Karl Leisner und Emmerich am Rhein

Quelle des Fotos: Wikimedia Commons / gemeinfrei (abgerufen 15.07.2018)

Emmerich am Rhein
Hansestadt in Nordrhein-Westfalen am rechten Niederrhein – Vor Fertigstellung der Rhein­brücke 1965 gab es dort eine Auto- und Personenfähre.

Unter der Überschrift „Emmerich: Alte Urkunden erzählen die Stadtgeschichte“ berichtete RP ONLINE vom 13. Juli 2018 über die Geschichte von Emmerich am Rhein.
NRZ vom 14. Juli 2018 – Der Geschichtsverein Emmerich stellt das Urkundenbuch II vor

In den Köpfen der Klever bleibt der Rhein trotz der 1965 fertiggestellten Brücke nach wie vor eine gewisse Grenze zu der auf der anderen Rheinseite, „gönne Kant“, wie der Niederrheiner sagt, gelegenen Stadt Emmerich am Rhein. So erlebte es bereits Karl Leisner.

Kleve, Sonntag, 17. Februar 1929
Mit Herrn [Eduard] Bettray und Frau [Alwine], Papa, Mama und Willi fuhr ich mit der Stra­ßenbahn nach Emmerich zum zugefrorenen Rhein.[1] Die Bahn war bis zum äußersten Stehplätzchen gefüllt. Es war ein wunderbarer An­blick, den gewal­tigen Strom vor sich vom Winter gefesselt zu sehen, und es kam mir ganz ko­misch vor, als ich mitten auf dem Rhein spazierenging. Durch das Schol­len­gewirr hatten die Leute der Straßenbahn ei­nen Weg gehauen, der mit Asche bestreut war. Das Überschreiten ko­stete jedesmal 15 Pfennig, was unver­schämt war. In Emmerich tranken wir Kaffee. Zurück bezahlten wir keine 15 Pfennig mehr, denn wir gingen einfach durch die übereinan­derge­türmten Schollen. Zurück fuhren wir wieder mit der Stra­ßen­bahn, die wie­derum pickepacke­voll war. Um 18.00 Uhr waren wir zu Hause.
[1] Die Straßenbahn fuhr von Kleve bis zur Rheinfähre nach Emmerich.

Kleve, Mittwoch, 6. März 1929

Auf dem zugefrorenen Rhein bei Spyck

Um 14.00 Uhr fuhren Papa, Willi und ich mit den Rädern in ei­nem Fisel­regen nach Emmerich. Als wir ankamen „krühte“ der Rhein. Wir sa­hen, wie eine riesige Scholle sich mit Krachen löste. Am Ufer war ein wohl 4–5 m hoher Eisberg aufgetürmt. Auf diesem standen wir und beguck­ten uns das seltsame Natur­schauspiel. Dann fuhren wir 300 m weiter und sahen dort den schwarzen Aschenweg noch fast vollständig er­halten „da­her­fließen“. Jetzt fuhren wir schnell bis zum Besatzungs-Denk­mal auf dem Damm, was wir kurz uns beschauten. Von dort gings in einem durch nach Hause, wo wir gegen 16.30 Uhr waren.

 

Fahrtenbericht von Ferdinand Falkenstein:
Spielfahrt der Jugendgruppe Kleve 1930
Emmerich, Dienstag, 12. August 1930

Um 7.00 Uhr Aufstehen, 8.00 Uhr Kaffee trinken. Dann ging es zum Mari­enheim, die Bühne abbauen, dabei ging eine Scheibe in Stücke. Danach be­sich­tigten wir das neue Jugendheim JV.[1] Um 10.00 Uhr Ab­marsch von Emme­rich nach Anholt über eine Apfel-Chaussee (Äpfel und anderes Obst wurden gefuttert).
[1] JV bedeutet vermutlich Jungmänner-Verband. Bei dem Jugend­heim handelt es sich wahrscheinlich um das Pfarrheim, Hottomansdeich 6, das früher Sitz der Sardemannschen Fa­brik war, die 1928 an­gekauft und 1930 umge­baut der männ­li­chen Jugend zur Verfü­gung stand. Heute steht dort das Aldegundisheim.

