hl. Martin von Tours (* um 316/317 in Savaria/Szombathely/H, † 8.11.397 in Candes bei Tours/Indre-et-Loire/F) – Bischof von Tours – Gedenktag 11.11.
Mit seiner Person verbindet sich vielfältiges Brauchtum, u. a. der Martinszug und das Essen der Martinsgans. Gänse sollen ihn verraten haben, als er sich versteckt hielt, weil er nicht Bischof werden wollte. Im frühen Christentum begann mit dem Martinstag die Fastenzeit vor Weihnachten. Man durfte noch einmal gut essen. Außerdem war am Martinstag die Lehnspflicht fällig, die häufig in einer Gans bestand, vgl. die Redewendung „zu Martin eine Gans“. Der heilige Martin zählt zu den populärsten europäischen Heiligen und hat auch nach 1700 Jahren nicht an Aktualität verloren.
St. Martin von Tours an der neuen Kirche St. Martini in Wesel
Für einen Niederrheiner wie Karl Leisner stellt der hl. Martin mit dem ihm eigenen Brauchtum nichts Besonderes dar, sondern gehört wie selbstverständlich zum Alltäglichen dazu. Vermutlich erwähnt er ihn deshalb verhältnismäßig selten in seinen Tagebüchern, obwohl er viele Kirchen mit dessen Patrozinium besucht hat. Auch den traditionellen Umzug der Rhenanen im Collegium Borromaeum in Münster[1], erwähnt er nur in einer kurzen Notiz (siehe Tagebuch 10. November 1934).
[1] Die Theologen vom Niederrhein im Collegium Borromaeum in Münster treffen sich als Landsmannschaft Rhenania mehr oder weniger regelmäßig vor allem nach den Mahlzeiten zum Steh-Convent (Steh-C). Ihr Motto „God, wij en de Rhin! – Gott, wir und der Rhein!“ Am Martinstag machen sie einen Fackelzug durchs Collegium Borromaeum. Anschließend gibt es Gänsebraten.
In der nach dem Krieg neu entstandenen Martinikirche in Wesel hat der Künstler Bert Gerresheim Karl Leisner in der V. Kreuzwegstation als Simon von Cyrene dargestellt.
Kleve, Montag, 28. Mai 1934
Wesel: Um 11.20 Uhr bin ich bei Tante Clara angelangt. Ich fahre eben zum Amtsgericht, um Onkel Hans Bescheid zu geben, er möchte um 12.30 Uhr essen kommen. Von dort gehe ich noch eben zur Martinikirche, die augenblicklich ausgemalt wird.
Wesel, Samstag, 28. Juli 1934
In der Martini-Kirche zum Angelus gebetet. Ergriffen von der Weihe des Augenblicks der Menschwerdung in Gedanken an die herrlichen Worte, die Guardini dafür fand.[1] Die Martini-Kirche wird innen erneuert.
Foto IKLK-Archiv
[1] Romano Guardini (* 17.2.1885 in Verona/I, † 1.10.1968 in München) – katholischer Religionsphilosoph u. Theologe
Die in seinem 1937 erschienenen Buch „Der Herr. Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi“ im Kapitel „Die Mutter“ dargelegten Gedanken hatte Karl Leisner vermutlich bereits in früheren Veröffentlichungen gelesen.
Die heutige Martini-Kirche entstand, zunächst als Notkirche gedacht, in den Jahren 1947–1949 an der Martinistraße auf dem Grundstück einer ehemaligen Reithalle und Kaserne.
Foto IKLK-Archiv
Außer der oben abgebildeten Skulptur des hl. Martin, der seinen Mantel mit dem Bettler teilt, neben dem Eingang befinden sich noch zwei weitere Darstellungen mit dem gleichen Motiv im Inneren der Kirche.
