Karl Leisner mit seiner Schwester Maria 1937 im Allgäu
Quelle des Fotos: Karl Leisner-Archiv
Singen unter verschiedenen Aspekten (4)
„Mit Sang und Klang“ (4, 1934)
Gemeinschaftslager vom 11. bis 24. Januar 1934 in Reinshagen
Donnerstag, 11. Januar 1934
Anmarschtag
8.30 Uhr in der Penne. Zwei Stunden gelangweilt, 10.48 Uhr los. Im Zug zunächst gelesen, dann gesungen. In Krefeld umsteigen. (Die Krefelder [Schüler des Humanistischen Gymnasiums] kommen hinzu.) Bis Düsseldorf „Jazz“ zugehört. Von Düsseldorf bis Remscheid jugendbewegter Singsang und „Ulk“[…].
Freitag, 12. Januar 1934
Nachdem der eifrige Stubendienst die Bude gefegt hat, entwickelt [sich] ein allgemeiner fröhlicher Singsang. Volks- und Jazzgesang wechseln einander in buntem Durcheinander ab.
Freitag, 19. Januar 1934
9.30 bis 10.00 Uhr Singen (vier Lieder).
Samstag, 20. Januar 1934
Nachher ist Freizeit mit einer viertel Stunde Unterbrechung durch Singen. (Auf, Ansbach!).
Sonntag, 21. Januar 1934
Dann singt Wittekopps Kasper [Kasper Witkop] mit seinem Chor mundartliche Lieder heiteren und ernsten Inhalts, die ein Lob auf die bergische Heimat und Remscheid singen.
Montag, 22. Januar 1934
7.00 Uhr raus etc. 9.15 Uhr Singen. – Nachher Geländesportübung. […]
Frisch marschieren wir mit Gesang durch die herrliche Stadt.
Mittwoch, 24. Januar 1934
Bis 10.00 Uhr Stubenreinigen etc. – Ab 10.15 Uhr Singen. […] 20.00 Uhr Rudi Hell spricht. Die Singschar singt.
* * * * *
Sonntag, 11. Februar 1934
Zurück zum Heim! Dort ergibt sich von selbst [ein] toller Abend („Bütten“ – Gesänge – Spiele) – „Heia askari!“[1] – endigen wir Neger.
[1] Karl Leisner dachte an das Lied „Wie oft sind wir geschritten“.
Willi Leisner:
Nachdem wir uns gegenseitig vorgestellt hatten, zogen wir singend durch die Stadt. Hier spielten wir unter allgemeinem Gelächter „Ringelarose…“[1].[2]
[1] s. „Ringel, Rangel, Rose“
[2] Leisner, Willi: Tagebuch Nr. 5: 12f.
Sonntag, 18. Februar 1934
Willi Leisner:
Wegen des Verbotes [durch die Nationalsozialisten] mußten wir die Fahrt fallen lassen. Deshalb hielten wir im [Jungmänner-]Heim eine Singestunde ab.
Montag, 19. März 1934
Skizze des Gruppenabends am Montag, dem 19.3.1934
I. Lied: S. s. 8 „Ein Haus voll Glorie schauet“, Strophe 1,2,3,6,7.[1]
[…]
III. Lied: „St. [Sankt] Michel“ S. 2.[2]
[…]
VI: Lied und Spiel.
[1] Im Liederbuch „Das gelbe Singeschiff“ steht dieses Lied mit sieben Strophen auf S. 8, im Kirchengebet mit drei Strophen auf S. 63.
[2] Es ist nicht klar, welches Liederbuch gemeint ist.
Sonntag, 13. Mai 1934
Nach dem Abendspaziergang Singekreis in der Aula. Köstliche neue Lieder gelernt „Jetzt gang i ans Peters Brünnele“[1].
[1] s. Jetzt gang i ans Peters Brünnele
Pfingstlager in Marienthal und Raesfeld
Sonntag, 20. Mai 1934
Nach dem Frühstück sitzen wir singend zusammen. Es sind Mädchen aus Bocholt gekommen.[1]
[…]
Abschied: „Auf, du junger Wandersmann“.
[1] Laut einer Heliand-Chronik (Kopie im IKLK-Archiv) hat sich in Bocholt 1934/1935 eine Heliand-Gruppe gebildet.