Kleve, Freitag, 31. Juli 1931
6.00 Uhr Gemeinschaftsmesse – Kaffee – Emmerich – Übersetzen – An­holt (Schloß), Isselburg …

Kleve, Dienstag, 29. März 1932, 1. Tag
Um 6.00 Uhr trafen wir zwei [mein Bruder Willi und ich] uns mit Manes [Hermann] Mies. Wir ra­sten ganz toll los, um noch die Ponte nach Emmerich zu bekommen. Aber, alles vergebens! Sie war futsch. So lagen wir eine Stunde am Ufer des Rheins. Um 7.30 Uhr waren wir am andern Ufer und nun ging’s los den alten be­kannten Weg.

Kleve, Donnerstag, 28. Juli 1932, 1. Tag
Um 6.00 Uhr besteigen wir unsre Stahlrösser und fahren zur Emmericher Ponte. Kurz vorher fällt mir mein Sattel unterm Sitzfleisch weg. Kaputt, ver­flixt! Also geht Willi, der uns begleitete bis hier­hin, mit auf die Ponte und eins, zwei, drei wird mein Gerüst abmontiert und der Sattel von Willis Rad runter! Gerade will die Ponte losfahren, da sind wir fertig und Willi springt schnell mit Rad und kaputtem Sattel ans Land. – Eine Rück­fahrkarte gespart! Wir alle winken Willi vom Dampfbootdeck aus zu und lassen uns den frischen Morgenwind um die Nase wehen. Er macht uns alle hell und wach, der fri­sche, erquickende Morgen! Wir sind an der andern Seite. Schnell wird mein Ersatzsattel mit allen möglichen Schikanen haltbar auf­montiert, und dann montieren wir uns all’ auf die Räder und trampeln, trampeln die altbe­kannte Strecke.

Kleve, Donnerstag, 25. Mai 1933, Christi Himmelfahrt
Um 14.00 Uhr mit dem Singekreis nach Emmerich. Unterwegs viel Spaß mit Kaplan Assessor [Leo] Schmitz. (Witz mit dem Glaubensbe­kenntnis von [? Wilhelm] Hü­nermann!). Nach Emmerich mit drei Aaks [alten Äppelkähnen] übergesetzt in zwei Abteilungen. An der andern Rheinseite auf einer „Insel“ am Ufer[1] Sin­gen, dann Spiel:
[1] Es ist nicht klar, was mit „Insel“ gemeint ist.

Am Niederrhein gab es zwei Möglichkeiten, Exerzitien bei Je­suiten zu machen: im 1921 errichteten Jugendheim Hochelten und im 1910 ge­grün­deten Bonifatiushaus in ’s-Heerenberg bei Emmerich, auf niederländi­schem Gebiet. Auf dem Exerzitienplan im Bonifatius­haus für 1933 sind die Exer­zitien, die Karl Leisner auf Ver­anlas­sung seines Religionslehrers Pro­fessor Bernhard Pe­ters vom 7. bis 11. De­zember 1933 bei P. Wil­helm Joist SJ ge­macht hat, nicht verzeich­net, sie waren vermutlich nicht öffent­lich ausge­schrieben.

Kleve, Donnerstag, 7. Dezember 1933
Um 16.00 Uhr ab Kleve mit Straßenbahn [bis zum Rhein und mit der Fähre nach Emmerich]. Professor [Bernhard] Peters da! – Mit Singen geht’s von Emmerich nach ’s-Hee­ren­berg, wo wir gegen 17.45 Uhr landen.

Montag, 21. Mai 1934, Pfingstmontag
Um 17.30 Uhr schwingen wir uns wieder aufs Rad und gondeln dem Rheine zu. Um kurz nach 20.00 Uhr setzen wir [in Emmerich mit der Fähre] über. Ge­gen 21.00 Uhr sind wir in Kleve.

Durch die Brücke kommt man heute schneller nach „gönne Kant“.

Siehe Aktuelles vom 18. Mai 2018 Da kann Karl Leisner sehr gut mitreden.

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Karl Leisner erwähnt viele Personen aus Emmerich, nachfolgend einige Beispiele. Vor allem ist sein Religionslehrer und Mentor Walter Vinnenberg zu nennen, der nach Emmerich versetzt wurde.