Weitere Informationen zur V. Kreuzwegstation in St. Martini und Karl Leisners frühen Tagebuchaufzeichnungen zu Wesel siehe Link zu „Wesel: Karl Leisner in der St. Martinikirche“
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Karl Leisner gehörte seit 1927 der Jungkreuzbundgruppe St. Werner an. Im Kreuzbund wurde das Martins-Brauchtum gepflegt. Carl von Vogelsang[1] berichtete darüber in dem Artikel „Die Abstinenzbewegung am Niederrhein“:
Propaganda machen wir [in Kleve], wo wir können. Im „Martinszug“ (dem historischen Kinderfackelzug am Rhein zu St. Martin) hatten wir ein zwei Meter langes Transparent angefertigt „Alkoholfreie Jugend“. Die meisten Zuschauer freuten sich, andere „standen Kopf“. Was schadet es? Wir sind da, auf der Wacht![2]
[…]
Kleve, im Hartung [Januar] 1926. Carl von Vogelsang.[3]
[1] Carl Miguel Ludwig Berta Maria Veronika Freiherr von Vogelsang (* 1.7.1900 in Bad Wörishofen, † 4.4.1977 in Lübeck) – auf Grund des Todes der Mutter bei seiner Geburt Erziehung durch Tanten in Rattenberg bei Hall in Tirol/A – später Aufenthalt in Kleve bei Familie Wilhelm Winthuis, Verwandten mütterlicherseits – Lehre als Buchhändler mit Gesellenprüfung 15.1.1921 bis 11.6.1926 – Ende seines Aufenthaltes in Kleve – Für Karl Leisner war er eine wichtige Person und einflußreicher Wegbegleiter während der Jugendzeit.
[2] Anklang an die 4. Strophe des Liedes „Und wenn wir marschieren“
[3] Volksfreund 1926: 163
Carl von Vogelsang:
Während des St. Martinszuges [1925] durch die Stadt [Kleve][1], an dem auch unsere 1400 Aufrechten[2] teilnahmen, trugen die Aufrechten eine große 1½ Meter lange Fackel „Alkoholfreie Jugend“. Hinterher folgten Jungborner mit Fiedeln. Die Stadt hat teilweise etwas aufbegehrt, aber nur die „interessierten“ Elemente. Das schadet aber nichts: Schlag auf Schlag, bis es erreicht ist. – So schaffen wir. Mögen dadurch andere Gruppen lernen. Wir bitten herzlich: Helft euren Jungbornern nach Kräften, so wird großes erreicht. Kraft und Weisheit der Alten hilft den Jungen, Feuer und Idealismus strömt von den Jungen in die Alten über. So gelingt das Schwerste. Eine festgeschlossene Gemeinschaft wollen wir sein, vereint in edlem Wettstreit: Das helfe Gott![3]
[1] Das Fest des hl. Martin von Tours wird am 11.11. gefeiert. Nach alter Tradition finden meist am Vorabend des Festes Martinsumzüge statt.
[2] Aufrechtenbund – Ursprung im Schutzengelbund – als Gruppe der Kinder von 10 bis 14 Jahren später Angliederung an den Kreuzbund – Bundeszeitschrift „Die Aufrechten“
[3] Volksfreund 1926: 31f.
Tagebucheinträge von Karl Leisner
Mehr und Zyfflich
St. Martini in Mehr und in Zyfflich – Fotos Wikimedia Commons
Seine erste Begegnung mit Kirchen unter dem Patronat des hl. Martin hatte Karl Leisner vermutlich bereits als Zwölfjähriger, als er mit seiner Jugendgruppe, deren Chronik er führte, auf einem Sonntagsausflug die Pastorat in Mehr und in Zyfflich besuchte.
Siehe Link zu Aktuelles vom 27. August 2014
und
Link zu Aktuelles vom 9. April 2013.
Qualburg
Kleve, Donnerstag, 27. März 1930
Da wir so wenig Schularbeit auf hatten, setzte ich mich um 16.30 Uhr aufs Rad und fuhr zu Jupp Kersten[1]. Er war nicht zu Hause. Deshalb ging ich mal eben die Kirche [St. Martinus] von Qualburg besichtigen. (Von außen sehr schöne Gotik, aber von innen fast kitschig bemalt.) Nach der Besichtigung fuhr ich durch den Sternbusch nach Hause zurück.