Montag, 21. Mai 1934
Kurz nach 7.00 Uhr stehen wir bereit und singen unser Dank- und Abschiedslied „Auf, du junger Wandersmann“.
* * * * *
Dienstag, 22. Mai 1934
Schnell zur Singschar im [Jungmänner-]Heim, die den Geburtstagskantus für den Präses [Heinrich Brey, geboren am 26.5.1903] übte.
Mittwoch, 23. Mai 1934
9.30 Uhr Probe mit der Singschar im Vereinshaus. Es klappt.
Donnerstag, 24. Mai 1934
Abends Gruppenabend im Heim [Mühle]. Jungschar Kevelaer munter da. Eine Hamborner ND-Gruppe kommt noch hinzu: Wir ziehen es vor, die Jungens nicht zu stören und fußballen in der Sandkuhle. – Nach dem kräftigen Spiel proben wir das Fuldaer Bekenntnis, ich spreche zu ihnen vom Sinn der Aufnahmefeier, der Aufnahme in den Katholischen Jungmännerverband Deutschlands[1]. „Laßt die Banner wehen“. – Bundesgebet. – „Jetzt, Brüder, eine gute Nacht“[2]. Froh gehen wir nach Hause.
[1] Karl Leisner war im Juni/Juli 1933 nach der Auflösung des Katholischen Wandervogels (KWV) mit seinen Gruppen zum KJMVD übergetreten. Vermutlich bedurfte es aber noch der formalen Aufnahme.
[2] aus dem Lied „Kein schöner Land in dieser Zeit“
Sonntag, 27. Mai 1934
Von 20.00 bis 21.30 Uhr haben wir dann im Heim einen Heimabend mit Eltern. Eine nette Schar von Jungens aus [dem Katholischen Jungmänner] Verein und [der] Jungschar und die Neuaufgenommenen mit ihren Eltern sind zu einer schönen Feierstunde da. Ohne ein offizielles Programm entwickelt sich die Stunde. Im Nu entwickelt sich aus den Liedern, lustigen Stücken und den Ansprachen eine nette Folge. Alles aus dem Augenblick geboren wächst die Feier. Wir singen – Grammophon – Jungschar singt unter Theo Gerritzen.
[…]
Wir singen: „Das Regiment Forcade“, zwei Teilnehmer „Fuldaer Bekenntnis“, „Laßt die Banner wehen“.
Sonntag, 10. Juni 1934
In Münster großartiger „Vorbeimarsch“ an der HJ: „Christus, Herr der neuen Zeit!“[1] – „Laßt die Banner wehen“. – „Katholische Jugend in Zivil“ klang es uns nach.[2]
[…]
Bei dem Singabend gefehlt. Statt dessen von 19.45 bis 20.40 Uhr Tagebuch „eingeholt“. Jetzt bei. Deo gratias.
[1] aus dem Lied „Wann wir schreiten Seit an Seit“
[2] Die Nationalsozialisten hatten im Februar 1934 öffentliches Auftreten der katholischen Jugend verboten.
Montag, 25. Juni 1934
16.20 bis 16.50 Uhr Karten an Tante Paula und Theo Gerritzen: V. w. [? Von wegen] Singscharfahrt! – Wann?
Donnerstag, 28. Juni 1934
14.00 Uhr Sturmschar: Lustige Erzählerei und rauhes Singen!
Mittwoch, 4. Juli 1934
19.45 bis 20.40 Uhr Singstunde des ersten Kursus.
Sonntag, 8. Juli 1934
Hochamt XV. missa; IV. Credo. (Schlechten Choral heute gesungen!)
