1. Ehe: Eheleute Johann Wilhelm Naumann (* 9.7.1897, † 1.5.1956) u. Anna Katharina Naumann, geb. Schacht (* 9.12.1895, † bei der Geburt ihrer Tochter Monika 5.5.1939) – Sie waren mit Familie Joseph Ruby eng befreundet. Ihre acht Kinder lebten zeitweise dort. Johann Wilhelm Naumann gründete am 28.8.1948 die „Augsburger Tagespost“ mit der überregionalen Ausgabe „Die Deutsche Tagespost“, heute „Die Tagespost“.
Unter der Überschrift „Unabhängig und selbstbestimmt – Katholischer Kurs in Richtung Zukunft: ‚Die Tagespost’ gehört jetzt der Naumann-Stiftung – und damit quasi sich selber“ brachte DIE TAGESPOST vom 4. November 2017 einen Artikel über ihren Gründer Johann Wilhelm Naumann und die Geschichte des Verlages von seiner Gründung bis heute.
Link zur Tagespost
Familie Naumann
Familie_Naumann (1)Bildaufschrift auf der Rückseite:
Familie Naumann 1938/39 in der Nähe von Freiburg/i Brsg – Günterstal
Von links: Vater Jos. Wilhelm Naumann – Stefan, Franz, Heinz, Karl, Roswitha, Ruth, Resi, Doris, Mutter Anna Katharina
Kinder der Familie Naumann:
1 Doris Bauer, geb. Naumann (* 18.10.1923, † 11.2.2013)
2 Resi Naumann (* 13.10.1924, † 13.5.2008)
3 Ruth Naumann (* 4.12.1925, † 11.3.2011)
4 Stefan Naumann (* 4.12.1925, † 13.7.1944)
5 Franz Naumann (* 3.6.1928, † 26.9.1978)
6 Roswitha Naumann (* 12.5.1930, † 22.1.1943)
7 Heinrich Wilhelm Naumann (* 22.7.1931, † 27.6.2001)
8 Pater Hermann (Karl Albert) Naumann OSB (* 10.5.1933) – Eintritt bei den Benediktinern im Kloster St. Stephan in Augsburg 21.4.1954 – Priesterweihe 19.11.1958 in Ottobeuron
9 Monika Naumann (* 5.5.1939, † 5.5.1939)
2. Ehe: Eheleute Johann Wilhelm Naumann (* 9.7.1897, † 1.5.1956) u. Gertrud (Traudchen) Naumann, geb. Nille (* 14.8.1895 in Köln, † 1.3.1973 in Spitze)
Totenzettel von Gertrud Naumann
Totenzettel (1)
Johann Wilhelm Naumann an seine Kinder
Unsere Mutti am Westwall
Seinen lieben Kindern und der Mutter Traudchen erzählt vom Vati. Eine wahre Begebenheit im März 1940
Ort: Eine kleine Kirche in einem Westwalldörflein.
350 Soldaten sind angetreten zum Gemeinschaftsgottesdienst. Der Divisionspfarrer, ein Mann, der schon im letzten großen Krieg 1914-18 mit den Soldaten gelebt und ihnen in schwersten Stunden Trost und Hoffnung gab, freut sich, eine so große Schar betender Männer des Krieges zu sehen.
Er tritt an den Altar und beginnt das größte und herrlichste Opfer aller Zeiten. Die Soldaten singen aus rauhen Kehlen ergreifend. „Hier liegt vor Deiner Majestät im Staub die Christenheit.“
Dann beten die Männer. Sie denken an ihre Lieben daheim, an Frau und Kind, an Vater und Mutter, Bruder und Schwester. Ihr Beten ist ein Sturm, ein Bitten und Flehen um die Erlösung, in all den Sorgen eines Vaters um die Seinen.
