Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen (* 11.5.1720 in Bodenwerder; † 22.2.1797 ebd.) – deutscher Adliger aus dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg. Ihm werden die Geschichten vom Baron Münchhausen zugeschrieben.
Karl Leisner zog einen Vergleich mit dem Lügenbaron und die F.A.Z. vom 19. Dezember 2013 beschreibt Münchhausen als die einzige historisch verbürgte Märchenfigur.
In den Wochen vor dem Empfang der Niederen Weihen hielt Karl Leisner Rückschau auf die vorangegangenen Semester. Einiges deutete er nur kurz wieder an, anderes, was ihn offensichtlich besonders bewegte, hat er wesentlich ausführlicher dargestellt. So schrieb er am 7. Juli 1938 in sein Tagebuch u. a.:
aus eiWas hast du nun eigentlich geschafft in diesem Semester? – Ist die Seele voller und reifer geworden? Rein geblieben? Bist du priesterlicher, keuscher, ärmer, gehorsamer, selbstloser geworden? Bist du in der Liebe Gottes und des Nächsten gewachsen? – Hast du in echter, wahrer Selbstliebe zu dem Besten in dir gehalten und ihm in Wahrhaftigkeit und Demut gedient? Warst du deinem Berufsziel treu? Bist du innerlicher geworden? Bist du ein Mensch der Gnade, ein übernatürlich gerichteter Mann, ein Theologe? Oder – ist noch der alte böse Feind mächtig in dir wirksam, hat er vielleicht in größeren Versuchungen dein Herz zu umgarnen verstanden? Lauheit, Trägheit, Griesgrämigkeit, Mutlosigkeit, innere Feigheit, Großspurigkeit und Überhebung in Reden und Tun, ja Schlüpfrigkeit und unedle Weichlichkeit und Unlauterkeit – waren das nicht die großen Gefahren in dieser Zeit? – Und vielleicht dazu als Schlimmstes eine letzte innere Unwahrhaftigkeit! – Deine Haltung zu Mädchen, Jungfrau, Frau, Ehe, Familie, überhaupt zu den edlen natürlichen Werten: war da nicht etwas Krampfhaftes, eine gewisse uneingestandene Schwäche und Hilflosigkeit, die aus einem ernsten Mangel an innerer Freiheit, Ausgeglichenheit und Gelöstheit heraus sich einnistete und das ganze feine zusammenhängende Leben der Seele vergiftete?! War nicht der tiefste Grund eine letzte Entscheidungslosigkeit, Mangel an ernster Entschiedenheit, an Kraft zu Opfer und Kreuz!
[…]
Der Kampf zwischen Geist und Fleisch, das war mir kein Leichtes. – Mit dem jugendlichen Schwung des Entweder-Oder kam ich denn schließlich raus aus dem „palus peccati carnalis“ [Sumpf der fleischlichen Sünde[1]]. Gott zog mich raus [vgl. Ps 81,8 u. ö.], alleine wär’s Münchhausenarbeit gewesen: Märchen – Lüge.[2] – Dann kam die Freiheit [der Freisemester] in „Frei“-Burg. Fein! Hinein mit vollen Segeln!
[1] palus (lat.) kann sowohl Pfahl als auch Sumpf bedeuten. Vermutlich dachte Karl Leisner auch an den Apostel Paulus, der an die Gemeinde von Korinth schreibt: „Damit ich mich wegen der einzigartigen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gestoßen: ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe“ (2 Kor 12,7).
[2] Anspielung auf Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen (1720–1797), den Lügenbaron. In seinen Jagd-, Reise- und Kriegsgeschichten zog er sich z. B. selbst am Schopf aus dem Sumpf.