1934 erwähnt Karl Leisner diese Kirche erneut:
Kleve, Montag, 28. Mai 1934
Nun auf! Sternbusch, der spitze Zeigefingerkirchturm [von St. Martinus in Qualburg[2]]
[1] Josef (Jupp) Kersten (* 30.4.1915, katholisch getauft, † ?) – Er studierte Theologie, um Priester zu werden, brach aber sein Studium ab.
[2] Der markante spitze 58 m hohe Turm ragt weit sichtbar in die flache Landschaft.
Pfalzdorf
Bereits zu Anfang seines Tagebuchschreibens trug Karl Leisner manches Erlebnis nach. Auf dem Weg von Kleve nach Goch zu seinen Tanten hatte ihn in der Kirche St. Martinus in Pfalzdorf eine Glockenweihe beeindruckt.
Kleve, Samstag, 2. Juni 1928
Mit Papa zur Niers gefahren. Dort Protokoll bekommen. Dann nach Tante Julchen gefahren. Dort lecker Kaffee getrunken. Dann nach Haus gefahren. In Pfalzdorf Glockenweihe gesehn.
Den Satz In Pfalzdorf Glockenweihe gesehn hat Karl Leisner nachgetragen, aber entweder an falscher Stelle, oder er hat bereits das Abholen der Glocke als Weihe verstanden
R. Thamm:
25jähriges Priesterjubiläum unseres Hochw. Herrn Pfarrers
Unter Anteilnahme der ganzen Kirchengemeinde feierte am 3. Juni (1928) unser allverehrter Herr Pfarrer Johannes Bruns sein 25jähriges Priesterjubiläum. Eingeleitet wurde die Feier am Tage vorher mit der festlichen Abholung der neuen Glocke – das Jubiläumsgeschenk der Pfarrgemeinde –, woran sich auch die Schulkinder beteiligten. Die Glocke, dem hl. Johannes dem Täufer geweiht (der Namenspatron unseres hochw. Herrn Pfarrers), trägt die Inschrift: Christi Verkünder, Mahner der Sünder, heiliger Täufer, bitte für uns! […] Am Tage selbst wurde der Jubilar um 9 Uhr an der Pastorat abgeholt. Im Anschluß an das Hochamt fand die Weihe der neuen Glocke statt (Katholische Pfarrgemeinde St. Martinus zu Pfalzdorf: 21).
Hans-Karl Seeger:
Im Rahmen der Weihe der neuen Pfarrkirche St. Martinus in Pfalzdorf 1973 hielt ich die Predigt am „Tag der Schulen“.
Aus dem Pfarrbrief 2/73:
Zum Dank schenkte mir der damalige Pfarrer Leo van der Velden[1] mit einer persönlichen Widmung das Festheft vom 17.November 1973 „Katholische Pfarrgemeinde St. Martinus zu Pfalzdorf (Hg.): Festschrift anläßlich der Weihe unserer Pfarrkirche St. Martinus Goch-Pfalzdorf“.
[1] Leonhard (Leo) van der Velden (* 28.5.1917 in Veert, † 7.12.2009 ) – Priesterweihe 31.5.1950 in Münster – ab 1964 Pfarrer in Pfalzdorf
Außerdem erhielt ich das Festheft „150 Jahre Kath. Pfarrkirche St. Martinus Pfalzdorf“ von 1961.
Dieses Heft leistete gute Dienste bei der Kommentierung der oben genannten Tagebuchstelle.
Greven
Münster, Donnerstag, 31. März 1932
In schneidigem Tempo fuhren wir auf Greven zu. Dort besichtigten wir die Kirche [St. Martini]. Ein Kaplan hielt gerade Kommunionunterricht.[1] Wir meinten, wir würden es nicht so trocken machen wie er.
