschrift Die Wacht] wird besser. – Sturmschar (Franz Steber[34], P. Noppel[35] – München) als Wandergruppen- und Abteilung im KJMV. – Die Reichstagung[36] in Trier 1931. Jugend und Kirche. – „Reichsgedanke“ „Feuer von Trier“[37] – Das Grundgesetz – (1932) – Sturmschartreffen in Koblenz[38], Lagerzeitung ([?] Essener katholischer Tage[39]: Junge Front) – Sturmjahr [1932]! – DJK-Treffen in Dortmund[40].
Die letzten Jahre. Wacht [Zeitschrift Die Wacht] – S-W [Zeitschrift Am Scheidewege] – Jungführer [Zeitschrift Der Jungführer]– Jungpriester[41] – Georgspfadfinder [Zeitschrift St. Georgspfadfinder] – Sturmscharbrief.
[1] In den Tagebüchern findet sich kein Hinweis darauf, daß Karl Leisner Deutsche Schriften von Paul de Lagarde gelesen hat:
Lagarde, Paul Anton de: Deutsche Schriften. 1. Band/Deutsche Schriften. 2. Band/Ausgewählte Schriften, München 1924
[2] Lagarde, Paul Anton de: Über die gegenwärtige Lage des Deutschen Reiches. Wurde am 31.8.1875 veröffentlicht.
Lagarde bestimmte 1875 Deutschland als mystische Größe, also nicht als ein an konkreten Werten und Gesetzen angelegtes Staatsgebilde. Die Hauptgefahr für das verbindende Heil sah er in den Juden. In Vorwegnahme des Nazi-Vokabulars bezeichnete er Juden als Bazillen und Trichinen. Er sah das Übel im Alten Testament und erstrebte, auf klassischen christlichen antijudaistischen Vorstellungen basierend, die Verdrängung des Judentums aus dem deutschen Volk und Staat. Von ihm stammt die Vorstellung des germanischen Christentums, die den Schulterschluß zwischen Adolf Hitler und Paul von Hindenburg ermöglichte (URL http://www.sopos.org/aufsaetze/3c6d70dd47f4a/1.phtml – 28.4.2011).
[3] Die 1938 in roter Schrift nachgetragenen Seitenzahlen (27–28) verweisen auf die Bücherlese vom März 1938 (Tgb. 19). Karl Leisner hat dort unter der Überschrift Paul de Lagarde 1875 (in Deutsche Schriften) Sätze aus Miller, Otto: Der Individualismus als Schicksal, Freiburg/Br. 1933, abgeschrieben.
[4] Karl Fischer (* 21.3.1881 in Berlin, † 13.6.1941 ebd.) – Pädagoge – als Untersekundaner Erster Vorsitzender des Stenographenvereins am Steglitzer Gymnasium in Berlin Ostern 1897 – Der Student Hermann Hoffmann-Fölkersamb begeisterte die Schüler dort von 1896–1899 in seinen Stenographiekursen zugleich für Wanderfahrten. Daraus erwuchs die Wandervogelbewegung. Ab 1901 brachte Karl Fischer diese als Nachfolger von Hermann Hoffmann-Fölkersamb in organisierte Formen. Eine Gedenktafel in Steglitz-Zehlendorf, Schloßstr. 37, und der nach ihm benannte Karl-Fischer-Weg in Steglitz erinnern an sein Wirken.
[5] Meißner Formel 1913
Ferdinand Avenarius:
Die Freideutsche Jugend will aus eigener Bestimmung und Verantwortung mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen geschlossen ein. Zur gegenseitigen Verständigung werden freideutsche Jugendtage abgehalten. Alle gemeinsamen Tagungen sind alkohol- und nikotinfrei (Leuchtturm 1922/23: 382).
[6] Flex, Walter: Der Wanderer zwischen beiden Welten. Ein Kriegsbericht, München 1917
[7] Vom 27.6. bis 1.7.1928 war die erste Verbandstagung des KJMVD unter Prälat Ludwig Wolker in Neisse/Schlesien. Damit setzte eine grundlegende Änderung der gesamten Verbandsarbeit ein. Im Vordergrund standen Jungführerdienst und Jungführerbildung.
[8] Vom 18. bis 22.6.1931 war die Reichstagung des KJMVD in Trier, am 21.6.1931 wurde das Grundgesetz zum Beschluß erhoben.
