Karl Leisner und Georges Bernanos

Bernanos

 

Georges Bernanos (* 20.2.1888 in Paris, † 5.7.1948 in Neuilly-sur-Seine/Hauts-de-Seine/F) – Schriftsteller

 

Foto Wikimedia Commons

Karl Leisner las den Roman „Tagebuch eines Landpfarrers“.

 

 

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Bernanos, Georges
Journal d’un Curé de Campagne: Paris 1936

Übersetzung ins Deutsche:
Tagebuch eines Landpfarrers: Wien 1936

 

 

 

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Bernanos, Georges
Tagebuch eines Landpfarrers: Regensburg 2015

 

 

L’Osservatore Romano vom 23. Oktopber 2015 brachte in der Rubrik „Buchtipp“ den Hinweis auf das „Tagebuch eines Landpfarrers – Neu übersetzt und kommentiert von Veit Neumann.“ Dr. theol. Veit Neumann ist Professor für Pastoraltheologie an der Philosophosch-Theologischen Hochschule St. Pölten.
Im „Buchtipp“ heißt es unter anderem: „Die komplette Neuübersetzung entfaltet diese Erkenntnis [,dass Ödnis und Stumpfsinn in Zeiten des Säkularismus den Glauben noch im Untergang nicht auslöschen können,] für christliches Leben und Seelsorge in einer Zeit, in der die geistlichen Wüsten zunehmen.“

Siehe auch Link zu kath.net.

Urs Buhlmann bespricht die Neuübersetzung in der Zeitung Die Tagespost vom 10. Oktober 2015 unter der Überschrift „Dramatisches Ringen um Gut und Böse – Nach acht Jahrzehnten George Bernanos in einer neuen Übersetzung: Der ‚Landpfarrer’ ist ein christlicher Existentialist“.
In dem Artikel heißt es unter anderem: „Neumann tritt an, mit seiner Neuübertragung die klassische Übersetzung von Jakob Hegner[[1]] aus dem Jahr 1936 zu ersetzen.“ Diesem zunächst evangelischen, später katholischen Juden verdanken außer Bernanos noch viele weitere Autoren die Übersetzung ihrer Texte in „ein gediegenes deutsches Sprachkleid“ in bezug auf Lesefluß, Sprachbilder und Sprachniveau.

[1] Jakob Hegener *25.2.1882 in Wien; † 24.9.1962 in Lugano/CH – Drucker, Verleger u. Übersetzer

Link zur Zeitung Die Tagespost vom 10. Oktober 2015

Alexander Pschera beschreibt die Bedeutung des Romans in der Zeitung Die Tagespost vom 31. Oktober 2015 unter der Überschrift „Ein katholischer Surrealist der Seele – Wie schreibt man einen großen Roman über Gnade? Der französische Schriftsteller Georges Bernanos hat es mit seinem ‚Tagebuch eines Landpfarrers’ gezeigt – und dabei zugleich eine Heiligenvita in Echtzeit verfasst“.

Link zur Zeitung Die Tagespost vom 31. Oktober 2015

Vermutlich hätte Karl Leisner mit Interesse die Neuübersetzung gelesen.

Karl Leisner in seinem Tagebuch:

Münster, Sonntag, 14. November 1937
Und zu sonst kam ich eigentlich nicht gestern. 50 Seiten aus Ber­nanos „Ta­gebuch eines Landpfarrers“ las ich noch.

Münster, Samstag, 20. November 1937
Bis 11.00 Uhr Heija. Ich las gestern und lese heute aus Bernanos: „Das Tagebuch eines Landpfarrers“. – Erschütternd! „Was soll das schon al­les?“ „Es ist ja Gnade“[1]. – Das ist Kost für einen werdenden und Aufrütte­lung für jeden Priester. – In gebrechliche Gefäße hat der Herr die Gnade gegos­sen, gegen tausendfaches Leid, Unverstand und Verkalktheit hat sie sich durchzusetzen. Und die Gnade siegt. Der Begnadete überwindet alles! Letz­ten Adel, letzte Freiheit gibt sie ihren Kindern! Kindlich sein! O dieser Glaube, diese Hoffnung, diese Liebe!
Seltsam, beim Schreiben von diesem Erlebnis muß ich auf einmal an die Be­gegnung [mit Elisabeth Ruby[2]] denken Anfang dieses Jahres [während der Mittelohrentzündung in Freiburg
/Br.]. Diese Kindlichkeit, diese Ehrfurcht, die­ser Glaube, diese Liebe! Ogrdes! [O grande desiderium – O große Sehn­sucht!]

[1] Der Roman schließt mit den Worten des sterbenden Landpfarrers:
„Was macht das schon aus? Alles ist Gnade“ (Bernanos 1936: 342).
Karl Leisner hätte auch diesen Satz unter sein Leben schreiben können; denn er war mit seinen Feinden und seinem eigenen Leben ausgesöhnt. Insofern konnte auch er rückblickend sagen „Alles ist Gnade“ und am Ende seines Tagebuches schreiben „Segne auch, Höchster, meine Feinde“ (25. Juli 1945).
[2] Elisabeth Maria Ruby (* 24.3.1914 in Berlin, getauft 25.3.1914, † 25.12.1993) – Karl Leisner wohnte 1937 während seines Studiums in Freiburg/Br. bei Familie Joseph Ruby und verliebte sich in die Tochter Elisabeth. Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat sie 1981 als Zeugin ausgesagt.

Das Exemplar des Buches von 1936 im Karl-Leisner-Archiv stammt aus dem Nachlaß von Heinrich Kleinen[1] mit dem Eintrag „Weih. 1937“. Es könnte sein, daß Karl Leisner ihm damals die Anregung gab, dieses Buch zu lesen.
Frankreich hat in bezug auf die seelsorgliche Situation inzwischen zum großen Teil hinter sich, was Deutschland noch bevorsteht.

[1] Heinrich Kleinen (* 27.8.1914 in Duis­burg-Hamborn, † 10.2.2004 in Goch) – Eintritt ins Collegium Borromaeum in Münster 1.5.1934 – Priester­weihe 23.9.1939 in Mün­ster – Ka­plan in Kleve Christus König 1948–1954 – Pfarrer in Uedem 1961–1986 – Erster Vorsit­zender des IKLK 1975–1987 – Im Martyrerprozeß für Karl Leisner hat er 1990 als Zeuge ausgesagt.