Kotten, Freitag, 5. August 1932
Ein schöner Sonnentag brach an. Ein frisches, herzerquickendes Morgenbad in der Ems. – Ein „fauler“ Tag. – Mittags fuhr [ich] eben nach Greven und kaufte dort einen „Waggon“ voll ein.
[1] Damals gab es drei Kapläne in Greven: Theodor Bohnenkamp, Karl Hellkuhl und August Tertilt.
Ansichtskarte:
Greven, Westf. Katholische Kirche
GREVEN, einst das größte Dorf im Münsterland.
„Die größte Stadt in Engelland ist London an der Themse.
Das größte Dorf im Münsterland ist GREVEN an der Emse.“
Die Kirche inmitten der Stadt
Dort kauften wir ein
Kotten, Samstag, 5. August 1933
Um 5.30 Uhr geht’s raus aus unserm warmen Stall [Kotten]. Eine Ehrengarde fährt mit Walter [Vinnenberg][1] vor nach Greven, dort [in St. Martini] die Messe zu feiern. Wir andern machen uns nach dem Morgengebet daran, die Bude aufzuräumen, Tee zu kochen und zu futtern. Um 8.15 Uhr ziehen wir ab.
[…]
8.15 Uhr los nach Greven, wo W. [Walter] mit vier [Jungen in St. Martini] Messe las.
[1] Prälat Dr. phil. Walter Vinnenberg (* 8.6.1901 in Lippstadt, † 1.12.1984 in Bocholt) – Priesterweihe 27.2.1926 in Münster – Kaplan in Kleve St. Mariä Himmelfahrt u. Religionslehrer am Gymnasium in Kleve in allen Klassen v. 1.4.1926 bis Pfingsten 1929 – Außerdem unterrichtete er Hebräisch und Sport und leitete eine religionsphilosophische Arbeitsgemeinschaft. Später unterrichtete er auch Französisch. Er gewann Karl Leisner für die Jugendarbeit und gab den Anstoß zur Gruppenbildung. Mit den Jungen unternahm er zahlreiche Fahrten auch noch nach seiner Tätigkeit in Kleve.
Köln
Köln-Deutz, Sonntag, 14. August 1932
Von der Brücke aus knipsen wir die herrliche Rheinsicht auf Dom und „St. Martin“ (siehe Bild S. 75!). Es ist ein heißer, prächtiger Sommermorgen!
Mainz
Mainz, Dienstag, 16. August 1932
Wir gehn in den wuchtig aufragenden Rotsandsteindom [St. Martin] und wohnen einem Hochamt bei. Der Chor singt gut samt den Vorsängern. Bei der heiligen Wandlung kommen zwei Domwächter in alter (mittelalterlicher) Tracht mit Lanze und Hellebarde an den Altar und knien sich vor dem heiligen Gut nieder. Eine schöne Sitte. – Nach diesem feierlichen Tagesbeginn besichtigen wir den Dom (siehe Beschreibung des Stadtführers auf Seite 93!). Prächtiges Zusammenklingen verschiedener Kunststile. Feine Seiten- und Nischenaltäre, alte Grabmäler der verschiedenen Bischöfe, die zugleich Kurfürsten waren. Prächtig.
Beschreibung des Stadtführers auf Seite 93!