[9] Vom 17. bis 21.5.1932 war das erste Reichstreffen der Sturmschar in Koblenz mit Lager, Sportturnier und Lagerzeitung vom Treffen. Der Bamberger Reiter wurde als Leitbild propagiert.
[10] Vom 28. bis 31.7.1932 war das Dritte Reichstreffen der DJK in Dortmund.
Sturmschar 1932: 129, Jungwacht 1932: 222, 256ff., Wacht 1932: 258
Junge Front 1932 – Nr. 2 vom 24.7.1932: Freitag, 22.7. bis Sonntag 24.7.1932. In der 1955 erschienenen Satzung steht als Datum: 28. bis 31.7.
[11] Das erste Hirschbergprogramm wurde 1923 beschlossen. Inhalte und Ziele des ND fanden ihren Niederschlag in vier Hirschbergprogrammen in der Zeit von 1923–1926.
[12] Guardini, Romano: Vom Sinn der Kirche. Fünf Vorträge, Mainz 1922: 1
Der erste Vortrag „Das Erwachen der Kirche in der Seele“ beginnt mit dem berühmt gewordenen Zitat: „Ein religiöser Vorgang von unabsehbarer Tragweite hat eingesetzt: Die Kirche erwacht in den Seelen.“
[13] Guardini, Romano: Briefe über Selbstbildung, Mainz 1930
[14] Bonaventura formulierte diesen Gedanken, und Thomas von Aquin entwickelte ihn weiter.
[15] Anfang des Epigramms „Zufall und Wesen“ von Angelus Silesius im Cherubinischen Wandersmann (Zweites Buch, 30):
Mensch, werde wesentlich; denn wenn die Welt vergeht, / So fällt der Zufall weg, das Wesen, das besteht (Angelus Silesius: Cherubinischer Wandersmann. Kritische Ausgabe, Stuttgart 1922: 19).
[16] Im Werkbund-Verlag wurden viele Schriften Romano Guardinis gedruckt. Es ist nicht ersichtlich, an welche Veröffentlichungen von Wilhelm Stählin Karl Leisner dachte. Es könnte sich um „Vom Sinn des Leibes“, Stuttgart 21934 handeln.
[17] eine rein weltliche (Wandervogel) und eine christlich-kirchliche Gruppierung (Pfadfinder)
[18] Bernhard Schneider zählt 66 Gruppierungen der Wandervogelbünde und 37 Pfadfinderbünde auf (s. Schneider, Bernhard: Daten zur Geschichte der Jugendbewegung, Bad Godesberg: Voggenreiter Verlag 1965: 203–205).
[19] Georg Friedrich Philipp Freiherr von Hardenberg (Novalis) (* 2.5.1772 auf Schloß Oberwiederstedt, † 25.3.1801 in Weißenfels) – Dichter der Romantik – Er schuf in seinem Roman Heinrich von Ofterdingen das Symbol der Blauen Blume als Ausdruck der romantischen Sehnsucht. Innerhalb des romantischen Wandervogels fand dieses Symbol Eingang in verschiedene Lieder, z. B. in das Lied „Wir wollen zu Land ausfahren“. Zu seinen bekanntesten Werken zählt u. a. das Gedicht „Ich sehe dich in tausend Bildern“.
[20] Hermann Hoffmann-Fölkersamb:
iese Art des Wanderns war mindestens für Nord- und Mitteldeutschland damals etwas Neues. Es geht dies schon daraus hervor, daß die Industrie noch nichts von dem herstellte, was für das heutige Wandern selbstverständlich ist. Die „bessere“ Jugend pflegte eben mit den Eltern in Seebäder oder andere Sommerfrischen zu reisen (Brief von Hermann Hoffmann-Fölkersamb vom 7.11.1952 an Dr. Heinrich Ahrens, s. Gerber, Walther: Zur Entstehung der deutschen Wandervogelbewegung. Ein kritischer Beitrag, Bielefeld 1957: 21).
[21] s. Meißner Formel 1913
[22] Anklang an die Heldenverehrung bei Walter Flex
[23] vermutlich Karl Leisners Bezeichnung für eine kommunistische Gruppierung
[24] Robert Stephenson Smyth Baden-Powell (* 22.2.1857 in London, † 8.1.1941 in Kenia) – Begründer der Pfadfinderbewegung (Boy-Scouts) – Veranstalter des ersten Jugendzeltlagers (25.7. bis 9.8.1907) auf Brownsea Island, einer Insel in der Hafeneinfahrt von Poole, an der Südküste Großbritanniens
[25] Die Gründung des ND war 1919.