Montag, 9. Juli 1934, Große Brandprozession
Der Bischof geht ins Palais – die Menge singt „Fest soll mein Taufbund immer stehn!“ – wie Hammerschläge auf den Amboß der Zeit! Hier steht eine stahlharte Gemeinschaft, die Geschichte formt: katholisches deutsches Volk! Der Bischof zeigt sich am Fenster oben links über dem Eingangsportal des Palais. Er segnet sein Volk. Rasende Heilrufe! – „Und wenn wir marschieren, dann leuchtet ein Licht, das Dunkel und Wolken strahlend durchbricht! – Du Volk aus der Tiefe, du Volk aus der Nacht – vergiß nicht das Feuer, bleib auf der Wacht!“ – O jubelndes Licht, o Freude, o rasende Ergriffenheit. Ein Moment ist es still. Nach dem Segen hatte der Bischof sich vor Rührung weinend zurückgezogen – selbst einige ergraute Malteserritter aus westfälischem Adel konnten die Tränen nicht mehr zurückhalten. – Sie weinten vor ergreifender Freude über dieses jubelnde Treuebekenntnis des westfälischen Volkes zu seinem Bischof! – Eine Spanne von 10 oder 20 Sekunden – Stille. Alles erwartet noch was: Da – ein Pfiff, ein Kommando: „Banner einrollen!“ – Jeden packt der ingrimmige Zorn! „Eine solche Jugend darf in Deutschland nicht mehr marschieren!“ – Aber wir marschieren geistig – wir sind stahlharte Gemeinschaft – junge, leidende Kirche, die singt, die leidend jubelt, die fanatisch um ihr Recht kämpft! – Die Banner sind eingerollt, da klingt’s „Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu.“ “
Sonntag, 22. Juli 1934
Feine Stimmung. Wir singen Kosakenchöre: Ganz glänzend!
Sonntag, 29. Juli 1934
Gegen 10.00 Uhr beginnt das Bezirkstreffen mit zackigem Lied und mit der Aussprache.
[…]
Nachher sangen wir neue Lieder und Kanons.[1]
[1] Die Jungen erstellten eigene Liederbögen. Im Liederbogen Nr. 2 für Mai 1934 empfahlen sie auf Seite 8:
Lernt folgende Lieder aus dem Singeschiff:
„Wir ziehen durch das deutsche Land“
„Wer geht mit, juchhe, über See?“
„Da kommt von den blauen Hügeln“
„Ich reise übers grüne Land“
Paul Dyckmans
Sehr viel Wert wird auf das Singen der Jugendlieder gelegt, die damals in der bedrängten Zeit, von Georg Thurmair und anderen gedichtet und von Adolf Lohmann vertont, die Jugend zu gläubigem Leben begeistern sollten.[1]
[1] Paul Dyckmans, „Das geweihte Banner hoch auf vor uns“ Das Jungscharzeltlager 1934 in Groesbeek, in: Heimatkalender für das Klever Land 1992, Kleve 1991: 70
Rolf Eilers:
Was die Jungen getroffen hat, war das Verbot des Wanderns, von Lager und Fahrt, von Zelten und Liedersingen am Lagerfeuer.[1]
[1] Eilers, Rolf: Konfession und Lebenswelt. 75 Jahre Bund Neudeutschland 1919–1994, Mainz 1998: 189f.
Lager in Groesbeek vom 14. bis 25. August 1934
Dienstag, 14. August 1934
So beginnen wir unser Jungenlager mit frohem Gotteslob in unserer Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt [Stiftskirche] am Vigiltag des Patronatsfestes.
Die alten weiten Hallen unserer Stiftskirche schallen, hallen und tönen wider vom jubelnden Singen und Beten der Jungen.
[…]
Wir bitten dann zum Schluß im kirchlichen Reisegebet um gute Fahrt und gutes Gelingen. Mit Gott! Jubelnd schallt’s dann aus 50 Jungenkehlen Gott zur Ehre: „Lobt froh den Herrn, ihr jugendlichen Chöre!“
[…]
Unsre Eltern und Freunde winken. Wir singen [zum] Abschied! Heijo, uns hält nichts mehr.
[…]
In sauberer Marschkolonne mit Trommel, Bannerflattern und frischem Jungensang marschieren wir ins Dorf.
[…]
Der Priester tritt vor und betet die herrlichen Weihegebete: Erst über unsere Zelte den Haussegen. Dann weiht er das Kreuz, das wir als unser Siegeszeichen aufgerichtet [haben]. Zuletzt taucht er [Präses Heinrich Brey] den schlichten Heidekrautwedel ins geweihte Wasser und weiht das Lagerbanner: Schwarzes Kreuz auf weißem Feld. Lieder umrahmen die Feier. […] In seinem Aufsteigen singen wir trotzig den Sang: „Seht die bunten Fahnen fliegen“.
[…]
Die Trommel schlägt laut und hell. Der Sang der Knaben hinein! Jungenleben!
[…]
Stille der Nacht sinkt nieder über das Land. Dankbar singen unsre Seelen in die Stille Gott dem Herrn ein überströmendes Danklied.