Der Pfarrer geht auf die Kanzel. Er erzählt ungefähr Folgendes:
Kameraden! Die Stunde ist ernst, wir ringen innerhalb kurzer Zeit zum zweitenmal um unsere Heimat, um Scholle und Wald, um den Frieden, den sich die Menschen nicht geben wollen. Ihr seid Soldaten, zum großen Teil alte Krieger aus dem Feldzug 1914-18. Ich kenne Eure Sorgen und Gedanken. Sie weilen daheim bei den Kindern, bei Frau und Mutter, bei der Braut, bei Brüdern und Schwestern.
Gott prüft uns hart, Gott scheint uns nicht zu hören, er scheint dieses Ringen um die Heimat zuzulassen ohne einzugreifen, ohne sichtbar helfen zu wollen. Und doch läßt Gott nichts zu, ohne uns Gutes zu tun. Seine Gedanken, sein Wollen verstehen wir vielleicht nicht und doch ist jeder in seiner Hand. Niemand, den er nicht kennen würde, niemand, den er nicht hörte. Er sieht Euer Gebet und ist bei den Lieben daheim, wo Frau und Kinder, Väter und Mütter, Brüder und Schwestern für Euch beten und flehen, daß Ihr gesund wieder heimkehren möget. Lasset mich heute Euch eine wahre Geschichte erzählen von einem großen Unglück, von einer furchtbar harten Prüfung Gottes, die dennoch nur reine Liebe Gottes war, die für uns alle Beispiel sein soll.
Irgendwo, nicht weit von der französischen Grenze, in einer wunderschönen Stadt am Oberrhein, da lebte ein Vater mit seiner Frau und acht lieben, gesunden Kindern in größtem Glück. Nicht das äußere Glück war es, das Gott ihnen schenkte, sondern das innere Glück einer echt christlichen Familie. Äußerlich mußten sie genau so sorgen und leben wie Ihr und die Euren daheim. Im Gegenteil, diese Familie besaß nichts, kein Haus, keinen Hof. Der Vater litt sehr unter den Sorgen der Zeit und konnte seine Familie gerade recht durchs Leben schlagen. In einem waren sie reich und·besonders beschenkt, in dem felsenfesten Glauben der Kinder Gottes. Da konnte kein Leid so groß sein, keine Sorge so sehr drücken, immer fand das Leid eine gläubige Familie. Jeden Morgen konnten Vater und Mutter mit den Kindern in die Kirche, jeden Tag schenkten sie sich dem Heiland in der hl. Kommunion. Kein Wunder, wenn ein Strahl der Sonne von dieser Mutter ausging, die oft wochenlang ohne Vater, allein die große Familie führen mußte. Es war auch eine musikalische Familie, alle Kinder singen zur Ehre Gottes die schönsten Lieder. Die älteste komponierte selbst Lieder und so waren alle eines Sinnes nur Gott zu lieben, ihm zu dienen.
Da gab es eine große Freude. Die Mutter hatte den Mut zu einem neunten Kindlein. Trotz Krankheit und schwerster Sorgen. Aber alle, alle warteten auf den Tag der Freude, an dem ein kleines Brüderlein oder Schwesterlein den Kreis der Gotteslobsinger erweiterten. Sie beteten alle und hofften, daß Gott ihnen so gut sei wie immer er gewesen war.
Und doch kam es anders. Die tapfere, schöne Mutter wurde von Gott mit ihrem Kindlein gerufen in die ewige Heimat. Gibt es einen größeren Schmerz, kann das Leid einen tiefer treffen? Die Mutter starb so gut wie sie gelebt, so heilig, wie sie gelitten hatte. Sie starb als eine Heilige, eine Mutter von seltener Größe. Selbst erbat sie die letzte Ölung und Gott gab ihr den Trost zu wissen beim Sterben, daß der Vater und die acht Waislein einen neuen Vater, eine neue Mutter finden. Sie lag auf dem Totenbett wie auf einem himmlischen Thron. Es ging ein Strahlen von ihr aus. Und die Tränen des Vaters und der Kinder schienen die Hoffnung und der Glaube, daß ihre Mutter im Himmel, eine Heilige sei. Sie beteten und da die Mutter mit vielen Priestern bekannt war, wurden ebensoviele Messen gelesen, aber – und das sage ich Euch – auch zu ihr betete man; denn eine Mutter, die den·Mut zum neunten Kindlein hatte, es hätten ihrer bereits 12 Kinder sein können, die wird von Gott belohnt durch die höchste Freude, durch den Himmel. Und so beteten der Vater und die Kleinen für und noch mehr zu ihrer Mutter. Ergreifend schön das Bild:·Vater und Kinder beten: Liebste Mutti, bitte für uns!