[26] Felix Kardinal von Hartmann (* 15.12.1851 in Münster, † 11.11.1919 in Köln) – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 17.10.1870 – Priesterweihe 19.12.1874 in Münster – Bischofsweihe zum Bischof für das Bistum Münster 26.10.1911 – Erzbischof von Köln 1913 – Kardinal 1914
[27] Im Sommer 1920 fand in Fulda ein Verbandstag statt, auf dem P. Ludwig Esch SJ die Autorität der geistlichen Gruppenführer festschrieb. Aber in der Praxis stellten sich die Führungsprobleme immer wieder neu.
[28] 1924 fand in Fulda ein wichtiger Verbandstag des Katholischen Jungmännerverbandes statt und die Erarbeitung einer Verbandssatzung (eines sog. Grundgesetzes) und des Fuldaer Bekenntnisses fand einen ersten Abschluß. Verbandstage traten an die Stelle der Generalversammlungen der Präsides, auf denen fortan die Jungmänner als Vertreter der Bezirke stimmberechtigt waren.
[29] Carl Mosterts (* 28.10.1874 in Goch, † 25.8.1926 in Lausanne/CH) – Priesterweihe 24.8.1900 in Köln – Kaplan an St. Maximilian in Düsseldorf – anschließend an St. Lambertus ebd. – Generalsekretär des 1896 gegründeten Verbandes Katholischer Jugendvereine 1907 – Eröffnung des Generalsekretariates in Düsseldorf, Stiftsplatz 10a, bei der Lambertuskirche 2.2.1908 – Generalpräses des Verbandes der katholischen Jugend- und Jungmännervereine Deutschlands 1913 – Gründung der DJK in Würzburg 1920 – 1. Vorsitzender der überverbandlichen Arbeitsgemeinschaft „Katholische Jugend Deutschlands“ 1921 – Erwerb u. Einrichtung von Haus Altenberg 1922
[30] Vermutlich dachte Karl Leisner an die Gründung des KJMVD 1908 in Düsseldorf durch Carl Mosterts.
[31] Carl Mosterts stammte aus Goch im Bistum Münster, wurde aber in Köln zum Priester geweiht.
[32] Prälat Ludwig Wolker, von den Jugendlichen kurz General genannt, (* 8.4.1887 in München, † 17.7.1955 in Cervia bei Ravenna/I) – Studium in München u. Innsbruck/A – Priesterweihe 29.6.1912 in Freising – Diözesanpräses des KJMVD in der Erzdiözese München und Freising Mai 1926 – Landespräses für Bayern Juni 1926 – Wahl zum Generalpräses des KJMVD u. Vorsitzender der DJK 9.11.1926 – nach Freigabe durch Michael Kardinal von Faulhaber Umzug nach Düsseldorf 3.5.1927 – Verhaftung durch die Nationalsozialisten 6.2.1936 – Haftentlassung 12.5.1936 – Tätigkeit bei der Bischöflichen Hauptstelle für katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisation 1940 – Leiter derselben u. Direktor von Haus Altenberg 1945 – Beauftragung durch die Bischöfe mit der Führung der kirchlichen Jugendarbeit 9.11.1945 – Weichenstellung für den BDKJ – Geistlicher Leiter des 1947 in Hardehausen entstandenen BDKJ 1947–1952 – Vorstandsmitglied des Deutschen Sportbundes u. Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees 1950 – Entlastung von allen Führungsämtern 1952
Josef Perau:
Karl Leisner ist stark vom Generalpräses des K.J.M.V., Prälat Ludwig Wolker, beeinflußt worden. Fritz Meyers schreibt in seinem Buch: „Die Baronin im Schutzmantel“: Wolkers hohe, geschichtlich und heilsgeschichtlich geprägte Reichsidee ist aus seinen Reden und Schriften bekannt. Von heute aus gesehen muß es allerdings als ein bedauerlicher, wenn auch zeitbedingter Mangel angesehen werden, daß Wolker z. B. den Begriff „Europa“ anscheinend nicht gekannt hat – trotz Stresemann (Perau, Josef: Biographie Karl Leisners zur Seligsprechung 1996, (Typoskript): 2).
Karl Leisner teilte diese Ansicht nicht.
