Jesus Christus
Karl Leisner lebte eine sehr starke Christusfrömmigkeit. Er war gut 10 Jahre alt, als Papst Pius XI., dessen Wahlspruch und Regierungsprogramm „Pax Christi in regno Christi – Der Frieden Christi im Königreich Christi“ lautete, am 11. Dezember 1925 das Christkönigsfest einführte. Dieses Fest, damals am letzten Sonntag im Oktober begangen, wurde für die katholische Jugend in Deutschland zum Bekenntnissonntag.
Quelle des Fotos: Gabriele Latzel
Gerleve, Sonntag, 6. September 1931
Jesus, die Erfüllung unsrer Sehnsucht
Jesus – Christus
Heiland – Gesalbter
Mensch – Gott
Kleve, Montag, 22. Juli 1935
Alle junge Kraft und Leidenschaft – Springen, Aufglühen: Gruppe, Gemeinschaft, Mädchen, Deutschland, Heimat, Volk – und alles glühte hin, stieß mich vor, führte mich zu Christus.
Christus ist meine große Leidenschaft geworden[1], die Sehnsucht und Kraft meines jungen Kampfes. Er mein Herzog! Er ist mein Mal- und Kennzeichen! Er hat meinen Charakter geprägt. Herr, mit Dir!
[1] s. Tagebucheintrag 2.9.1934: Christus – Du bist meine Leidenschaft – Heil!
Münster, Samstag, 23. April 1938, Weißer Samstag
Vor mir steht im Glasstehrähmchen das Spruchbild, das Elisabeth [Ruby] mir zu Ostern 1937 – vor gut einem Jahr – schenkte, mit dem Spruch des heiligen Augustinus: „Komm zu Christus. Denke nicht lange über Wege zu ihm. Glaube und du kommst! Liebe, und du wirst gezogen!“ – Glaube, der die Welt überwindet! [vgl. Joh 16,33] Liebe, stark und wundermächtig, herzenerweckend, menschenführend! – Ich hab’ vor einem Jahr lange über diesen Spruch nachgedacht, nicht ohne eine schmerzliche Wehmut und in einem tiefen Anklingen echter Liebessehnsucht. Und jetzt sinne ich wieder nach über diesen Spruch. Hab’ ich diesen weltüberwindenden Glauben, diese unerschütterliche Liebe zu meinem Erlöser? Und kann mein wildes Herz sich Ihm als Nachfolger in Kreuz und Selbstverleugnung anheimgeben, so restlos und unbedingt im Verzicht auf jede eheliche Liebe zu einem Menschen und Gotteskind? – Oh, ich stöhne unter diesem Entscheid. Soll er grad mich wollen aus Tausenden. – Oh und diese Verantwortung für diese Sendung – und wenn ich dann die Gefahr zum Amtspopen und Seelenhandwerker, zum Pfaffen und Gewohnheitssprücheklopfer sehe – dann möchte ich nein sagen. Herr, ich kann nicht.
[…]
Nicht Wein und Tabak ist unser „Ersatz“, unsere Stütze statt der Familie, in der der Mensch als animal sociale [Gemeinschaftswesen] steht. – So sehr mir so vieles am Zölibat richtig und gut zu sein scheint, so sehr erscheint er mir auch fragwürdig in seiner heutigen Gestalt und Praxis. – Durch all diese Fragen muß ich mich durchbeißen und -kämpfen. Meine letzte und tiefste, geheimste Sehnsucht ist die nach Heiligkeit und Gottverstehen oder besser Gotterleben (Theologie), aber ob ich zum zölibatären Priesterleben das Zeug habe, das bezweifle ich noch aufrichtig. Sicher würde ich es mit Gottes Gnade können zur Not, aber ich fürchte, ich fürchte so ein Hagestolz [alter Junggeselle] und unfruchtbarer Mensch dabei zu werden. – Ich brauche Leben und Liebe und Leid. Ich muß ganz persönlich lieben können und dürfen. – Kannst du ja alles als Priester, nur gehört eine Selbstzucht und Seelengröße dazu, die erkämpft und erzogen sein will. – Und das ist deine Aufgabe jetzt, daran zu schaffen und zu bauen. Deine Persönlichkeit brauchst und sollst du dabei nicht aufgeben, sondern zu letzter Größe und Steigerung ausprägen. Oh – das ist schwer, verd… schwer!
Münster, Samstag, 7. Mai 1938, Priestersamstag
Grad’ kommen wir heim [ins Collegium Borromaeum] vom [Priester-]Seminar. Regens [Arnold] Francken kündete uns die Frohbotschaft von Jesus Christus. – Vorher betete ich inständig zur lieben Mutter Gottes um Erhörung in dem schweren Leid. Und mit mir beten meine liebe, gute Mutter, meine lieben Schwestern daheim, meine liebe Elisabeth [Ruby] in Freiburg/ Br. und hundert andere, daß ich ein guter Priester Jesu Christi und seiner Kirche werde. – Und mich drückt lastend die Schwere der Entscheidung, auf mir liegt die Last Gottes und – mit seiner Gnade werd’ ich sie tragen können.
Ein reines Herz, o Herr, erschaff’ in mir!
Den rechten Geist erneur’ in meinem Innern! [Ps 50/51,12]
Den Geist Jesu Christi!
Zu Ihm entbrannte meiner Jugend Sehnsucht in Leidenschaft, da sie am Scheideweg stand. Er ist meine tiefste Liebe geblieben alle Jahre voll heißen Kampfes und wildem Streit: Jesus Christus.
Münster, Sonntag, 10. Juli 1938, Heilige Amalia
Libera me, Domine, libera me. Anima mea suspirat vehementer ad Te.
[Befreie mich, Herr, befreie mich! Meine Seele verlangt nach Dir mit großer Sehnsucht.]
Karl Leisner aus Münster (Priesterseminar) im Advent 1938 an Familie Magnus Weber in Alpseewies:
Und uns, die wir dabeistanden, überfiel der Gedanke, ein Jahr noch, und dann wird Gott durch die Hände des Bischofs auch uns die heilige Last auf unsere jungen Schultern bürden. Da wurden wir ganz klein und beschämt, aber auch voll Sehnsucht und Glück. – Wie wunderbar ist doch unser Glaube an Jesus Christus in seiner heiligen Kirche!
Münster, Samstag, 24. Dezember 1938
Es ist Weihnacht! Christus ist geboren. O selige heilige Nacht! O wunderbare Liebe Gottes, o Erfüllung aller Sehnsucht des Menschenherzens! Mit August W-Dr [Wissmann-Drees] besuche ich die Metten. Köb J. [Jakob Jansen] singt wunderschön!
Münster, Montag, 13. Februar 1939
Wille und Gnade zusammen schaffen es. Göttliches und gottgeschenktes menschliches Vermögen. – Ich sage Ja, Ja fürs Leben, Ja trotz allem; ich bin einer so einzigen Gnadengabe Christi gänzlich unwürdig, aber der Herr wird es machen! Und ich tu’ mit, mit aller Glut und Kraft und Freude und Sehnsucht des männlichen Christenherzens, des deutschen Kämpfers! In der Kraft des Glaubens und der Glut der Sendung! Jube, Domine, benedicere! [Gib den Segen, Herr!][1]
[1] Segen vor dem Evangelium – Im Hochamt bittet der Diakon den Zelebranten um den Segen.
Zelebrant: Der Herr sei in deinem Herzen und auf deinen Lippen, damit du sein Evangelium würdig und geziemend verkündest. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.