Karl Leisner und die Klever Schüsterkes

 

Unter der Überschrift „Erinnerung an elefanten Schuh – Denkmal für gefallene Schüsterkes“ berichtete Matthias Grass in der RP ONLINE vom 13. Juli 2018 über die Neuaufrichtung des Mahnmales auf dem Klever Friedhof „für die in den beiden Weltkriegen umgekommenen elefanten-Mitarbeiter“.

Seit 1878 waren in Kleve über 50 Schuhfabriken mit mehreren tausend Mitarbeitern ansässig, die im Laufe der Jahre Millionen Paar Schuhe anfertigten.

 

Ehrenfriedhof auf dem Neuen Friedhof in Kleve
Bereits zu Beginn des Ersten Weltkrieges legte man auf dem Neuen Friedhof eine gemein­same Begräbnisstätte für die gefallenen Krieger an. Die feierliche Ein­weihung des Ehren­friedhofes erfolgte am 28. Mai 1922. Bürgermeister Dr. Hein­rich Wulff hob dessen Bedeutung angesichts des vorausge­gange­nen un­heilvollen Geschehens hervor. 1923 stiftete der Fabrikbe­sit­zer Gustav Hoff­mann das Bronzere­lief „Ich hatt’ einen Kameraden“ des Bild­hauers Hugo Lederer. Bei der Trau­erfeier für die Gefallenen am 30. Mai 1924 übernahm es die Stadt in ihre Obhut. Zwei Solda­ten führen das Pferd eines gefallenen Ka­meraden am Zügel. In Trauer wendet es seinen Kopf voller Sehn­sucht nach seinem Herrn um. Die Uni­form der Sol­daten erinnert an die Freiheits­kriege (Befreiungskriege) und an das Lützow­sche Frei­korps.

Klever Schüsterkes ist der Spitzname für Klever Bürger auf Grund der zahlreichen in der Stadt an­sässigen großen und kleinen Schuhfabriken.

Das Lied „Klefse Schüsterkes“ von Willy Richrath

Klefse Schüsterkes
Ohne Schüsterkes kann Kleef niet lewe, ohne Schüsterkes kömmt Kleef niet ütt!
Wännt et Schusters es niet mehr gewe, dann es ons Heimat et Moojste kwitt, dann es ons Heimat et Moojste kwitt.
Alalalaiti! Alalalaiti! Kleefse Schüster­kes löste gern nen Dropp!
Alalalaiti! Alalalaiti! Wej sin feine Kerls ok met de Schlopp.

Klever Schüsterkes (Übersetzung)
Ohne Schüsterkes kann Kleve nicht leben, ohne Schüsterkes kommt Kleve nicht aus!
Wenn es die Schüsterkes nicht mehr gäbe, dann fehlt unserer Heimat das Schönste.
Klever Schüsterkes mögen gern einen Tropfen! Wir sind feine Kerls auch mit der Schürze.

Richrath, Willy
Lieder meiner Heimat, Kleve 1942

Willy Richrath, in Kleve bekannt unter dem Namen Weri, (* 22.6.1899 in Kleve, † beim Luftangriff auf Kleve 7.10.1944) – Heimatdichter u. Komponist – Verfasser des Lieder­bu­ches „Lieder meiner Heimat“ – Unter Weri war in Kleve auch sein Friseursalon Große Str. 41, heute Weri-Balster Parfümerie-Kosmetikinstitut, bekannt. Wenn Vater Wilhelm Leis­ner Nikolaus spielte,ließ er sich dort unter anderem mit Perücke und Bart ausstatten. Willy Richraths „Pseu­donym“ aus den Anfangsbuchstaben seines Vor- und Nachnamens war ursprünglich „Wiri“, doch dieses Kürzel gefiel ihm nicht (Auskunft von Willi Leisner).

lokalkompass.de vom 14. September 2013 – Geschichte der Klever Schuhindustrie

Die Schuhfabriken Hoffmann und Pannier waren die bedeutendsten und verhalfen Kleve zur überragenden Bedeutung in Bezug auf die Fertigung von Kinderschuhen. Daneben gab es im Laufe vieler Jahrzehnte geschätzt etwa 40 bis 45 weitere Schuhfabriken.