[33] Im Vordergrund der Verbandsarbeit sollten Jungführerdienst und Jungführerbildung stehen.
[34] Franz Steber (* 15.11.1904 in München, † 29.7.1983 in Münster-Nienberge, beigesetzt ebd.) – Reichswanderwart des KJMVD 1926 – Reichssturmscharführer 1929 bis 30.6.1934 – Er machte die Sturmschar zur Kerngemeinschaft innerhalb des KJMVD. Mit seinem Namen verbunden sind das Reichstreffen des KJMVD 1931 in Trier, das Lager der Sturmschar 1932 in Koblenz und die Romfahrt 1935. Osterdienstag, den 30.3.1935, heiratete er in Rom seine Verlobte Christel (Christine Steber, geb. Meyer, * 8.3.1910 in Düsseldorf, 30.6.2004 in Münster-Nienberge, beigesetzt ebd.). 1937 wurde er zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt und ist in der Haft halb erblindet. Nach 1945 war er Mitbegründer der CSU und von 1955–1964 Sozialreferent für die gesamte katholische Jugend Deutschlands.
[35] Pater Constantin Noppel SJ (* 2.8.1883 in Radolfzell, † 2.7.1945 in Stuttgart) – Priesterweihe 28.10.1908 in Rom – Eintritt in die Gesellschaft Jesu 30.9.1909 in Tisis bei Feldkirch/Vorarlberg/A – Letzte Gelübde 2.2.1920 – als Freund von Franz Steber u. Mitbegründer der Sturmschar ein Pionier der Jugendseelsorge – Caritasdirektor u. Landespräses des Katholischen Jungmännerverbandes in München – anschließend Rektor des Collegium Germanicum in Rom 1932–1935 – Abberufung als Rektor des Kollegs auf Betreiben des deutschen Botschafters beim Heiligen Stuhl, Diego von Bergen (1872–1944), wegen politischer Unzuverlässigkeit u. Ablehnung der nationalsozialistischen Regierung – Konkret warf man ihm vor, P. Friedrich Muckermann SJ, der Deutschland aus politischen Gründen verlassen mußte, zu Vorträgen ins Kolleg eingeladen und an der Organisation der Wallfahrt katholischer Jugendverbände 1935 nach Rom mitgewirkt zu haben. 1936/1937 war er in Freiburg/Br. in einer Universitätsgruppe pastoral tätig und widmete sich nach Schwierigkeiten mit den Nationalsozialisten der „Gruppe des Jungmännervereines“. Er machte pastoralwissenschaftliche Studien und war bis 1944 Spiritual und Hausgeistlicher in der Kneippkuranstalt St. Urban, Freiburg-Herdern, Sebastian-Kneipp-Str. 13. Vom 8.9.1944 bis 2.7. 1945 war er Superior in Stuttgart.
1936 vermittelte er Karl Leisner durch seinen Freund Camillo Kardinal Caccia Dominioni eine Audienz bei Papst Pius XI. Welch guten Kontakt Pater Constantin Noppel SJ zum Vatikan hatte, zeigt sich im Vorwort seines Buches „Aedificatio Corporis Christi – Aufriß der Pastoral, Freiburg/Br. 1937“, das Eugenio Kardinal Pacelli ihm am 26.12.1936 geschrieben hat.
[36] 1930 wurden neue Bezeichnungen eingeführt: z. B. statt „Verband“ „Reich“, daher auch Reichstagung statt Verbandstagung.
[37] Bei dem Laienspiel „Der Reich-Sucher“ von Ludwig Hoch [Hugin] brannte Feuer als Symbol für das Feuer in den Herzen für Christi Reich und ein neues Deutschland. Es bildeten sich Begriffe wie „Feuer von Trier“, „Ruf von Trier“ und „Licht von Trier“.
Hoch [Hugin], Ludwig: Der Reich-Sucher. Ein Spiel in einem Aufzug (als Manuskript gedruckt), München 1931
[38] Die Sturmschar hielt ihr erstes großes Reichstreffen auf der Festung Ehrenbreitstein ab.
[39] Vom 31.8. bis 5.9.1932 fand der 71. Katholikentag „Christus in der Großstadt“ in Essen statt.
[40] Vom 28. bis 31.7.1932 fand das Dritte Reichstreffen der DJK in Dortmund statt.
[41] Vermutlich die Führerzeitschrift des KJMVD Der Jugendpräses (ab 1938 Jugendseelsorger)