Walter Vinnenberg

22AB_Emmerich1941

Siehe Link zu Prälat Dr. phil. Walter Vinnenberg.

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Aus Emmerich stammende Studienkollegen von Karl Leisner

Fritz Häfner (* 22.12.1913 in Emmerich am Rhein, † 24.2.1989) – Eintritt ins Colle­gium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Außen­semester in Freiburg/Br. – Priester­weihe 23.9.1939 in Münster – Kap­lan in Wilhelmshaven 1940–1946 – Pfarrer in Zyfflich u. Wyler 1947–1985 – Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge aus­gesagt.

Erich Koenen (* 27.6.1914 in Emmerich am Rhein, † vermißt 1941) – Eintritt ins Colle­gium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Priesterweihe 23.9.1939 in Münster – 1940 Arnswalde/Choszczno/PL, Huebnerstr. 4

Max Terhorst (* 11.4.1915 in Emmerich am Rhein, † an Leberkrebs 24.1.1998) – Mitglied des ND – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Außensemester in Frei­burg/Br. 1936/1937 – Teilnahme an der Romfahrt mit Karl Leisner u. Josef Köcke­mann 22.5. bis 8.6.1936 – RAD 1937 – Studienunterbrechung für ein halbes Jahr aus ge­sundheit­lichen Grün­den nach dem RAD – Aufgabe des Theologiestu­dium als Minorist Novem­ber 1939 – Beginn des Philo­logiestu­di­ums – Militärdienst u. anschließende rus­sische Kriegsge­fangen­schaft 10.1.1940 bis 1948 – Auch danach überlegte er noch, doch Priester zu wer­den. Auf Grund einer Mala­riaerkrankung ging es ihm nicht gut. Sein Kurs­genosse Heinrich Tenhum­berg gab ihm den Tip, noch Geschichte zu studieren und mit den Fächern Theo­logie und Geschichte an der Realschule zu unterrichten. Durch seinen frühe­ren Religions­lehrer in Emmerich am Rhein, Dr. Heinrich Gleumes, bekam Max Terhorst eine Vertretung an der dortigen Berufs­schule. Ab 1949 wohnte er in Gronau und war dort zuletzt als Oberstudienrat mit dem Fach Reli­gion an der Berufsschule tätig. Im Selig­sprechungsprozeß für Karl Leisner hat er 1981 als Zeuge ausgesagt.

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Aus Emmerich stammende Freunde von Familie Leisner

Eheleute Johann (Hannes) Pollmann (* 27.4.1901 in Emmerich am Rhein, † 13.8.1970 in Kleve) u. Wilhelmine (Minchen) Pollmann, geb. Daamen (* 14.7.1904 in Weeze, † 24.3. 1985 in Kleve) – Heirat 1.7.1938 – Das kinderlose Ehepaar hatte in Kleve, Stechbahn 82, eine Fabrik zur Zigarren­herstellung und einen Tabakwaren Groß- und Einzelhandel, war mit Fami­lie Wilhelm Leis­ner befreundet und schickte Pakete für Karl Leisner ins KZ Dachau.

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Aus Emmerich stammender Mithäftling von Karl Leisner

Pater Dr. Gregor (Theodor) Schwake OSB (* 15.4.1892 in Emmerich am Rhein, † 13.6. 1967 in Dülmen) – Eintritt bei den Benediktinern in Gerleve – Profeß 8.9.1912 in Ger­leve – Prie­sterweihe 25.7.1917 – Veranstaltung von Volkschoral­wochen im gesamten deutsch­spra­chi­gen Raum u. in Jugoslawien 1929–1943 – Am 6.10.1943 wurde er in Öster­reich im Dom zu Linz von den Na­tionalsozialisten ver­haftet und kam am 2.1.1944 ins KZ Da­chau, wo er bis zu seiner Entlassung am 10.4.1945 zur Arbeit in der Plantage eingeteilt war. Er leitete den Priester­chor und kompo­nierte u. a. die „Dachauer Messe“. Sie erklang am 24.9.1944, dem Fest der allerselig­sten Jungfrau Maria vom Loskauf der Ge­fange­nen, zum ersten Mal in der Lagerkapelle des KZ Dachau.

Quelle der nicht ausgewiesenen Fotos: Karl Leisner-Archiv