Das Los war schwer. Der Vater wurde schwer krank, doch der Glaube, daß die Mutter im Himmel helfen würde, verließ niemals diese Familie. Und so schenkte die Mutter vom Himmel ihnen eine neue Mutter, die ganz Liebe, ganz Opfer und Hingabe wurde.
Was meint Ihr, lieben Kameraden, was ich Euch mit dieser Geschichte sagen wollte? Gottvertrauen und Glauben, Liebe und Fürsorge, gewachsen aus dem Glauben eines betenden Vaters, auch eines Kriegsteilnehmers, einer opfernden Mutter und braver, betender Kinder. Denkt daran. Irdisches Glück hat nie Bestand, ist niemals der Spender wahrer Liebe. Wie herrlich ist es, dann, wenn Gott die schwerste Prüfung sendet, den Tod eines Lieben, eines Vaters oder einer Mutter, zu wissen, daß man ein echt christliches Leben gelebt hat. Wie herrlich, wenn alle sagen können, die Mutti ist im Himmel, der Vater ist bei Gott. Es ist ergreifend schön, wenn eine ganze Familie, der eine vom andern weiß, wenn wir sterben, dann kommen wir in den Himmel. Wie wunderbar ist es, wenn der Vater mit seinen Kindern in der fürchterlichsten Prüfung beten kann, „Mutti oder Vati; bitte für uns!“ Hier erfüllt sich das Wort Christi, daß er die belohnt, die an ihn glauben und daß, die an ihn glauben, nicht sterben werden. Die Mutti lebt, das wissen die Kleinen und so müßt Ihr sterben können, müßt Ihr alle, Kameraden, ein Familienleben führen, daß Eure Kinder beten dürfen: „Liebste Mutti, liebster Vater, bitte für uns.“
Nicht höIzerne Heilige, nicht frömmelnde Väter, sondern Männer, die im Leben stehen, sollen wir sein. Niemals schlägt Gott so hart, daß es nicht geheilt werden könnte. Hier haben wir das lebendige Beispiel, das uns Trost geben kann. Glauben und vertrauen wir auf Gott, der niemals etwas tut, was uns schadet, sondern der aus allem Leid eine Freude wandelt. Wenn es ein tapferes Benehmen gibt, das den Soldaten auszeichnet vor dem Feind, dann umso mehr, seid tapfere, gläubige, glaubende Soldaten Eurem Freund gegenüber, der niemanden verläßt, sondern immer bei Euch bleibt, bei Euch und Euren Lieben daheim. Und so wollen wir beten, daß Gott uns die Gnade des Glaubens schenke. Amen.
Tief ergriffen knien die Soldaten und empfangen den Segen des Priesters. Dann klingt feierlich die Glocke zur Opferung. – – Und in diese göttliche Stille, in dieser geweihten Gemeinschaft steht ein alter Soldat auf und betet: Lasset uns ein Vater Unser beten für die Mutter der acht Kinder im Himmel.
Alles betet ergriffen mit. O Herr, gib ihr die ewige Ruhe!