s. z. B. von Münchhausen, Börries Freiherr: Die Balladen und ritterlichen Lieder, Berlin 1917; zu dessen Vorfahren gehörte auch der als Lügenbaron bekannte Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen
Das gesamte Reiseblatt der F.A.Z. vom 19. Dezember 2013 handelt von der Märchenwelt. Es geht um „Dornröschen“, „Der Hase und der Igel“, „Aschenputtel“ und „Der Eisenhans“. Unter der Überschrift „Vom Ritt auf der Kürbiskugel“ mit dem Untertitel „Als reichten die Lügenmärchen des Münchhausen nicht, griff Bodenwerder auch noch nach dem Aschenputtel“ berichtet Hans Zippert. Hier der Beginn des umfangreichen Artikels:
Es mutet phantastisch an, in einer Stadt, die es nicht gibt, einen Zug zu besteigen, um in den Geburtsort eines Mannes zu reisen, der sich auf Kanonenkugeln fortbewegte. Obwohl Bielefeld keine Anbindung an die Deutsche Märchenstraße besitzt, ist es vielleicht die märchenhafteste aller Städte. Nach einer noch relativ neuen Überlieferung existiert der Ort überhaupt nicht, und das sehen auch die Behörden so, sie feiern „800 Jahre Bielefeld“ unter dem Motto „Das gibt’s doch gar nicht!“. Erstaunlicherweise ist es aber möglich in dieser nicht vorhandenen Stadt, mit dem Regionalexpress nach Löhne zu fahren, ein Gemeinwesen, dessen märchenhafter Gleisreichtum an längst versunkene Zeiten als majestätischer Bahnknotenpunkt erinnert, das aber über einen „Park der magischen Wasser“ verfügt. Von Löhne geht es mit der Nord-West-Bahn weiter nach Hameln, einer amtlich genehmigten Märchenstraßenanliegerstadt. Wir haben allerdings keine Zeit für den Rattenfänger, wir müssen den 520er Bus nach Holzminden erwischen, der uns am Kraftwerk Grohnde vorbei, durch Ohr, Kirchohsen und Hecheln nach Bodenwerder bringt. Hier wurde 1725 Hieronymus, Freiherr von Münchhausen geboren. Die Anrede „Baron“ gebrauchte man nur im mündlichen Verkehr. „Das macht unsere Lokalzeitung immer wieder falsch“, erklärt Herr Koch, der im Münchhausen-Museum für das Erklären zuständig ist. „Das Museum ist immer geradeaus, hinterm Edeka“, hatten mir zwei Einheimische kurz zuvor den Weg gewiesen und vielsagend hinzugefügt: „Lassen Se sich da mal ordentlich belügen.“
Von all den märchenhaften Gestalten, die die Deutsche Märchenstraße bevölkern, ist Münchhausen jedenfalls die einzige historisch verbürgte. Im Museum kann man seinen Taufschein besichtigen und jede Menge anderer Urkunden und Dokumente, die seine Existenz belegen. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass er der Urheber vieler großartigen Lügengeschichten war. Man könnte jetzt erwarten, dass einem die unwahrscheinlichsten Ausstellungstücke und Behauptungen präsentiert werden. Mehrere Totenschädel beispielsweise, von Münchhausen als Kind, als Jugendlichem und als altem Mann. Aber Herr Koch legt Wert darauf, dass hier alles streng wissenschaftlich abgesichert ist. Also keine Originalkanonenkugel und auch kein ausgestopftes halbes Pferd. Das ist irgend wie bedauerlich, aber gerade wenn man es mit einem passionierten Lügner oder sagen wir lieber Flunkerer zu tun hat, empfiehlt es sich wohl, strikt bei der Wahrheit zu bleiben.
Münchhausen begann seine berufliche Laufbahn als Page von Herzog Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel. Der schickte ihn nach Russland, wo er es bis zum Kaiserlich russischen Rittmeister bringt und wohl auch an zwei russisch-türkischen Kriegen teilnahm, bis er, dreißigjährig, nach Bodenwerder zurückkehrte und sich dort mit großem Eifer der Jagd widmete. Er ließ einen kleinen Pavillon bauen, in dem seine Jagdgäste zusammensaßen und sich Geschichten erzählten.
Münchhausen erzählt im Freundeskreis
Gutshaus Bodenwerder, heute Münchhausen-Museum
Brunnen vor dem Münchhausen-Museum in Bodenwerder
Münchhausen zieht sich und sein Pferd am Schopf aus dem Sumpf