Lobet den Herren / Singet, danket Ihm![1]
[1] Anklang an das Lied „Lobe(t) den Herren, den mächtigen König der Ehren!“ bzw. „Lobet den Herren alle, die ihn ehren“
Prospektausschnitt im Tagebuch Nr. 13: 138
Mittwoch, 15. August 1934, Mariä Himmelfahrt
Anziehn. In 20 Minuten alles fertig in „Sonntagsstaat“! Morgenlied, Morgengebet [? Prim] aus dem „Kirchengebet“.[1]
[…]
Nach der Messe stehn wir angetreten da! Das ganze Dorf staunt. Eij! „Stillgestanden!“ „Zu dreien abzählen – zählt!“ „In Gruppen rechts schwenkt – marsch“. – Ein frohes Lied klingt auf. Wir marschieren zum Lager. Dort gleich angetreten zum Flaggenappell. „Weit laßt die Fahnen wehen“ – singen 50 Jungen in den sonnigen Morgen.
[…]
Sogar „hollandse Pödding“ [holländischen Pudding] haben unsere beiden Küchenfeen [Anna Kempkes und Maria Leisner] gezaubert. Alle Jungens sind begeistert. Sowas hebt die Stimmung!
Ihren Ausdruck fand sie im Anstimmen des Lagerschlagers „Annemarie“[2], der Anna und Maria zu Ehren eines Morgens spontan unter den Jungen aufklang.
[…]
Abends ist dann – es klappt schon besser – ein feines Abendgebet.
Das Lob Gottes und der seligen Jungfrau klingt noch einmal dankend auf.
[1] Kirchengebet 1930: 5–11
[2] Mehrere damals verbreitete Lieder besingen eine Annemarie. Vermutlich haben die Jungen das von Fritz Jöde vertonte Abendlied von Hermann Löns „Rosemarie, Rosemarie, sieben Jahre mein Herz nach dir schrie, aber du hörtest es nie.“ umgewidmet auf „Annemarie, Annemarie …“
Samstag, 18. August 1934
Das Lagerbrett am Hauptmast meldet:
17.20–18.00 Uhr Geschichten und Lieder.
Sonntag, 19. August 1934
7.10 Uhr in aller Schöne der Morgensonne: Wir beten die Prim. Sturmschar ist in Kluft mit angetreten. Das Lied klingt auf. […] Mit Lied, Trommel- und Fanfarenklang, Sturmschar hinterdrein marschieren wir zur Pfarrmesse um 8.30 Uhr. […] Nach der Pfarrmesse stramm angetreten draußen. Fanfaren schmettern, die Trommel dröhnt, es schallen die Lieder in freiem Land aus freien Herzen.
[…]
Tgb13_155 (1)
Nach dem heiligen Opfer geht’s in Reih und Glied zum Lager zurück! Dann klingt es frisch in den Morgen „Kameraden – wir marschieren!“ – unser Lagerlied.
Im Lager gleich (9.30 Uhr) Ruf zum Flaggenappell. Großes Karree steht heute. Doppelt mächtig steigt das Fahnenlied[1] zum Himmel.
[…]
Unter schattigen Buchen an einem Hang steigt’s: Trommel, Fahne, Lieder […] Hahnenkämpfe und dergleichen mehr. Dann wieder frohes Singen […] Zum Schluß feierliche Siegerverkündigung und Ehrung der „Lagermeister“ in den großen Kämpfen der Vortage. – […] Dann klingen wieder laut und hell die Fanfaren – wir singen.
[1] Zum Flaggenappell hatten die Jungen mehrere Lieder zur Auswahl.
Montag, 20. August 1934
9.30 Uhr Ausmarsch zum Tagesausflug […] zum Maaskanal [Maas-Waal-Kanal…]. „Kameraden, wir marschieren – wollen fremdes Land durchspüren“.
Dienstag, 21. August 1934
18.30 bis 19.00 Uhr kleine Singstunde.
Mittwoch, 22. August 1934
15.30 bis 16.30 Uhr: Singen und Vorlesen.
Donnerstag, 23. August 1934
11.15 bis 12.00 Uhr Zeltstunde mit Singen.
Freitag, 24. August 1934
Nach unserm Sieg sammeln wir uns auf der „großen Heeresstraße“ und ziehen mit Schlachtgesängen ins Lager zurück.