Als der Priester am Altar dies hört, steht er einen Augenblick erschüttert still, dann erfaßt ihn eine innere Bewegung und an Stelle der Messe, die er lesen wollte zu Ehren eines Heiligen liest er nun eine Feldmesse von 350 Soldaten für die Mutti – – und wie er sagte, auch zu dieser Mutter, daß sie im Himmel die Frauen und Kinder dieser Soldaten und die Soldaten selbst beschütze.
Meine liebste Mutti und Kinderlein! Wir dürfen uns freuen und glücklich sein um unsere Heiligen. Aber daraus ensteht auch eine große Verpflichtung: Wir müssen ganz treu sein, wirklich wieder so beten wie immer. Wir müssen froh und fröhlich sein, das will Gott, aber wir wollen unseren Dank abstatten durch unser Beispiel. Liebste Kinder! Eure neue Mutti ist von der Mutti im Himmel geschickt. Ich weiß, Ihr liebt sie sehr, doch könnt Ihr diese Liebe niemals schöner beweisen, als wenn Ihr folgsam und lieb untereinander seid. Wir wollen alle Heilige werden wie die Mutti und eines wissen wir: Unser liebstes Mütterlein im Himmel ist bei uns, sie lebt. Wir wollen Gott verherrlichen, auf daß er uns verherrliche beim Wiedersehen bei der Mutti. Euer Vati betet. Gestern sprach ich in der Kirche in Wiesbaden-Liebrich, heute Abend in Dreifaltigkeit, am Sonntag in Maria Hilf. Es ist ein großes Glück, wie die Mutti mir schrieb, daß Gott den Vati zu solchem Tun ruft. Betet mit mir und die Zukunft wird so schön, wie sie immer war.
Liebe Grüße, und es grüßt Euch und segnet Euch
Euer segnender und betender Vati.
So erzählte mir Prälat Professor Fliegel unter Tränen diese Begebenheit an der Westfront. Er hat diesem Divisonspfarrer, ein Freund von ihm, von uns erzählt und das Bild der Mutti gezeigt. Und dann schrieb dieser Pfarrer ihm das Erlebnis von der Mutti, das der Vater Euch heute erzählte.
* * * * *
Karl Leisner aus Münster, Priesterseminar, am Mittwoch, 24. Mai 1939, an Elisabeth Ruby:
Willi W.[1] schrieb, Frau Naumann sei vor 14 Tagen [bei der Geburt ihres 9. Kindes Monika mit diesem] gestorben[, nachdem sie es noch notgetauft habe[2]]. Darüber war ich für die Kinder traurig. Aber Gott wird ihnen sicher einen guten Menschen schicken. Wenn ich an den köstlichen kleinen Lockenkopf [Karl Albert Naumann] denke, dann lacht mir’s Herze noch heute. –
Das Geheimnis Gottes leuchtet uns auf im unergründlichen Geheimnis des Todes. Und die Kraft des Glaubens beweist sich in dieser Stunde am meisten. – Ich weiß ja nun noch nicht darum, weil ich noch keine Sterbestunde mitgemacht. – Bald wird uns Gottes Hand ja an manches Sterbelager führen als seine guten Boten und Diener. Menschlich wird es uns sicher manches Mal zuerst nicht leicht fallen. Es wird uns aber täglich anregen zu ernstem Leben aus dem Glauben. – Die Not der Menschen – sagen wir lieber demütig: unsere Not – ist furchtbar, sie ruft zum Himmel um Erbarmen. – Und aus dieser Not rufen wir alle miteinander in dieser heiligen [Pfingst-]Novene zum Heiligen Geist, dem Tröster.
[1] Vermutlich Wilhelm Wissing, der 1938/1939 seine Freisemester in Freiburg verbrachte und bei Familie Ruby wohnte.
[2] Auskunft von P. Hermann Naumann OSB am 3.3.2011 an Hans-Karl Seeger
Ergänzungen XXVIII zu „Band V der Lebens-Chronik, S. 3908f. – Familie Naumann“ nach Angaben von Pater Hermann Naumann OSB
Quelle der Fotos: Pater Hermann Naumann OSB