Auf der Südseite des Marktes
Neun Jahrhunderte haben an dem Dom gebaut. Im Anschluß an Dombrände jedesmal starke bauliche Veränderungen; daher im Äußern und Innern alle Bauformen vertreten (romanisch, gotisch, Renaissance und Barock). Dombau begonnen von Erzbischof Willigis (975 bis 1011); 1009, am Tage der Einweihung, abgebrannt. Der von Willigis begonnene, von Erzbischof Bardo 1036 vollendete Neubau brannte 1081 wieder ab (vom Willigisdom fast nur die Fundamente, vom Bardodom die unteren Teile der Stiegentürme am Liebfrauenplatz erhalten). Kaiser Heinrich IV. und Erzbischof Adalbert I. erbauen von Grund aus neuen Dom mit Wölbung (vollendet um 1137). – Neuer Dombrand. – Von 1200 ab Erneuerung, neuer Westbau angefügt und unter Erzbischof Siegfried III. 1239 eingeweiht. Von 1279 ab Anbau der seitlichen (gotischen) Kapellen, Erhöhung der Türme durch gotische Geschosse. Um 1400 Erbauung des Kreuzgangs. 1767 Dombrand. Franz Ignaz Michael Neumann gibt dem westlichen Hauptturm (82,5 m hoch) und dessen Seitentürmen die neue, feuersichere Bekrönung aus Stein (vollendet 1778). 1792 Mainz von den Franzosen besetzt. 1793 von den Deutschen belagert, beschossen und wiedererobert. Bei der Beschießung gerät Dom in Brand (letzter Dombrand). In den folgenden Jahrzehnten, während der französischen Herrschaft (1797 bis 1814), ist Domruine Militärmagazin. Furchtbare Verwüstung und Verschleppung der Denkmäler des Dominnern. 1803 wird der Dom dem neuen Mainzer Bischof Jos. Ludwig Colmar übergeben; er ist der Retter des Mainzer Domes, dessen Niederlegung schon beschlossen war. Seit etwa 1868 Einsturzgefahr des Ostturmes immer drohender; er wird bis Dachhöhe niedergelegt und bis 1879 ebenso wie die oberen Teile der Seitentürme neu aufgebaut. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts drohte von neuem die Gefahr des Einsturzes beim Ostbau und beim nördlichen Seitenschiff. – 1910 zum erstenmal Untersuchung der Fundamente. Jetzt erst Ursache der Gefahren erkannt: Allenthalben Senkung des Untergrundes, die Fundamente lagen hohl oder standen auf schlechtem Baugrund. Von 1910 ab in gewaltiger Arbeitsleistung der ganze Dom auf neue, ca. 3 m tiefer gelegte Fundamente gestellt. Bis 1928 im Innern und Äußern umfassende Wiederherstellungsarbeiten. – Bei Betrachtung des Innern, sowohl der Architektur selbst als auch der Denkmäler, auf die viel zu wenig beobachteten Maßverhältnisse achten! Mittelschiff höher als fünfstöckiges Haus. Einzelne Denkmäler und Altäre haben beinahe die Höhe eines 3stöckigen Hauses (9 1/2 m!). Die Maße findet man bei [Rudolf] Kautzsch=[Ernst] Neeb: „Der Dom zu Mainz“ [Darmstadt 1919]. – Der Dom wie der Kreuzgang bergen zahlreiche hervorragende Denkmäler der Bilderkunst.
Im nördlichen Seitenschiff die der Erzbischöfe und Kurfürsten Albrecht v. Brandenburg und Sebastian v. Heusenstamm, ferner in einer der nördlichen Kapellen gotische Grablegung mit den ausdrucksvollen Frauenköpfen. Im Mittelschiff die beiden bemalten Gegenstücke der Könige krönenden Erzbischöfe Peter Aspelt und Siegfried III. v. Eppstein, Erzbischof Conrad III., Dieter v. Isenburg, Adalbert v. Sachsen, Uriel v. Gemmingen, Berthold v. Henneberg.
Im südlichen Seitenschiff das vornehme Barockdenkmal des Kurfürsten Anselm Franz v. Ingelheim und im südlichen Kreuzarm das des Domprobstes Franz v. Breidbach= Bürresheim, mit mächtigem Saturnkopf (Bildhauer Joh. Peter Melchior). Im Westchor prachtvolles Chorgestühl (von Frz. Ant. Hermann), 1766. Beim Eingang zur Memorie links oben Gedenktafel für die dritte Gemahlin Karls des Großen Fastrada. Im Kreuzgang neues und altes Frauenlobdenkmal (ersteres von Schwanthaler). Frauenlob, der Minnesänger, eigentlich Heinrich von Meißen, † 1318. Im Südflügel: Dom=Museum mit hervorragenden Werken der Plastik, Reste vom frühgotischen Westlettner. – Das Hauptportal mit den ehernen Türflügeln, die im Auftrag von Erzbischof Willigis angefertigt wurden, liegt nach dem Markt zu.