[…]
Tgb13_171 (1)
Singende Gruppe auf der „Buchenstraße“
[…]
17.30 Uhr Ausmarsch zu den [Abschieds-]Ständchen. Zuerst zu [Marinus] Kersten und seinem Nachbarn [Jakob Kouws]. Sie sind gerührt. Wir danken in Lied und mit kurzem Wort. Dann zum Kloster Mariental. Alle sind begeistert. Schwester Oberin [Elisabeth Kaßenmeyer], die liebe, großherzige Frau stiftet eine Büchse „Bröck“ [Bonbons] (feinste Sorte!) und einen Korb Bohnen. Um 18.00 Uhr ist feierliche Schlußandacht in der Kapelle des Schwesternklosters. Allen Dank und alle Freude legen wir in unser Singen und Beten. […] Die Kapelle ist fast zu klein für unser jubelndes Dankgebet. […] „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ schallt es durchs Kapellchen aus dankbaren Jungenherzen. Dann geht’s in schneidigem Marsch ins Lager zurück, (nach dem Abschiedsständchen, das erst nach der Andacht war). 20.30 bis 21.30 Uhr ist im Dunkel der Nacht ums Feuer die Lagerschlußfeier. Um die lodernden Flammen geschart stehn wir im Ring. […] In die Nacht schallt’s: „Du Volk aus der Tiefe, / du Volk aus der Nacht, / Vergiß nicht das Feuer, / bleib’ auf der Wacht!“[1]
[1] aus dem Lied „Und wenn wir marschieren“
[…]
Tgb13_175 (1)
Das letzte Morgenlied
Samstag, 25. August 1934
6.45 Uhr: Letztes Mal erklingt das Wecksignal am Morgen. Zum letzten Mal beten und singen wir zusammen Gott das Morgenlob. […] Das Banner wird in feierlichem Schlußappell heruntergeholt. Unter unserm Singen sinkt es herab: Unser Kreuzbanner! Das Groesbeeker Jungenlager ist zu Ende!
Karl Leisner aus Mittelbexbach am Dienstag, 11. September 1934, an Walter Vinnenberg in Münster:
Tagesordnung ungefähr – natürlich mit großen täglichen Unterschieden des Inhalts – so: 6.45 Uhr raus! 7.50 Uhr Morgengebet – Gemeinschaftsgebet aus dem „Kirchengebet“ und Morgenlied. Es klappte wundervoll! Alle im Halbkreis vor dem geweihten Lagerkreuz! – Dann Marsch mit Banner zur Kirche. – Gemeinschaftsmesse aus dem „Kirchengebet“. – Nachher kurze Danksagung und Lied. Die Holländer waren sehr erbaut und begeistert davon. Es war auch wirklich prächtig, so 45 frische Jungens singen und beten zu hören. – Nach dem Rückmarsch gleich feierlicher Flaggenappell. „Weit laßt die Fahnen wehen“ oder „Laßt die Banner wehen“ oder unser neues wuchtiges Jungscharlied [Wir sind die Jungschar, Herr und Gott, auf ewig dir verschworen.] (Noten Scheideweg [Zeitschrift Am Scheidewege 1934] Nr. 10 Seite 151!). […] 15.30 bis 19.00 Uhr verschieden: Wanderung oder Spielstunden oder Singen etc. […] 20.00 Uhr Abendfeierstunde, Geschichten und Liederstunde, lustiger Lagerzirkus und Fez etc. – 20.45 Uhr Gemeinsames Abendgebet am Lagerkreuz und Abendlied.
