Karl Leisner machte vom 5. bis zum 9. September 1931 Exerzitien in Gerleve.
Abtei Gerleve nach den Plänen von P. Wilhelm Rincklake OSB
In den Jahren 1937 und 1938 wurde die durch Witterungseinflüsse stark beschädigte Westfassade nach Plänen des Kölner Architekten Dominikus Böhm restauriert und umgestaltet.
Karl Leisners Notizen zeigen, wie fortschrittlich diese Exerzitien besonders im Blick auf die Feier der Liturgie waren. Inspiriert vor allem durch Romano Guardini praktizierten die jungen Menschen in der Jugendbewegung eine Liturgie, die durch das Zweite Vatikanische Konzil bestätigt wurde.[1] Ansätze für diese Bestätigung finden sich bereits in der Diözesansynode in Münster vom 14. bis 16. Oktober 1924. Die sogenannte Gemeinschaftsmesse nahm vorweg, was heute selbstverständlich ist.
[1] Romano Guardini (* 17.2.1885 in Verona/I, † 1.10.1968 in München) – katholischer Religionsphilosoph u. Theologe – Priesterweihe 28.5.1910 in Mainz – Er hat bis heute eine starke Ausstrahlung durch sein Wirken in Wort und Schrift. Sein Anliegen war die wechselseitige Erhellung von Glaube und Welt im Dienst der Wahrheit und der Daseinsdeutung. Die Jugendbewegung und damit die Liturgische Bewegung sind ohne ihn nicht denkbar. 1920 übernahm er die geistige Führung des Quickborn und hielt 1930 auf Burg Rothenfels zum ersten Mal die Geistlichen Übungen, die 1931 und 1932 wiederholt wurden. Sie dauerten drei Tage, begannen am Vorabend des ersten Tages und endeten am vierten Tag morgens.
Wahrscheinlich hat Karl Leisner seine Exerzitien in Gerleve bei P. Laurentius Rensing OSB gemacht. Als Gastpater scheute dieser keine Mühe, insbesondere junge Leute aus der Jugendbewegung zu betreuen. Sein Lieblingsautor war Romano Guardini, was bei den zahlreichen Exerzitien, die er mit Jugendlichen hielt, immer wieder deutlich wurde. Auch Karl Leisners Aufzeichnungen anläßlich seiner dortigen Exerzitien sind angefüllt vom Gedankengut Guardinis.[1] Vermutlich hatten ihn seine seine Religionslehrer Walter Vinnenberg oder Bernhard Peters auf diese Exerzitien aufmerksam gemacht.
[1] P. Ildefons Marlie OSB aus Gerleve am 29.12.1975 an Pfarrer Josef Perau in Hülm:
Also ich habe alle möglichen Nachforschungen gehalten. Doch den Namen des damaligen Exerzitienmeisters kann man nicht mehr mit Sicherheit feststellen. P. Plazidus [Schornstein OSB] meinte, es sei mit einiger Sicherheit wohl P. Laurentius Rensing gewesen, der damals öfter Pennäler zu Exerzitien im damaligen Jugendheim hatte. Dazu paßt, daß er als Quickborner allerbestens mit den Werken Guardinis bekannt war und auch mit ihm auf Burg Rothenfels zusammen war.
Pater Laurentius Rensing OSB (* 6.12.1892, † 1.9.1968) – Eintritt bei den Benediktinern in Gerleve – Profeß 11.8.1914 – Priesterweihe 25.2.1920 – Für die Zeit vom 31.7. bis 3.8.1929 und vom 16. bis 22.9.1929 trug er sich jeweils mit einer Gruppe ins Gästebuch von Kloster Marienthal bei Wesel ein, ebenso im August 1931 und vom 26. bis 31.8.1934, 24.7. bis 29.7.1935 – Sein Lieblingsautor war Romano Guardini.
P. Laurentius verwendete, wie Karl Leisners Notizen zeigen, in den Exerzitien nicht nur die Bibel und die Liturgie, sondern auch Literatur und Musik, zum Beispiel Friedrich Wilhelm Webers „Dreizehnlinden“, „Das Lied von der Glocke“ von Friedrich von Schiller und die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven.
Ausführungen zu den genannten Gedichten folgen am 2. und 3. September unter dieser Rubrik.
Die Exerzitien fanden in der Jugendherberge (Jugendheim) des Klosters statt.
In den Exerzitien in Gerleve vertieften sich für Karl Leisner die Gedanken der Jugendbewegung, die er bereits durch Walter Vinnenberg kennengelernt hatte.
Quelle der Fotos: Kloster Gerleve