Am Ausgang nach dem Leichhof reiches spätromanisches Portal wieder freigelegt. Durch das Südportal auf den Liebfrauenplatz.
Auf der Nordseite des Platzes das Haus „Zum römischen Kaiser“, ursprünglich Marienberg genannt. Torfahrt mit schöner Stuckdecke. Erbaut von dem Dürener Kaufmann [Edmund] Rokoch, der in der Schwedenzeit in Mainz einwanderte und unter dem Erzbischof Joh. Phil. von Schönborn als Rentmeister eine bedeutende Persönlichkeit in der Stadtverwaltung war. Das Haus wurde 1664 vollendet. Nach 744 wird ein Teil Gasthof (Zum römischen Kaiser); über dem Portal: Kaiser Karl VI.
Das Gebäude ist heute für die Aufnahme eines Teiles des Gutenbergmuseums bestimmt. – Hof zum König von England, ebenfalls von Rokoch gebaut und früher mit dem Römischen Kaiser in Verbindung stehend, Hof zum Spiegel.
Einsiedeln
Einsiedeln, Mittwoch, 24. August 1932
Tagesziel: Vierwaldstätter See. Es will und will nicht klar werden diesen Tag. Zu Mittag sind wir in Schwyz. Besuchen dort das barocke Kirchlein.
Pfarrer Reto Müller aus Schwyz am 15.5.2007 an Hans-Karl Seeger:
Karl Leisner meinte wohl die Pfarrkirche [St. Martin]; sie ist im schönsten Spätbarock erstellt und wird vom Kunstführer die festlichste Pfarrkirche der Schweiz genannt. Allerdings ist sie groß; sie hat einige hundert Sitzplätze!
Es gibt noch andere barocke Gotteshäuser in Schwyz: die Kirche des Kollegium Schwyz (Gymnasium mit Internat) und die Kapelle St. Magdalena in Rickenbach oberhalb von Schwyz, doch dem Zitat nach meinte er wohl die dem Rathaus gegenüberliegende Kirche St. Martin.
Diese erschien Karl Leisner im Vergleich zu Einsiedeln offensichtlich klein.
Münster
Die Martinikirche in Münster gehört zu den “Hauptkirchen” der Stadt. Insofern wird Karl Leisner sie öfter wahrgenommen und besucht haben.
Bei der Großen Brandprozession wird sie einbezogen.
Münster, Montag, 9. Juli 1934, Große Brandprozession
Gegen 8.15 Uhr los! – [St.-] Aegidii-Kirche, wo der Bischof [Clemens August Graf von Galen[1]] selbst den Segen gibt! – Überwasser – [St.] Martini – [St.] Lamberti – [St.] Servatii – [St.] Ludgeri – Dom. Große Beteiligung!
[1] Clemens August Graf von Galen (* 16.3.1878 auf Burg Dinklage i. O., † 22.3.1946 in Münster) – Priesterweihe 28.5.1904 in Münster – Bischofsweihe zum Bischof für das Bistum Münster 28.10.1933. Am 18.2.1946 wurde er zum Kardinal ernannt und am 9.10.2005 in Rom seliggesprochen.
Eingangsportal mit Szenen aus dem Leben des hl. Martin
Kortrijk/B.
Woumen/B., Donnerstag, 15. August 1935
Im Vorübergehen schauen wir uns die reiche Kortrijker Kirche [St. Martinus] an. – Abends noch mal hin. – Eine feierliche Aufnahme neuer Kajotters miterlebt.