Hoffmann, Gustav – Schuhfabrik in Kleve
Gustav Hoffmann (* 10.5.1872 in Kleve, † 2.2.1935) – Kauf­mann u. Schuhfabrikant – Gründung einer Schuhfa­brik für Kin­der­schu­he mit seinem Schwa­ger Fritz Pannier (1867–1943) in Kleve 1896 – Gründung eines eigenen Betriebes Materborner Allee 47, heute Hoffmann­allee, 1908 – Herstellung von Schuhen bis Größe 26 (Elefantenschuh) im Gegensatz zu Fritz Pan­nier mit Schuhen ab Größe 27 (Storchen­schuh) – Schließung des Betriebes in Kleve 2004

KLE-Blatt Blog vom 2.Februar 2015 – Schuhfabrik Gustav Hoffmann Kleve

Pannier, Familie
1. Generation:
Fritz Pannier (* 3.8.1867, † 22.2.1943) – Kleve, Ackerstr. 50/6 – Schuh­fabrikant für Schuhe ab Größe 27 mit einem Storch als Markenzeichen
2. Generation:
Werner Pannier (* 15.3.1900, † 23.6.1972) – Kleve, Lindenallee 40 – Schuhfabrikant – Übernahme des väterlichen Betriebes 1943 – Schließung Februar 1971

Bause, Familie
1.Generation:
Eheleute Heinrich Bause (Schuhfabrikant) u. Anna Bause, geb. Mülders – Kleve, Grüner Heideberg 37 (Adreß­buch 1924) – Das ehemalige Schuhgeschäft firmiert heute als Hein­rich Bause GmbH Schuhfabrik, Heinrich-Bause-Str. 2, 47533 Kleve-Kellen.
2. Generation:
2a. Peter Bause (* 18.1.1915 in Kleve, katholisch getauft, † ?) – Er kam Ostern 1925 in die Sexta des Gymnasiums in Kleve und verließ die Schule nach der Untersekunda mit der Mittleren Reife am 27. März 1931, um einen praktischen Beruf zu ergreifen. Er hat an der West­fa­len­fahrt 1928, an der Rügenfahrt 1929 und an der Pfingstfahrt 1930 teilgenommen.
2b. Gefreiter Heinz Bause (* 28.12.1919, † gefallen 18.2.1942 an der Ostfront)

Schraven, Paul
1. Generation:
Theodor Schraven (* 24.2.1883 in Wissel, † 1966 in Kleve) – Besitzer der Schuhfabrik Schraven in Kleve, Römerstr.
2. Generation:
Paul Schraven (* ?, † ?) – Mitglied der Jungschar – Teilnahme an der Pfingstfahrt 1934

Seeger, Heinrich und Johann
Schuhfabrik in Kleve, Mittelweg 48

lokalkompass.de vom 24. Oktober 2014 – Mittelweg 48….. es bleibt die Erinnerung!

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Da Karl Leisner in seinen Gruppen nicht nur Gymnasiasten um sich scharte, sondern auch Werktätige, wundert es nicht, daß viele von ihnen in einer Schuhfabrik beschäftigt waren.

Willi Bodden (* 5.1.1913, † 7.9.1973) – Bezirksleiter im Dekanat Kleve für den Katholi­schen Jungmännerverband 1934 – Verhaftung wegen Verdachtes der Verfassung eines Hetz­­­liedes gegen die NSDAP am Arbeitsplatz bei der Schuhfirma Gustav Hoffmann u. dortiger Verbreitung 1934 – Verbüßung einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe – Heirat 1938 mit Gertrud Bodden, geb. Kanders – Kleve, Thaerstr. 2 – Bürgermeister von Mater­born 1962

Haas, jüdische Familie
Abraham Haas gründete 1863 die Klever Lederwerke. Der Firmenbesitzer wurde zum Vor­sitzenden der jüdischen Gemeinde in Kleve gewählt. Sein Sohn Hermann Haas unterhielt geschäftliche und freundschaftliche Beziehungen zu Gustav Hoffmann. Nach 1933 wurden die Lederwerke arisiert.