Heinrich Brey:
Unvergeßlich bleibt mir und allen, die es miterlebten, das Zeltlager in Groesbeek (Holland) im Jahr des Herrn 1934. […] Mit wehenden Bannern zogen wir siegesgewiß in Holland ein unter dem Singen des Fahrtenliedes: „Kameraden, wir marschieren, wollen fremdes Land durchspüren, wollen fremde Sterne sehn. Kameraden, wir marschieren, laßt die bunten Fahnen wehn!“ […]Die Gemeinschaftsmesse und Lagerstunde an jedem Morgen, das Geländespiel, die Singkreise und Feierstunden am Abend formten unsere Kerle und machten sie zu jungen Streitern Christi, auf die wir uns später verlassen konnten. So lebte in ihnen der Geist, der Ausdruck findet in dem Lied: „Wir sind die Jungschar, Herr und Gott, auf ewig dir verschworen. Wir fürchten Teufel nicht und Spott, weil du uns auserkoren. Wir wollen treu dem Banner sein, Soldaten deiner Kriege, und wollen uns dem Zeichen weihn, dem Kreuz im Leid und Siege.“
Auf einem der Lagerbilder steht Karl als Fanfarenbläser, der mit seinem Fanfarenruf die Jungen weckt und ruft zum Gemeinschaftsopfer, dann wieder zur Lagerrunde, zum frohen Spiel und Singsang und schließlich zur Feierstunde und zum Nachtgebet. [1]
[1] Brey, Heinrich: Erinnerungen aus meiner Klever Kaplanszeit, (Typoskript 2.2.1948): 2f.
* * * * *
Samstag, 29. September 1934
Samstagabend hatten wir in unserer Sturmschar erst in der Mühle, die jetzt auch einen feinen unteren Raum hat, eine zackige Scharstunde mit Trutz-, Kampf- und Bekenntnisliedern zu Ehren unseres lichthellen Schutzherrn des heiligen Erzengels Michael.
[…]
In Freude und Ernst geht’s in die nächtlich-dunkle Christus-König-Kirche. Ergriffen knien wir nieder vor dem eucharistischen Heiland. In der hellerleuchteten Marienkapelle – vor dem Bild der Mutter unseres Herrn und Meisters – knien wir und singen, flehen und beten zu Gott durch Christus, Maria und St. Michael um Gnade des Heiligen Geistes in dieser stillen, heiligen Katakombenstunde. Die prächtigen Buben- und Jungmännerstimmen schallen in das nachtstille Gotteshaus. Wir singen das Lied [Heilger Geist, o Tröster mein] zum Heiligen Geist um seine sieben heiligen Gaben.
[…]
Jubelnd froh und doch stürmisch bittend singen wir den herrlichen Bittgruß an die Gottesmutter „Meerstern, ich dich grüße“.
Sonntag, 30. September 1934
In der Dämmerung – feiner Nebel sinkt wie ein Schleier auf die Waldwiesen nieder – ziehen wir in Reih’ und Glied aus dem Wald – verbotenerweise singen wir durch Materborn, wir sind heute frech und „zu allem fähig“ […].
Montag, 1. Oktober 1934
7.15 Uhr ganz glänzende Schulmesse in der neuen [Christus-König-]Kirche. Was die Kerle singen und beten: Eine wahre Freude und Begeisterung packt mich! Ein ganz klein bißchen Stolz, weil soviel Jungschärler dabei sind, die mit in Groesbeek waren.
Katholischer Jungmännerverband
Bezirk Cleve
Abteilung Jungschar Cleve, den 8. Oktober 1934
Rundbrief an alle Jungscharführer des Bezirkes und solche, die es werden wollen.
Grüß Gott Euch allen!
[…]
Das Treffen beginnt um 10.30 Uhr pünktlich.
Hier die Tagesordnung:
10.30 – 11.30 Uhr Frohes Lied und Aussprache
11.30 – 12.30 Uhr Das Singen in der Jungschar
(Grundsätzliches und praktisches Üben neuer Lieder).
[…]
Auf der Rückseite der maschinengeschriebenen Endfassung des Rundbriefes befinden sich folgende handschriftliche Notizen von Karl Leisner, vermutlich ein Entwurf für die Gestaltung des Tages und der Andacht:
10.30 Uhr Theo K. [Kuypers] Wir beginnen …
Lied: „Heilger Geist, o Tröster mein“
Gebet zum Heiligen Geist Idee: Mit Kommunion gestärkt!
Lesung: Eph 6,10–20
Aussprache, Anregung
11.30 bis 12.30 Uhr: Das Singen in der Jungschar (Liederbogen! [Nr. 4]) – Graues Singeschiff [Liederbuch „Das graue Singeschiff“].
[…]
17.00 Uhr Eucharistische Bekenntnisandacht!
Eucharistische Andacht – „Laßt die Banner [wehen]!“
1.) „Das Heil der Welt“ [Gebet- und Gesangbuch Münster 1932] Seite 450
2.) Andacht [zum allerheiligsten Altarssakrament] (Diözesangesangbuch [Gebet- und Gesangbuch Münster 1932] Seite 202)
3.) „Kommt, Cherubim hernieder“ [Gebet- und Gesangbuch Münster 1932] Seite 456
[…]
„Lobe den Herren“ (Singebogen [Liederbogen Nr. 4])
[…]„Fest soll mein Taufbund“.