Kortrijk/B., Freitag, 16. August 1935
7.00 Uhr heilige Messe [in der St.-Martinus-Kirche] (Volkshochamt).
Ypern
Donnerstag, 15. August 1935
Dann nach Ypern. […] „Neue“ [nach Zerstörung im 1. Weltkrieg 1930 wieder aufgebaute] Cathedrale [St. Martin] weniger geschmackvoll.
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Münster, Mittwoch, 10. November 1937
Abends Martinszug im Bau!
Münster, Donnerstag, 11. November 1937
Betrachtung [Puncta] beim Chef [Direktor Franz Schmäing[1]]: Epistel und Evangelium von Martin, dem Martyrer, morgen.[2] Groß und tief grad für meine heutige Trostlosigkeit.
[1] Franz Schmäing (* 12.5.1884 in Anholt, † 25.1.1944 in Lippstadt) – Priesterweihe 25.5.1907 in Münster – Pfarrer in Münster St. Joseph 1931–1934 – Direktor des Collegium Borromaeum in Münster 3.5.1934 bis 1944 – Bischof Clemens August Graf von Galen beabsichtigte, ihn ins Domkapitel aufzunehmen. Bevor er aber die Ernennungsurkunde unterschrieben hatte, starb Franz Schmäing.
[2] Vor der liturgischen Kalenderreform 1969/1970 gedachte die Kirche des Martyrerpapstes Martin am 12.11. Die Betrachtungspunkte für den nächsten Tag wurden damals am Vorabend gegeben. Lesung: 1 Petr 4,13–19; Evangelium: Mt 16,24–27, s. Schott 1932: 973
Sonntag, 19. November 1944
Karl Leisner aus Dachau an seine Familie in Berlin und Niedermörmter:
Für Euer sehr feines Paket, aus dem so viel Liebe sprach, danke ich Euch beiden herzlichst. Es war am 11.11., auf St. Martin, hier.
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Zwei wichtige Aspekte im Leben des hl. Martin hat auch Karl Leisner verwirklicht. Wie der hl. Martin bereits als Soldat seinen Mantel mit einem Bettler teilte, so teilte Karl Leisner sogar im KZ, alles, was er hatte, vor allem sein Brot.
Der Biograph des hl. Martin Sulpicius Severus schrieb über den Heiligen: „Er weigerte sich nicht zu leben und fürchtete sich nicht zu sterben.“ Dieser Satz trifft auch auf Karl Leisner zu.
Vermutlich war Karl Leisner sich nicht bewußt, daß er auch durch sein letztes geschriebenes Wort vor seinem Sterben, nämlich die Unterschrift „Kaplan“ auf einer Karte an Schwester Arsenia Stöger[1], mit dem hl. Martin verbunden war.
Kaplan kommt von capellanus (mlat.) = Geistlicher, Kaplan – ursprünglich einer fränkischen Hofkapelle zugeordneter Kleriker, wobei in beiden Begriffen cappa enthalten ist von cappa (lat.) = Kopfbedeckung; Mantel mit Kapuze ►cap(p)ella (mlat.) = kleiner Mantel; kleines Gotteshaus – ursprünglich Aufbewahrungsort des Mantels des hl. Martin von Tours – Der Bedienstete der Kapelle war ein Kaplan.
[1] Schwester Maria Arsenia/Arsenis (Agnes) Stöger (* 14.8.1901 in Peiting/Kreis Schongau, † 6.11.1981) – Eintritt bei den Vinzentinerinnen (München) 1.6.1926 – Einkleidung 24.4. 1927 – Profeß 11.4.1929 – Sie war Stationsschwester im Waldsanatorium Planegg auf der Station, auf der Karl Leisner nach der Befreiung aus dem KZ Dachau die letzten Monate seines Lebens verbrachte. Im Seligsprechungsprozeß für Karl Leisner hat sie 1982 als Zeugin ausgesagt.
Siehe Link zu Aktuelles vom 4. März 2015.
nicht ausgewiesene Fotos Gabriele Latzel