Karl Leisner und Johann Schulz

Schulz

 

Johann Schulz (* 3.4.1884 in Ober­völklingen, † 19.8.1942 im KZ Dachau) – Priester­weihe 12.8.1911 in Trier – Pfarrer in Nickenich 13.3.1935 bis zu seinem Tod im KZ Dachau – Er wurde am 27.5.1940 auf ausdrücklichen Befehl Her­mann Görings verhaftet, weil er diesen nicht mit dem Hit­lergruß gegrüßt hatte, und kam über die KZ Buchenwald und Sachsenhausen am 14.12.1940 ins KZ Dachau.

Foto IKLK-Archiv

 

Auf einem aus einem Oktavheft wie dem letzten Tage­buch (9,2 × 14,4 cm) stammenden Zettel hat Karl Leisner ge­wissenhaft die Meßin­tentionen einge­tragen, die er ge­feiert hat oder zu fei­ern ge­dachte. Der ehemalige Geschäftsführer des IKLK Wilhelm Haas († 27.12.1993) hat diesen Zettel, als wäre er die letzte Seite des Tagebu­ches, als Seite 41 numeriert. Vermut­lich hat Karl Leisner die darauf befindlichen Notizen aber kurz nach seiner Weihe geschrie­ben und in Planegg ergänzt.

MeßintentionenMeß-Intentionen.
Missa concelebrata
[1]
bei der heiligen Weihe am 17.12.1944 (Gau­dete).
1. (Primiz)messe am 26.12.1944
Intentio: Gratias aga­mus [Inten­tion: Lasset uns dank­sagen]![2]
2. De Spiritu Sancto[3]
für Ga­briel [Piguet] Clemens August [Graf von Galen]Emi­nenz Cardinal Michael [von Faulhaber]
3. De Beata Maria Virgine [von der Seligsten Jung­frau Maria][4]
für Familie Leisner, Pies-Wieland
4. Pro defunctis (Sacerdotibus in Castris Captivitatis) [Für Ver­storbene (Priester im Lager der Gefangen­schaft).]
für Johann Schulz etc.
defunctis [verstorbene] Ver­wandte, [Ver­stor­bene der Familie] Peif­fers, [verstorbenen Apotheker Wilhelm] Hen­drik­sen, [verstorbenen] Propst [Jakob Küppers].
5.    Für die Schwestern und Ärzte [in] Planegg.

[1] Bis zur Liturgiere­form gab es Konzelebration nur bei der Priesterweihe.
[2] Votivmesse zur Danksagung
[3] Votivmesse vom Heili­gen Geist
[4] Votivmesse von der Aller­seligsten Jungfrau Maria

Bei der Priesterweihe richtete der Bischof damals nach dem Schlußsegen folgende Worte an die Neupriester:
Ihr alle, die ihr zum Priestertum geweihet worden, leset nach eurer ersten Messe drei andere Messen, eine vom Heiligen Geiste, die zweite von der seligen, stets unbe­fleckten Jungfrau Maria, die dritte für die abgestorbe­nen Christgläubigen, und bittet den allmächtigen Gott auch für mich.[1]

[1] Die Erteilung heiliger Weihen in der katholischen Kir­che. Nach dem römischen Pontifikale latei­nisch und deutsch, 61. bis 65. Auflage in neuer Bearbeitung, Mainz 1939: 87

Warum nennt Karl Leisner bei der Messe für die Verstorbenen ausdrücklich Johann Schulz? Er muß ihn bereits aus der Zeit im KZ Sachsenhausen gekannt haben, und im KZ Dachau waren sie wieder zusammen. Vermutlich haben sie sich unter anderem über das Zeltlager 1930 bei Maria Laach unterhalten, während dessen Karl Leisner den Ort Nickenich besuchen wollte, wo Johann Schulz ab Frühjahr 1935 als Pfarrer tätig war.

Maria Laach, Sonntag, 15. Juni 1930, 9. Tag
Um 6.45 Uhr, als die [andern] gerade auf waren, waren wir [vom Gottesdienst in der Abteikirche Maria Laach wieder] da und wollten jetzt nach Nickenich, während die andern um 8.00 Uhr in die Messe gehen wollten. Das wurde nicht genehmigt; nur weil sie Neid hatten, daß wir in Maria Laach gewesen waren. Wir taten so, als ob wir doch losgehen woll­ten, und brachten dadurch die Gemüter der andern bis zum Siedepunkt. Um 7.50 Uhr holten wir uns zum Er­staunen der andern unsre Gebetbücher und gingen ganz artig in die „Gemeinschaftsmesse“ um 8.00 Uhr [in der Heimschule], wovon uns aber leider am vorhergehenden Tag nichts gesagt worden war; denn sonst wären wir bestimmt nicht nach Maria Laach gegangen.

Hinzu kommt noch, daß Karl Leisner den in der Nähe gelegenen Ort Wassenach besucht hat, wo Josef Zilliken, der das gleiche Schicksal wie Johann Schulz erlitten hat, ab Ende 1938 als Pfarrer tätig war.
Josef Zilliken (* 17.9.1872 in Mayen, † 3.10.1942 im KZ Dachau) – Priesterweihe 26.3.1898 in Trier – Pfarrer in Wassenach St. Remigius 17.12.1938 bis zu seinem Tod im KZ Dachau – Er wurde ver­haftet, weil er Hermann Göring nicht mit dem Hitlergruß gegrüßt hatte, und kam über die KZ Buchenwald und Sachsenhausen am 14.12.1940 ins KZ Da­chau.

Maria Laach, Dienstag, 10. Juni 1930, 4. Tag
2.
Lager an der Heimschule [in Maria Laach]
Sofort darauf ging ich mit einigen Jüngeren mit dem Bollerwagen der Heimschule nach Wassenach hinunter (2,5 km). Hin ging’s sauber, weil wir nichts drauf hat­ten, und es bergab ging. Bei einer Gastwirt­schaft (ich glaube sie hieß Adams[1]) holten wir fünf Bund Stroh und einen halben Zent­ner Kartoffeln. In einem kleinen Kramladen[2] Nudeln. – Nun konnten wir uns kaputt däuen [drücken] an dem Leiterwagen; dazu war es verdömmt heiß. – In der Kirche [St. Remigius] von Wassenach ruhten wir uns „a bissel“ aus. – Sie war übri­gens für so’n Eifelnest gar nicht übel (ziem­lich alt). Gegen 11.00 Uhr waren wir wieder beim Zelt.

[1] heute Hotel und Restaurant Adams-Marquardt
[2] Damals gab es mehrere Krämerläden in Wassenach. Der bekannteste und größte Kolonialwarenladen gehörte Witwe Sehr. Er lag gegenüber dem 1772 errichteten Burghaus. Bis Mitte der 1970er Jahre führte deren Tochter Agnes das Geschäft.

J. Bernd Wittschier in der Zeitschrift THEOLOGISCHES Nr. 189, Januar 1986, Sp. 6855f.:
Auszug zu dem Artikel:

Schulz_pdf

 

Link zum gesamten Artikel