Die Tagespost brachte am 17. Februar 2015 einen Artikel von Jasmin Behrouzi-Rühl unter der Überschrift „Goethe hatte große Distanz zum Islam. Vor 200 Jahren entstanden die wichtigsten Gedichte des West-östliche Divan – Doch eine Hochschätzung des Islam ist darin nicht enthalten“
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Karl Leisner zitiert in seinen Tagebüchern Texte von Johann Wolfgang von Goethe aus dem West-östlichen Divan.
Wesel, Sonntag, 19. Juni 1932
Bald waren wir in Marienthal. Pfarrer [Augustinus] Winkelmann erklärte Walter [Vinnenberg] und den andern gerade die Kirche [St. Mariä Himmelfahrt]. – „MORS PORTA VITAE“ [Der Tod ist das Tor zum Leben] steht als herrlicher Torspruch an der [von Regierungsbaurat Georg Hertel entworfenen und von Wilhelm Frenck aus Wesel ausgeführten] Pforte zu Friedhof und Kirche. „Stirb und werde“, wie Goethe es ausdrückt.[1]
[1] Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan, Stuttgart 1946: 18
Georgsdorf, Dienstag, 1. Juni 1937
Ein Gedicht von [Johann Wolfgang von] Goethe:
Lange hab’ ich mich gesträubt,
Endlich gab ich nach;
Wenn der alte Mensch zerstäubt,
Wird der neue wach;[1]
Und solang Du dies nicht hast,
Dieses „Stirb und Werde“
Bist Du noch ein trüber Gast
Auf der schönen Erde.“[2]
[1] Zusatzstrophe zu dem Gedicht „Selige Sehnsucht“
[2] Johann Wolfgang von Goethe, West-östlicher Divan, Stuttgart 1946: 18
Die letzten vier Zeilen des Gedichts „Selige Sehnsucht“ im West-östlichen Divan lauten:
Und so lang du das nicht hast, / Dieses: Stirb und werde! / Bist du nur ein trüber Gast / Auf der dunklen Erde.
Selige Sehnsucht
Sag es niemand, nur den Weisen, / Weil die Menge gleich verhöhnet:
Das Lebendge will ich preisen, / Das nach Flammentod sich sehnet.
In der Liebesnächte Kühlung, / Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt dich fremde Fühlung, / Wenn die stille Kerze leuchtet.
Nicht mehr bleibest du umfangen / In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen / Auf zu höherer Begattung.
Keine Ferne macht dich schwierig, / Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig, / Bist du, Schmetterling, verbrannt.
Und solang du das nicht hast, / Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast / Auf der dunklen Erde.
(Johann Wolfgang von Goethe, West-östlicher Divan)
Stein, Gottfried / Zickel, Ernst: Die Silberfracht, Frankfurt/M. 21955: 109
Die von Karl Leisner zitierte Zusatzstrophe zu dem Gedicht „Selige Sehnsucht“ steht nur in der sog. Sophienausgabe.