Kempkes, Heinrich
Eheleute Heinrich (Hein) Johann Kempkes (* 28.9.1910 in Kleve, † 30.12.1978) u. Jose­fine (Fine) Maria Kempkes, geb. Arntz – Heirat 22.12.1940 – Kleve, Mittelweg 133 – Zu­schneider bei der Schuhfabrik Gustav Hoffmann – Leiter einer Jungschargruppe 1932 – Mitglied der Sturmschar u. Sturmscharführer für den Stadtbezirk Kleve – Fahrt nach Rom u. Neapel mit Willi Leisner Juli 1937 – Laut Willi Leisner hat Kriminalsekretär Gottfried Schotten Bernhard Batkiewicz als dritten Fahrt­teil­nehmer nach Italien erfunden. Die Natio­nal­so­zia­listen verdächtigten die Fahrt­teilnehmer, in der Schweiz an einem Treffen katholi­scher Jugendführer teilgenommen zu haben. Im Zweiten Weltkrieg war Heinrich Kempkes bei der Wehrmacht (1939–1945). Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1982 als Zeuge ausgesagt.

Köster, Theo
Theo (Thej) Köster (* 20.4.1914 in Kleve, † nach 1981) – Kleve, Königsallee 24 – Zu­schneider in einer Schuhfabrik – älte­stes von 8 Kindern – Mitglied der Sturmschar in Kleve – Führer einer Jugend­gruppe in Kleve St. Mariä Himmel­fahrt (Am Scheidewege 1934: 180) – 1936 Leiter der Gruppe St. Georg (Karte vom 17.2.1936 aus Xanten) – Teilnahme am Treffen der Jungen um Karl Leisner bei Familie Wilhelm Poorten Silvester 1937 u. Ver­nehmung bei der Kriminalpolizei Kleve 2.4.1938 – Heirat mit Tine Köster, geb. Walter­fang, Tochter des Küsters Heinrich Walterfang von der Stiftskir­che in Kleve, Juli 1941 – Rückkehr aus norwegi­scher Kriegs­gefan­genschaft 1945 – Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.

Kotters, Oskar
Oskar Kotters (* 19.5.1923 in Kleve, † 19.9.2001) – Schuhfabrikant – Mit­glied der von Karl Leisner geführten Gruppe 1931 – Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.

Mädchenheim in Kleve
auch Jungmädchenheim ge­nannt – Gründung als Wohn­möglich­keit für Arbeiterinnen, z. B. der Schuh­fabrik Hoffmann, durch Kaplan Augustinus Winkelmann im ehema­ligen Hotel Holtzum auf der Schloß­str. 1919 – Leitung durch Vorsehungsschwe­stern – Erteilung von Koch- und Nadelarbeits­kursen in der an­ge­schlos­senen Haushaltungsschule – Allerheiligen 1928 besuch­ten laut Gästebuch von Ma­rien­thal bei Wesel „die Mitglieder des Jung­mädchenheim-Cura­toriums […] den tatkräftigen Gründer des Jungmäd­chen­heims zu Cleve Herrn Pfarrer Winkelmann“ in Marienthal. Unterschrieben haben „Schwester Bernolda als Oberin, Kaplan Hermann-Josef Wolffram als Präses, Frau Assessor Schnüt­gen, Emmi Meinerzhagen als Fabrikfür­sorgerin, Frau Dr. Pick, N. N., W. Ostermann. B. N. van Roßum“.

Triem, Kurt
Kurt Triem (* 17.3.1916, † ?) – Pirmasens, Alleestr. 11 – Schuhfabrikarbeiter – 1937 Arbeits­­­mann im RAD

Wagner, Jakob
Jakob (Köbes) Wagner (* 13.8.1916, † ?) – Rieschweiler, Mühl­talstr. 66 – Schuh­fabrik­ar­beiter – 1937 Arbeitsmann im RAD

Quelle der Fotos: Karl Leisner-Archiv