Karl Leisner und seine Lieder (19)

 

Karl Leisner mit seiner Schwester Maria 1937 im Allgäu

 

Quelle des Fotos: Karl Leisner-Archiv

 

 

 

 

Singen unter verschiedenen Aspekten (2)

„Mit Sang und Klang“ (2, 1929-1930)

Sonntag, 3. März 1929
Bald gingen wir über Griethausen, Kel­len nach Hause. Auf diesem Weg lernte uns der „Bayer“[1] das Frosch­lied: „Zu Ingol­stadt wohl auf der Höhe“ usw.
[1] vermutlich Andreas Hermann aus Bamberg

Spielfahrt vom 10. bis 12. April 1929

Mittwoch, 10. April 1929
Nach dieser Rast, die Föns [van Thiel] geknipst hat, zog ich auch bis Weeze den Wagen [mit den Kasperfiguren] mit. In Weeze zogen wir sin­gend ein.

Donnerstag, 11. April 1929
Wir […] zogen uns an und gingen zum Bauern und aßen dort nach dem Morgengebet den reich gedeckten Tisch leer?! Der Bauer [Leo Janßen] war ein ganz paten­ter Mann; denn er hatte ein Hüh­ner- und ein Gän­seei für „je­den“ ge­deckt usw. Nach dem Tischgebet setzten wir uns auf die Diele und sangen, daß das Haus dröhnte.

* * * * *

Sonntag, 2. Juni 1929
Die Fronleichnamsprozession [in Kleve]
Um 10.45 Uhr waren wir in der Oberstadtkirche [Stiftskirche]. Von dort zogen wir mit dem Gymnasium um 11.00 Uhr unter kleinen Regenschauern ab. Am Mertensal­tar[, in der Toreinfahrt der Firma Wilhelm Mertens,] vor­bei, den Hasenberg herauf zum Großen Markt. Dort reg­nete es auch ein wenig. Nach dem viermaligen Segen und dem Lie­der­singen gings weiter zum „Schwesternaltar“ [bei den Clemensschwe­stern in der Toreinfahrt des St.-Antonius-Hospitals].

Karl Leisner aus Kleve am Samstag, 15. Juni 1929, an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
In der Schule geht’s weiter gut. Dr. [Bernhard] Peters hat den Kirchenchor wieder „renoviert“. Leider kann ich nicht wegen Stimmbruchs mitsingen. Willi [Leisner] ist mit Hermann und Josef Mies Vorsän­ger.

Sonntag, 23. Juni 1929
Nach dem Kasperspiel sangen wir Herrn Peiffer was vor und Jan [An­sems] knipste uns. Zurück fuhren wir für 10 [Pfennig] mit einem Auto. Um 20.30 Uhr waren wir zu Hause.

Fahrt nach Rügen vom 3. bis 23. August 1929

Dienstag, 6. August 1929
Um 13.20 Uhr hauten wir mit den vier „Telg­tern“, nachdem wir vorher noch vor Vin­nen­bergs Haus ein Ab­schieds­lied gesungen hatten („Heut noch sind wir hier zu Haus“), zum Bahnhof Telgte ab und fuhren um 13.45 Uhr nach Münster. Von dort um 14.30 Uhr Abfahrt nach Hamburg.

Samstag, 10. August 1929
Nachdem wir, die beichten ge­gan­gen waren, noch etwas Binz beguckt hatten, gings über die Strandpro­me­nade wieder zurück zum Zelt. Dort gabs um 19.00 Uhr Abend­essen. Nach­dem be­rei­teten wir noch etwas die liturgi­sche Messe [Gemein­schaftsmesse] vor und sangen noch „Wer leucht’ uns denn bei der finste­ren Nacht“.

Mittwoch, 14. August 1929
Nachdem wir ge­spielt und gefuttert hatten, hauten wir zum Zelt, wo es um 20.00 Uhr Abend­essen gab. (Vorher noch gebadet.) Nach dem Essen sangen wir noch und gingen um 22.00 Uhr zu Bett.

Sonntag, 18. August 1929
Beim Feuer sangen wir, und Walter hielt eine Feu­errede.

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Karl Leisner aus Kleve am Sonntag, 24. November 1929, an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
Um 9.30 Uhr gings in Süchteln [St.-Cle­mens-Kirche] ins Hoch­amt. Ge­gen 11.00 Uhr trafen wir in der Jugend­her­berge die andern, vier an der Zahl: Einen aus Essen [Schäffer], zwei Düs­seldorfer Rad­schläger (darun­ter der neue Gauleiter [des KWV Bruno Alt­haus]) und Carl von Vogel­sang. Mit diesen sangen wir zackige Lieder und bespra­chen dies und je­nes.

Montag, 9. Dezember 1929
Heute abend 20.00 Uhr hielt P. Elpidius [Weiergans OFM] einen Vortrag über den Alkohol. – Wir sangen Lieder. – Der Vortrag war sehr humor­voll.

Dienstag 24. Dezember 1929
Zuerst wurden Lieder gesungen, und die Mädchen [Maria, Paula und Elisa­beth] sagten Gedichte auf. – Dann war Bescherung.

Mittwoch, 25. Dezember 1929
Im Hochamt sang der Kirchenchor eine wun­derschöne Messe (von einem Italiener). – Sehr viele Leute gingen zum Tisch des Herrn [zur Kommunion], so daß es auch in ihrem Innern „Weihnachten“ wurde.

Sonntag, 29. Dezember 1929
Beim Kaffee [bei unseren Tanten in Goch] ka­men Onkel Hans aus We­sel und Onkel Fritz. Mit diesen spielte Papa Skat, wobei ich zuschaute. – Um 17.30 Uhr sangen wir beim Weih­nachtsbaum. – Dieser wurde auch [von Süßig­keiten] „geplün­dert“. – Um 19.00 Uhr fuhren wir nach Cleve zu­rück, wo wir um 20.00 Uhr in der Flandrischenstraße 11 waren. (Das heißt zu Hause waren.)

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Sonntag, 12. Januar 1930
Nachdem wir noch etwas gesungen hatten, wurde aus dem feinen, spannen­den Buch „Die wilden Jungen von der Feuerburg“[1] II. Teil, vorgelesen.
[1]  Albert Sixtus, Die wilden Jungen von der Feuerburg, Eine Abenteuerge­schichte, Charlotten­burg 1925; 2. Teil: Neue Abenteuer von der Feuerburg, Charlotten­burg 1925

Mittwoch, 29. Januar 1930
Wandertag zu den Sieben Quellen.
Um 8.30 Uhr gings mit der Klasse von Dr. [Wilhelm] Verlegers Wohnung („Gei­ten­hof“) über die Nymweger Straße gings zu den Forellenteichen, wo die Fi­sche von uns gefüttert wurden. Auch sangen wir unserer „Geit“ etwas vor.

Sonntag, 23. Februar 1930
Nun gings mit Sing-Sang über Bedburg – [Prinz-]Mo­ritz-Grab nach Cleve, wo wir ge­gen 19.30 Uhr landeten.

Karl Leisner aus Kleve am Sonntag, 2. März 1930, an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
Aber das hatte uns unsern Humor nicht verdorben und unter Sang und Klang ging’s zu den „heimatlichen Pe­naten“, wo wir ge­gen 19.30 Uhr anlang­ten.

Schluß­andacht bei der Volksmission in Kleve

Sonntag, 23. März 1930
Es war ergreifend, wie die Männer und wir Jüng­linge so begeistert das Glau­bensbekenntnis ablegten und dann nachher das Lied: „Fest soll mein Taufbund immer stehn“, sangen.

Fahrt zum Monreberg

Sonntag, 1. Juni 1930
Dann ging’s unter Erzählen (mit Föns [van Thiel]) und Singen bis in die Nähe des Monrebergs.

Pfingstfahrt vom 7. bis 15. Juni 1930

Samstag, 7. Juni 1930
Um 21.26 Uhr fuhren wir [über Troisdorf] nach Linz ab. Wir sangen und ruhten im Zug.
[…]
Unter Sing-Sang scho­ben wir durch Linz.

Montag, 9. Juni 1930
Während das Zahnrad- und Bim­melbähnchen mühsam den Berg hin­aufkraxelte bzw. hinunter­quietschte, san­gen wir auf der Platt­form.
[…]
Nun klabasterten wir im Gän­se­marsch durch das Dorf Kell durch in Rich­tung Heimschule [in Maria Laach]. Gegen 19.30 Uhr zo­gen wir dort un­ter: „Die blauen Drago­ner, sie reiten“ ein.

Dienstag, 10. Juni 1930
Dann setzten wir uns et­was mit Walter zusam­men und sangen. Hierbei machte ich solch einen Un­sinn, es sei zu meiner Schande gesagt, daß Walter sich darüber aufregte. Dann kro­chen wir ins Zelt.

Mittwoch, 11. Juni 1930
Hierauf sangen wir etwas und ver­schwan­den dann ins Zelt.

Donnerstag, 12. Juni 1930
In der Klo­ster­kir­che wohn­ten wir dem Choralhochamt bei. Die Mönche singen dort wirklich glänzend. Das nennt man noch Choralsingen.

Sonntag, 15. Juni 1930
Unter Pfeifen, Singen und Erzählen gelangen wir um 5.30 Uhr zur Abteikirche Maria Laach.
Im Zug Schinken gekloppt, Theo [Derksen] von der Fahrt erzählt und allerlei gesungen und uns unterhalten. Gegen 15.30 Uhr in Cleve an.

* * * * *

Dienstag, 1. Juli 1930
Befreiungsfeier des Rheinlandes. Das Schulorchester beginnt. – Deutscher Marsch[1]. Ein endloser Bandwurm von Gedichtvorträgen folgt! Dann unser Schülerchor (ich im Baß) mit dem feinen Lied: „Deutschland, o heili­ger Name …!“
Nach einigen Gedichten singt der Chor: „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein!“ – Dann folgt das kernige „Flamme empor!“ […] Dann wie üblich, das Deutschlandlied. – Schulfrei.

[1]  vermutlich „Preußens Gloria“

Montag, 28. Juli 1930
Um 18.00 Uhr Zusammenkunft über Spielfahrt [11.8.–2.9.1930]. […] Finanzfragen […] erledigt. – Singen. Um 20.40 Uhr zu Hause.

Mittwoch, 30. Juli 1930
(Verfassungsfeier – Schulschluß)
Der Chor sang (ich im Baß) 1. das „Halleluja“ [aus dem Oratorium „Messias“] von [Georg Friedrich] Hän­del, 2. „Die Himmel erzählen“ (aus der „Schöpfung“) von [Joseph] Haydn und 3. das einstimmige Lied „Du bist das Land, wo von den Hän­gen“ […] „Jumbo“ hielt eine zum Gähnen langweilige Rede […]. Während seiner Rederei vergnügte ich mich hinter dem riesigen „Kanonenofen“. (Beinahe wäre ich eingeschlafen, wenn wir nicht zum „Schluß der Vorstellung“ hätten singen müssen.) – Nachher Zeugnisse.

Spielfahrt vom 11. August bis 2. September 1930

Über die Spielfahrt existiert nur noch der Bericht von Ferdinand Falkenstein

Dienstag, 12. August 1930
Vorher wurde nach dem Abendessen noch gesun­gen.

Donnerstag, 14. August 1930
Um 14.30 Uhr gings bei Wind und star­kem Regen weiter, singend bis zu einem Bauern in Wertherbruch, dort ließen wir unsere Klei­dung trock­nen, dann ging es über eine Apfel-Chaussee weiter.

Samstag, 16. August 1930
Um 20.00 Uhr zur ND-Burg [Raesfeld], dort gabs Kartof­feln mit Boh­nen, danach Abend­gebet und Gesangstunde un­ter Lei­tung von Willi van Remmen.

Sonntag, 17. August 1930
Um 7.00 Uhr Aufstehen, 8.15 Uhr Hochamt in der Schloßkapelle [in Raesfeld], danach Singen im Hof.

Sonntag, 24. August 1930
Um 6.30 Uhr Aufstehen, danach Singen, um 8.00 Uhr heilige Messe [im St. Ludgerusdom in Billerbeck], an­schließend Kaffee trinken.

Montag, 1. September 1930
An einer Wassermühle [bei Westbevern] vorbei kamen wir zum Kotten. Mit dem Lied „Wir haben Hunger, Hunger“ sind wir dort eingezo­gen. … Nach dem Abendessen ha­ben wir gesun­gen und unser Abendgebet ver­richtet. Danach gings um 20.00 Uhr ins Stroh.