„Laßt die Banner“ – „Wir sind die Jungschar!“
Sonntag, 14. Oktober 1934
Willi Leisner:
Heute hatten wir Bezirkstreffen der Jungscharführer in Cleve. Morgens hatten wir Singestunde und Aussprache. [1]
[1] Leisner, Willi: Tagebuch Nr. 5: 67f.
Donnerstag, 6. Dezember 1934
Willi Leisner:
Heute hatten wir Elternabend und Nikolausfeier der Jungschar. Im ersten Teil hatten wir frohe Lieder und den Groesbeeker Lagerfilm.[1]
[1] Leisner, Willi: Tagebuch Nr. 5: 79
Jungscharführerkursus in Vechta vom 7. bis 9. Dezember 1934
Freitag, 7. Dezember 1934
Gegen 20.45 bis 21.45 Uhr eine kleine Märchen- und Singestunde. (Süddeutsche Städtemärchen[1] – Lieder aus dem „Grauen Singeschiff“ [Liederbuch „Das graue Singeschiff“].)
[1] Dreßler, Hermann: Süddeutsche Städtemärchen, Straubing 1910
Samstag, 8. Dezember 1934
Wetter prächtig: „Gott mit uns!“ Es kann beginnen! Wir singen das Lied von der Treue „Seht die bunten Fahnen“. Schriftlesung Lk 3 „Bereitet den Weg des Herrn“. Lied: „Und wenn wir marschieren“. […]11.30 bis 12.00 Uhr Frohe Singestunde.
Sonntag, 9. Dezember 1934
7.00 Uhr Gemeinschaftsmesse. [Hermann] Clausing betet vor[1] – ich die „besonderen“ Texte.[2] – Nachher Lobgesang und Lied „O Heiland reiß die Himmel auf!“[…] Von 11.00 bis 12.15 Uhr frohe Sing- und Spielstunde (Kanons und Spiele nach dem Werkheft 10 [Die Jungschar, 10. Werkheft 1935, Heimspiele der Jungschar]).
[1] vermutlich das Ordinarium
[2] vermutlich das Proprium
* * * * *
Donnerstag, 13. Dezember 1934
Marianische Feierstunde der Schönstätter. Gutes Programm: Lieder aus dem „Spielmann“ und dem „kitschigen Schönstatt-Liederbuch“.
Dienstag, 18. Dezember 1934
Lesung aus Guardini „Wille und Wahrheit“. Einführung [S. 7–11] – Tiefe Erkenntnis zur Gemeinschaftsfrage (Sprechen, Singen schafft G. [Gemeinschaft]). – Jede gute Tat, jedes Frohsein eines jeden nützt der G. [Gemeinschaft], macht sie schöner und froher und fruchtbarer.
Dazu noch aus „Musik und Kirche“ aus dem Bärenreiter-Verlag über Choralarbeit in der Gemeinde: Singen, Lied schafft Gemeinde!
Montag, 24. Dezember 1934
Willi Leisner:
Um 19.00 Uhr traf sich die Sturmscharjungmannschaft zum „Christgang“. Wir hatten Lebensmittel gesammelt und besuchten arme Familien. Wir sangen frohe Weihnachtslieder, verlasen das Evangelium, verteilten die Gaben und sangen noch ein gemeinsames Lied. So wurden wir fein auf Weihnachten eingestimmt.[1]
[1] Leisner, Willi: Tagebuch Nr. 5: 79f.
Dienstag, 25. Dezember 1934
Etwas Singen „Knabbern“ am Teller, viel Freud’ und Guardinis „W. u. W.“ [„Wille und Wahrheit“] – und vorüber war der schöne Morgen!
Montag, 31. Dezember 1934
Willi Leisner:
Um 22.30 Uhr abends trafen wir Sturmschärler uns in der Mühle zur Feier der Jahreswende. Bis 24.00 Uhr sangen wir frohe Fahrtenlieder und erzählten uns „Räuberromane“.[1]
[1] Leisner, Willi: Tagebuch Nr. 5: 82