Die Tagespost vom 29. August 2013 brachte unter dem Titel „Vorbote der Liturgiereform – In Stift Klosterneuburg wurde vor achtzig Jahren die Betsingmesse populär“ einen Artikel mit nebenstehendem Foto.
Vor der Liturgiereform las während der Messe nur der Priester leise alle Gebete und Texte in Latein, daher der Ausdruck „Messelesen“, und die Mitfeiernden hörten die Messe. Für eine Messe, die sich von dieser sogenannten „Stillen Messe“ unterschied, gab es verschiedene Begriffe. „Gemeinschaftsmesse“ und „Betsingmesse“ waren die gebräuchlichsten Bezeichnungen für die Neuerung.
Anliegen der Liturgischen Bewegung war: „Nicht in der Messe beten, sondern die Messe beten.“ (Papst Pius X.). Dies verwirklichte Pius Parsch bereits 1922 und manche Priester taten es ihm nach. So der Religionslehrer Dr. Walter Vinnenberg in Kleve. Er war Mentor der Jungengruppe St. Werner, in der Karl Leisner Schriftführer war.
Karl Leisner notiert in der Einleitung der Gruppenchronik am 27. Lenzing [März] 1927:
Wir haben jeden ersten Montag im Monat Gemeinschaftsmesse in der Kapelle der Münze.
Die „Münze“ in Kleve war ein von Borromäerinnen aus Trier geführtes Kinderheim. Während seiner Zeit in Kleve wohnte Dr. Walter Vinnenberg als Hausgeistlicher dort, traf sich dort mit den Jungen der Gruppe St. Werner und feierte dort auch in der Hauskapelle um 6.00 Uhr mit ihnen die Gemeinschaftsmesse, in denen die Teilnehmer die Meßtexte mitbeteten.
Paul Hellraeth und Jakob Küppers, Pfarrer in Kleve, hatten den Jugendlichen verboten, Gemeinschaftsmessen in den Pfarrkirchen zu feiern.
Neben der Besonderheit „Nicht in der Messe beten, sondern die Messe beten“ war es auch ungewöhnlich, nicht vor oder nach sondern in der Messe zu kommunizieren, denn damals war nur die sogenannte „Monatskommunion“ üblich.
So unterläßt es Karl Leisner nicht, in seinen Tagebuchnotizen immer wieder zu erwähnen „Gemeinschaftsmesse mit Kommunion“.
Wie freudig hätte Karl Leisner die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils, die durch Mitinitiator Pius Parsch eine ihrer Wurzeln im Stift Klosterneuburg hat, begrüßt.
Stift Klosterneuburg
Gründung des Augustiner Chorherren Stiftes Klosterneuburg laut sog. Schleierlegende durch Markgraf Leopold III (1073–1136) – Grundsteinlegung zur Stiftskirche neben seiner Burg in Klosterneuburg 12.6.1114 – Seinen Sohn Otto ernannte Leopold in jungen Jahren zum Propst.
Chorherr Pius (Johann) Dr. theol. Parsch CRSA (* 18.5.1884 in Olmütz/Olomouc/CZ, † 11.3.1954 in Klosterneuburg/A) – Eintritt bei den Augustiner-Chorherren von Klosterneuburg u. Einkleidung 28.8.1904 – Profeß 18.10.1908 – Priesterweihe 19.7.1909 – Er hielt 1919 die erste Bibelstunde, 1921 Liturgierunden, feierte 1922 die erste Gemeinschaftsmesse, und 1926 erschien erstmals die von ihm gegründete Zeitschrift „Bibel und Liturgie“. Er war Professor für Pastoraltheologie, Katechetik u. Homiletik.