Gautag des Katholischen Wandervogels in Solingen
am 27./28. September 1930

Samstag, 27. September 1930
Im Zug wurde gesungen und Ulk gemacht.
[…]
Über Hilden – Ohligs unter Gesang nach Solingen. Dort um 18.30 Uhr. Drei Solinger am Bahnhof. Am Stadtheim der Solinger vorbei durch die Haupt­straße.
[…]
Gegen 19.00 bis 19.30 Uhr Gautageröffnung am Lagermast. In die ster­nenklare, stille Nacht hinein singen wir unsere frohen Lieder. – Die Fahne wird hochgezogen! „Weit laßt die Fahnen we­hen“, tönt es begeistert aus über 100 Kehlen.
[…]

Zum Schluß sin­gen wir: „Meer­stern …“, dann – es ist 22.00 Uhr – verschwinden wir in die Scheune.

Sonntag, 28. September 1930
Um 5.30 Uhr Abmarsch zur Kirche. – Fahnen und Wimpel voran singen wir, bis ein Schupo es uns verbietet, da noch Polizeistunde ist. (Ord­nung muß sein!) – Um 6.00 Uhr Messe in St. Clemens. Gegen 7.15 Uhr wie­der im Lager. Beim Bauern san­gen wir ei­nige Lieder. Die Bau­ers­leute hatten Freude. […] Nach dem Mittag allge­meine Zusam­menkunft am Lager­mast. […] Wir erhalten 7,00 [RM] Fahrten­ausgleich. – Dann singen wir Clever zum Ab­schied drei saubere Lieder: 1. „Frisch auf, in Gottes Na­men“, 2. „Lobe den Herren, den mächti­gen König der Ehren“ und als 3. „Steh’ auf hohem Berge“. Für unser Singen erhalten wir ein Hirsch­hornmes­ser.

Karl Leisner aus Kleve am Freitag, 3. Oktober 1930, an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
Jetzt Sonntag hatten wir Gautag [des KWV] in Solin­gen. Es waren von Cleve 10 [Jungen] mit, beson­ders von den Jüngeren. Es war sehr schön. – Gegen 10.30 Uhr ging’s von der Ecke – Trift­straße mit Gesang los. […]
Wir haben auch etwas ge­wonnen, und zwar ein feines Fahr­ten­messer: 1. erhiel­ten wir es für das Kasperlespielen, 2. für unser Sin­gen. Da siehst Du, daß wir auch was können, wenn wir nur wollen. Wir sangen die drei Lieder: „Frisch auf, in Gottes Na­men“, „Steh’ auf hohem Berge, schau ins Tal hin­unter“, und „Lobe den Her­ren, den mächti­gen König der Eh­ren.“ Es klappte wirklich gut.

* * * * *

Sonntag, 19. Oktober 1930
Fahrt zur 700-Jahrfeier nach Kalkar
[…]

Trum …[trum, terum, tum, tum] gesungen! Unter Erzählen, Witzen und Gesängen bis zum Moyländer Busch.
[…]
Dann über die Straße – auf das Schloß [Moyland] zu – auf der Landstraße nach Kalkar. – Dort Singen.
[…]
Unter Singen zo­gen wir nach Hause zu­rück. Es war schön! Autos angeru­fen! Ebenso Rad­fahrer! Dann an jeder Wirtschaft un­terwegs die vierte Stro­phe vom Seeräuber­lied, die sich gegen den Alkohol rich­tet, gesungen.[1] Bei der Wirtschaft bei H. wurden einige Leute dar­über aufge­bracht und rie­fen uns nach. – Wir lachten!

[1]  Vermutlich haben sie die 4. Strophe des Seeräuberliedes „Wir lieben die Stürme“ umgedichtet.

Karl Leisner aus Kleve am Mittwoch, 19. November 1930, an Walter Vinnenberg in Maria Laach:
Auf Deine Fragen, die Du stelltest, will ich kurz ant­worten. Mit dem Singen geht’s von selbst.
[…]

Am vergan­genen Sonntag [16.11.] war ich mit sechs Jün­geren aus beiden Gruppen auf Fahrt. Es war sehr schön. – Gegen 10.30 Uhr ging’s von der Ecke – Trift­straße mit Gesang los.