Im Gemeinschaftslager 1934 (11.–24.[25.]1.1934), einem laut Erlaß für alle Abschlußjahrgänge von Gymnasien verpflichtenden nationalsozialistischen Lehrgang, „begegnete“ Karl Leisner dem Hitlerjungen Herbert Norkus (* 26.7.1916 in Berlin, † von Kommunisten erstochen 24.1.1932 in Berlin), dessen Leben die Vorlage für den vor 80 Jahren gedrehten Ufa-Film „Hitlerjunge Quex“ bildete.
Johannes Thönißen aus Simmerath‑Einruhr am 19. September 1978 an Pfarrer Heinrich Kleinen in Uedem:
Erstmals 1934 verlangte das nat.‑soz. Regime als Voraussetzung für die Zulassung zum Abitur die Teilnahme an einer 14‑tägigen „nationalpolitischen Schulung“. Hierzu trafen die Oberprima des Klever [Staatlichen] Gymnasiums, der Karl Leisner, und die Oberprima des Krefelder [Humanistischen] Gymnasiums, der ich angehörte, Anfang Januar 1934 – es war wohl am Montag, dem 8.1.1934 – im Sportheim Remscheid‑Reinshagen zusammen. Lehrer beider Schulen, die hierfür geeignet erschienen, sollten uns nationalsozialistisch schulen.
Der Zufall wollte es, daß Karl Leisner und ich Bettnachbarn waren. Sehr schnell fanden wir heraus, daß wir in der Gesinnung übereinstimmten und auch in ähnlicher Weise in der kirchlichen Jugendarbeit tätig waren: Karl als Dekanats‑Jungschar‑Führer von Kleve, ich in der Jungschar‑Arbeit meiner Heimatpfarre St. Anna Krefeld.
Am Anfang stand die Frage, wer aus den Klassengemeinschaften den „Geist“ der Tage bestimmte: eine Minderheit von Parteifanatikern – wenn ich nicht irre, waren darunter zwei bis drei SS‑Leute, die auch aus der Kirche ausgetreten waren –, oder die übrige Mehrheit, von der ein nicht geringer Teil zur Katholischen Jugend – Neudeutschland, Quickborn, Sturmschar (wie K. Leisner und ich) gehörte.
Die Entscheidung fiel – wie ich meine – beim ersten gemeinsamen Mittagstisch: Am Anfang fühlbare Verlegenheit. Da steht Karl auf und sagt in freudiger Bestimmtheit: „Wir beten“. Ab dann war das Tischgebet selbstverständlich. Darüber hinaus trafen sich die Mitglieder der katholischen Jugendbünde täglich in den Freizeiten zu Singerunden und Gesprächskreisen. Manchmal konnte man meinen, in einer Altenberger Jugendführertagung zu sein. Einer der Schulungsleiter (SA‑Mann) kritisierte das auch einmal, aber man war offenbar unentschlossen, etwas dagegen zu tun. Daß es auch heftige Diskussionen mit den Parteianhängern gab, versteht sich von selbst. Diesen Durchbruch verdankten wir – das ist meine persönliche Meinung – vor allem der Initiative Karl Leisners.
Am 24. Januar schrieb Karl Leisner in sein Tagebuch:
20.00 Uhr Herbert-Norkusabend mit der HJ Remscheids. Rudi Hell spricht. Die Singschar singt.
Filmszene
Die F.A.Z. vom 29. August 2014 brachte zum „Jubiläum“ des Filmes folgenden Artikel: